19000424_ltb00401900_Volkswirtschaftsausschussbericht_Gesuch_Bizau_Reuthe_Landesgesetzerlassung_Bizauerbauchregulierung

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Letzte Änderung 05.07.2021, 13:16
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp08,lt1900,ltb0,ltb1900
Dokumentdatum 2021-07-05
Erscheinungsdatum 2021-07-05
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XL. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. Beilage XL. Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über das Gesuch der Gemeinden Bizau und Reuthe um Erlassung eines Landesgesetzes, betreffend die Regulierung des Bizauer Baches. Hoher Landtag! Die Regulierung des Bizauer Baches hat schou im Jahre 1897 den Landtag beschäftigt. Damals ivar die Angelegenheit aber noch nicht spruchreif. Der Landtag hat daher in seiner Sitzung vom 27. Februar 1897 den Landes-Ausschuss beauftragt, mit der Regierung wegen Erwirkung eines Staatsbeitrages und mit der Gemeinde Bizau wegen Leistungen der Gemeinde und der übrigen Inter­ essenten zu den Wuhrerstellungen und endlich wegen Sicherstellung der Einhaltung zu verhandeln und dem Landtage Bericht zu erstatten. Vom Landesingenieur wurde das im Jahre 1897 vorliegende Projekt insbesondere dahin ergänzt, dass die Regulierung dieses Wildbaches nicht bloß durch Erstellung von Wuhreu in den gefährdetsten Strecken int Gebiete der Gemeinde Bizau erfolgen soll, sondern dass auch die Verbauung im Thalinnern in die Regulierung einbezogen werde, um die Geschiebezufuhr zu verringern, und dass die untere im Gebiete der Gemeinde Reuthe gelegene Theilstrecke des Baches ebenfalls miteinbezogen werde. Aus dem technischen Berichte ist hierüber zu entnehmen: „Der Bizauerbach entspringt in einer Seehöhe von circa 1030 irr ans dem Hochplateau von Schönebach, verlässt nach einem circa 7'4 km langen Laufe bei Bizau das Thalinnere, erreicht aber dortselbst nicht die Thalsohle, sondern zieht in ganz abnormaler Weise in einer mittleren Höhe von 10 m über der Thalsohle der Lehne eines Berges entlang, an dessen Fuße das 615 Einwohner zählende Dorf Bizau liegt, — uud mündet nach einem 3'7 km langen Laufe bei der Ortschaft Reuthe in die Bregenzer-Ach. (637 m Seehöhe.) Wenn auch die Gehänge im Innern des Thales in ihrem untern Theile gut bestockt und nennenswerte Lehnenbrüche nur in geringer Anzahl zu constatieren sind, so ist doch die Geschiebeführung des Bizauerbaches infolge der starken Verwitterung des aus Kalkstein mit Thonschiefereinlagen bestehenden Gebirgsstockes eine ziemlich bedeutende. 181 Beilage XL. XL. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Dieses, wenn auch meistens nicht grobe Geschiebe kommt vornehmlich auf der Bachstrecke längs der Ortschaft Bizau zur Ablagerung, wo die Stoßkraft des Wassers infolge des stetig abnehmenden Gefälles und des Überbreiten des Bachbettes zur Weiterführung der Geschiebe nicht mehr ausreicht. Mit der fortwährendeu Erhöhung des Bachbettes wächst für das tiefgelegene Dorf Bizau die Gefahr eines Ausbruches des Bizauerbaches, welcher für dasselbe geradezu eine Katastrophe bedeuten würde. Wohl befinden sich am linken Ufer, wie aus den Plänen ersichtlich, durchgehends Uferbauten, deren Entstehung auf viele Jahre zurückdatiert, und welche mit den Jahren stetig erhöht iverden musste«. Doch haben diese Werke eine so bedenkliche Höhe über der Thalsohle erreicht, dass eine weitere Erhöhung schon mit Rücksicht auf deren Stabilität unzulässig erscheint. Bereits seit einigen Jahren ist die Gemeinde Bizau bemüht, durch hölzerne und steinerne Einbanien den Lauf des Baches zu regeln, und durch Einschränkung des Bettes die Geschiebeabfuhr zu erleichtern. Diese Bauten sind jedoch alle nur provisorischen Charakters, mehrmals