19000418_ltb00371900_Volkswirtschaftsausschussbericht_Subventionsgesuch_Vorderwaldgemeinden_Strassenbau_Lingenau_Hittisau_Sibratsgfäll_Landesgrenze

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Letzte Änderung 05.07.2021, 13:16
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp08,lt1900,ltb0,ltb1900
Dokumentdatum 2021-07-05
Erscheinungsdatum 2021-07-05
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XXXVII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. Beilage XXXVII. Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über das Gesuch mehrerer Gemeinden des Vorderwaldes um einen Landesbeitrag zum Baue einer Strafte vom projezierten Bahnhof Lingenau über Ljittisau—Sibratsgfäll zur bayerischen Landesgrenze. Hoher Landtag! In der Sitzung vom 27. April 1899 hat der Landtag folgenden Beschluss gefasst: „Der Lingenau über und unter in Regierung um Landes-Ausschuss wird beauftragt, der Erstellung einer Straße vom Bahnhöfe Hittisau, Sibratsgfäll an die Reichsgrenze seine Aufmerksamkeit zuzuwenden Aussichtstellung einer entsprechenden Betheiligung des Landes bei der k. k. Zuerkennung eines Staatsbeitrages einzuschreiten." Unterm 25. Mai 1899 haben die Gemeindevorsteher von Lingenau, Hittisau und Sibratsgfäll im Vereine mit dem Abg. Pfarrer Fink eine Eingabe an den Landes-Ausschuss gerichtet, mit welcher dieselben ersuchen, der Landes-Ausschuss wolle durch den Landesiugenieur einen Plan sammt Kosten­ verzeichnis für den genannten Straßenzug, besonders über die nothwendigsten und schwierigsten Stellen aufnehnien lassen. Gleichzeitig ersuchten dieselben, der Landes-Ausschuss wolle mit der Regierung wegen Erwirkung eines Staatsbeitrages in Unterhanvluug treten und auf die Bildung der Straßenconcurrenz dringen. Zur Begründung ihres Ansuchens führen die Petenten unter anderem aus, der Vorderwald sei topographisch für Verkehrsverhültnisse sehr schwierig situiert, weil er von der Umgebung durch tiefe Tobel getrennt sei. Die Grenze nach Westen bilde die Bregenzerach, nach Süden die Subersach, nach Osten die Bolgenach, nach Norden die Weißach. Jeder dieser Flüsse habe sich im Verlaufe Der Jahr­ tausende ein tiefes Tobel ausgegraben. In der Mitte des Vorderwaldes erhebe sich der rothe Berg 990 m hoch, und in mehr als halber Höhe um denselben liegen 6 Gemeinden, nördlich die Gemeinden Ober- und Unterlangenegg und Krumbach, südlich und südöstlich die Gemeinden Lingenau, Hittisau, Bolgenach und über dem Bergrücken drinnen im Snbersthale die Gemeinde Sibratsgfäll. Diese Gemeinden halten seit undenklichen Zeiten ihren Handel-, Frachten- und Transitoverkehr über Springen-Ach nach Bayern, und als der Bau der Arlbergbahn Ende der Sechziger Jahre aus­ sichtslos schien, stengen die Gemeinden an, die Straßen nach Bayern theils neu anzulegen, theils zu 167 Beilage XXXVII. XXXVII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. verbessern, und gaben auf diese Weise seit 30 Jahren aus Gemeindemitteln für Straßen viele tausend Gulden aus. Von Hittisau über Bolgenach, Riesensberg nach bayerisch Ach wurde eine ganz neue Straße angelegt; die Straße von Hittisau nach Krumbach zur Hälfte neu angelegt, zur Hälfte verbessert. Von Krumbach wurde, um das schreckliche Zwingtobel abzufahren, über das Tobel eine neue