19081014_ltb00781908_Volkswirtschaftsausschussbericht_Subventionseingabe_Mittelberg_Lawinenverbauungen

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Letzte Änderung 04.07.2021, 21:59
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp09,ltb0,lt1908,ltb1908
Dokumentdatum 2021-07-04
Erscheinungsdatum 2021-07-04
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78 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 9. Periode 1908. Beilage 78. Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über die Eingabe der Gemeinde Mittelberg um Gewährung weiterer Landesbeiträge zur Fortsetzung der Lawinenverbauungen im dortigen Gemeindegebiete. Im Kleinwalsertale, in dem zur Gemeinde Mittelberg gehörigen Weiler Ahorn erfolgte be­ kanntlich am 31. Jänner 1907 ein Lawinensturz von solch elementarer Gewalt und Ausdehnung, wie wir ihn glücklicherweise in unserem Lande seit Menschengedenken nicht mehr zu verzeichnen hatten. Nicht allein Hab und Gut der Bewohner, sondern auch zehn Menschenleben sind jener er­ schütternden Katastrophe zum Opfer gefallen und allgemeine Teilnahme wendete sich der vom Unglücke betroffenen Gemeinde zu. Bald nach der Katastrophe hat die Gemeindevorstehung von Mittelberg ein Gesuch an den Landtag gerichtet um Gewährung von Landesbeiträgen und Erwirkung von Staatsbeiträgen zur Vor­ nahme dringend notwendiger Lawinenverbauungen im dortigen Gemeindegebiete, mit dem Hinweise darauf, daß die Bewohner von mindestens vierzig Häusern in Gefahr schweben, von einem ähnlichen Schicksale ereilt zu werden wie diejenigen am 31. Jänner 1907. In seiner Sitzung vom 28. Februar 1907 befaßte sich der Landtag eingehend mit der Ange­ legenheit, indem er folgende Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses einstimmig zum Beschluffe erhob: „1. Dem Beschlusse des Landesausschusses vom 9. Februar d. I., betreffend die Bewilligung von K 2.000'— aus dem Landesfonde zur teilweisen Linderung der durch den Lawinen­ sturz in der Gemeinde Mittelberg verursachten Notlage wird die Zustimmung erteilt. 2. Der Landesausschuß wird beauftragt, int Einvernehmen mit der politischen Behörde und unter Zuziehung einer technischen Kommission im geeigneten Zeitpunkte im Gemeinde­ gebiete Mittelberg die nötigen Erhebungen zu pflegen, was inbezug auf Lawinenverbauung unter Beitragsleistung des Staates, des Landes und der Gemeinde zum Schutze der Bewohner des Tales vorzukehren wäre." Der Landesausschuß hat in Ausführung dieses BeschluffeS daraufhin gewirkt, daß seitens der k. k. forsttechnischen Abteilung für Wildbachverbauung in Innsbruck diese Erhebungen int Gemeindegebiete von Mittelberg gepflogen wurden. Der Bericht der genannten forsttechnischen Abteilung samt Projekt, sowie ein Bericht des LandeSoberingenieurs und ein Gesuch der Gemeinde Mittelberg um Gewährung weiterer Beiträge liegt nun vor und war Gegenstand eingehender Verhandlung im volkswirtschaftlichen Ausschuffe. 457 Beilage 78. 78 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. Im Berichte wird ausgeführt, daß von der Herstellung wirkungsvollerer Schutzbauten, z. B. Trockenmauern oder Schneerechen in Rücksicht auf die verhältnismäßig hohen Kosten, welche die Herbeischaffung des Baumateriales verursachen würde, abgesehen werden müsse. Nach dem vorliegenden Projekte sollen im Lawinenanbruchsgebiete, der Heuberg-Alpe, eine Weidefläche von 3"4 ha und in jenem der Zaform-Alpe eine solche von 4 8 ha terrassiert und auf­ geforstet werden; überdies soll auf der Zaform-Alpe eine Fläche von 3*6 ha und in den sogenannten Schrocken-Mähdern eine Fläche von 25 ha aufgeforstet werden. Der Bericht der Wildbachverbauungssektion führt weiter aus, daß die von der Gemeinde Mittelberg in Aussicht genommene Verpflockung bei dem Umstände, daß die größte Schonung der noch vorhandenen Waldbestände geboten erscheine, in nur beschränktem Maße ausgeführt werden könne. Für die in Antrag