19080926_ltb00361908_Petitionsausschussbericht_Eingabe_VorarlbergerKinderrettungsvereinJagdberg

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Letzte Änderung 04.07.2021, 21:59
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp09,ltb0,lt1908,ltb1908
Dokumentdatum 2021-07-04
Erscheinungsdatum 2021-07-04
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36 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 9. Periode 1908. Beilage 36. Bericht des j)etitionsausschuffes über eine Eingabe des vorarlberger Ainderrettungsvereines in Iagdberg an den hohen Landtag. Hoher Lanölag! Der Vorarlberger Kinderrettungsverein und die Direktion der Anstalt für verwahrloste Kinder in Jagdberg wendet sich mit Gesuch vom 15. September d. I. an den hohen Landtag mit der Bitte, derselbe wolle die Übernahme der Bezüge eines seitens der Anstalt zu ernennenden Lehrers zusichern und sich mit dem k. k- Landesschulrate dahin ins Einvernehmen setzen, daß diesem Lehrer alle Rechte wie einem Lehrer an öffentlichen Volksschulen eingeräumt werden. Bisher wirken an der dreiklassigen Privatvolksschule mit Öffentlichkeitsrecht in der Erziehungs­ anstalt in Jagdberg drei geprüfte Lehrerinnen und der als Schulleiter vom k. k. Unterrichtsministerium anerkannte Direktor. Zur Begründung der Bitte wird im Gesuche darauf hingewiesen, daß einerseits unter den Zöglingen stets mehr Knaben als Mädchen sind und erfahrungsgemäß für die Erziehung der Knaben ein Lehrer besser wirken könne als eine Lehrerin, andererseits aber eine männliche Lehrkraft ohne Zusicherung der Gleichberechtigung mit Lehrern an öffentlichen Volksschulen nicht zu gewinnen sei. Die gefertigte Vereinsleitung weist ferner hin auf die wohl allseitig anerkannte langjährige ersprießliche Tätigkeit sowie auf den Umstand, daß es sich nicht um eine reine Privatangelegenheit handle, sondern daß durch die huldvolle Erfüllung der gestellten Bitte die Fürsorge für die verwahrlosten Kinder des Landes in hohem Maße gefördert würde und daß auch in anderen Kronländern ähnlichen Bitten willfahren wurde, wie im Erzherzogtum Ob der Enns, wo der Landtag in seiner Sitzung vom 8. Oktober 1907 für die Privatvolksschule von der Rettungsanstalt zum guten Hirten in Linz gleich­ falls die Übernahme der Bezüge eines seitens dieser Anstalt zu ernennenden Lehrers sichergestellt hat und demselben alle Rechte wie einem Lehrer an öffentlichen Volksschulen eingeräumt wurden. Endlich glauben die gefertigten Gesuchsteller, im Jubeljahre unseres allergnädigsten Kaisers umsomehr eine Erhörung ihrer Bitte erhoffen zu dürfen, als sie ja den Allerhöchsten Intentionen betreffend die Fürsorge für das Kind voll und ganz entspricht. Der Petitionsausschuß würdigt die int Gesuche angeführten Gründe, welche für Bestellung einer männlichen Lehrkraft an der Erziehungsanstalt in Jagdberg sprechen eben so sehr, als er davon überzeugt ist, daß für diese Anstalt nur dann ein tüchtiger Lehrer, der durch längere Zeit daselbst ein ersprießliches Wirken entfalten wird, gewonnen werden kann, wenn derselbe in den Bezügen und dem Pensionsrechte den Lehrern an öffentlichen Volksschulen gleichgestellt wird. Ebenso klar ist sich der Petitionsausschuß aber auch darüber, daß der Kinderrettungsverein in Jagdberg nicht in der Lage ist, für diese Bezüge aus eigenen Mitteln aufzukommen und eintretenden Falles eine den Bezügen entsprechende Pension für den Lehrer sicher zu stellen. 245 36 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 9. Periode 1908. Es erscheint daher dem Petitionsausschusse die Bitte der Leitung des Kinderrettungsvereines und der Direktion der Erziehungsanstalt in Jagdberg um Übernahme der Bezüge eines seitens genannter Anstalt zu ernennenden Lehrers auf das Land nicht bloß als hinreichend begründet, insoweit die Not­ wendigkeit der Anstellung eines Lehrers einerseits und die Unzulänglichkeit der dem Vereine zur Ver­ fügung stehenden Geldmittel andererseits in Betracht kommen, sondern ganz besonders in Berücksichtigung des Umstandes, daß es sich im vorliegenden Falle um Förderung der Fürsorge verwahrloster Kinder des Landes und somit in gewissem Sinne um eine Landesangelegenheit handelt. Der Petitionsausschuß ist daher der Anschauung, daß der hohe Landtag, wenn er auch nicht in der Lage ist, schon in dieser Session einen definitiven Beschluß auf Übernahme der Bezüge auf das Land im Sinne der Bittsteller fassen zu können, dennoch der Lösung dieser Frage zugunsten des bittstellenden Vereines und der Erziehungsanstalt in Jagdberg insoweit näher treten soll, daß er den Landes­ ausschuß mit der Vornahme der notwendigen Erhebungen, der Einleitung der Verhandlungen mit dem k. k. Landesschulrate und der Berichterstattung in späterer Session betrauen soll. Der Petitionsausschuß stellt daher folgenden Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: „Das Gesuch des Kinderrettungsvereines und der Direktion der Erziehungs­ anstalt in Jagdberg um Übernahme der Bezüge eines von genannter Anstalt zu bestellenden Lehrers auf das Land wird dem Landesausschusse mit dem Auftrage überwiesen, die not­ wendigen Erhebungen zu pflegen, die Verhandlungen mit dem k. k. Landesschulrate einzu­ leiten und dem hohen Landtage in späterer Session hierüber Bericht zu erstatten und Antrag zu stellen." Bregenz, am 26. September 1908. Johann Köhler, Dekan Mayer, Obmann. Berichterstatter. 4titcf oun I. xJsl. £eut'di. B eoctU. 246