Straße gebaut nach Reichizer und Springen-Ach. Früher wurde zwischen Langenegg und Lingenau und ebenfalls zwischen Lingenau und Egg eine neue Straße angelegt. Vor drei Jahren bauten die Gemeinden Hittisau und Sibratsgfäll eine neue Straße von Dornbünt auf den Sausteig im Gemeindegebiet Hittisau. Dadurch erwuchsen den Gemeinden des Vorderwaldes große Auslagen für Straßen aus Gemeindemitteln. Naturgemäß wurden die Verkehrswege dorthin zil verbessern gesucht, wohin eben der Frachtenverkehr gieng, und das war damals von und nach Bayern. Durch den Bau der Arlbergbahn kam ein Wechsel des Verkehrs, wozu auch die drückenden Zollverhältnisse zwischen Deutschland und Österreich beitrugen, da dessentwegen mit dem Auslande schwer zu verkehren ist. Seither machten die Gemeinden des Vorderwaldes wiederholt Anläufe, eine neue Straße zu erstellen, um einen Anschlnss an die Hinterbregenzerwälderstraße bei Alberschwende zu bekommen. Es wurden verschiedene Projecte ausgearbeitet; an den großen Kosten jedoch und dem geringen Entgegenkommen seitens der Gemeinde Alberschwende scheiterte jedesmal die Ausführung der Projecte. Durch den Bau der Bregenzerwaldbahn ist nun die Richtung für den Anschluss des Vorder­ waldes an den Verkehr mit dem Jnlande gegeben. Die petitionierenden Gemeinden weisen in ihrem Gesuche darauf hin, dass von deni eingangs erwähnten Straßcnzuge zunächst einige besonders wichtige Stellen, mit dermalen ungewöhnlichen Steigungs­ verhältnissen zu erstellen wären. Als solche werden bezeichnet: Der unterste Theil des Straßenzugcs vom Bahnhof Lingenau—Kleinmath, von Kleinmath bis St. Anna Kapelle und die sogenannte Steig oberhalb Lingenau, dann weiter die Theilstrecke von dem Sausteig bis Sibratsgfäll und eine Straßen­ strecke hinter dem Rindsberg. Mit Landcs-Ausschussbeschluss vom 13. Juni v. I. wurde dem Ansuchen der Gemeinden vorerst insoferne entsprochen, dass die Aufnahme der Pläne und Kostenvoranschläge durch den Landes­ ingenieur angeordnet und nach Vollendung des Projectes die geeigneten Vorkehrungen zur Bildung der Straßenconcurrenz und das Einschreiten bei der k. k. Regierung um Erwirkung eines Staatsbeitrages in Aussicht gestellt wurde. Unterm 3. October 1899 hat der Landesingenieur dem Landes-Ausschusse das Project vor­ gelegt. Rücksichtlich des untersten Theiles des mehr erwähnten Straßenzuges vom Bahnhöfe Lingenau bis Kleinmath wurde von demselben ein Detailproject für den oberen Theil der Straße von Kleinmath über Hitlisau, Sibratsgfäll bis zur Reichsgrenze ein generelles Project vorgelegt. Aus dem technischen Berichte ist zunächst bezüglich der unteren Theilstrecke Bahnhof Lingenau bis Kleinmath unter anderem Folgendes zu entnehmen: „Unter Berücksichtigllng des regen Verkehres, welcher bereits jetzt zwischen den genannten Ge­ meinden mit einer Bevölkerung von fast 3000 Seelen herrscht und welcher mit der Eröffnung der Bahn zweifelsohne noch zunehmen wird, wurden bei der Projectierung dieser Straße jene Normen zur Anwendung gebracht, nach welchen in der Regel Concurrenzstraßen I. Classe gebaut werden. Demgemäß wurde die Breite der Straße mit 5'0 m und die benützbare Fahrbahnbreite mit 4'5 m bemessen, wobei noch bei der Ausführung der Straße auf die Herstellung einer entsprechenden Anzahl von