19121007_ltb00271912_Landesausschussentwurf_Bauordnungsgesetz

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Letzte Änderung 04.07.2021, 22:12
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp10,ltb0,lt1912,ltb1912
Dokumentdatum 2021-07-04
Erscheinungsdatum 2021-07-04
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Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10, Periode 191& Beilage 27. Entwurf des Landesausschusses. (Scfcij t>»m . . . wirksam für das Land Vorarlberg, womit eine Varrsröirrrng für das Canb Vorarlberg erlassen wird. Über Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde Ich anzuordnen, wie folgt: Erster Abschnitt. Von der Baubewilligung. § 1. Bauarbeiten, zu welchen eine Baubewilligung erforderlich ist. 1. Zur Ausführung von Neu-, Zu- ober Um­ bauten, sowie zur Vornahme wesentlicher Ausbesserungen und Abänderungen an be­ stehenden Gebäuden, desgleichen bei Abtra­ gungen ist in der Regel die Bewilligung des Gemeindevorstehers und in den durch diese Bauordnung festgesetzten Ausnahmsfällen jene der politischen Bezirksbehörde erforderlich. 2. Zu den wesentlichen Ausbesserungen oder Ab­ änderungen werden diejenigen gerechnet, welche zur Erhaltung des Gebäudes oder der Hauptbestandteile desselben vorgenommen werden oder wodurch in irgend einer Weise auf die Festigkeit und Feuersicherheit des Gebäudes, auf dessen äußere Form, auf die 3 73 i 27. Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. Gesundheit seiner Bewohner oder auf die Rechte der Nachbarn Einfluß geübt und deren Besitz gefährdet werden könnte. § 2. Bauten, welche ohne Einholung einer Baubewilligung in der Regel bloß angezeigt werden müssen, und solche, welche selb st einer Anzeige nicht be­ dürfen. 1. Ausbesserungen und Abänderungen ge­ ringerer Art, welche durch § 1, Absatz 2 nicht näher umschrieben sind, sind ^ohne Ein­ holung einer Baubewilligung des Gemeinde­ vorstehers bloß anzuzeigen, bevor sie in Angriff genommen werden. Diesem bleibt es jedoch vorbehalten, erforderlichen Falles die Ausführung dieser Ausbesserungen und Ab­ änderungen von der Vorlage und Genehmi­ gung des Planes abhängig zu machen. 2. Ausbesserungen einzelner schadhafter Bau­ bestandteile, wodurch der allgemeine Bau­ zustand keine Änderung erleidet, bedürfen selbst der Anzeige nicht. § 3. Ansuchen um die Baubewilligung und Inhalt des Bauplanes. 1. Mit dem Gesuche um die Baubewilligung ist der Bauplan in zweifacher, int Falle, wo die politische Behörde Baubehörde ist, in dreifacher Ausfertigung vorzulegen und hat zu enthalten: a) den Lageplan mit der für den vorliegen­ den Fall entsprechend einbezogenen Um­ gebung im Maßstabe von 1: 500, 1:1000 oder 1:2880; b) den Grundriß und Durchschnitt aller Stockwerke des Gebäudes vom Geller bis zum Dachboden im Maßstabe 1:100; c) die Straßenansichten des Gebäudes und die Höhenlage der Baustelle und deren nächste Umgebung, bei eck- und freistehen­ den Gebäuden auch eine Seitenansicht. 2. In Plänen über Umbauten sind die bleiben­ den Bauteile in schwarzer, die abzubrechen­ den in gelber und die neu auszuführenden 174 27. Beilage zu den stenogr. Berichien des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. in roter Farbe darzustellen. Bei ganz ein­ fachen Bauten können bezüglich der vorstehen­ den Bedingungen Erleichterungen Platz greisen. Der Bauplan mutz vom Bauherrn, von dem Verfasser desselben und falls der Ver­ fasser nicht gleichzeitig auch der Bauausführende ist, auch von diesem unterfertigt werden. Ist der Planoersasser ein aka­ demischer Architekt, so ist er für die Richtig­ keit der Pläne verantwortlich und es kann die Unterschrift des Bauausführenden bis unmittelbar vor Baubeginn nachgetragen werden. AIs Ausführer von Bauten dürfen nur konzessionierte Baugewerbetreibende in Betracht kommen und in jenen Gemeinden, wo auf Grund des § 6 des Gesetzes vom 26. Dezember 1893, R. G. Bl. Nr. 193, für Bauführer Erleichterungen geschaffen wurden, auch diese. § 4. Lokal-Augenschein; Erledigung des Baugesuches. 1. Über jedes Baugesuch hat der Gemeinde­ vorsteher zur Erhebung der Lokaloerhältnisse einen Augenschein im Beisein des Bauwerbers oder dessen Bevollmächtigten und des Bauausführenden bezw. Planverfassers vorzu­ nehmen, und zu demselben auch einen bei dem Baue nicht beteiligten konzessionierten oder erprobten Bausachverständigen, die Anrainer, sowie alle übrigen Interessenten, so oft es sich um einen neuen Bau oder um eine ihre Rechte berührende Bauoeränderung handelt, beizuziehen. Bei Bauten auf Grundstücken, welche dem Baubewerber nicht gehören, ist auch der Grundeigentümer zur Commission vorzuladen. 