19081008_ltb00601908_Volkswirtschaftsausschussbericht_Gemeindevermittlungsämter

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Letzte Änderung 05.07.2021, 15:28
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp09,ltb0,lt1908,ltb1908
Dokumentdatum 2021-07-04
Erscheinungsdatum 2021-07-04
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60 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Borarlberger Landtages. V. Session der 9. Periode 1908 Beilage 60. Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses betreffend die Gemeindevermittlungsämter. Hoher Ksnötag! Auf Grund des Gesetzes vom 21. September 1869, R. G. Bl. Nr. 150, wurden in Ansehung der Gemeindevermittlungsämter für das Land Vorarlberg mit dem Gesetze vom 18. Oktober 1870, L. G. Bl. Nr. 14, die näheren Durchführungsbestimmungen erlassen. Dieses letztere Gesetz ist praktisch im Lande nur in sehr vereinzelten Fällen in Anwendung gekommen. Der Borarlberger Landtag machte auf die Lücken dieses Gesetzes aufmerksam in seiner Tagung vom Jahre 1883, wünschte die Einführung des obligatorischen Charakters der Vermittlungsämter, bezeichnete das diesbezügliche Gesetz vom Jahre 1870 als ein totgebornes Kind, ohne Kraft, Ansehen und Bedeutung. Die Gemeindevermittlungsämter, heißt es in diesem Berichte, seien sehr dazu angetan, das Rechtsbewußtsein im Volke auszubilden und den Sinn für öffentliche Angelegenheiten zu stärken und zu beleben. Der Ausbau dieses Institutes wird nun durch das Reichsrahmengesetz vom 27. Februar 1907, R- G. Bl. Nr. 59, in ausgedehntem Maße gefördert. Insbesondere wird die bisher bestandene beschränkte Zuständigkeit der Gemeindevermittlungsämter zum Abschlüsse von Vergleichen über bestimmte Geldforderungen von höchstens K 600'— oder über bewegliche Sachen, bezüglich welcher die Parteien erklären, für dieselben einen die Summe von K 600'— nicht übersteigenden Geldbetrag annehmen oder leisten zu wollen, wesentlich erweitert, so daß die Vermittlungsämter fortan berechtigt sein sollen, bei Vergleichen: a) über Geldforderungen und Ansprüche auf bewegliche Sachen ohne Festsetzung einer Wertgrenze, b) in Streitigkeiten über Bestimmung oder Berichtigung von Grenzen unbeweglicher Güter oder über Grunddienstbarkeiten, c) in Streitigkeiten über die Dienstbarkeit der Wohnung, d) in Besitzstreitigkeiten zu intervenieren. Weilers werden die Gemeindevermittlungsämter berechtigt, von Parteien, die einer an sie ergangenen Ladung nicht Folge leisten, ohne dies rechtzeitig entschuldigt zu haben, Geldstrafeii einzuheben. Sodann werden neue, durch die Kompetenzerweiterung bedingte Bestimmungen über die Gebührenentrichtung von den abgeschlossenen Vergleichen getroffen und endlich das neue Institut des Sühne­ versuches in Ehrenbeleidigungssachen eingeführt. Das obzitierte neue Reichsgesetz ordnet int Artikel III an, daß die Bestimmung, ob und in welchen Gemeinden Vermittlungsämter zu bestellen sind, die Vorschriften darüber, zwischen welchen Parteien und in welchen Rechtssachen die Vergleiche in den einzelnen Gemeinden zulässig sind, ob, in welchen Fällen und bis zu welchem Höchstausmaße die obenerwähnte Geldstrafe bemessen werden darf, 391 Beilage 60. 