19010628_ltb00301900_Spezialausschussbericht_Landesausschussvorlage_Regierungsangebot_Begleichung_Invasionsschuld

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Letzte Änderung 05.07.2021, 12:14
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp08,lt1901,ltb0,ltb1901
Dokumentdatum 2021-07-05
Erscheinungsdatum 2021-07-05
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XXX. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages, v. Session 8. Periode 1900/1901. Kollage XXX. Bericht des Specialcursschuffes über die L'andes-Ausschttss-Vorlage, betreffend das Angebot der k. k. Regierung wegen Begleichung der in Sachen der Invasions-Schuld noch obwaltenden Differenzen. Hoher Landtag! Die Frage wegen Begleichung der sogenannten, in den Kriegsjahren 1796—1802 infolge der damaligen wiederholten feindlichen Einfälle der Franzosen und dadurch nothwendig gewordenen Vor­ bereitungen zur Abwehr sowie der Verpflegungen der durchziehenden n :ö im Lande lagernden ver­ schiedenen Truppenkörper entstandenen sogenannten Invasions-Schuld des Aerars, von welcher ein Rest im Betrage von fl. 73884'40 Wiener Währung ungetilgt blieb, hat die Landesvertretung zu wiederholten Malen beschäftigt. Schon in den 1860 er Jahren beauftragte der h. Landtag den Landes-Ausschuss, diese Forde­ rung für Kriegserlittenheiten, welche er damals uoch als formell und materiell zu Recht bestehend erachtete, im Wege von Verhandlungen mit der k. k. Regierung geltend zu machen, und als diese Ver­ handlungen resultatlos verliefen, betrat der Landes-Ausschuss im Auftrage des Landtages den Weg der Beschwerde. Aber auch dieser Weg brachte keinen Erfolg. Sowohl die Geltendmachung der Forderung des Landes vom öffentlich rechtlichen Standpunkte, als die Ueberreichung einer privatrechtlichen Klage gegen die k. k. Finanz-Procuratur wurde abgewiesen. Das k. k. Reichsgericht gab mit Erkenntnis vom 25. April 1873 der vom t. k. Finanz­ Ministerium erhobenen Einwendung der Jncompetenz statt mit der Begründung, dass es sich im vor­ liegenden Falle um eine Forderung an die ganze österreichisch-ungarische Monarchie handle, das Reichs­ gericht aber nach dem Gesetze vom 21. December 1867 Nr. 143 nur über Ansprüche der einzelnen der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder an die Gesammtheit derselben zu entscheiden berufen sei. 163 Beilage XXX. XXX. der Beilagen zu den steiiügr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Die Civilklage auf Zahlung des Betrages per fl. 73884'40 C. M. oder ft. 77578'90 ö. W. wurde in allen 3 Instanzen als zum gericktlicken Nerfabmi nickt «veignet ziirückgemiesen, vom obersten Gerichtshöfe mit der Begründung, dass die geltend gemachte Forderung nicht auf einem privatrechtlichen Titel beruhe und dass es sich, hievon abgesehen, um eine Reihe von Fragen staatsrechtlicher und staats­ ökonomischer Natur handle, die außerhalb der gerichtlichen Judicatur liegen. Nach diesem Misserfolge in der Geltendmachung der Ansprüche des Landes blieb die ganze Angelegenheit über 12 Jahre vollständig liegen. Erst auf die Nachricht hin, dass die Regierung mit dem Herzogthum Salzburg in Sachen einer ähnlichen Jnvasionsforderung im gütlichen Wege eine Vergleichs-Abmachung getroffen habe, wurde in der III. Session der 6. Periode des h. Landtages die Frage neuerlich aufgerollt, und auf Grund eines vonl damaligen Referenten Herrn Abg. Dr. Fetz mit großer Sachkenntnis ausgearbeiteten umfang­ reichen Berichtes des volkswirtschaftlichen Ausschusses hat der h. Landtag in der 9. Sitzung vom 7. Jänner 1887 den Landes-Ausschuss beauftragt, mit der k. k. Regierung neuerliche Unterhandlungen in dem Sinne einzuleiten, damit diese Frage in einer den Interessen des Landes entsprechenden Weise geordnet werde. Trotz wiederholter Urgenzen seitens der Landesvertretung sowohl wie des Landes-Ausschusses