2. Bei diesem kommissionellen Augenscheine sind die Baupläne einer sorgfältigen Prüfung mit Rücksicht aus die Bestimmungen dieser Bauorimuttig zu unterziehen und die Anrainer oder sonstige Interessenten haben Einwenbuttgen an der Baustelle vorzubringen. Der Kommissionsleiter hat vorerst zu ver­ suchen, die gegen den Bau vorgebrachten Einwendungen gütlich beizulegen. 3. Über das Ergebnis der Verhandlung bei diesem Augenscheine ist im unmittelbaren 175 1* 27. Beilage zu den stenogr. Berichten des Borarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. Anschlüsse an diesen ein Protokoll, welches den Befund und sämtliche Einwendungen und Auflagen beinhaltet, aufzunehmen und von allen Beteiligten zu unterzeichnen. 4. Würden von Interessenten keine Einwen­ dungen erhoben oder solche beigelegt und stehen der beabsichtigten Bauausführung keine öffentlichen Bedenken entgegen, so hat der Kommissionsleiter dies im Protokoll zu er­ klären, womit die Baubewilligung unter einem erteilt erscheint. 5. Sind die vorgebrachten Einwendungen privatrechtlicher Natur, so ist in Erledigung des Baugesuches der Gegenstand auf den Rechts­ weg zu verweisen und sich bloß aus die Er­ klärung zu beschränken, ob und inwieferne die beantragte Bauausführung in öffentlicher Beziehung zulässig sei. Die unbehobenen prioatrechtlichen Einwendungen, deren Aus­ tragung dem Rechtswege vorbehalten wird, sind in der Erledigung besonders anzuführen. Ob in einem solchen Falle der vom öffent­ lichen Standpunkte als zulässig erkannte Bau bis zur Austragung des Rechtsweges zu unterlassen sei, oder ob, in welchem Umfange und in welchen Beschränkungen mit der Bau­ ausführung inzwischen begonnen werden könne, darüber steht die Entscheidung dem Gerichte zu. (§§ 340 und 341 a. b. G. B.). 6. Einwendungen, die nach Vornahme des Lokalangenscheines eingebracht werden, sind nur dann zu berücksichtigen, wenn ein An­ rainer von der Verhandlung nicht ver­ ständigt worden ist. In allen Fällen ist die Erledigung des Bangesnches allen Beteiligten innerhalb 8 Tagen von der Baubehörde schristlich bekannt zu geben. Eine Ausfertigung des Bauplanes ist bei der Gemeinde beziehungsweise auch bei der Bezirkshauptmannschast aufzubewahren, die andere, beziehungsweise dritte, mit der Genehmigungs­ klausel versehen, dem Bauwerber zurückzustellen. § 5. Baubewilligung z u Betriebs anlagen. Bei Bauausführungen für gewerbliche Zwecke, bei welchen nach § 25 des Reichsgesetzes vom 176 27. Beilage zu den stenogr. Berichten des Dorarlberger Landtages. V. Session der 10 Periode 1912. 15. März 1883, R. E. BI. Nr. 39, eine Geneh­ migung der Betriebsanlage notwendig ist, ist die politische Behörde auch Baubehörde. § 6. Verfahren bei Amtshandlungen. Bei anderen Privatbauten hat der Gemeinde­ vorsteher, bei allen übrigen, insbesondere auch bei den im vorstehenden § bezeichneten Bauaus­ führungen aber die politische Bezirksbehörde alle in den §§ 4, 6 und 55 vorgezeichneten Amts­ handlungen zu pflegen, doch ist auch bei letzteren der Gemeindevorsteher zur Kommission beizuziehen und es steht der politischen Behörde frei, zur Abhaltung der Baukommission den Gemeinde­ vorsteher zu ermächtigen. §7. Verbot zu bauen ohne Baubewilligung. 1. Vor Erteilung der Baubewilligung oder im Falle eines dagegen rechtzeitig ergriffenen Rekurses vor Bestätigung der Baubewilli­ gung oonseite der zur Entscheidung des Re­ kurses kompetenten Behörde darf mit dem Baue nicht begonnen werden. 2. Wenn es sich jedoch bei der nach § 4 ge­ pflogenen amtlichen Besichtigung heraus­ gestellt hat, daß gegen den Bauantrag weder in technischer noch in öffentlicher Beziehung Anstünde obwalten, so kann schon die Bau­ kommission betn Bewerber über sein Begehren und zwar ohne Zulassung eines Rekurses oder weiteren Rechtsmittels jene Arbeiten bezeichnen, welche der Bauwerber noch vor Erhalt der Baubewilligung in Angriff nehmen darf. Diese Arbeiten sind im Proto­ kolle besonders aufzuführen. 