19130920_ltb00211913_Landesausschussbericht_Gesetzentwurf_Alpenpflanzenschutz

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Letzte Änderung 04.07.2021, 22:15
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp10,ltb0,lt1913,ltb1913
Dokumentdatum 2021-07-04
Erscheinungsdatum 2021-07-04
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21. Beilage zu den ttenogr. Berichten des Lorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Penode 1913/14 Beilage £1. Bericht des r'andesausschuffes über den Gesetzentwurf, betreffend den Schutz der Alpenpflanzen. Hoher Landtag! In der 13. Sitzung des Landtages vom 31. März 1913 hat der Landtag unter anderem dem Landesausschusse den Auftrag erteilt, zum Schutze der Alpenflora einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten und dem Landtage in nächster Session in Vorlage zu bringen. In Ausführung dieses Landtagsbeschlusses hat sich der Landesausschuß zunächst an die Landes­ ausschüsse von Tirol, Salzburg, Steiermark und Oberösterreich gewendet mit dem Ersuchen, die dort in diesen Belangen vorhandenen Gesetze oder beziehungsweise Gesetzesentwürfe dem Landesausschufle bekannt zu geben. Aus dem eingelangten Material ist zu ersehen, daß Oberösterreich seit dem 28. Mai 1910 ein Gesetz hat, welches das Ausgraben von 19 verschiedenen Pflanzen verbietet. Steiermark hat seit dem Jahre 1898 ein Gesetz zum Schutze der Pflanze Edelweiß. In den Jahren 1909/10 verhandelte der dortige Landtag ein Gesetz, das auch andere Pflanzen schützen soll, das jedoch von der Regierung, da sie gegen einzelne Bestimmungen Bedenken hegte, der Allerhöchsten Sanktion nicht unterbreitet wurde. Ein anderer Gesetzesentwurf konnte bisher noch nicht in Behandlung gezogen werden. Der Landtag von Salzburg hat für seine kommende Session einen Gesetzesentwurf vorbereitet und dem Landesausschufle samt der bezüglichen Regierungserklärung übermittelt. Der Salzburger Entwurf diente dem vorliegenden als Grundlage und erscheint deshalb zweckmäßig, weil die Regierung zu diesem Entwürfe Stellung genommen hat und daher nicht so leicht ein Sanktionshindernis zu befürchten ist. Der Landesausschuß von Tirol übermittelt den Salzburger Gesetzesentwurf, welcher von der Statthalterei als Grundlage für weitere Verhandlungen bezeichnet wird. Es scheint wünschenswert, daß die drei angrenzenden Länder, welche ähnliche Verhältnisse ausweisen, in den Grundzügen gleichartige Schutzgesetze erlangen. Ein Gutachten vom Direktor des k. k. botanischen Gartens in Innsbruck enthielt bemerkenswerte Äußerungen, welche im beiliegenden Entwürfe Beachtung fanden. In dem zu schaffenden Gesetze wurden die Pflanzen in „geschützte" und in „schonungsbedürftige" eingeteilt. Auf die Verhältnisse des Landes wurde Rücksicht genommen. Die Alpenrose wurde unter die „schonungsbedürftigen" Pflanzen deshalb aufgenommen, weil sie im Vorgebirge und an viel begangenen Touristenwegen bereits stark im Abnehmen begriffen und durch das Ausreißen von Stöcken an Hängen eine nicht unerhebliche Gefahr bei Hochwasier und Rutschungen besteht. Das Gesetz steht der Alpenwirtschaft nicht hinderlich entgegen, weil § 7 den Besitzer bei Meliorationen frei gewähren läßt. 81 81. Beilage zu den stenogr. Berichten des Borarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. Unter die „geschützten" Pflanzen wurden mehrere deshalb aufgenommen, weil durch Sammler die Gefahr besteht, daß ganze Arten oder Gattungen, weiche nur in bestimmten Teilen des Landes vorkommen, ausgerottet werden. Im Lande selbst waren verschiedene Kreise bemüht, für den Schutz der Alpenpflanzen tätig zu sein. Der Gau Vorarlberg der „Ostmark" des Bundes Deutscher in Österreich" richtete im Mai dieses Jahres an die Bezirkshauptmannschaften des Landes ein Gesuch, in welchem die Behörde um Heraus­ gabe eines Erlasses zum Schutze der Alpenpflanzen ersucht wurde. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz entsprach diesem Ansuchen und gab im Monat Juni eine Kundmachung heraus, welche die einschlägigen Bestimmungen des Forstgesetzes vom 3. Dezember 1852, des Feldschutzgesetzes vom 28. März 1875 und des Gesetzes zum Schutze der Pflanze Edelweiß vom 27. Jänner 1904 in Erinnerung brachte. Die Prefle des Landes unterstützte durch Notizen und Artikel die Bestrebungen des Pflanzen­ schutzes und machte Behörde und Öffentlichkeit auf Übelstände aufmerksam. Im Gesetze hätten noch manche Pflanzen Aufnahme finden können. Der Landesausschuß nahm vorläufig hiervon Abstand. Im Einvernehmen mit dem Landesausschusse kann die Statthalterei zur gegebenen Zeit weitere Pflanzen als „geschützt" oder „schonungsbedürftig" im Verordnungswege erklären. Es muß unbedingt dagegen Stellung genommen werden, wenn einzelne Unternehmungen gleich die Pflanzenwurzeln „zentnerweise" verlangen und diese noch von blühenden Pflanzen. Es grenzt schon fast an Zerstörungswut, wenn ganze Stechlaubpflanzen abgehauen und als „Zierde" in Schaufenstern Verwender, wenn die Blüten von seltenen Pflanzen zur Dekoration und zu bald verwelkenden Kränzen in Gasthäusern und dergleichen benützt werden. Eine Firma des Auslandes wandte sich vor einiger Zeit an ein Blatt im Lande mit einem Inserat, das die Wurzel einer heimischen Pflanze in Masie zu kaufen suchte. Solche schädigende Bestrebungen hlntanzuhalten, soll der vorstehende Gesetzesentwurf dienen und unsere schöne heimische Alpenflora erhalten helfen. Das Gesetz vom 27. Jänner 1904, L. G. Bl. Nr. 18, betreffend den Schutz der Pflanze Edelweiß wird durch dieses Gesetz überholt und ist deshalb außer Kraft zu setzen. Der Landesausschuß glaubt hiemit dargetan zu haben, daß es im Interesse des Heimatsschutzes geboten erscheint, dieses gewiß notwendige Gesetz zum Schutze der Alpenpflanzen zu schaffen. Der Entwurf nimmt die neuesten Gesetzentwürfe auf diesem Gebiete, die die Regierung bereits durchgesehen und dazu Stellung genommen hat, zur Grundlage und glaubt, daß deren Annahme und Allerhöchsten Sanktion kein Hindernis im Wege steht. Der Landesausschuß stellt daher folgenden Antrag: „1. Der hohe Landtag wolle nachstehendem Gesetzesentwurfe die Zustimmung erteilen und 2. der Landesausschuß wird beauftragt, hiefür die allerhöchste Sanktion zu erwirken." Bregenz, am 20. September 1913. Für den Landesausschuß in Vorarlberg: Jodok Fink, Referent. Druck von I. N. Teutsch in Bregenz. 82 &1A* Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. Beilage 31A. (Scfct) v.m . . . wirksam für das Land Vorarlberg, betreffend den Schutz der Alpenpflanzen. Über Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde Ich anzuordnen wie folgt: § 1. Geschützte Pflanzen im Sinne dieses Ge­ setzes sind: 1. Alpen-Aster (Aster alpinus), 2. „ Akelei (Aquilegia alpina), 3. „ Mannstreu (Eryegium alpinum), 4. „ Veilchen, Erdscheibe (Cyclamen europseum), 5. Aurikel, Schrofmandöngen (Primula Auricula), 6. Brunellen, Männertreu (Nigritella nigra, rubra und suaveolens), 7. Edelweiß (Gnaphalium leontopodium), 8. Echte und schwarze Edelraute (Artemisia Mutellina und spicata), 9. Gelber Enzian (Gentiana lutea), 10. Ungarischer „ ( „ pannoaica), 11. Purpurroter „ ( „ purpurea), 12. Punktierter „ ( „ punctata), 13. Feuerlilie (Lilium bulbiferuin), 14. Frauenschuh (Cypripedium Calceolus), 15. Türkenbund (Lilium martagon). Schonungsbedürftige Pflanzen im Sinne dieses Gesetzes sind: 1. Stechpalme (Hex aquifolium), 2. Zirbelkiefer (Firnis cembra), 3. Eibe (Taxus baccata), 4. Alpenrosen (Rhododendron hirsutum und ferrugineum). 83 81A. Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. Im Verordnungswege können von der Statt« Halterei im Einvernehmen mit dem Landesaus­ schusse auch andere Pflanzenarten als geschützt .oder schonungsbedürftig erklärt werden. In gleicher Weise können einzelne der als geschützt oder schonungsbedürftig erklärten Pflanzen, inso­ weit sie eines fernern Schutzes nicht mehr bedürfen, ausgenommen werden. § 2. Unbeschadet der in diesem Gesetze vorgesehenen Ausnahmen isr verboten: In Ansehung der im' Sinne des § 1 als ge­ schützt erklärten Pflanzen: 1. Das Pflücken, Abreißen oder Abschneiden aus fremdem Grund und Boden, 2. das Ausreißen, Ausgraben oder Ausheben samt Wurzeln, Zwiebeln oder Knollen, 3. das Feilhalten oder sonstige entgeltliche Veräußerungen mit und ohne Wurzeln, Zwie­ beln oder Knollen. In Ansehen der schonungsbedürftigen Pflanzen: Das Ausreißen, Ausgraben oder Ausheben samt Wurzeln ist auch bezüglich dieser Pflanzen untersagt. Das Abschneiden, Abbrechen oder Abreißen von Zweigen, Blüten 'oder Früchten (Zapfen) zum Zwecke des , Verkaufes ist eben­ falls untersagt und nur die schonende Entnahme bescheidener Sträußchen gestattet. ' § 3. Unter das im § 2 ausgesprochene Verbot fallen nicht: 1. Das nicht zum Zwecke der Veräußerung vorgenommene Pflücken, Abreißen oder Ab­ schneiden einzelner Stöcke oder kleiner Sträußchen geschützter Pflanzen; ferner das Pflücken, Ab­ reißen oder Abschneiden von Pflanzen oder Pslanzenteilen, die zu Heilzwecken dringend benötigt werden, durch diePesitzer, deren An­ gehörige, die Pächter oder Nutznießer der Grundstücke. 2. Die im § 2, 'Punkt 2, bezeichneten Hand­ lungen, wenn sie von Lehrpersonen oder von Schülern der Hoch- und Mittelschulen zu Zwecken des Unterrichtes oder der Wissenschaft an ein­ zelnen Exemplaren begangen werden. 3. Die im § 2, Punkt 1—3, bezeichneten Handlungen, wenn sie aus -Grund eines von 84 S$1A. Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. der zuständigen Behörde ausgestellten Erlaubnis­ scheines vorgenommen werden. Die im Punkte 2 und 3 dieses Paragraphen eingeräumten Ausnahmen kommen jedoch nur denjenigen Personen zu statten, die sich im Betretungsfalle den öffentlichen Sicherheits­ organen, sowie dem Forst-, Jagd- und Feld­ schutzpersonale gegenüber als Lehrpersonen, als Schüler von Hoch- oder Mittelschulen oder als Inhaber eines persönlichen Erlaubnisscheines ausweisen. Die von den Verboten «dieses Gesetzes ausgenommenen Handlungen können übrigens vom Eigentümer oder Nutznießer des Grundstückes oder deren Bevollmächtigten untersagt werden. § 4. Zur Ausstellung von Erlaubnisscheinen füreinen Bezirk ist die politische Bezirksbehörde, in deren Amtsgebiet das Sammeln, beziehungs­ weise der Verkauf beabsichtigt wird, für das ganze Land die Statthalterei berufen. Die Ausstellung von Erlaubnisscheinen ist nur insoweit zulässig, als nicht Interessen des Pflanzenschutzes entgegenstehen. Die Behörde kann daher hinsichtlich der Pflanzenarten, des Sammelgebietes, der Sammelzeit sowie der Art der Pflanzengewinnung Einschränkungen oder sonstige Geeignete Bedingungen auferlegen. Die Ausstellung eines Erlaubnisscheines ist zu verweigern: a) Personen, welche innerhalb der letzten zwei * Jahre wiederholt wegen Übertretung dieses Gesetzes, wegen Forstfrevel oder wegen Übertretung des Jagd- oder Feldschutz­ gesetzes bestraft worden sind; b) Personen, die infolge ihrer sonstigen Vor­ strafen vom sicherheitspolizeilichen Stand­ punkte zu erheblichen Bedenken Anlaß geben. Erlaubnissckieine, welche auf die im § 2, Punkt 2, bezeichneten Handlungen lauten, dürfen nur ausnahmsweise für wissenschaftliche, medi­ zinale oder ähnliche Zwecke ausgestellt werden. § 5. Vor Ausstellung des Erlaubnisscheines hat die zuständige Behörde die Forstverwaltungen und Gemeindevorstehungen des betreffenden Sammelgebietes die letzteren zum Zwecke der Verständigung der Grundbesitzer, einzuvernehmen. 