gebrachte Aufforstung können, da sie in einer Höhe von zirka 180 m vorzu­ nehmen ist, Fichten, Lärchen und Zirben in Verwendung kommen, die in den ersten Jahren anzukaufen, dann aber dem eigenen, sofort anzulegenden Pflanzgarten zu entnehmen wären. Herr Landesoberingenieur Jlmer hat am 3. Oktober gemeinsam mit Vertretern der Gemeinde Mittelberg eine Begehung des Lawinengebietes vorgenommen und dabei die seitens der Gemeinde zu einem Teile durchgeführten Schutzbauten besichtigt. Dem bezüglichen Berichte ist zu entnehmen, daß die Gemeinde Mittelberg zunächst zum Schutze der in allererster Linie gefährdeten Parzelle Ahorn mit den Verbauungsarbeiten Mitte Oktober vorigen Jahres begonnen, dieselben im November gleichen Jahres eingestellt, dann am 3. Juni l. I. wieder angefangen und bis Mitte August weiter gearbeitet hat. Hiebei wurden 73 Terrassierungen in einer Gesamtlänge von 900 m vorgenommen und 300 Pflöcke geschlagen. Dieser Tage sollen die Arbeiten wieder aufgenommen werden und ist beabsichtigt, noch zirka 20 Terrassierungen a 12 m Länge auszuführen, weiters auch Verpflockungen vorzunehmen und im nächsten Frühjahre aufzuforsten. Nach dem Berichte der forsttechnischen Abteilung, sowie jenem des Landesoberingenieurs wären folgende Verbauungen durchzuführen: 1. Verdauung und Aufforstung auf der Alpe Heuberg; 2. Verdauung und Aufforstung auf der Alpe Zaform; 3. Aufforstung in den Schrocken-Mähdern; 4. Anlage eines Pflanzgarteus und Erhaltung desselben. Hiezu käme noch die erforderliche Grundablösung. Die Kostenberechnung für das ganze Unternehmen, welches in einem Zeitraume von etwa zehn Jahren durchgeführt werden soll, kann nicht als endgiltig abgeschlossen betrachtet werden. Zwischen der Berechnung der forsttechnischen Abteilung und jener des Landesoberingenieurs ist eine wesentliche Differenz zu verzeichnen. Immerhin aber muß angenommen werden, daß der Gesamt­ aufwand sich auf zirka K 30.000 — belaufen werde. Hiezu sind bereits für die ad I teilweise aus­ geführten Arbeiten K 2.230*— verausgabt und sind zur Vollendung dieser Serie der Verbauungen noch K 2.500*— erforderlich. Aus einer, von Pfarrer I. Fink und Dr. v. Klenze herausgegebenen Chronik „Der Mittelberg" ist zu entnehmen, daß das Kleinwalsertal seit Jahrhunderten in bald größeren, bald kleineren Zwischenräumen durch Lawinensturz schwer heimgesucht wurde, wobei nicht nur das Eigentum der Bewohner vielfach vernichtet wurde, sondern auch wiederholt Menschenleben zum Opfer fielen. Dieser Gefahr kann nur durch Erstellung entsprechender Schutzbauten begegnet werden. Die Gemeinde Mittelberg allein aber ist nicht im Stande, die erforderlichen Mittel hiefür aufzubringen. Nach Ansicht des volkswirtschaftlichen Ausschusses soll daher das Land einen 25 "/oigen Beitrag zu den projektierten Bauten leisten, falls der Staat einen 50 °/»igen Beitrag gewährt und die Gemeinde den restlichen Betrag und die Erhaltung der Bauten übernimmt. 458 V. Session der s. Periode 1908. Beilage Der volkswirtschaftliche Ausschuß stellt somit den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: „1. Für die notwenden Lawinenverbauungen im Gemeindcgebiete von Mittelberg nimmt der Landtag in Aussicht, einen 25 "/eigen Landesbeitrag zu leisten, wenn vonseite des Ackerbauministeriums ein 50 "/oiger Beitrag gewährt wird und die Gemeinde Mittelberg 25 % der noch näher festzustellenden Verbauungskosten sowie die Erhaltung der Bauten übernimmt. Der Landesausschuß wird beauftragt, mit der Regierung die erforderlichen Verhandlungen einzuleiten. 2. Der Landesausschuß wird ermächtigt, in Rücksicht auf die Dringlichkeit der Ausführung der notwendigsten Bauten noch in diesem Jahre a conto des Landesbeitrages einen weiteren Beitrag von K 2.500"— der Gemeinde Mittelberg zur Verfügung zu stellen." Bregenz, am 14. Oktober 1908. Jodok Fink, Franz Loser, Obmann. Berichterstatter. ifetad bott I. 31. tcttifdi, SJttgntj. 459