3. Von dem genehmigten Bauplane darf ohne Bewilligung nicht abgewichen werden. § 8. Bauausführungen an öffentlichen Straßen. An öffentlichen Straßen darf innerhalb einer Entfernung von 3 80 m — Städte und Stadtteile in geschlossener Bauweise aus­ genommen — von der Straßengrenze kein neuer 177 37. Beilage zu den stenogr. Berichten dcS Vorarlderger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. Bau oder Zubau aufgeführt werden und können Ausnahmen hiervon nur in besonders berücksichtigungswüroigen Fällen von der zuständigen Behörde mit Zustimmung der mit der Stratzenadministration betrauten und bei derlei Bauten zum Lokalaugenscheine beizuziehenden Organe bewilligt werden. § 9. Bauausführungen in der Nähe von Eisenbahnen. Bei Bauten in der Nähe von Eisenbahnen ist die betreffende Eisenbahnverwaltung unter Einsendung der Pläne zum Augenscheine einzuladen und haben im übrigen die in dieser Beziehung bestehenden allgemeinen Vorschriften in An­ wendung zu kommen. § 10. Offene und geschlossene Baurechte. 1. AIs freistehend sind solche Gebäude anzu­ sehen, welche sich nicht bis an die Nachbar­ grenze erstrecken und allseits von einem nicht zu verbauenden Raume umgeben sind. 2. Der Gemeindevertretung bleibt es vor­ behalten, für einzelne abzugrenzende Gebiets­ teile offene oder geschlossene Bauweise vor­ zuschreiben. Bei offener Bauweise müssen Neubauten, von der obenerdigen Mauerflucht an gerechnet, mindestens 4 m von der Nachbargrenze und in der Regel 3 m von anderen Gebäuden entfernt ausgeführt werden. Bei Bauten mit 70 cm Dachvorsprüngen ist die Entfernung dem Mehrmatze entsprecheno einzuhalten. 3. In Städten und Märkten mit ganz be­ schränkten Bauplätzen, wo von altersher enge Räume zwischen Häusern bestehen, kann die Gemeindevertretung die geringste Ent­ fernung von der Nachbargrenze mit li/g m festsetzen, wobei jedoch die geringste Ent­ fernung vom Nachbargebäude 3 m betragen mutz. 4. Wohnhäuser, welche in jedem Geschosse nur eine Wohnung besitzen, können über Ver­ einbarung zweier Nachbarn auch als Doppel­ häuser mit einheitlicher Dachausbildung an die gemeinsame Grenze angebaut werden. 178 27, Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. 5. Auch in Drtsteilen, wo offene Bauweise vorgeschrieben ist, dürfen Nebengebäude, wie Waschküchen, Werkstätten, Ökonomie- und Wirtschaftsgebäude und dergleichen an den Nachbargrenzen erstellt werden, wenn das Einvernehmen mit den Anrainern erzielt wird und die Nebengebäude eine Höhe samt Dach von 7 m nicht überschreiten. Treffen die angeführten Bedingungen nicht zu, so ist der Abstand von 4 m von der Nachbar­ grenze einzuhalten. § 11. Bauten in der Nähe von Flüssen und Bächen. 1. Die Erbauung neuer Wohn-, Wirtschastsoder anderer Gebäude in der Nähe von Flüssen und Bächen ist nur in einer ange­ messenen, entweder durch die bestehenden Flußpolizeivorschriften schon bestimmten oder nach den örtlichen Verhältnissen zur Be­ seitigung von Gefahren und Beirrungen in der Wasservenützung notwendig erscheinenden Entfernung von den Ufern gestattet. 2. Bei der Errichtung oder Änderung von Wasserwerken ist nach den Bestimmungen des Wassergesetzes vorzugehen. 12. Öffentliche Rücksichten im all­ gemeinen. Im allgemeinen ist die Bewilligung zur Er­ bauung neuer Wohngebäude dort zu versagen, wo die Feuersicherheits-, Sanitäts-, Verkehrs­ oder andere öffentliche Rücksichten, sowie Ver­ unstaltung des Ortsbildes dagegen begründete Bedenken erregen. § 13. Bestimmung der Baulinie und der Höhenlage. 1. Bei jedem an Orten und Wegen des öffent­ lichen Verkehres auszuführenden Neu-, Zuoder Umbau ist durch die Baukommifsion die Baulinie und die Höhenlage zu ermitteln. 2. Bei Ermittelung der Baulinie ist auf eine entsprechende Breite und Richtung der Gasse u beziehungsweise Straße und Lage des Orts­ platzes hinzuwirken. 179 § 2V. Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. 3. Bei öer Bestimmung der Höhenlage ist daraus zu sehen, daß der Fußboden des Erdgeschosses in Überschwemmungen cus< gesetzten Gebieten über den bekannten nor­ malen Hochwasserstand, sonst aber wenigstens 0 30 m hoch über dem äußern Terrain angelegt werde, und sind die sonstigen Lokal- oder Höhenlageverhältnisse der benach­ barten Straße entsprechend zu berücksichtigen. Bei Bauten, welche unmittelbar an Straßen und Gehsteigen liegen, können Geschästslokale und andere Räume, für welche es vorteilhaft ist, ausgenommen Wohnräume, auch in Gehsteighöhe angelegt werden. Bei steigendem Gehsteige gilt der dem betreffenden Raume entsprechende höchste Punkt. 4. Die ermittelte Baulinie und die Höhenlage sino in der Baubewilligung vorzuschreiben, vor Beginn des Baues auszustecken und von dem Bauausführenden genau einzuhalten. 5. Auch bei den nicht an einer öffentlichen Straße vorzunehmenden Bauten ist bei dieser Kommission in Erwägung zu ziehen, ob mit Rücksicht auf künftig entstehende Ver­ kehrswege nach Maßgabe der Ortsoerhältnisse nicht schon dermalen die Höhen­ lage und die Baulinie zu bestimmen sei. § 14. 