Als erste Liechtensteinische Gemeinde liess Ruggell seine protokollarischen Aufzeichnungen über die Beschlüsse der Gemeindegremien zwischen 09.02.1849 und 28.03.1979 – insgesamt ungefähr 2000 Beschlüsse - digitalisieren (transliterieren), welche für diesen Zeitraum in 14 handschriftlichen Protokollbänden aufgezeichnet sind.
Protokollform
Hinsichtlich ihrer stilistischen Form handelt es sich bei den Niederschriften um reine Beschlussprotokolle. Die Beschlussgegenstände (Traktandenpunkte) werden sehr kurz dargelegt, oft werden sie in jeweils nur einem einzelnen (Frage)Satz der Entscheidung anheimgestellt, welche ähnlich prägnant ausfällt. Im 19. Jahrhundert wird pro Protokoll häufig nur ein Beschlussgegenstand abgehandelt, bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts sind es, wenn schon überhaupt mehr als einer, zumeist nicht mehr als zwei oder drei.
Die graphische Übersicht über die Beschlussprotokolle nach dem Beschlussdatum zeigt, wie in den Jahren 1849 bis 1863 selten, während mancher Jahre sogar überhaupt keine Beschlüsse gefasst bzw. übeliefert sind. Nachher werden die Aufzeichnungen regelmässig (vgl. unten Datei "Ruggell_Sitzungskalender_ab_1849.pdf").
Beschlussorgane
Im Laufe der Zeit treten, festgelegt im Gemeindegesetz (GG), verschiedene Beschlussfassungsorgane auf den Plan. Wie im GG 1842 festgehalten nimmt im 19. Jahrhundert zunächst der Ortsrichter und als dessen Stellvertreter der Säckelmeister (Kassier), die beide zusammen das „Dorfgericht“ bilden, die alltäglichen Verwaltungsobliegenheiten der Gemeinde wahr.
Die meisten Beschlüsse fasst der „Gemeinderat“, dem neben den Genannten die „Ortsgeschworenen“, seit dem GG 1864 „Gemeinderäte“ genannt, angehören. Manche Beschlüsse werden von einem „verstärkten“ Gemeinderat gefasst. Der ständige und der verstärkte Gemeinderat bilden die „Gemeindevertretung“.
Zu bestimmten Anlässen wie der Wahl (des Ortsvorstehers, Säckelmeisters, Gemeinderates, Schul- und Kirchenrates, des Rechungsausschusses), der Aufnahme eines Gemeindebürgers oder auf Verlangen eines Sechstels der Stimmberechtigten wird eine Gemeindeversammlung, zu der jeder stimmfähige Bürger und Niedergelassene verpflichtet ist (GG 1864), zur Beschlussfassung berufen.
Weitere, gelegentlich tagende Gremien sind Bürgerversammlung, Viehbesitzerversammlung, Hausbesitzerversammlung und Riedteilbesitzerversammlung.
Die graphische Übersicht über die Beschlussprotokolle nach dem beschlussfassenden Organ zeigt deren quantitative Gewichtung, von gezählten 1897 Beschlussprotokollen tritt als beschlussfassendes Gremium der Gemeinderat in rund 62 Prozent der Fälle als Entscheider auf den Plan, der erweiterte bzw. 'verstärkte' Gemeinderat in rund 19 Prozent, die Gemeindeversammlung in rund 6 Prozent und die Bürgerversammlung in rund 12 Prozent (vgl. unten Datei "Übersicht_Protokollbücher_Organe.pdf").
Die grosse Anzahl an Gemeinde- und Bürgerversammlungen weist, wie anzumerken ist, auf die basisdemokratischen Züge des Fürstentums Liechtenstein auf kommunalpolitischer Ebene.
Beschlussgegenstände
Die Beschlussgegenstände der örtlichen politischen Organe spiegeln die sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen des Dorfes und zumindest bis in den Anfang des 20. Jahrhunderts auch die Topographie Ruggells wider.
Der systematischen Erforschung dieser Materie steht zufolge Digitalisierung nun nichts mehr im Wege. Eine vergleichbare quellentechnische Aufarbeitung sämtlicher Gemeinden Liechtensteins brächte Vergleichsmöglichkeiten mit sich und wäre, in Verbindung mit einer modernen Datenbankpräsentation, ein Eckstein für die Landeskunde dieses kleinen Staatswesens.