Ausweicheplätzen für zwei sich begegnende größere Fuhrwerke (4spännige Wagen) Rücksicht zu nehmen sein wird. Für die beiden Wendungen wurden Radien von 12 m gewählt und die Straße dortselbst ent­ sprechend erweitert, sv dass also der Transport von Langholz ohne Schwierigkeit vor sich gehen kann; in der übrigen Strecke beträgt der Minimalradius der Straßencurven 14 m; nur einmal musste gleich­ falls zu einem Radius von 12 m gegriffen werden. Die ungemein toupierte Lage des Terrains gestattete eben nicht die Anwendung von größeren Curvcnradien, sollten die Kosten der Straßenanlage nicht unerschwinglich werden. 168 IV. Session der 8. Periode 1900. Beilage XXXVII Bei Ausmittelung der Straßennivellete war der Grundsatz maßgebend, dass mit dem Steigungs­ verhältnisse über 6*7» nicht hinausgegangen werden sollte. Nur im oberen Theile der Straße, wo die Terrainverhältnisse es nicht anders gestatteten, wurde auf eine Länge von 117'7 m eine Steigung von 6'4"/« eingeschaltet; in den beiden Wendungen sinkt die Steigung bis auf 2°/0 herab. Die Straßentrace zweigt im Profil 18'6 und in einer Seehöhe von 505'72 m vom Plateau des Bahnhofes Lingenau ab, zieht vorerst westwärts in der Richtung gegen Bregenz, wendet sich im Profil 251'9 —— ostwärts in der Richtung nach Bezau, bis selbe bei Profil 1083'9 die sogenannte Achspitze er­ reicht, welche einen geeigneten Platz für die Anlage der 2. Wendung bildet; bis hierher durchzieht die Straßciurace eine steil geneigte, von mehr oder minder tiefen Gräben durchschnittene Lehne, welche für den Straßenkörper dort, wo nicht Felsen (Sandstein) sich vorfindet, die Anlage von zahlreichen Wandund Stützmauern erfordert; von der 2. Wendung aufwärts verflacht sich allmählich das Terrain, die Straße zieht erst nordwärts, dann ostwärts, und vereinigt sich bei Profil 1637'1 mit der alten Straße, die für die Neuanlage mitbenützt, verbreitert und deren Nivcllete ausgeglichen wird. Im Profil 1814'5 bei der Ziegelhütte in der Nähe der Höhe von Kleinmath endet diese Zu­ fahrtsstraße (605'05 m Seehöhe), die Länge derselben beträgt in der Straßenachse gemessen 1688'8 m; die zu überwindende Höhendifferenz 99'33 m. Was die Beschaffenheit des Bodens betrifft, so ist dieselbe insoweit die steile, zumeist bewaldete Lehne vom Beginne der Straße bis zur „Achspitze" in Betracht kommt, der Straßenanlage insoferne nicht ungünstig, als dort zumeist in größerer oder geringerer Tiefe Sandsteiufelsen sich vorfindet, welcher mit einer mehr oder minder mächtigen Schichte von Erde, Lehm und Schotter überdeckt ist. Die hin und wieder zutage tretendeu Rutschungen des Erdreiches sind nur localer und oberflächlicher Natur, und kann denselben leicht durch Entwässerung und Anlage von Flechtwerken behufs Bindung des Bodens begegnet werden. In der oberen Straßenpartie von der zweiten Wendung aufwärts tritt der Felsboden zurück, humusreicher Wald- und Wiesboden wechseln ab, und müssen auch hier wegen stellenweiser Versumpfung Bodenentwässerungen vorgenommen und an der Bergseite ein in das Terrain eingeschnittener Graben angelegt werden. — Betreffs der Construction des Straßenkörpers wird auf die Normalprofile (Beilage 4 des Projectes) verwiesen. Die Gesammtkosten des Baues sind mit 68.000 K veranschlagt: hievon entfallen auf: A. B. C. D. Eigentliche Bauarbeiten Bauaufsicht Grundablösung Unvorhergesehenes . . . K 58.400'— „ 2.000' „ 5.518'64 „ 2.081'36 Summe K 68.000'-- . Die Ausführung der Bauarbeiten soll einem Unternehmer im Pauschalaccord übertragen werden; die Vergebung der Arbeiten zu Einheitspreisen ist nicht anzurathen, weil dieser Modus der Bauausführung die Aufstellung einer eigenen kostspieligen Bauleitung behufs Aufnahme und zeichnerischen und rechnerischen Constatierung der Arbeitsquantitäten und Verfassung der Abrechnung nöthig machen würde. Nachdem der Bau der Straße in unmittelbarem Zusammenhänge steht mit dem Baue der neben und unterhalb gelegenen Stationsanlage Lingenau, so wäre es allerdings am besten, wenn dem Unter­ nehmer des Bahnhofbaues auch der Bau der Zufahrtsstraße übertragen würde, oder umgekehrt; dadurch würde erreicht, dass der Bauausführende nicht durch einen zweiten in seiner Nachbarschaft arbeitenden Unternehmer in seinen Arbeitsdispositionen behindert wird. Es erscheint dieser Vorgang der Bauvergebung um so empfehlenswerter, als zur Herstellung der Stationsanlage Lingenau beträchtliche Cubaturen, Andämmungsmateriale erforderlich sind, und die­ selben leicht zum beiderseitigen Nutzen des Straßen- und Bauunternehmers, durch das in den Straßen­ abschnitten gewonnene Material gedeckt werden können. 169 Beilage XXXVII. XXXVII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Allerdings müssten vorerst die im Bahnprojecte vorgesehenen Uferschntzbauten an der Bregenzer ach, von der Einmündung der Subersach abwärts in Angriff genommen werden. Auf alle Fälle müssen die Arbeiten an der Zufahrtsstraße den Arbeiten an der Stationsanlage voranschreiten, damit nicht fertige oder im Baue befindliche Bahnobjecte durch von der Zufahrtsstraße herabkollerndes Material beschädigt werden. Im Nachhange zu obigen Ausführungen über das Detailproject der Bahnhofs-Zufahrtsstraße Lingenau - Ziegelhütte, erlaube ich mir noch in Befolgung eines weiteren mir unterm 13. Juni 1899 Z. 2285 ertheilten Auftrages, generelle Erhebungen betreffs der Schaffung einer ordentlichen Verkehrs­ straße von genannter Zufahrtsstraße weiter nach Lingenau—Hittisau—Sibratsgfäll — Reichsgrenze vor­ zunehmen, in der Anlage einen generellen Kostenvoranschlag dieser Straßenherstellung zu unterbreiten. In diesem an der Hand der Catastralmappe auf Grund von localen Erhebungen, bei welchen auch Vertreter der betreffenden Gemeinden intervenierten, verfassten Kostenvoranschlage, erscheinen die einzelnen Straßenstrecken gemeindeweise geordnet, nach dem betreffetiden Ortsnamen verzeichnet, weiters die projectierte Aenderung der Anlage derselben, die alten, bestehenden, und die neuen projectiertcn SteigungS-, beziehungsweise Gefälls-Verhältnisse, die Länge und Breite der neuen Straßenstrecken, die Kosten der­ selben auf den m Länge, auf die einzelnen Straßenstrecken sowie auf die einzelnen Gemeinden, und in ihrer Gesammtheit berechnet. Die Gesammtkosten für die Herstellung einer ordentlichen, den jetzigen Verkehrsanforderungen entsprechenden und 16'2 km langen Verkehrsstraße vom Bahnhöfe Lingenau bis zur Reichsgrenze hinter Sibratsgfäll betragen unter Zuschlag von 10"/, , für Projectsaufnahme und Bauleitung 274.400 K. In . erster Linie und vor allem