1. Neue Gassen sollen in Städten und Märkten, wenn es Hauptverkehrsstraßen sind, eine Breite von wenigstens 15, die übrigen Neben­ gassen eine Breite von wenigstens 7 ni erhalten. Bei offener Bauweise können auch Nebengassen mit 5 m Breite angelegt werden. 2. In Landgemeinden sollen die Haupt­ straßen wenn möglich eine Breite von 7 in und die Nebenstraßen eine Breite von wenigstens 5 m erhalten. § 15. 1. Bei Verdauung freier Plätze oder von größeren Brandstätten ist dafür Sorge zu tragen, daß diese Verdauung nach einem Regulierungsplane und mit entsprechender Berücksichtigung aller Verkehrs-, Sanitäts­ oder feuerpolizeilichen und sonstigen öffent­ lichen Rücksichten, sowie der Höhenverhältnisse geschehe. Hiebei ist insbesondere 180 27. Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. aus Freilassung geräumiger Plätze im Innern der Ortschaften an geeigneten Puntlen Bedacht zu nehmen. Wenn neue Ortsteile geschlossen verbaut werden, dürfen keine Baustellen von weniger als 7 m Eassensront vorkommen. 2. Die durch die Gemeinde» zu verfassenden Regulierungspläne sind vor ihrer Durch­ führung der politischen Bezirksbehörde zur Genehmigung vorzulegen und es haben dieselben sodann bei den einzelnen Ball­ führungen als Richtschnur zu dienen. § 16. Schadloshalt ung bei Änderungen in der Baulinie. 1. Mutz nach Maßgabe der festgesetzten Baulinie mit dem Neubaue entweder hinter die faktisch bestehende Baulinie zurückgerückt oder über dieselbe hinaus vorgerückt werd-m, so hat im ersteren Falle die Gemeinde an den Bauwerber und im zweiten Falle der letztere an die Gemeinde oder den sonstigen Grundeigentümer für die Abtretung des zwischen diesen beiden Linien liegenden Grundes die angemessene Schadloshaltung zu leisten. 2. Kommt über den Betrag dieser Schadloshaltung ein gütliches Übereinkommen nicht zustande, so bleibt die Ausmittlung derselben der richterlichen Entscheidung vorbehalten. 3. Wegen eines solchen Rechtsstreites kann die Führung des Baues jedoch nicht sistiert werden, wenn dem Grundeigentümer für seine zum Baue abzutretende Grundfläche eine entsprechende, von der politischen Bezirksbehörde zu bemessende Kaution geleistet wird. 4. Über die Frage, wie die Baulinie gezogen und welche Grundfläche abgetreten werden müsse, findet der Rechtsweg nicht statt. § 17. Eiltigkeitsdauer der Baubewilligung. Die Baubewilligung wird unwirksam, wenn binnen zwei Jahren, voin Tage der Rechtskraft 181 2 87, Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. derselben an gerechnet, mit dem Baue nicht begonnen wird. ZweiterMbschnitt. Von den auf die Ausführung des Baues bezugnehmenden Borschriften. § 18. Bauausführung durch hiezu berechtigte Personen, Anzeige von Änderungen in der Wahl der Bauausführenden. 1. Die Bauherren dürfen die Ausführung ihrer Bauarbeiten nur an berechtigte Personen im Sinne des Gesetzes vom 26. Dezember 1893 R. G. Bl. Nr. 193, vergeben und haben jede Änderung in der Wahl derselben der Gemeindevorstehung sofort anzuzeigen. 2. Der Bauherr und der Bauausführende sind für jede Abweichung vom genehmigten Bau­ plane verantwortlich. § 19. Sicherheits- und stratzenpolizeiliche Anordnungen. 1. Der Bauherr hat den Baubeginn dem Gemeindevorsteher rechtzeitig anzuzeigen, damit die nötigen Sicherheits- und stratzenpolizeilichen Anordnungen getroffen werden • können. Bei neuen Bauten, Abbruchsarbeiten und bei Ausbesterungen auf einer gegen den öffentlichen Verkehr gerichteten Seite des Gebäudes sind jedesmal die vorgeschriebenen Warnungszeichen und in allen Fällen, wo über Nacht Baumaterialien oder Requisiten im Freien gelassen werden müssen, nach vor­ läufiger Anzeige an die Gemeindevorstehung Schutzvorrichtungen und Beleuchtungen nach Bedarf auszustellen. 2. Bei Benützung von Gemeindegrund zu Materiallbgerungs- und Arbeitsplätzen ist die Bewilligung des Gemeindevorstehers einzuholen. 182 37, -Beringe zu den stenogr. Berichten des Bornrlberger Landtages. V. Session der 10, Periode 1912. § 20. Baustosfe. 1. Die Bauten sind fest und möglichst feuer­ sicher herzustellen und hiezu ausschließlich gute, dem Zwecke vollkommen entsprechende Materialien, welche frei von gesundheits­ schädlichen Stoffen sein müssen, zu verwenden. 2. Die Ziegel müssen rein geformt und gut aus­ gebrannt sein. Das Mäh hat für große Ziegelsteine mindestens 0 29 X 0 14 X 0 065 m und für kleine Steine mindestens 0 25 X 0 12 X 0 065 m zu betragen. § 21. Gutes Mauerwerk, feuersichere Dächer, Stiegen. 