85 31A. Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. Den Forstverwaltungen sowie den einzelnen Grundbesitzern steht das Recht zu, binnen einer von der Behörde festzusetzenden, vier Wochen nicht zu überschreitenden Frist gegen die angesuchte Bewilligung Einspruch zu erheben. Im Falle eines rechtzeitig eingebrachten Einspruches ist die Ausstellung des Erlaubnisscheines für die hiernach in Betracht kommenden Gebiete abzu­ lehnen oder es sind die versagten Gebiete im Erlaubnisscheine zu benennen. Der Erlaubnisschein kann jederzeit wieder zurückgezogen werden, wenn der Inhaber gegen die Vorschriften dieses Gesetzes verstößt, das zugewiesene Sammelgebiet überschreitet, die im Erlaubnisscheine ersichtlich gemachten Bedingungen äußeracht läßt oder wenn hinsichtlich seiner Person einer der im § 4 bezeichneten Aus­ schließungsgründe eintritt oder bekannt wird. 8 6. Der Erlaubnisschein hat den Vor- und Zunamen sowie den Wohnort des Inhabers, die Bezeichnung der zu sammelnden Pflanzen, des Eammelgebietes und der gestatteten Art der Pflanzengewinnung, die etwa auferlegten Ein­ schränkungen oder Bedingungen und allenfalls die Angabe des Verlaufsortes zu enthalten. Der Erlaubnisschein gilt nur für das Kalender­ jahr, beziehungsweise für die «von der Behörde festgesetzte kürzere Zeit und nur für die Person des Inhabers. § 7. Auf geschützte und schonungsbedürftige Pflan­ zen, welche in Gärten oder Kulturen gezogen wurden, finden die Vorschriften dieses Gesetzes keine Anwendung. Ebenso ist der Besitzer einer Liegenschaft zur Verbesserung des Booens oder zur Änderung der Kultur berechtigt, die bestehende Flora zu vernichten. Wer mit geschützten oder mit Teilen schonungs­ bedürftiger Pflanzen, welche aus Gärten oder Kulturen stammen, Handel treibt, hat sich über deren Herkunft durch eine Bestätigung der be­ treffenden Eemeindevorstehung oder durch andere glaubwürdige Beweismittel auszuweisen. § 8. Ein weiter gehender Schutz der diesein Ge­ setze unterstehenden Pflanzen gegen Ausrottung kann nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse 86 21A. Beilage zu den stenogr. Berichten des SSoror (Berget Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. von Der Statthalterei im Einvernehmen mit dem Landesausschusse durch Abgrenzung von Schonbezirken und durch Festsetzung von Schonzeiten im Verordnungswege verfügt werden. § 9Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund derselben erlassenen Vorschriften oder be­ hördlichen Verfügungen sind, insoserne sie sich nicht als eine schwerer verpönte Strafhandlung darstellen, von der politischen Behörde erster Instanz mit einer Geldstrafe bis zu 50 Kronen, im Wiederholungsfälle bis zu 100 Kronen zu ahnden. Auch ist der Verfall der Pflanzen auszusprechen. Die Geldstrafe fließt in den Armenfonds jener Gemeinde, innerhalb deren Gebiet die Betretung erfolgte. Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist dieselbe in die entsprechende Arrest­ strafe umzuwandeln. § 10. Berufungen gegen die auf Grund dieses Ge­ setzes von der politischen Behörde erster Instanz getroffenen Verfügungen und Entscheidungen gehen an die Statthalterei, welche endgültig ent­ scheidet. Die Berufung ist innerhalb 14 Tagen, von dem aus den Kundmachungs-, beziehungsweise Zustellungstag folgenden Tag an gerechnet, bei jener Stelle einzubringen, welche in erster In­ stanz die Verfügung getroffen hat. § 11. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Kund­ machung in Wirksamkeit. Mit demselben Zeit­ punkte tritt das Gesetz vom 27. Januar 1904, L. G. Bl. Nr. 18, betreffs des Schutzes der Pflanze Edelweiß außer Kraft. § 12. Mit dem Vollzüge dieses Gesetzes sind Meine Minister des Ackerbaues und des Innern be­ auftragt. Druck von I. N. Teutsch in Bregenz. 87