dringend nothwendig, schon wegen der in Bälde zur Aus­ führung gelangenden Bregenzerwaldbahn ist der Bau der Zufahrtsstraße von der Ziegelhütte zum Lingenauer Bahnhöfe. In zweiter Linie erscheint die Neuanlage der Straßenstrecken von Kleinmath bis zur St. Anna­ Kapelle und vom Kirchdorfe Lingenau bis zur Parzelle Moos wegen der starken Steigungen und der Enge der bestehenden Straße sehr nothwendig. In dritter Dornbündt auf den den späteren Jahren alten Straßenstrecken Linie soll dann die Fortsetzung der im Jahre 1894 ausgeführten Straße von Sausteig, die Straße von Sausteig nach Sibratsgfäll weiter gebaut werden; in könnten dann die weiteren Arbeiten, theils Verbreiterung, theils Umlegung der von Lingenau bis Dornbündt vorgenommen werden; in letzter Linie könnte dann an den Bau der Straße von SibratSgfäll-Reichsgrenze gedacht werden." Der volkswirtschaftliche Ausschuss ist der Anschauung, dass die exponierte Lage der bei diesem Straßenzuge zunächst interessierten Gemeinden an der äußersten Grenze des Reiches es von jedem Gesichtspunkte aus wünschenswert erscheinen lasse, diese Gemeinden mittelst einer guten Straßenver­ bindung mit der Bregenzerwaldbahn und sohin mit dem Innern des Landes und Reiches in Verbindung zu bringen. Die Trace der Bregenzerwaldbahn liegt für die Gemeinden des Vorderwaldes ohnehin ungünstig, indem dieselbe in die Thalschlucht der Bregenzerach führt, die Gemeinden des Vorder­ waldes aber auf den Berghöhen und ziemlich abseits der Bahnlinie liegen; eine gute Straßenverbinduug ist daher für diese Gemeinden nothwendig, wenn ihre Verkehrsverhältnisse gebessert werden und die großen Opfer, welche sie zum Zustandekommen der Bahn gebracht haben, nicht vergeblich sein sollen. Im Vorderwalde ist eine biedere, arbeitsame Bevölkerung, die sich fast gar nicht mit Ackerbau, sondern hauptsächlich mit Viehzucht, Molkerei, Stickerei-Industrie und Holzexport beschäftiget, somit eigentlich fast ganz auf den Export angewiesen ist. Die dermalen vorhandene Straße weist in ver­ schiedenen Strecken Steigungen bis 20"/„, im unteren Theile 23"/, auf. Die Maximalsteigung der projectierten Concurrenzstraße vom Bahnhof Lingenau bis an die Reichsgrenze beträgt nur 6'5°/0. Es muss wohl allseitig anerkannt werden, dass Straßen mit Steigungsverhältniffen von 20 und mehr Procenten, welche den Verkehr eines größeren LandeStheiles ermöglichen sollen, den heutigen VerkehrS­ verhältnissen nicht mehr genügen. 170 IV. Session der 8. Periode 1900. Beilage XXXIV In Anbetracht der geschilderten, thatsächlich bestehenden Verhältnisse erkennt der volkswirt­ schaftliche Ausschuss die Verbesserung der Verkehrsmittel im Vorderwalde als eine dringende Noth­ wendigkeit an und glaubt, dass die projectierte Concurrenzstraße vom Bahnhöfe Lingenau über Hittis­ au, Sibratsgfäll an die Reichsgrenze ganz geeignet sei, diesem dringenden Bedürfnisse zu entsprechen. Derselbe ist aber auch überzeugt, dass es den 4 interessierten Gemeinden ganz unmöglich ist, die Straße aus eigenen Mitteln zu erstellen. Soll die Straße zu Stande kommen, kann es nur geschehen unter, ausgiebiger finanzieller Beihilfe von Staat und Land. Anlässlich der Verhandlungen über die Stationsanlageu der Bregenzerwaldbahn hat die Bahn­ verwaltung erklärt, seitens der