02 - Vorarlberg vor 200 Jahren - 02

1807: Baierischer Befehl zur Einrichtung einer Montafoner Armenanstalt

Ein Dokument aus Schachtel 1 (von 18) der "Gemeindearchiv Bartholomäberg Akten" enthält den "Befehl" des königlich-baierischen Landgerichts - Vorarlberg gehört zusammen mit Tirol zwischen 1805 und 1814 in Folge des Friedens von Pressburg zum Königreich Bayern - zur Einrichtung einer Armenanstalt im Montafon.

Dem Vorhaben war offenbar kein Erfolg beschieden. Es sollte nach der Rückkehr Vorarlbergs und Tirols zum Kaiserreich Österreich und durchweg friedensmässigen Zeiten noch nahezu 70 Jahre dauern, ehe das Projekt einer Armenanstalt "für ganz Montafon" von Seiten des Vorarlberger Landesausschusses durch Zuschrift vom 13. September 1876 an den Standesrepräsentanten Franz Josef Stemer bzw. an die Standesausschüsse (=Bürgermeister der Montafoner Gemeinden) in Form eines ausgesprochenen "Wunsches" erneut thematisiert wurde (vgl: Standesprotokoll "Stand Montafon 18761021", abrufbar unter www.gemeindearchiv.at/nc/regionalarchive/dokumente/stand-montafon-standesprotokolle/).


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Von
Königlich-baierischen Landgerichts wegen





In der Anlage erhält die Gemeinde-Vorstehung von St.Bartholomäberg die allerhöchste Verordnung in Betreff der Armen-Anstalt schriftlich.

Da diese Verordnung äußerst wichtig und sowohl für die Armen als auch für die Vermöglichen und Begüterten Besitzenden wohlthätig ist, und schleunigst ausgeführt werden muß; so erhalten die Gemeindes-Vorsteher den gemessensten Auftrag, gemeinsam mit dem h[och]l[öblichen] Pfarrer mit kräftiger Mitwirkung und Eifer folgende Punkte in Erfüllung zu bringen.



I.

 Solle diese Verordnung allgemein so publiziert werden, daß sie jedermann begreiflich und verständig werde.


II.

Haben die Ortsvorsteher in Gemeinschaft mit dem Hl. Pfarer bis den 9. September unnachsichtlich den Armenbeschrieb nach dem beiliegenden Muster der königl.[ichen] Landgerichte zuübergeben.


III.

Bis zur nämlichen Zeit haben die Gemeinds-Vorsteher und der Pfarrer mit einander jeden Gemeinder,  welcher nicht unter die armen zu zählen ist, vorrufen zu lassen, und von ihm die Erklärung abzufordern, was er monatlich






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in die Armenkasse freiwillig geben wolle, hierüber ein Verzeichnis zu verfassen und dasselbe dem königl. Landgerichte zu übergeben.

Tragen die Gemeinder freiwillig so viel bei, daß mit dem freiwilligen Beitrage und mit den übrigen zuflüßen die Orts-Armen [Ortsarmen] erhalten werden können, so wird die gezwungene Anlage einer Armensteuer unterbleiben.

Sollte wieder Verhochsten die freiwillige milde Gabe nicht so reichlich ausfallen, daß hiedurch und mit den übrigen Armenfonds die Orts-Armen nicht erhalten werden könnten; so wird deswegen die Errichtung der Armenanstalt keines Wegs unterbleiben, sondern man wird, um zum Zwecke zu kommen eine gezwungene Armensteuer anlegen.

Zu diesem Endzwecke haben die Gemeinds-Vorsteher in das Verzeichniß der freiwilligen Beiträge auch diejenigen Gemeinder nach Reihe der Haus Nummern [Hausnummern] aufzuführen, welche gar nichts geben wollen oder nicht erscheinen. Bei diesen ist der Rubrik Platz zu lassen.





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Zugleich haben die Gemeinds-Vorsteher in dieses Verzeichnis auch die Rubrik „Klasse“ hinten hin zu bringen.

Die Gemeinder werden sodann abgetheilt in 3 Klassen. Unter die 3te Klasse werden die Ärmsten gerechnet, welche nicht in das Armen-Verzeichnis kommen, in die 2te Klasse die mittelmäßig wohlhabenden, und in die 1te Klasse die Wohlhabenden. Bei Jedem Gemeinder wird sodann aus die Nummer in die Rubrik „Klasse“ gesetzt, unter welche er nach Erkenntnis des Pfarrers und des Vorstehers zu stehen kommt.

Die Gemeinds-Vorsteher haben sich mit gegenwärtigem Befehl sogleich zu dem Herrn Pfarrer zu verfügen und thätigen Anfang des Geschäftes zu machen.



Schruns am 17ten August 1807

Jörgl   Actuar

Baierischer Befehl 1807: Armenanstalt für Montafon

Copyright

Vorarlberger Gemeindedokumentation,
Markus Kuhn

Zuletzt geändert




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