19020707_ltb00441902_Volkswirtschaftsausschussbericht_Unterstützungsgesuch_Fussach_Trinkwasser_Nutzwasserersatz_nach_Wasserentzug_durch_Dornbirnerachableitung_nach_Rheinkorrektion

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Letzte Änderung 05.07.2021, 12:57
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp08,lt1902,ltb0,ltb1902
Dokumentdatum 2021-07-05
Erscheinungsdatum 2021-07-05
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XLIV. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 8. Periode 1902. Krilage XLIV. Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über das Gesuch der Gemeinde Fußach um Unterstützung in Sachen des Ersatzes von entsprechendem Trink- und Nutzwasser, welches dieser Gemeinde durch die infolge der Rheinkorrektion notwendig gewordene Ableitung der Dornbirner Ach entzogen wurde. Hetzer Lanötsg! Die Gemeinde Fußach hat sich mit Gesuch vom 20. Juni 1902 an den hohen Landtag mit der Bitte um Beihilfe zur Beschaffung des für den Fortbestand der Gemeinde unentbehrlichen Trink- und Nutzwaffers gewendet und führt in ihrer Eingabe an, die Bewohner der Gemeinde Fußach hätten von jeher ihren Bedarf an Trink- und Nutzwasser aus der Dornbirner Ach. welche mitten durch das Dorf fließt, gedeckt, teils durch direkte Entnahme von Achwasser über zahlreiche errichtete Stiegen, teils aus den Brunnen, welche von der Ach mit Wasser gespeist wurden. Durch die Ausführung der Rhein­ korrektion wurde nun die Dornbirner Ach weit weg von dem Dorfe Fußach und der Parzelle Birkenfeld abgeleitet und damit sei diesen das nötige Trink- und Nutzwaffer entzogen worden. Ferner führt das Gesuch an, daß sich die von der k. k. Rheinbauleitung ursprünglich in Aussicht genommene Wasserversorgung durch Anlegung von geschlagenen und eingetieften Brunnen als unmöglich erwiesen habe, das Trinkwasser zu ersetzen, weil das Grundwasser in Fußach ungenießbar und schlecht sei. Die wenigen alten bestehenden Brunnen seien mit der Ach im engsten Zusammenhänge gewesen, und liefern jetzt nur noch sehr wenig und schlechtes Wasser. Des weiteren macht die Eingabe geltend, daß die Gemeinde über Auftrag der k. k. Bezirks­ hauptmannschaft gezwungen worden sei, das nötige Trinkwasser seit Juni 1899 täglich aus der Gemeinde Hard mit Fuhrwerk znzuführen, was für Fußach ein ganz unhaltbarer Zustand sei und dessen Existenz geradezu in Frage stelle. 187 Beilage XLIV. - XLIV. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Wie aus dem vorliegenden Aktenmateriale hervorgeht, haben tatsächlich die Vertreter der Ge­ meinde Fußach schon bei der wasserrechtlichen Verhandlung am 4. und 12. Januar 1895 darauf hin­ gewiesen und protokollarisch niedergelegt, daß ihrer Gemeinde durch die Ableitung der Dornbirner Ach das Trink- und Nutzwasser entzogen werde und die Existenz der Gemeinde geradezu bedroht werde. Der Vertreter der Rheinregulierungskommission wies damals darauf hin, daß in Fußach Grundwasser genug vorhanden und durch Anlegung von Brunnen voller Ersatz in Trink- und Nutz­ wasser erhältlich sei. Diese Annahme des Vertreters der k. k. Rheinbauleitung habe sich aber nicht bewahrheitet, wohl aber das Gegenteil. Die auf Kosten des Rheinkorrektions-Unternehmens.an verschiedenen Orten erstellten Brunnen sollen nur sehr schlechtes, ungenießbares Wasser liefern, so daß einzelne amtlich geschlossen werden mußten. Die amtliche Schließung dieser Brunnen ist ein Beweis, daß der Trink- und Nutzwasserersatz für die Gemeinde Fußach sich nicht so leicht finden läßt und daß dies nur mit einem großen, für dieselbe unerschwinglichen Kostenaufwande durch Anlegung einer Wasserleitung aus dem Quellengebiete der Gemeinde Hard geschehen kann. Wie in der Entscheidung der k. k. Bezirkshauptmannschaft vom 10. März 1899 klar aus­ gedrückt ist, hat die internationale Rheinregulierungskommission der Gemeinde Fußach durch die Ableitung der Dornbirner Ach das Trink- und