Bahn zu einer Zufahrtsstraße zum Bahnhöfe in Lingenau 8000 Kronen beizutragen. Als Zufahrtsstraße wurde die unterste Theilstrecke der projectierten Concurrenzstraße vom Bahnhof Lingenau bis Kleinmath in einer Länge von 1688 m erklärt, welche im technischen Berichte unter dieser Bezeichnung erscheint, und für die ein Detailproject vorliegt. Diese Zufahrtsstraße bildet aber einen integrierenden Theil der ganzen Concnrrenzstraße vom Bahnhöfe Lingenau bis an die Reichs­ grenze. Die Gemeinden Hittisau und Lingenau haben zwar anlässlich der Verhandlungen über die Stationsanlage des Bahnhofes Lingenau erklärt, unter Herbeiziehung von Bolgenach und Sibratsgfäll zur Beitragspflicht für die nach Abzug der von der Bahnverwaltung zugesicherten 8000 K erlaufenden Kosten der Zufahrtsstraße aufzukommen. Die von den Gemeindeausschüssen der Gemeinden Lingenau, Hittisau, Bolgenach und Sibratsgfäll gefassten Beschlüsse gehen jedoch immer von der Voraussetzung aus, dass auch Staats- und Landessubventionen gewährt werden. Die Erstellung dieser Zufahrtsstraße allein würde aber nicht genügen, weil oberhalb derselben, bevor das Kirchdorf der ersten Gemeinde (Lingenau) erreicht wird, nämlich zwischen Kleinmath—St. Anna-Kapelle Steigungen bis 20' ■■ vor­ kommen. Auch zwischen Lingenau und Hittisau kommen Steigungen von 16" vor. Es ist daher zunächst dringend nothwendig, dass die schwierigsten und steilsten Stellen zwischen dem Bahnhof Lingenau und der Gemeinde Hittisau durch Reuanlageu umgangen werden. In richtiger Erkenntnis der geschilderten Sachlage haben sich die Gemeinden Lingenau, Hittisau, Bolgenach und Sibratsgfäll durch rechtsverbindliche Gemeindebeschlüsse verpflichtet: a) Zu den Erstellungskosten der untersten Theilstrecke vom Bahnhof Lingenau bis Kleinmath nach Abzug des von der Bregenzerwaldbahu zu leistenden Beitrages per 8000 K von den Kosten dieser Theil strecke '/, zu übernehmen. b) Von den Kosten der Erstellung der Coiicurrenzstraße von Kleinmath über Hittisau, Sibratsgfüll an die Reichsgrenze 25° -• zu tragen. c) Die Einhaltung der ganzen Concurrenzstraße vom Bahnhof Lingenau über Hittisau, Sibratsgfäll an die Reichsgrenze zu übernehmen. Bezüglich der Auftheilung der Beitragsquoten auf die einzelnen Gemeinden für die Erhaltung der Straße haben sich die 4 Gemeinden einem Schieds­ sprüche des Landes-Ausschusses zu unterwerfen und zu fügen erklärt. Es würden demnach auf Staat und Land zusammen bei der untersten Theilstrecke 2/3, bei der weiteren Theilstrecke 75°/a der Erstellungskosten entfallen. Bei der hohen Wichtigkeit und Dringlichkeit des Zustandekommens einer besseren, den heutigen Verkehrsverhältnissen entsprechenden Straße im Vorder­ walde, glaubt der volkswirtschaftliche Ausschuss trotz der von verschiedenen Seiten besonders in den nächsten Jahren sehr in Anspruch genommenen Landesmittel doch, das Land müsse auch hier helfend eingreifen, denn selbst die großen Opfer, welche die Gemeinden des Vorderwaldes und das Land zum Zustandekommen der Bregenzerwaldbahn gebracht haben, würden bis zu einem gewissen Grade nicht den erhofften Nutzen bringen, wenn den Gemeinden des Vorderwaldes die Erstellnng eines entsprechenden Verbindungsweges nicht ermöglicht würde. Nach Ansicht des volkswirtschaftlichen Ausschusses