blieben die angebahnten Verhandlungen ohne jede Erwiderung. In der 10. Landtagssitzung vom 19. Februar 1897 wurde neuerlich die endliche Erledigung in Anregung gebracht, und hat der Landes­ Ausschuss sich mit Zuschrift vom 13. April 1897 Z 1707 an die k. k. Statthalterei gewendet und derselben die endliche Ausgleichung der Frage im Compensationswege, nämlich durch Uebernahme der noch restierenden Schuld des Landes an den staatlichen Meliorationsfond (Landesgesetze vom 29. Juni 1886 L. G. Bl. Nr. 41 ex 1887 und vom 11. Mai 1892 L. G. Bl. Nr. 12) auf den Staat dringendst an das Herz gelegt. Endlich im Jahre 1900 fand sich bei der k. k. Regierung die Geneigtheit vor, über die Frage im Wege einer zwanglosen Conferenz eine Aussprache zu halten, und fand eine solche zwischen Sr. Excellenz dem Herrn k. k. Finanzminister und dem Landeshauptmanne, sowie dem Herrn Reichs­ rathsabgeordneten Martin Thurnher statt, die dann zur Folge hatte, dass die Frage seitens der Organe der Finanz-Verwaltung eingehend studiert und ein detailliertes Gutachten der k. k. Fiuanz-Procuratur eingeholt wurde. Unterm 20. März d. I., Zl. 11697 theilte dann die k. k. Statthalterei dem Landes-Ausschusse mit, dass, nachdeni die vom k. k. Finanz-Ministerium gepflogenen Erhebungen zum Abschlüsse gediehen seien, dasselbe nunmehr bereit sei, weitere mündliche Verhandlungen einznleiten. Ueber Beschluss des Landes-Ausschusses vom 3. April d. I. wurde der Landeshauptmann im Vereine mit dem Landes-Ausschussmitgliede Herrn-Martin Thurnher zur Theilnahme an diesen. Ver­ handlungen delegiert, und nachdem der.letztere an der Theilnahme verhindert war, erschienen am 15. April der Landeshauptmann in Begleitung des Herrn Abgeordneten Jodok Fink und am 28. Mai der Landes­ hauptmann allein im k. k. Finanz-Ministerium zu den angekündigten Conferenzen. Nach langen Verhandlungen gelang es dank dem Entgegenkommen der k. k. Regierung ein gütliches Abkommen an­ zubahnen, welches in der an den Landes-Ausschuss gerichteten Note der k. k. Statthalterei vom 11. Juni Zl. 23246 seinen Ausdruck gefunden hat. Gemäß dieser Mittheilung erklärt sich das k. k. Finanz-Ministerium mit Erlass vom 2. Juni, Zl. 35641, nachdem dasselbe zuerst an der Hand der vorliegenden Acten, der wiederholten oberst­ instanzlichen Entscheidungen und des Gutachtens der k. k. Finanz-Procuratur die schon längst rechts­ kräftig zu Ungunsten des Landes abgeschlossene Streitfrage recapituliert hatte, bereit, vom Rechts­ standpunkte abzusehen und die IraM-^s-BjMkMrücksichten so ^u. behandeln, wie wenn das Forderungs­ recht des Landes, bezw. der Fortbestand desselben bis zur Gegenwart nachgewiesen worden wäre. Wenn 164 V. Session der 8. Periode 1900/1901. Beilage XXX. also die Forderung thatsächlich mit fl. 73.884'40 W. W. hätte noch geltend gemacht werden können, so käme zunächst die Kompensation mit Gegenforderungen des k. k. Aerars in Betracht. So ist es unbestritten, dass im Jahre 1805 den Vorarlberger Ständen zu Landesvertheidigungszwecken Vorschüsse von ft- 30.000 und fl. 26.000 verabfolgt wurden. Dieser letztere Vorschuss wurde nachgewiesenermaßen den Stünden vorn Kreisamte ohne vor­ herige Gubernial-Genehmigung flüssig gemacht, welch letztere erst nach der Auszahlung mit Gubernialdecrete vom 23. Oct. 1805 nur für den Theilbetrag von fl. 20.000 erfolgte, und wurde der Rück­ ersatz ausdriicklich seitens des Guberniums unterm 26. Oct. 1805 angeordnet und unterblieb nur wegen der danialigen Kriegswirren. Nachdem die Stände bei Empfang des Vorschusses ausdrücklich die Rück­ vergütung des ganzen Betrages von fl. 26.000 zugesichert hatten, so könnte dieser Betrag auch mit vollem Rechte mit der Jnvasionsschuld compensiert werden. Das k. k. Finanz-Ministeriuni will jedoch aus Billigkeitsgründen nur den damals ohne Be willigung eingezahlten Betrag von fl. 6000 