1. In der Regel darf kein Wohn- und Wirt­ schaftsgebäude anders als mit tragfähigem und feuersicherem Mauerwerk erbaut werden. Die Dacheindeckung muß aus feuersicheren Materialien bestehen. 2. Alle Stiegen, welche als Hauptverbindungen zu Wohnbestandteilen dienen, müssen in zwei­ geschossigen Gebäuden wenigstens 0 90 m und in mehrgeschossigen wenigstens 1 m im Licht breit sein und an freien Stellen mit Geländern versehen werden. Dieselben sind gegen den Dachboden entsprechend feuer­ sicher abzuschließen. Hölzerne Hauptstiegen in Gebäuden mit mehr als 2 Geschossen müssen aus Hartholz hergestellt sein oder an der Unterfläche einen Verputz erhalten. 3. Die Stufen von Haupttreppen dürfen nicht unter 0 25 m breit und nicht über 018 m hoch eingestellt sein. § 22. Ausnahmen. 1. Bei Umbauten und Erhöhungen bereits bestehender Wohn- und Wirtschaftsgebäude kann unter Anwendung der nötigen Vor­ sichten dieselbe Konstruktion mit dem gleichen Materiale beibehalten werden. 2. Die Errichtung von Wohngebäuden aus hölzernen Gerippen mit Ausmauerung sRiegelwand) kann nur bei 4 m Entfernung von der Nachbargrenze, bei Wohngebäuden 183 2* 27. Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912 aus gestrickten Holzwänden oder Lei 23erschindelung der Riegelwände nur bei 7‘5 in Entfernung von der Nachbargrenze unter der Bedingung zugegeben werden, daß die Mauern in der Nähe von Feuerungsanlagen und Rauchfängen aus feuersicherem Materiale hergestellt sind. 3. Hölzerne Bedachungen aus Brettern oder Schindeln können in geschlossenen Ortschaften nur bei zu vorübergehendem Gebrauche, nicht zu Wohnzwecken bestimmten ebenerdigen Baulichkeiten gestattet werden. § 23. Schuppen, Stadel, Stellungen und Futterkammern. 1. Schuppen, Stadel, Stellungen usw. können von Riegelwerk oder Holz erstellt werden. 2. Die Scheidewand gegen das Wohnhaus mutz bis unter das Dach aus feuerfestem Mauerweri erstellt werden und muß eine Öffnung aus der Küche oder einer anderen Feuerstätte des Wohnhauses durch feuersicher hergestellte Türen abgeschlossen sein. § 24. Mauer stärken. 1. Jedes Haus muß feine eigenen, selbständigen, hinreichend starken Umfangsmauern besitzen. 2. Die Bestimmung der erforderlichen Mauer­ stärke ist von verschiedenen Umständen, als von der Höhe der Stockwerke, von der Tiefe des Gebäudes, von der Größe der Räume, ferner von der Art der Gewölbe und der Deckenkonftruktionen und von der sonstigen besonderen Belastung der Gebäude abhängig, weshalb die anzuwendende Dicke der Mauern nach Maßgabe der Verhältnisse entworfen werden und dem Ermessen der Baukommission vorbehalten bleiben muß. 3. Folgende Tabe.le enthält die M'ndestmauerstärken bei Verwendung von Ziegeb und Bruchsteinmauerwerk mit Weißkalkuiörtel und bei hölzernen Deckenkonftruktionen; bei den Umsassungs- und Mittelmauern überdies für eine Trakttiefe bis zu 6 m bei kleinen Ziegeln und bis zu 6 50 m bei großen Ziegeln und eine freistehende Länge von 10 m, worauf eine Quermauer folgen muß. 184 27. Bei'agk zn den stcncgr Berieten des Vorarlberger Landtages. Geschoßzahl der Gebäude Eingeschossige 9 m Zwei­ geschossige Drei­ geschossige Bezeichnung der Geschosse Erdgeschoß Dachgeschoß und Giebel Erdgeschoß I. Obergeschoß Dachgeschoß und Giebel Erdgeschoß I. Obergeschoß Vier­ geschossige Dachgeschoß und Giebel Erdgeschoß I. Obergeschoß II. III. Umfassungsmauern .. Dachgeschoß und Giebel nicht S)edentragenb Skcfcntragenb Miueujumeui Brand-, Stirn-, Feuermauern ZiegelstemStärke SBrud); stein cm 1, SBr. cm St. cm l'/4* 50 174* 45 1 45 1 45 1 40 55 50 1 40 50 45 1 1 1 40 45 45 40 45 45 — — 1 17* 17* 1 1 50 45 45 — — 1 172 l'/s 1 1 65 55 45 45 1 1 40 55 45 45 45 — — 1 40 1717* 1 2 17* 172 II. V. Session der 10 Periode 1912. 174* 174* 40 75 60 50 1 17* 1V2 174* 40 60 55 50 2 7»** 2 17» 17* 40 90 70 50 50 17a V/4* 40 80 60 50 45 1 40 1 40 1 1 17* 1 1 17* li. 1 1 1 1 cm 40 50 45 45 *) Entweder V./i Stein stark gemauert, oder 1 Stein stark mit Isolierung dem 1jt Stein entsprechend. **) Bei 4geschossigen Gebäuden kann die Erdgeschoßmauer 2 Stein stark ausgeführt werden, wenn besseres Material verwendet wird, so daß die statische Berechnung die Zulässigkeit ergibt. Tabellen über Eigengewichte und zulässige Belastungen siehe im Anhang dieser Bauordnung. Ziegelstein-Stärke 1 — Ein Ziegel in der Länge. Ziegelstein-Stärke V/a — Ein Ziegel in der Länge und ein Ziegel in der Breite. 