wurden dieselben durch Hochwasser durchbrochen, das Bachbett füllte sich neuerlich mit Geschiebe an, und vornehmlich auf der untern Strecke sind die Verhältnisse durch diese Einbauten nicht besser geworden. Mit Rücksicht auf die gefährdete Lage der Ortschaft und eines bedeutenden Territoriums von Culturgründen ist die endliche definitive Regulierung des Bizauerbaches unbedingt geboten. Über Wunsch der Gemeindevorstehung Bizau uud über Auftrag des Landes-Ausschusses wurde das vorliegende Detailproject ausgearbeitet, betreffs deffeu Nachstehendes bemerkt wird: Die Regulierung des Bizauerbacher in der am meisten gefahrdrohenden Strecke und in seiner jetzigen Ortslage soll durch Schaffung eines geregelten, den Hochwaffermengen entsprechend dimensionierten Gerinnes, und zwar durch die Anlage eines Canals erfolgen. Der Canal beginnt unterhalb der zum Gemeindeschießstande führenden sogenannten Haldenbrücke in Prof. 145'7—10'3 m und endet an der bei Reuthe in den Bizauerbach eingebauten Grundschwelle. Die Längenausdehnung beträgt 3278 m. Unter Annahme des vorkommenden Minimalgefülles von l"460/0 und einer Wassertiefe von 1'0 m ergibt sich an der Grundschwelle in Reuthe bei einer mittleren Geschwindigkeit des Wassers von rund 5'0 m pro Secunde ein Abflussvermögen von rund 30 in8 Wasser, welches Maß über die bis jetzt beobachteten Hochwasserquantitäten von 27 m3 hinausgeht. Am Beginne des Canales wird bei der dortselbst befindlichen Brücke an Stelle der jetzt aus einzelnen großen, jedoch außer allem Verbände stehenden Steinen gebildeten Grundschwelle, ein solid construierter Holzkasten mit Steinfüllung eingebaut. Die Kosten für die Ausführung der Regulierung sind mit 140, 000 K veranschlagt. Rücksichtlich der an den projectierten Canal sich anschließenden obern Strecke des Bizauerbaches wird bemerkt, dass thalaufwärts der Bachlauf soweit als nothwendig durch beiderseitige Uferwerke begrenzt ist, deren Fundamente durch eine eingebaute Sperre, sowie durch Grundschwellen gesichert sind. Weiter im Thalinnern unterhalb der sogenannten „langen Wiese" 920 in oberhalb der HaldeuBrücke findet sich ein günstiger Platz für die Anlage ein-r Stauanlage zur Zurückhaltung der Geschiebe, und beabsichtigt die Gemeinde Bizau dortselbst eine Thalsperre in rusticaler Bauweise (mit Steinanfüllung) zu errichten, wofür das Projcct nach einer vom k. k. Baurathe Neuner angefertigten Skizze verfasst wurde. Die Kosten hiefür sind mit 1400 fl. veranschlagt, welcher Betrag auch Aufnahme in den gegenständlichen Kostenvoranschlag gefunden hat. Bei Profil 1705 6 erweitert sich das Bachbett in einer Weise, welche die Benützung desselben als Materialablagerungsplatz geeignet erscheinen lässt. Die Gesammtkosten der Bauten sind einschließlich der Kosten für Wildbachverbauungsarbeiten int Innern des Thales auf 140.000 K veranschlagt, deren Deckung durch Beiträge der Gemeinde Bizau eventuell der Gemeinde Reuthe, ferner einer zu bildenden Wassergenoffenschaft, weiter des Landes und da es sich um ein Unternehmen von großem gemeinnützigen Interesse, um die unschädliche Ableitung eines Gebirgswassers, handelt durch einen Beitrag des Staates erfolgen soll. 182 Beilage XL. IV. Session der 8. Periode 1900. Was die Einhaltung der Bauten betrifft, so besteht gegenwärtig eine wahrscheinlich aus alter Übung hervorgegangene Verpflichtung für die unmittelbaren Anrainer, die Uferstrecke, soweit selbe an ihr Eigenthumsgebiet grenzt, einzuhalten. Im Falle der Ausführung der projezierten Bauten jedoch niüsste für die Einhaltung derselben die sich bildende Wassergenossenschaft aufkommen." Bei der auf Grund des Vorarlberger Wasserrechtsgesetzes am 2. Mürz 1900 abgehaltenen comissionellen Verhandlung wurde vom Amtssachverständigen, Herrn Baurath Krapf, die Nothwendigkeit und Zweckmäßigkeit des Unternehmens anerkannt. Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen ist unter anderem Folgendes zu entnehmen: „Es ist unbestritten, dass die heutige Gestaltung der Ver­ hältnisse ani Bizauer Bache zu einer baldigen umfassenden Bauthätigkeit drängen, will man nicht die gefährdeten Liegenschaften völlig preisgeben. Das vorliegende Projekt des Landes-Ausschusses begreift in sich: 1. Maßnahmen im Innern des Thales zur Verminderung der Geschiebczufuhr und 2. im äußern Thallaufe des Baches zur unschädlichen Abfuhr der Geschiebe. Beides ist nöthig um die Gefahren zu bannen. Die bloße Wildbachverbauung allein würde wohl eine Besserung der Verhältnisse herbeiführen, müsste aber einen großen Umfang erreichen um der sich vollziehenden Auflandung des äußeren Nachlaufes Einhalt zu thun, weil die Gefüllslinie zu unverinittelte Übergänge aufweist. Sie könnte niemals hindern, — ja das geschiebefreie Waffer würde den Process sogar fördern — dass die von der Thalschlucht ab im Bachbette angehüuften Geschiebe weiter thalabwärts gestoßen würden, wo der Bach in seiner heutigen Gestaltung außer Stande wäre, sie fortzuführen. Es ist daher das vorliegende Projekt in seinen Grundzügen nur gutzuheißen, wenn­ gleich Einzelheiten der geplanten Bachregulierung zu Bemerkungen Anlass geben." Die Projectsänderungen wurden zwischen dem Amtstechniker und dem Projektanten Herrn Landes­ ingenieur Jlmer eingehend besprochen und führten dazu, dass im beiderseitigen Einverständnisse mehrere Projectünderungen in Antrag gebracht wurden. Gegen diese Änderungen wurde von keiner Seite eine Einwendung erhoben, und ist das Projekt sammt Kostenvoranschlag, demselben Rechnung tragend, bereits ergänzt worden und dem beiliegenden Gesetzentwürfe zu Grunde gelegt. Bei dieser Verhandlung wurde die Aufbringung der Kosten für die Realisierung der so noth­ wendigen Bauten in der Weise in Aussicht genommen, dass der Staat 50%, das Land 30%, die aus den Interessenten zu bildende Wassergenossenschaft 20° 0 der Erstellungskosten zu tragen habe. Nachdem aber die Landesmittel dermalen und besonders in den nächsten Jahren zu sehr in Anspruch genommen werden, die Ausführung des Unternehmens aber in keiner Weise verzögert werden solle, ließ sich die Gemeinde Bizau herbei 5% zu übernehmen, so dass das Land noch 25% zu tragen hätte. Die Einhaltung der ausgeführten Arbeiten hat die Wassergenossenschaft zu übernehmen. Der volkswirtschaftliche Ausschuss theilt die Anschauung der Techniker, dass in diesem Falle die Erstellung der in Aussicht genommenen Bauten unbedingt nothwendig und die Ausführung zudem sehr dringlich ist, weil für die Liegenschaften der Gemeinde Bizau die Gefahr von Jahr zu Jahr größer wird, von einem etwaigen kaum über das Normale hinausgehenden Anschwellen dieses Wildbaches in wenigen Minuten total vernichtet zu werden. Die Gemeinde Bizau hat die letzten Jahre bedeutende Anstrengungen machen müssen und große Opfer gebracht, um durch provisorische Bauten und Aushebungen des Geschiebes die drohende Katastrophe abzuwehren. Der volkswirtschaftliche Ausschuss ist auch überzeugt, dass die Genieinde Bizau und die In­ teressenten zu keinen höheren Beiträgen herangezogen werden können. Desgleichen ist ein Heranziehen der kleinen armen Gemeinde Reuthe als solche zu irgendwelcher Beitragsleistung ganz ausgeschlossen. Es muss daher Staats- und Landeshilfe in Anspruch genommen werden. Mit Rücksicht darauf, dass die commissionelle wasserrechtliche Verhandlung erst vor kurzer Zeir (2. März d. Js.) vorgenommen werden konnte, war es dem Landesausschuss nicht möglich, die Zu- 183 XL. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen dcS Vorarlberger Landtages. IV. Session 8. Periode 1900. stimmung der Regierung eiilzuholen. Dieselbe darf nach der ganzen Sachlage wohl zuversichtlich erhofft werden. Der volkswirtschaftliche Ausschuss glaubt, die Angelegenheit dürfe weil Gefahr im Verzug, nicht mehr länger verzögert werden, und erlaubt sich daher, dem hohen Landtage einen auf die Aus­ führung der Angelegenheit bezughabenden Gesetzentwurf in Vorlage zu bringen und zu stellen den Antrag Der hohe Landtag wolle beschließen: „Dem beiliegenden Gesetzentwürfe, betreffend die Verbauung und Regulierung des Bizauer Baches in den Gemeinden Bizau und Reuthe, wird die Zustimmung ertheilt." Bregenz, 24. April 19OO. Jodok Fink, Johann Kohler, Berichterstatter. Obmann. Druck von I. W. Teutsch, Bregenz. 184 XL A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. lV. Session, 8. Periode 1900. Beilage XL A. Gesetz vorn . . . . wirksam für das Land Vorarlberg, betreffend die Verbauung und Regulierung des Bizauer Baches in den Gemeinden Bizau und Reuthe. Über Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde Ich anzuordnen, ivie folgt: § 1. Die Verbauung und Regulierung des Bizauer Baches in den Gemeinden Bizau und Reuthe ist ein nach Maßgabe des Reichsgesetzes vom 30. Juni 1884, R. G. Bl. Nr. 116 vom Lande Vorarlberg auszuführendes Unternehmen. § 2Als technische Grundlage für diese Arbeiten hat das vom Landes-Ansschnsse ausgearbeitete und gemäß der Äußerung des technischen Amtssachverstündigen bei der wasserrechtlichen Verhandlung am 2. Mürz 1900 modisicierte Projekt, wonach sich dieGesammtkosten der in Rede stehenden Verbauungs- und Regulierungsarbeiten auf 140.000 K beziffern, zu dienen. § 3. Die Ausführung der Arbeiten erfolgt durch den Landes-Ausschuss. Alle Änderungen des Projektes sind voll der Zustimmung 185 des Ackerbauministeriums abhängig. Beilage XL A. XL A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. § 4. Die Bestreitung der Gesammtkosten erfolgt durch: 1. einen Beitrag des Landes von 25% im Höchst­ beträge von 35.000 K; 2. einen Beitrag des staatlichen Meliorationsfondes von 50% im Höchstbetrage von 70.000 K, vorbehaltlich der verfassungs­ mäßigen Genehmigung; 3. einen Beitrag der Gemeinde Bizau von 5% im Höchstbetrage von 7.000 K; 4. einen Beitrag der auf Grund des Vorarl­ berger Wasserrechtsgesetzes vom 28. August 1870 Nr. 65 L. G. Bl. zu bildenden Wassergenossenschaft von 20% im Betrage von 28.000 K. Allfällige Mehrkosten sind von eben dieser Genossenschaft allein zu über­ nehmen. § 5. Die Bauzeit und die Einzahlungstermine der im § 4 bezeichneten Beiträge sind in der im § 8 vorgesehenen Vollzugsvorschrift zu regeln. Bis zum Zeitpunkte, in welchem die endgiltige Bildung der Genossenschaft vollzogen sein wird, haften die Gemeinden Bizan und Reuthe im Ver­ hältnisse von 5 zu 1 (Bizau 5, Reuthe 1) für die Leistungen der Genossenschaft, sowie für die termin­ mäßige Einzahlung der auf die Geuossenschaft ent­ fallenden Beiträge. 8 6. Ersparungen, welche sich bei Ausführung der projectierten Bauten ergeben, haben den int § 4 angeführten Factoren nach Maßgabe ihrer Beitrags­ leistung zugute zu kommen. § 7. Die Erhaltung der ausgeführten Arbeiten hat ausschließlich die zu bildende Wassergenossenschast zu übernehmen. 8 8. Über die weitere Einflussnahme der k. k. Staats­ verwaltung auf die Ausführung der Verbauungs­ und Regulieruitgsarbeiten wird in technischer und öconomischerBeziehungeineVollzugsvorschriftzwischen 186 Beilage XL A. IV. Session der 8. Periode 1900. der Staatsverwaltung und dem Landes-Ausschusse vereinbart werden. 8 9. Mit dem Vollzüge dieses Gesetzes sind Meine Minister des Ackerbaues, des Innern und der Finanzen betraut. Druck von 3* N. Teutsch, Bregenz. 187