Nutznmsser entzogen, und es kann auch keinem Zweifel unterliegen, daß dieselbe der Gemeinde Fußach zum gleichwertigen Ersätze verpflichtet sei. Die Kosten der Wasserversorgung sollen nach dieser Entscheidung von der internationalen Rheinregulierung und der Gemeinde Fußach zu gleichen Teilen getragen werden. Gegen diese Entscheidung hat sowohl die Gemeinde Fußach wie der Vertreterder Rhein­ regulierungskommission an die k. k. Statthalterei rekurriert, und diese hat mit Erlaß vom 19. Juli 1899 Zahl 18208 entschieden, daß alle Forderungender Gemeinde Fußach abgewiesen werden. Diese Abweisung ist mit der Begründung erfolgt, daß den Bewohnern von Fußach keinerlei Privatrechte an dem Wasser der Ach zusteheu (§§ 15 W. R. G.), weil die Ach ein öffentliches Gewässer­ ist, und die Rheinbauleitung daher berechtigt war, die Dornbirner Ach abzuleiten, uiib wenn dadurch den Bewohnern von Fußach das nötige Trinkwasser entzogen wurde, so sei es nach § 35 W. R. G. Pflicht der Gemeinde, Ersatz zu schaffen und könne die Gemeinde im Verweigerungsfalle hiezu von der k. k. Bezirkshauptmannschaft gezwungen werden. Gegen diese Entscheidung der k. k. Statthalterei hat die Gemeinde Fußach am 10. Juli 1899 den Rekurs an das k. k. Ministerium eingereicht, über welches eine Entscheidung dermalen noch nicht vorliegt. Wie fernere aus den Akten ersichtlich ist, haben sich die Folgen der Entziehung des Wassers nur allzubald gezeigt. Am 7. Juni 1899 richtete der Gemeindearzt Dr. Spehler folgendes Memorandum an die Gemeindevorstehung: „Der gegenwärtige Zustand der Wasserversorgung der Parzelle Birkenfeld ist ein derartig „schlechter und gesundheitswidriger, daß Gefertigter sich verpflichtet sieht, eine lobt. Gemeinde­ vorstehung aufzufordern, obgenannte Parzelle mit gesundem Wasser zu versorgen. Die Beschaffen„heit des Trinkwassers ist eine derartig gesundheitsgefährliche, daß die Verantwortung für etwa „auftretende Epidemien durch Genuß schlechten Wassers die Gemeinde nicht abwälzen könnte. „Die herrschende Sommerhitze macht die Gefahr einer Epidemie infolge dieses ungenießbaren „Wassers noch größer. „Die Benutzung des stagnierenden Wassers im ehemaligen Fabrikskanale wie auch im „Weißischen Brunnen ist als gesundheitsschädlich zu verbieten. „Eine Versorgung dieser Häuser mit Trinkwasser durch Zufuhr ist sofort in Angriff zu nehmen." 188 Beilage XLIV. VI. Session der 8. Periode 1902. Schließlich überbürdet der Gemeindearzt alle Folgen dieser unverantwortlichen Wasserversorgung der Gemeindevorstehung. Die Gemeinde Fußach hat vergeblich bei den politischen Behörden und direkt bei der Rhein­ bauleitung eine provisorische Wasserversorgung verlangt, und weil der Lustenauer Kanal auch abgeleitet wurde, trat? im eigentlichen Dorfe Fußach die Wassernot gleichfalls wie in der Parzelle Birkenfeld auf, und war die Gemeindevorstehung genötigt, alltäglich das Trinkwasser von der Nachbargemeinde Hard herbeizuführen und in dieser Weise eine regelmäßige Versorgung mit Trink- und Kochwasser einzuführen. Daß dieser Zustand unhaltbar ist, bedarf keiner weiteren Begründung, und wenn er nicht behoben wird, müßte dies auf die Gemeinde geradezu vernichtend einwirken. Nach langen Untersuchungen und Proben ist nun ein Projekt geschaffen worden, zum Zwecke der gemeinsamen Versorgung der Gemeinden Hard und Fußach mit Trinkwasier. Die Wasserversorgung befindet sich in der Nähe der ehemaligen Lerchenmühle in Hard, wo ein Brunnen gegraben und das daselbst zu gewinnende Wasser mittelst eines Pumpwerkes in eine dem Zwecke der Wasserversorgung entsprechende Höhe gehoben werden soll. Das Pumpwerk soll mittelst einer Turbinenanlage betrieben werden, wozu der bei der Lerchenmühle fließende Bach die Triebkraft abgibt. Die Beteiligung beider Gemeinden an beni Unternehmen dürfte vom finanziellen Standpunkte aus wünschenswert und zu empfehlen sein, da Wasser genug vorhanden ist und mit der