W. W. als Compensationsobject geltend machen, und würd sich demnach die Restforderung des Landes auf fl. 67.884'40 reducieren. Dieser Betrag aber ist nach wiederholten oberstgerichtlichen Entscheidungen nicht nach dem Conventionsfuße im vollen Nennwerte, nämlich im Verhältnisse von 20:21 in österr. Währung uni­ zurechnen, sondern im Hinblicke auf § 15 des Finanz-Patentes vom 20. Febr. 1811 in Wiener Währung nach dem Verhältnisse von 100 :42, wodurch sich ein Betrag von fl. 28.511'56 ö. W. ergibt. Dabei hat das k. k. Finanz-Ministerium noch darauf verzichtet, die Anwendung des § 20 obcitierten Finanz-Patentes geltend zu machen, gemäss welchem alle damals fälligen Zahlungen öffentl. rechtlicher Natur in Bankzettel und nach dem Nennwerte der Forderung, also mit einem Fünftel des Nennwertes in Wiener Währung zu leisten waren. Da das Reichsgericht mit Erkenntnis vom 25. April 1873, Z. 38, ausdrücklich diese Forderung als eine gegen die ganze österr.-ungar. Monarchie gerichtete erklärt hat, so entfällt nach dem Vorschläge des k. k. Finanz-Miuisteriunls von obigem Betrage per fl. 28.511'56 ö. W. unter Zugrundelegung des bis 1899 bestandenen Quotenschlüssels von 68'6"/» zu 31'4°/o auf die diesseitige Reichshälfte der Betrag von bloß fl. 19.558'93. Das k. k. Finanz-Ministerium erklärt sich nun in obcitiertem Erlasse bereit, diese Summe unter Berücksichtigung der besonderen Art der Abstattung auf fl. 20.133'28 zu erhöhen und in der Weise zu berichtigen, dass das Aerar im Compensationswege vom Jahre 1902 an bis incl. 1909, vorbehaltlich der verfassungsmäßigen Genehmigung der erforderlichen Mittel, acht Jahresraten ä 5033'32 K (somit zusammen obige 40.266'56 K) von den dem Lande Vorarlberg auf Grund der Landesgesetze vom 29. Juni 1886 und vom 11. Mai 1892 anlässlich der Herstellung der RheiiMWeudLlWie be­ willigten Darleihen per zusammen 150.000 K zur Zahlung an den Meliorationsfond -übernimmt, bezw. an diesen Fond einzahlt unter der Bedingung, dass das Land Vorarlberg auf alle sonstigen ein­ schlägigen Ansprüche verzichtet. Der Specialausschuss hat das vorliegende Actenmaterial einer nochmaligen Prüfung unter­ zogen und ist zu der Ueberzeugung gelangt, dass das Anerbieten der k. k. Regierung angesichts des Umstandes, dass weder das Land noch die Gemeinden des Landes nach den verschiedenen oberst-instanzlichen Entscheidungen einen wie immer gearteten rechtlichen Anspruch mit Erfolg mehr geltend machen können, mit Dank accevtiert werden soll, weil dadurch dem Lande dock noch ein Theil der alten Forderung un gütlichen Entgegenkommen und freiivMg ails ..bew. StaatüMitze-Uu-ContpeMütiousmege ersetz!"wird. Die Uebernahme von 8 Jahresraten an den Meliorationsfond seitens des k. k. Finanz­ Ministeriums entlastet das Landesbudget während dieser Zeit jährlich mit 5033 32 K, ein Betrag, der bei den immer mehr sich häufenden Anforderungen an das Land immerhin in die Wagschale fällt und zu nützlichen und nothwendigen Investitionen wohl verwendet werden kann. 165 XXX. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages, v. Session 8. Periode 1900/1901. Der Specinlausschnss stellt demnach in Würdigung aller vorgebrachten Gründe den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: „Der Landes-Ausschuss wird beauftragt und ermächtiget, mit dem k. k. Finanz­ Ministerium auf Grund der in dem mit Note der k. k. Statthalterei vom 11. Juni 1901, Z. 23 246, übermittelten Erlasse des genannten k. k. Ministeriums vom 2. Juni 1901, Z. 35 641, enthaltenen Vorschlages eines gütlichen Vergleiches in Sachen der Vorarlberger Jnvasionsschuld des Jahres 1805 im ursprünglichen Betrage von fl. 73.884'40 W. W. gleich fl. 31.031'56 ö. W. ein bindendes Abkommen abzuschließen." Bregenz, 28. Juni 1901. Johann Kohler, Adolf Nhomberg, Obmannstellvertreter. Berichterstatter. Druck von 3 N. Teutsch, Bregenz. 166