Bayerisches Edikt 1808

Edikt Über Das Gemeindewesen Im Königreich Baiern Vom 24. September 1808

Kempten In der Dannheimerschen Buchhandlung

Wir Maximilian Joseph, von Gottes Gnaden König von Baiern.

Wir haben beschlossen, über das Gemeindewesen Allgemeine und gleichförmige Bestimmungen Zu treffen, und in die Verordnung Hierüber sowohl die rechtlichen Verhältnisse, welche den Gemeinden zustehen, als auch die Grundsätze aufzunehmen, nach welchen ihre polizeiliche und ökonomische Verwaltung werden soll.

Erster Theil. Von den rechtlichen Verhältnissen Der Gemeinden.

§ 1. Was unter den Gemeinden in Bezug auf Grund und Boden verstanden wird; - wie sie gebildet und benützt werden sollen; ist durch allerhöchste Verordnung bereits bestimmt. Jede Stadt, Markt, - jedes große Dorf, mit den nahe daran gelegenen Dörfer und einzelne Höfe bilden eine Gemeinde. Die vorzügliche Rücksicht bei der Bildung Der Gemeinden soll darauf genommen werden, daß ihre Gränzen mit der natürlichen Lage übereinkommen, und alle Theile der Verwaltung so in sich einschließen, daß ihr Umkreis auch zugleich die Gränze des Steuer=Distriktes, des Schul=Besuches, des Pfarr=Sprengels u.s.f., so viel möglich, auf gleiche Weise bestimmt. § 3. In Bezug auf die Mitglieder einer Gemeinde besteht eine jede Gemeinde aus Den Einwohnern, welche in der Markung Besteuerte Gründe besitzen, oder besteuerte Gewerbe ausüben. § .4 Darunter sind also auch die bloßen Haus=Besitzer, und die Gewerbs=Leute, ohne Grund=Vermögen, wenn sie von ihren Häusern Oder Gewerben die Steuer entrichten, begriffen. § 5. Ausgeschlossen sind die Inleute und Miethe=Bewohner, und diejenigen, welche zwar in der Markung der Gemeinde besteuerte Gründe oder Rechte besitzen; aber anderwärts ihren Wohnsitz haben.

§ 6. Zwischen den vollen und nutzbaren Eigenthümern tritt kein Unterschied ein; - Derjenige, welcher den Grund pachtweise benützt, und in der Gemeinde wohnt, wird für hinreichend bevollmächtigte angesehen, die Theilnahme an einer Gemeinde auszuüben. § 7. Die Gemeinden haben die Rechte Öffentlicher Korporationen, welche zu einem Fortdauernden gemeinnützigen Zwecke verbunden sind. § 8. Sie können aber, nach der Natur Aller Gemeinheiten, nur mit gemeinsamen Willen Handeln, und stehen unter der beständigen Kuratel des Staates. § 9. Die nachfolgenden Normen betreffen Daher insbesondere die Rechte und Verbindlichkeiten der Gemeinden, und alsdann die Art, wie sie solche ausüben und in Erfüllung setzen.

I. Abschnitt. Von den Rechten und Verbindlichkeiten Der Gemeinden

§ 10. In der Eigenschaft öffentlicher Korporationen können die Gemeinden alle Rechte Ausüben und Verbindlichkeiten eingehen, welche die bürgerlichen Gesetze den Privaten überhaupt gestatten, und den Gemeinheiten insonderheit nicht versagen. § 11. Die Rechte der Gemeinden äussern sich vorzüglich in dem Gemeinde=Gute. § 12. Die Verbindlichkeiten liegen entweder schon in dem gesellschaftlichen Zwecke der Gemeinden, oder sie sind erst durch willkürliche Handlung entstanden. § 13. Die Mittel, die Verbindlichkeiten Zu erfüllen, müssen in den Kräften der Gemeinden Selbst aufgesucht werden; sie bestehen, in Ermangelung eines anderen Gemeinde=Vermögens, in Frohnen und Abgaben.

I. Kapitel. Von dem Gemeinde=Gute.

§ 14 Das Gemeinde=Gut ist von dreifacher Natur und Bedeutung, nämlich 1) das Gemeinde=Gut, welches die 

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Gemeinde als nothwendiges Mittel zur Erreichung Des gesellschaftlichen Zweckes besitzt; 2) das Gemeinde=Vermögen, welches sich Zu ihrem Nutzen verwalten läßt; 3) die Gemeinde=Gründe, welche zwar der Gemeinde gehören, aber von den Mitgliedern selbst einzeln benützt werden.

Erster Titel Von dem Gemeinde=Gute insonderheit

§ 15. Zu dem Gemeinde=Gute der ersten Gattung werden gerechnet: die nothwendigen, öffentliche Gebäude, Wege, Brücken, Brunnen, Gränze=Zeichen, Lösch=Geräthe und alle Gegenstände, welche als Werkzeuge zur Besorgung der allgemeinen Angelegenheiten und des öffentlichen Wohls dienen. § 16. Ferner gehören dazu alle zur Religions= Ausübung, zum Unterrichte und zur Wohlthätigkeit bestimmten Stiftungen und Anstalten; - denn obschon diese Stiftungen für sich bestehende Körper sind, und unter einer besonderen Kuratel und Oberaufsicht stehen; so sind doch die Verordnung vom 1. Oktober 1807 alle Stiftungen solcher Art, welche einem Orte gewidmet sind, den Gemeinden ausdrücklich versichert und garantirt worden. § 17. Das unter diesem Begriffe enthaltene Gemeinde=Gut bleibt, so weit es zu den Bedürfnissen der Gemeinde erforderlich ist, ein ganz Unveräusserliches Eigenthum einer Gemeinde. § 18. Die Gemeinden sind sogar verbunden, dasselbe nach den Bedürfnissen und dem Erfordernisse des gesellschaftlichen Zweckes herzustellen und zu ergänzen. § 19. Sie können Niemanden von dem Gebrauche dessen ausschliessen, so weit es zur Befriedigung Aller zureichend ist.

Zweiter Titel Von dem Gemeinde=Vermögen

§ 20. Die zweite Klasse begreift dasjenige Gemeinde=Vermögen, welches zwar nicht zum Gesellschaftlichen Zwecke wesentlich nothwendig, dessen Rente aber ausschließlich zur Bestreitung der Gemeinde=Bedürfnisse bestimmt ist. § 21. Dieses Gemeinde=Vermögen kann in allen Arten des fruchtbringenden Eigenthums bestehen. § 22. Den einzelnen Mitgliedern steht darauf kein Recht einer Nutzung zu. [Anmerkung: Unvollständige Transliteration]

Copyright

Vorarlberger Gemeindedokumentation,
Markus Kuhn

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