sollte für die unterste Theilstrecke ein Landes­ beitrag von */» der nach Abzug des Bahnbeitrages erlaufenven Kostensumme bis zum Höchstbetrage von 20.000 K unter der Bedingung gewährt werden, dass der Staat auch einen gleichen Beitrag leistet. Ferner sollte das Land zu den mit 206.400 K veranschlagten Erstellungskosten der Theilstrecke von 171 Beilage XXXVII. XXXVII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Kleinmath über Hittisau, Sibratsgfäll zur Reichsgrenze 25"/« der wirklich erlaufenden Baukosten bis zum Höchstbetrag von 51.600 K unter der Bedingung übernehmen, dass für diese Strecke ein 50"/«iger Staatsbeitrag gewährt wird. Sollten bei der untersten Theilstrecke die wirklichen Erstellungskosten die projectierten Kosten per 68.000 K oder bei der oberen Theilstrecke die Baukosten die mit 206.400 K projectierten Kosten überschreiten, haben sich die Gemeinden Lingenau, Hittisau, Bolgenach und Sibratsgfäll durch Gememdebeschlüsse verpflichtet, die Mehrkosten allein zu tragen. In den vorstehenden Ausführungen ist darauf hingewiesen, dass in nächster Zeit als dringend nothwendig zur Ausführung gelangen sollten neben der untersten Theilstrecke vom Bahnhof Lingenau bis Kleinmath noch zwei Theilstrecken, die Steigungen von 16 bis 20"/« aufweisen. Diese Stellen sind: a) Die Abzweigung von der bisherigen Straße von Kleinmath bis St. Anna Kapelle, also eine Neuanlage (jetzige Straße 20% Steigung) in einer Länge von 1000 m nach dem generellen Projecte mit einem Kostenvoranschlage von . . . K 14.300 b) Die Theilstrecke Kirchdorf Lingenau bis Parcelle Moos Neuanlage (jetzige Straße 16°/« Steigung) in einer Länge von 962 m nach dem generellen Projecte mit einem Kostenvoranschlage von K 16.940 zusammen sonach K 31.240 Hievon würden auf das Land 25%, das ist 7810 K 51.600 K der oberen Theilstrecke 8000 K. entfallen oder rund a conto der Der Landesbeitrag für die zuerst zu erstelleilden Theilstrecken des ganzen Straßenzuges würde daher betragen: Untere Theilstrecke (Zufahrtsstraße) K 20.000 Theilstrecke Kleinmath-St. Anna-Kapelle u. Kirchdorf Lingenau-Parcelle Moos rund K 8.000 zusammeu K 28.000 Wenn auch zugegeben werden muss, dass die Erstellung dieser Straßeutheile gleichen Schritt halten sollte mit dem Baue der Bregenzerwaldbahn, damit nach Fertigstellung der Bahn ein entsprechender Verbindungsweg wenigstens bis zur Gemeinde Hittisau, der größten Gemeinde des Vorderwaldes vor­ handen wäre, kann der volkswirtschaftliche Ausschuss mit Rücksicht auf die Laiidesfiuanzen doch nur den Antrag unterbreiten, diesen zunächst erforderlichen Theil der Landessubventionen auf 4 Jahre zu vertheilen. Der Ausbau der restlichen Strecken des ganzen Straßenzuges wäre für spätere Jahre in Aussicht zu nehmen und nach Verhältnis der verfügbaren Mittel und nach vorzunehmenden Verein­ barungen der betheiligten Factoren (Staat, Land und Gemeinden) auszuführen. Vom Staate dürfen die in Aussicht genommenen Staatsbeiträge wohl erhofft werden. Das Ärar hat die Garantie eines gewissen Reinertrages der Bregenzerwaldbahn übernommen, es hat daher auch ein eigenes Interesse daran, dass durch geeignete Verkehrswege die Verbindung mit dieser Bahn hergestellt werde. Auch der Umstand, dass die Ccmcurrenzstraße bis zur Reichsgrenze führen wird