4. Werden an Stelle von Ziegel- oder Bruch­ steinmauerwerk, Eisenbeton oder sonstige raumsparende Konstruktionen zur Anwendung gebracht, so ist die Tragsähigleit, beziehungs­ weise Feuersicherheit nachzuweisen. Für Betonmauerwerk mit mindest gleicher Trag­ fähigkeit wie Ziegelmauerwerk gelten dir Stärkebeslimmungen für das kleinere Ziegelmast. 5. Bei Anwendung von Decken auf Eisen­ trägern oder bei Betoneisendecken und dgl. tonnen in Häusern bis zu 4 Geschossen die Außenmauern durch alle Geschosse Ich? Stein stark sein, vorausgesetzt, daß die Trag­ fähigkeit des Mauerwerks durch die Ver185 27. Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. 6. 7. 8. 9. Wendung des geeigneten Materials nachgewiesen wird. Bei vielfach durchbrochenen Mauern, deren Pfeiler die nötige Widerstandskraft nicht verbürgen, sind entsprechende Ver­ stärkungen vorzunehmen. Deckentragende Stirn- oder Brandmauern sind in den Stärken gleich jenen der Umfassungsmauer zu halten. Das Kellermauerwerk ist jeweils bei Ziegel um Va Stein, bei Bruchstein utn 15 cm und bei Beton um 10 cm stärker aus­ zuführen als die Erdgeschoßmauern. Die Fundamente unter der Kellersohle sind je nach der Tragfähigkeit des Bodens ent­ sprechend zu verbreitern. Bei Holzbauten bis zu 2 Geschossen hat das Kellermauerwerl unter allen Umfasiungs- und Tragwänden eine Stärke von mindestens 38 cm für Ziegel, 40 cm für Beton und 50 cm für Bruchstein zu besitzen, ' für jedes Geschoß mehr ist eine Verstärkung von 1/2 Ziegelstein, beziehungsweise 10 cm vorzusehen. Siiegenhausmauern können durch alle Ge­ schosse gleich stark durchgehen. Sie müssen bei freitragenden Stein- oder Betontreppen IV2 Stein, bei unterstützten Stiegen 1 Stein stark fein. Stiegenhausmauern, welche als Deckenauflager dienen, müssen um 1/2 Stein stärker gehalten werden. Bei geschlossenen Häuserreihen soll im all­ gemeinen jedes Haus seine eigenen Stirn­ mauern haben. Bei bloß zweigeschossigen Doppelhäusern, die gleichzeitig zur Aus­ führung gelangen, genügen die beiden Stirn­ mauern mit je 1/2 Stein Stärke. Treten Umstände ein, welche die Her­ stellung einer gemeinschaftlichen Stirnmauer rötlich erscheinen lassen und erklären die Nach­ barn tn einer zur Verfachung auf ihren Häusern geeigneten Urkunde ihr Einverständ­ nis über die gemeinschaftliche Benützung, so ist die gemeinschaftliche Stirnmauer in der Stärke von IV2 Stein auszuführen. Scheidemauern. 10. Scheidemauern, dir keine Deckenlast zu tragen haben, können mit einer Stärke von ]/a Stein 186 L7. Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. hergestellt oder innerhalb einer Wohnung durch noch dünnere raumsparende Wände ersetzt weroen. 11. Auster den in den §§ 22 und 23 bezeich­ neten Ausnahmefällen kann, wo die Auf­ führung von vollem Mauerwerke Schwierig­ keiten unterliegt, zur Abteilung einzelner Lokalitäten in den Stockwerken zwischen je zwei feuerfesten Mauern die Errichtung einer oder mehrerer Scheidewände mit hölzernem Gerippe (Riegelwand), welche jedoch von beiden Seiten mit einem Mörtelverpuhe ver­ sehen sein must, bewilligt werden, wenn keine Feuerung in der Nähe derselben angebracht wird. 12. Über grösseren Räumen herzustellende Ab­ teilungswände, es mögen dieselben aus vollem Mauerwerk oder aus den oben be­ schriebenen Niegelwänden bestehen, sind in der Regel aus Gewölbegurten oder eiserne Konstruktionen, beziehungsweise armierten Eisenbeton zu stellen. Doch können derlei Wände, sofern sie aus leichteren Baumaterialien bestehen, auf hin­ reichend tragfähige Konstruktionen gestellt werden. Diese Bauart must im Bauplane genau gezeichnet erscheinen. § 25. Feuersichere Räume. Räume, in welchen feuergefährliche Gegen­ stände aufbewahrt werden oder mit solchen umgegangen wird, soweit dies überhaupt nach den einschlägigen Vorschriften und Bestimmungen zulässig erscheint — müssen eine feuersichere Ummauerung und Eindeckung erhalten. § 26. Deckenkonstruktionen. Die Ausführungsart der Deckenkonstruktion bleibt der freien Wahl überlassen, mutz jedoch die Tragfähigkeit für das Eigengewicht und die zu gewärtigende Nuhbelastung besitzen. In mehrstöckigen Miethäusern müssen die Balkendecken mindestens dadurch feuer- und schall­ sicher gemacht werden, datz der Fußboden auf Polsterhölzern liegt, die in die Anschüttung ein187 37. Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. gebettet werden, so daß das Holz des Fußbodens wenigstens 4 cm von den Traghölzern entfernt bleibt. Bei andern Decken in Miethäusern ist für entsprechende Schallsicherung zu sorgen. Die Holzbestandteile sind in der Nähe von Nauchfängen und Heizungen entsprechend aus­ zuwechseln. § 27. Höhe der Wohnhäuser und der einzelnen Räumlichkeiten, Zahl der Stockwerke. 