19000127_ltb00071900_Landesausschussmotivenbericht_Gesetzentwurf_Gemeindebesoldungssteuer

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Letzte Änderung 05.07.2021, 13:17
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp08,lt1900,ltb0,ltb1900
Dokumentdatum 2021-07-05
Erscheinungsdatum 2021-07-05
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VII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. Beilage VII. Alkstiven-Bericht des Landes-Ausschusses zu dem Gesetzentwürfe betreffend Gemeindebesoldungssteuer. die Einführung einer Hoher Landtag! Infolge der Reform der Personaleinkommensteuer wurden Länder und Gemeinden unter anderm auch dadurch geschädigt, dass die ftüher bestandene Besoldungssteuer bis zu Dienstbezügen von 3200 fl. ganz aufgelassen und sonach den Gemeinden und Ländern die Möglichkeit einer Heranziehung von Diensteinkommen von 600—3200 fl. zur Deckung ihrer Erfordernisse benonimen wurde. Um diese entstandene Lücke einigermaßen auszufüllen, erklärte sich die k. k. Regierung bereit, der Einführung einer besonderen Landes- und Gemeindebesoldungssteuer im Wege der Landesgesetzgebung nicht entgegentreten zu ivollen, und thatsächlich wurden von mehreren Landtagen, und zwar von den Landtagen von Tirol, Salzburg, Oberösterreich und Schlesien, Gesetzentwürfe betreffend die Einführung der Gemeindebesoldungs­ steuer beschlossen. Die bezüglichen Gesetzentwürfe erhielten die kaiserliche Sanction. Die k. k. Regierung hat seinerzeit die vorzüglichsten Gesichtspunkte bekannt gegeben, an denen bei Beschließung derartiger Gesetze festzuhalten wäre. Diese Gesichtspunkte sind kurz gefasst folgende: a) Die Besoldungssteuer sollte in erster Linie als Gemeindesteuer iu Aussicht genommen werden. Sollte ein Land eine Einnahme aus diesem Titel nicht entbehren zu können glauben, so wäre in dem betreffenden Landesgesetz die Anordnung zu treffen, dass die Gemeinde einen Theil des Ertrages der Besoldungssteuer dem Lande zu überlassen habe. b) Hof-, Staats-, Landes- und öffentliche Fondsbeamte sowie die Lehrer hinsichtlich der Dienst­ bezüge, dann die Seelsorger hinsichtlich der Congrua, seien von der Steuer auszunehmen. c) Hinsichtlich der örtlichen Abgrenzung habe ausschließlich der Wohnsitz des Empfängers der Dienstbezüge maßgebend zu sein. d) Als Regel der zulässigen Obergrenze des Ausmaßes der Besoldungssteuer sei die Hälfte der­ jenigen Steuer in Aussicht zu nehmen, welche nach dem Personalsteuergesetze auf die Besoldungen entfällt, wenn sie das einzige Einkommen des Besoldeten bilden. Höhere Besoldungssteuern könnten nur ausnahmsweise mit Rücksicht auf ganz besondere Verhältnisse zugestanden werden. e) Bei Einführung der Besoldungssteuer wäre nicht gestattet, außer derselben noch einen Zuschlag zur staatlichen Besoldungssteuer (Jahresbezüge von 3200 fl. oder mehr) einzuheben. 37 VII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. f) Zur leichtern Durchführung der Veranlagung und Vorschreibung der Besoldungssteuer ist die Regierung bereit, den Gemeinden, in welchen eine derartige Besoldungssteuer zur Einführung gelangt, die auf die Dienstbezüge sich beziehenden Daten des Einschätzungsregisters und des Verzeichnisses der Personen, welche Dienstbezüge haben, zur Verfügung zu stellen. Die bisher beschlossenen und in Wirksamkeit getretenen Gesetze haben diesen Grundsätzen nach jeder Richtung Rechnung getragen. In Vorarlberg haben hauptsächlich die Städte und die Jndustrieorte die Auflassung der frühern Besoldungssteuer ant meisten empfunden. Die Gemeindevorstehung von Dornbirn hat auf Grund des Sitzungsbeschlusses der Gemeinde­ vertretung vom 22. Rov. v. I. mit Zuschrift vorn gleichen Tage Zl. 569/14 de präs. 26. Nov. 1899 h. ä. Z. 4284 an den Landes-Ausschuss das Ersuchen gestellt, die Einführung einer Gemeindebesoldungs­ steuer in Erwägung zu ziehen und für den Landtag einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzubereiten. Ein gleiches Gesuch unterbreitete der Stadtrath Bludenz unterm 20. Jänner 1900 Z. 153, h. ä. Z. 378 auf Grund des Gemeindeausschussbeschlusses vom 7. Nov. 1899. Der Landes-Ausschuss fand diese Ansuchen für begründet und beschloss sonach die Vorlage eines diesbezüglichen Gesetzentwurfes an den h. Landtag. Der Entwurf ist, im allgemeinen gleichlautend mit den bereits in Kraft stehenden Gesetzen der oben bezeichneten Länder, iiur hinsichtlich des Ausmaßes der Steuer geht er