Wasserversorgung nicht mehr länger zu­ gewartet werden darf. Die Gemeinde Hard hat sich aber zu einer Mitbeteiligung als solche nicht entschlossen, und so bildete sich für die Wasserversorgung die Privatunternehmung des Herrn Wilhelm Rohner von Hard und Josef Schneider von Fußach unter der Firma „Wasserwerk von Hard, Rohner und Schneider". Das Detail-Projekt für diese Wasserversorgungsanlage für Hard und Fußach wurde von der k. k. Bezirkshauptmannschaft Bregenz am 14. August 1901 genehmigt. Die Kosten für die Erstellung der Wasserversorgungsanlage belaufen sich für die Gemeinde Fußach allein auf 80.000 K. Der volkswirtschaftliche Ausschuß ist der Ueberzeugung, daß der Gemeinde Fußach' zur Erlangung einer Trinkwasser-Versorgung geholfen werden niüsse, da unter den dermaligen Verhältnissen die Gemeinde für die Zukunft nicht existieren könnte. Wie aber oben gezeigt wurde, sind die Kosten für eine entsprechende Wasserversorgung derart hohe, daß nicht daran gedacht werden kann, daß die kleine arme industrielose Gemeinde nur die Hälfte der Kosten auf sich nehmen könnte. Seit Eingehen der Fabrik dortselbst ist die Stenerkraft sehr gesunken und betragen die gesamten direkten Steuern nur mehr K 3485. Wenn Fußach 50"/» zu den Erstellungskosten beitragen müßte, so würde der Zins, der für das erforderliche Anleihen bezahlt werden müßte, die jetzigen Gemeindeumlagen von 150°/» mit einem Schlag weit über 200 hinauf treiben, ohne daß für den Betrieb, die Erhaltung und Amortisierung etwas vorgesehen werden könnte. Die Ansicht, die Gemeinde Fußach habe von jeher kein gutes Trink- und Nutzwasser gehabt, und deswegen kein Recht, von dem Rheinregulierungsunternehmen eine Trinkwasserversorgung zu verlangen, kann der volkswirtschaftliche Ausschuß nicht teilen, vielmehr ist er der Anschauung, daß derjenige, der dem andern durch die Ausführung eines Unternehmens Schaden zufügt, zum Schadenersatz verpflichtet ist. Die Rheinbauleitung hat durch die Ausführung der Rheinregulierung die Dornbirner-Ach vonder Gemeinde Fußach abgeleitet, derselben das seit vielen Jahrhunderten ausgeübte Recht, das für den wirtschaftlichen Fortbestand unentbehrliche Trinkwasser entzogen und den Bezug unmöglich gemacht und ist deswegen auch zum Ersätze verpflichtet. Der Einwand, die Gemeinde Fußach habe bisher auch kein ganz gutes Trinkwasser gehabt und bekomme durch die Anlage der projektierten Wasserleitung eine viel bessere und wertvollere Wasserver­ sorgung wird, vom volkswirtschaftlichen Ausschüsse wie schon oben gesagt, zwar beigepflichtet, deswegen 189 XLIV. der Beilagen zu den stenogr. Prolokolle» des Vorarlberger Landtages VI. Session der 8. Periode 1902. kann aber nicht zugestimmt werden, daß. die arme und kleine Gemeinde Fußach zu den Erstellungskosten der projektierten Trinkwasserversorgung über ihre Kräfte herangezogen würde. Wenn auch die bisherige Wasserversorgung der Gemeinde Fußach als keine gute bezeichnet werden kann, so fand dieselbe doch damit ihr Fortkommen und hätte es ohne die Ableitung der Dornbirner Ach noch lange finden können, wenn nicht die Rheinregulierung gekommen wäre. Von gleicher Auffassung ausgehend, hat nun der Landes-Ausschuß die Bestrebungen der Gemeinde Fußach mit allem Nachdrucke unterstützt und darf man sich immerhin der Hoffnung hingeben, daß diese für Fußach so wichtige Angelegenheit schließlich einer allseitig befriedigenden Lösung zuge­ führt werde. Der volkswirtschaftliche Ausschuß stellt daher, gestützt auf obige Darlegungen, den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: „Die bisherigen Schritte des Landes-Ausschusses in Sachen der Wasserversorgung von Fußach werden zur beftiedigenden Kenntnis genommen und derselbe beauftragt, im Falle der Notwendigkeit im gleichen Sinne vorzugehen." Bregenz, am 7. Juli 1902. Johann Kohler, Engelbert Bösch, Obmann. Berichterstatter. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 190