1. Die Wohnhäuser dürfen mit Ausschluß des Erdgeschosses in der Regel nicht mehr als drei Stockwerke enthalten, insoserns für den betreffenden Baublock oder Ortsteil nicht durch den Regulierungsplän oder einen be­ sonderen Beschluß die Zahl der Stockwerks vorgeschrieben wird. Eine Ausnahme hievvn kann nur in besonders rücksichtswürdigen Fällen von der politischen Bezirksdehöroe bewilligt werden. 2. Die lichte Höhe der Wohnräunie muß mindestens 2 50 m betragen; bei gewölbten oder schrägen Decken darf die verglichene Höhe nicht unter dieses Maß sinken. § 28. Anlage von Wohnungsräumen. 1. Alle Wohn- und zum ständigen Aufenthalt von Menschen dienenden Räume, ferner Küchen, Speiskammern, Aborte und Bade­ zimmer müssen entsprechend große, ins Freie führende Fenster enthalten. Auch ist dir un­ mittelbare Beleuchtung von Gängen und Borplätzen anzustreben. Bei geschlossener Bauweise und besonders beschränkten Bauplätzen, welche schon früher verbaut waren, können über Ansuchen für die Nebenräume, zu welchen Küchen nicht gehören, Erleichterungen bewi ligt werden. § 29. Feuer st ätten. 1. Die Feuerwerkstätten der Schmiede, Schlosser, Büchsenmacher, Messingarbeiter, Glockengießer, Kupferschmiede und ähnlicher mit starker Feuerung arbeitenden Gewerhe, sowie Waschküchen müssen mit feuerfesten lö8 3?. Beilage zu den stenogr. Berichten deS Vorarlberger Landtages. 2. 1. 2. 3. 4. 5. 1. 2. 3. 1. 183 V. Session der 10. Periode 1912. Mauern umgeben, mit einem feuersicheren Fußboden und mit mörtelverputzter Decke versehen werden. Allenfalls über der Esse zu errichtende Rauchnräntel müssen feuer­ sicher hergestellt werden. Die Wände und Decken der Küchen irt Wohnhäusern sind mit einem Mörtelverputze zu verkleiden. In Küchen mit offener Feuerung muß der Fußboden und der Rauch­ mantel feuersicher hergestellt werden. Herde und Ofen. Herde und Öfen dürfen ausschließlich nur vor feuerfesten Mauern errichtet, müssen von Holz- und Riegelwänden mindestens 20 cm entfernt und auf feuersichere Unterlagen gestellt werden. Der Abstand von UnterkantAschenfalle bis zum Fußboden . hat mindestens 15 cm zu betragen. Es sind mindestens die Feuerrärms feuerauszuführen. Die von außen zu heizenden Öfen müssen so eingerichtet sein, daß ihr Feuerraum bequem ausgebessert werden kann. Diese Feuerräume sind feuersicher abzuschließen. Vor den Heizöffnungen der Ösen und Herde ist ein Fußbodenschutzblech von entsprechender Größe anzubringen. Etwa vorkommende Heizkammern der von außen zu heizenden Ofen müssen von wenigstens 015 m dicken Mauern umgeben, mit Steinen oder Ziegeln gepflastert und mit eisernen oder mit Eisenblech beschlagenen Türchen versehen werden, vor welchen der Fußboden auf 0 50 m Breite mit Blech zu verkleiden oder zu verpslästern ist. Rauchkammern. Dieselben sollen gemauert, feuerfest gepflastert und überwölbt oder mit Steinplatten gedeckt werden. Die Rauchzuführung hat durch einen gemauerten Schlauch seitlich und oberhalb des Fußbodens zu erfolgen. Die Rauchabführung muß gleich einem Rauchfange gemauert sein. Der Rauch­ kammerzugang ist durch eine eiserne Türe zu schließen. Dampfkessel. Dampfkessel größerer Gattung und mit höherer Spannung müssen außerhalb des 3 %7, Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 191$. Hauptgebäudes in einem eigenen Zubaue aufgestellt werden. Das Kesselhaus ist zur Minderung der Folgen einer Explosion nicht einzuwölben, sondern mit einem leichten Dache aus Holz zu versehen oder aber aus Eisenblech auf leichter Eisenkonstruktion, wenn die Spannweite über den Raum zu groß wäre. Die Dachkonstruktionen dürfen mit dem Kesselmauerwerke in keiner Ver­ bindung stehen. 2. Kleinere Dampfkessel, deren Durchmesser 1 20 m, deren Rauminhalt bei Vollfül'lung bis zur gesetzlichen Wasserstandsmarke 100 m3 und deren Dampfdruck sechs Atmosphären nicht übersteigt, dürfen in bewohnten Häusern und frei in Werkstätten ausgestellt werden, wenn: a) die unmittelbar darüber befindlichen Räume nicht bewohnt werden; b) der Schornstein, der auch ein gewöhn­ licher Rauchschlot sein kann, mindestens die Höhe des Dachfirstes der unmittelbar benachbarten Wohnhäuser überragt; c) der Kessel mindestens 3 m von jeder Nachbargrenze entfernt bleibt. 