über den Rahmen derselben, nicht aber über die von der k. k. Regierung festgesetzten Grenzen hinaus. Die Regierung hat, wie schon oben erwähnt, die Erhöhung der Steuer über die Hälfte der Steuersätze der staatlichen Steuer bei Vorhandensein besonders berücksichtigenswerter Verhältnisse ausnahmsweise als zulässig erklärt. Solche besonders berücksichtigenswerte Verhältnisse bestehen aber thatsächlich in Vorarlberg. Die Gemeindeerfordernisse sind in der Regel sehr groß und deren Deckung erfordert vielfach eine Verumlagung in der Höhe von 100—300 und noch mehr Procent zu den der Ümlagepflicht unterliegenden direkten ärarischen Steuern. Gemeinden, die so hoher Umlagen bedürfen, haben früher durch Zuschläge zu der Gehalts-(Einkommen-)Steuer viel höhere Betrüge erzielt, als es in der Zukunft nach Einführung der Gemeindebesoldungssteuer der Fall sein wird. Diese Steuer würde sonach in dem von den andern Kronländern beschlossenen Ausmaße nicht einmal Halbwegs einen angemessenen Ersatz für den diesfalls infolge der Steuerreform entstandenen Entgang bieten. Von jenen Gemeinden, denen die einzuführende Besoldungssteuer voraussichtlich in erster Linie einigermaßen einen Ertrag abwerfen soll, haben nachstehende verhältnismäßig hohe Gemeindeumlagen und zwar: Bregenz 130, Feldkirch 140, Hard 142, Bludenz 158 und Dornbirn 246°/, zu den direkten ärarischen Steuern. Es erscheint gerechtfertigt, dass für Fälle, in denen die Genwindeumlagen eine ganz exorbitante Höhe erreichen, auch eine höhere Gemeindebesoldungssteuer festgesetzt, beziehungsweise bewilligt werden kann. Gestützt auf diese Ausführungen wird gestellt der Äntrmg: Der hohe Landtag wolle beschließen: „Dem beiliegenden Gesetzentwurf, betreffend die Einführung einer Gemeindebesoldungs­ steuer von Dienstbezügen wird die Zustimmung ertheilt." Bregenz, 27. Jänner 1900. Den Eandes-Äusschriss. Martin Thnrnher, 38 Referent. VII Ä. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. «-.läge VII A. Gesetz vom ♦ ♦ ♦ ♦ wirksam für das Land Vorarlberg, betreffend die Einführung einer Geineindebesoldungsstener von Dienstbezügen. Über Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde Ich anzuordnen, wie folgt: § 1. Den Gemeinden steht das Recht zn, selbst­ ständige Steuern von Dienstesbezügen zu beschließen. Das Höchstausmaß dieser Steuer soll in der Regel jedoch nicht größer sein, als die Hälfte der im § 172 des Gesetzes vom 25. October 1896 R. G. Bl. Nr. 220, betreffend die directen Personal­ steuern, enthaltenen Steuersätze und trifft nur die Dienstbezüge, beziehungsweise die Besoldung des Steuerpflichtigen, mit Ausschluss anderer Ein­ kommenquellen desselben. Bei besonders berücksichtigenswerten Verhält­ nissen kann indessen die selbständige Gemeindebesoloungssteuer bis zur vollen Höhe der in alinea 1 bezeichneten staatlichen Steuersätze festgesetzt werden. Zur Auflage dieser Steuer überhaupt ist die Bewilligung des Landes-Ausschusses und die Zustimmnng der politischen Landesbehörde erforderlich. § 2. Von dieser Besoldnngssteuer sind befreit: 1. 39 Hof-, Staats-, Landes- und öffentliche Fonds­ beamte und Diener, öffentliche Lehrer, dann Militärpersonen sowie deren Witwen und VII A. der Beilagen zu oen stcnogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. IV. Session. 8. Periode 1900. Waisen bezüglich ihrer Dienstbezüge und aus dem Dienstverhältnisse herrührenden Pensionen, Provisionen, Erziehungsbeitrüge und Gnaden­ genüsse. 2. Seelsorger bezüglich der ihnen jeweilig ge­ setzlich gebürenden Congrua. § 3. In denjenigen Gemeinden, in welchen auf Grund dieses Gesetzes ein Gemeindebesoldungssteuer eingeführt wird, ist die staatliche Besoldungssteuer von jedem Zuschläge frei zu lassen. § 4. Hinsichtlich der örtlichen Abgrenzung der Steuer­ pflicht ist ausschließlich der Wohnsitz des Empfängers der Dienstbezüge maßgebend. § 5. Die Regierung wird ermächtigt, den Gemeinden, in welchen eine Besoldungssteuer auf Grund dieses Gesetzes zur Einführung gelangt, die auf die Dienst­ bezüge Bezug habenden Daten des Einschätzungs­ registers und des Verzeichnisses der Personen, welche Einkommen aus Dienstbeziigen beziehen, zum Zwecke der Feststellung der Besteuerungsgrundlage für die Gemeinde-Besoldungssteuer zur Verfügung zu stellen. 8 6. Mit dem Vollzüge dieses Gesetzes wird Mein Minister des Innern und Mein Finanzminister beauftragt. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 40