und somit den Verkehr mit dem bayerischen Allgäu, besonders mit dem bekannten Curorte Oberstdorf und mit der österreichischen, im deutschen Zollauschluss befindlichen Gemeinde Mittelberg wesentlich erleichtert wird, dürfte vom Standpunkte des Staates gewürdiget werden. Dem Landes-Ausschuss war es infolge der erst in neuerer Zeit gefassten Beschlüsse der Gemeinden, betreffend die Betheiligung derselben an der Aufbringung der Erstellungskosten, dann die Verpflichtung zur Einhaltung des ganzen Straßenzuges und die Übernahme allfälliger Kostenüber­ schreitungen, nicht möglich, vor der Tagung des Landtages um Zustimmung der Regierung zur Über­ nahme der erhofften Staatsbeiträge einzuschreiten. Es soll daher der Landes-Ausschuss neuerlich beauf­ tragt werden, ehethunlichst bei der k. k. Regierung unter Namhaftmachung aller das Interesse des Staates betreffenden Momente, unter Bekanntgabe der finanziellen Lage der interessierten Gemeinden und mit Hinweis auf den Umstand, dass diese so nothwendige Concurrenzstraße nur mit ausgiebiger 172 IV. Session »er 8. Periode 1900. - Beilage XXXVII. ■ Hilfe des Staates zustande kommen kann, genommenen Staatshilfe zu thun. die geeigneten Schritte zur Erwirkung der in Aussicht In Anbetracht vorstehender Ausführungen stellt der volkswirtschaftliche Ausschuss folgende Ä n i t? a $ e : 1. Zur Erstellung einer Concurrenzstraße vom projectierten Bahnhof Lingenau der Bregenzerwaldbahn über Hittisau, Sibratsgfäll zur Reichsgrenze werden unter nachstehenden Bedingungen folgende Beiträge aus Landesmitteln gewährt: a) Für die Erstellung der untersten Theilstrecke nach dem vorliegenden Detailproject vom Bahnhof Lingenau—Kleiumath (Zufahrtsstraße) von den mit 68.000 K veranschlagten Kosten nach Abzug des von der Bregenzerwaldbahn zu leistenden Beitrages per 8000 K, ’/s der wirklich erlaufenden Kosten bis zum Höchstbetrage von 20.000 K unter der Bedingung, dass die Regierung einen gleich hohen Staatsbeitrag gewährt. b) Zu den Erstellungskosten der oberen Theilstrecke von Kleinmath über Hittisau, Sibratsgfäll bis zur Reichsgrenze von den mit 206.400 K projectierten Kosten, 25°/« der wirklich erlaufenden Kosten bis zum Höchstbetrage von 51.600 K unter der Bedingung, dass für diese Theilstrecke ein 50"/»iger Staatsbeitrag gewährt wird. Die hienach entfallenden Landesbeiträge für die in den nächsten Jahren in Aussicht genommene Erstellung der untersten Theilstrecke Bahnhof Lingenau—Kleinmath, dann Kleinmath—St. Anna-Kapelle und Kirchdorf, Lingenau, Parcelle Moos werden a conto der zugesicherten Landesbeiträge zum ganzen Straßenzuge in der Weise geleistet, dass in den Jahren 1900, 1901, 1902 und 1903 je 7000 K zur Auszahlung gelangen, falls diese Theilstrecken in den genannten Jahren gebaut werden. Die Landesbeiträge für die restlichen Theilstrecken gelangen in späteren Jahren nach Maßgabe der vorhandenen Mittel gemäß den zwischen Staat, Land und Gemeinden noch zu treffenden Vereinbarungen nach Verhältnis des Baufortschrittes zur Auszahlung. 2. Der Landes-Ausschuss wird beauftragt, ehethunlichst bei der k. k. Regierung um Erwirkung der erhofften Staatsbeiträge einzuschreiten. Bregenz, 18. April 19OO. Jodok Fink, Johann Kohler, Obmann. Berichterstatter. Truck von I. N. Teutsch, Bregenz. 173