3. Ganz kleine Dampfkessel, deren Durchmesser 0 80 m, deren Wasserinhalt bei Bollfüllung bis zur gesetzlichen Wasserstandsmarke 0 50 m3 und deren Dampfdruck 4 Atmo­ sphären nicht übersteigt, unterliegen hinsicht­ lich ihrer Aufstellung lediglich den für die Anlage von Feuerstellen geltenden Vor­ schriften. 4. Sie bedürfen keiner besonderen behördlichen Bewilligung, doch hat der Benützer vor Inbetriebnahme eines solchen Kessels dies bei dem Gemeindevorsteher unter Nachweisung der Zustimmung des Hauseigentümers und beirrt zuständigen Dampfkessel - Kommissär anzuzeigen und dabei eine Abschrift des gesetzlichen Druckproben - Zertifikates zu erlegen, worüber ihm eine Bestätigung der erfolgten Anzeige auszufolgen ist. § 30. Rauchfänge im allgemeinen. 1. Für Rauchfänge ohne Unterschied gilt die Bestimmung, daß sie aus Mauerwerk zu bestehen haben, und daß jedes Holzwerk 190 37. Beilage zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. 2. 3. 1. 2. 3. 191 mindestens 20 cm von der Innenwand des Rauchschlotes entfernt sein mutz. Das Mauermerl der Rauchfänge mutz an der Autzeisteite, Ziegelmauerwerk auch an der Innenseite verputzt sein und ist besonders daraus zu sehen, datz innerhalb der Deckenkonstruktionshöhe durch Verputz oder durch Ausbetonierung etn rauchdichter Abschluß erzielt wird. Alle Rauchfänge sollen tunlich in der Nähe des Firstes angebracht und so hoch über die Dachung ragen, als dies die Feuersicherheit und die Erzielung eines die Rauchableitung nach oben befördernden Luftzuges erfordert. Für Ziegeldächer hat zu gelten, datz bei Rauchfängen in der Nähe des Firstes die Ausmündungsöffnung 30 cm über dem Firste, sonst aber mindestens 1 m, senkrecht von der Dachfläche gemessen, entfernt liegt. Die Ausmündung der Rauchfänge darf nicht in unmittelbarer Nähe von Dachöffnungen angebracht werden. In geschlossener Bauweise müssen Rauch­ fänge von niederen Häusern so hoch geführt werden, datz in der Nähe befindliche Wohnräume anderer Nachbarhäuser nicht belästigt werden, wo dies nicht tunlich ist, wenigstens 0 30 in über die Dachfläche aufgeführt werden. § 31. Schliefbare Rauchfänge. Schliefbare Rauchfänge müssen mindestens 0 45 m im Gevierte und ihr Umfastungsmauerwerk nicht unter 0 10 m Dicke erhalten. Bei großen Feuerstätten, z. B. in Bäckereien, bei Bräu- und Färbekesteln, Schmiedesten usw. sind selbe zunächst der Feuerung mit einer Wanddicke von 0 30 m und erst in größerer Höhe mit der Wanddicke von 0 15 m her­ zustellen. Dieselben sind in möglichst senkrechter Richtung nach aufwärts auszuführen. Machen aber die Lokalverhältnisse die Ziehung der Rauchfänge in einer von der senkrechten abweichenden Richtung notwendig, so hat als Regel zu gelten, datz dadurch die Lichtweite derselben, nämlich 0 45 m im Quadrate, senkrecht aus die schiefe Richtung gemessen, nicht beeinträchtigt werde, und 3* ÄV. Beilage zu den stenogr. Berichten des Borarlbcrger Landtages. V. Session der 10, Periode 1912. daß nichi in Mauern geführte Rauchfänge von der senkrechten Richtung höchstens um die halbe Breite von ihrer Grundfläche abweichen. 4. Das Aufsetzen der Rauchfänge aus nicht feuersichere Unterlagen ist unbedingt unterfagt. 5. Behufs der Fegung der Rauchfänge müssen dieselben im Innnern von allen Hindernissen eines freien Durchzuges, z. B. von Stangen zum Räuchern u. dergl. frei gehalten werden. § 32. Dampfrauchfänge. Dampfrauchfänge und überhaupt solche, die für große Feuerungen dienen, müssen so gebaut werden, daß die Nachbarschaft durch den Rauch nicht belästigt wird. Sie sind mit einer Klappe, einem Schieber und nach 'Umständen mit einem Funkenfänger zu versehen. An hohen freistehen­ den Rauchfängen müssen Blitzableiter und Steig­ eisen angebracht sein. § 33. Russische Rauchfänge. 1. Beim Bau und bei der Benützung der russi­ schen Rauchfänge gelten folgende Vorschriften: a) Die russischen Rauchfänge dürfen, als bei offenen Herdfeuerungen nicht geeignet, nur bei geschlossenen Feuerungen angewendet werden. b) Solche Rauchfänge können rund oder vier­ eckig mit abgerundeten Ecken sein. Die­ selben haben für 1 oder 2 Feuerungen bei rundem Querschnitts mindestens 17 cm Durchmesser (227 cm2), bei vier­ eckigem 17 cm kleinster Seitenlange, für 3 oder 4 Feuerungen 314 ein2 Querschnitt zu erhalten. Mehr als 4 Feuerungen dürfen keinesfalls in (ritt und denselben solcher Rauchfänge geleitet werden. c)Die innere Fläche der Rauchfänge muß möglichst glatt sein, dieselben sind daher auch von innen mit einem guten, feinen Mörtel zu verputzen und zu verreiben. Hiedurch darf das angegebene Lichtmaß nicht beeinträchtigt werden.