60 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Borarlberger Landtages. ferner die Vorschriften, wie die Wahl der Vertrauensmänner vorzunehmen ist und über das von den­ selben zu beachtende Verfahren, insbesondere auch über ein gegen die Verhängung von Geldstrafen ein­ zuräumendes Beschwerderecht der Landesgesetzgebung vorbehalten bleiben. Desgleichen bleibt es der Landesgesetzgebung vorbehalten zu bestimmen, daß die Gemeinde­ vermittlungsämter nach Wahl der Gemeinde mit voller Zuständigkeit oder mit Beschränkung ihrer Zu­ ständigkeit auf den Abschluß von Vergleichen oder auf die Vornahme von Sühneversuchen errichtet werden können. In unserm Nachbarlande der Schweiz und speziell in den Kantonen der Ostschweiz sind die Vermittlungsämter eine längst erprobte, sehr bewährte Einrichtung. Dieselben haben dort obligatorischen Charakter und in erster Linie den Zweck, die Erhebung des Tatbestandes aufzunehmen und die Vor­ untersuchung zu führen, eine Tätigkeit, die diesen Ämtern in unserm Lande auch fernerhin nicht zukommen wird. Eine recht ansehnliche Zahl von Fällen werden bei den Vermittlungsämtern im Kanton St- Gallen endgültig erledigt, wie aus folgender Zusammenstellung ersichtlich ist. Tabelle über die Verrichtungen der Vermittlungsämter des Kantons St. Gallen im Sühneverfahren. Zahl der Gemeinden und Vermittlerstellen 93. Rückzug vor Abhaltung des Vorstandes Vergleich Unvermittelt (Art.l29Z.P.) (Art.l30Z.P.) Leitschein ausgestellt (Art. 130 Z.P.) Im Jahre 1903, 4419 Fälle 421 2032 1966 1456 Im Jahre 1903, 4953 Fälle 511 2023 2419 1515 Im Jahre 1904, 3310 Fälle 435 1620 1255 1669 Im Jahre 1905, 5546 Fälle 470 2150 2926 1838 Im Jahre 1906, 5682 Fälle 639 2207 2836 393 1927 Beilage 60. V. Session der 9. Periode 1908. Diese Zahlen liefern den besten Beweis, daß die Vermittlungsämter im Kanton St. Gallen recht erwähnenswerte Resultate erzielen, zirka die Hälfte der Fälle werden im Sühneverfahren erledigt. Von ganz besonderer Wichtigkeit für die Wirksamkeit der Vermittlungsämter ist die Wahl recht geeigneter Vertrauensmänner, die zu diesem Dienste veranlagt sind, die großen Rechtlichkeitssinn haben und in Rechtssachen namhafte Kenntnisse besitzen. Die Lösung dieser Frage wird eher gelingen, wenn nicht jede einzelne Gemeinde solche Vertrauensmänner zu wählen hat, sondern wenn die Gemeinde­ vermittlungsämter sich auf mehrere Gemeinden des gleichen Gerichtsbezirkes erstrecken. Um die Umständlichkeit der Wahl dieser Vertrauensmänner in einer Versammlung der Ge­ meindeausschüsse dieser mehreren Gemeinden zu verhindern, ist in diesem Gesetzentwürfe die Wahl durch den Landesausschuß nach Anhörung der betreffenden Gemeinden vorgesehen. Weiters ist in diesem Gesetzentwürfe beabsichtigt, die Einführung der Vermittlungsämter für sämtliche Gemeinden des Landes gruppiert, in 20 Vermittlnngsamtstellen, mit voller Zuständigkeit für den Abschluß von Vergleichen nach Artikel I, § 1 des Gesetzes v. 27. Febr. 1907, R- G. Bl. Nr. 59, und auf die Vornahme von Sühneversuchen nach Artikel II, § 1 des zitierten Gesetzes. Was die Bedeckung der gemeinsamen Ausgaben der Vermittlungsämter durch die beteiligten Gemeinden anbelangt, so ist die gleiche Bedeckungsform vorgesehen wie bei den Naturalverpflegsstationen des Landes. Der volkswirtschaftliche Ausschuß stellt folgende Anträge: Das hohe Haus wolle beschließen: „1. Dem vorliegenden Gesetzentwürfe wird die Zustimmung erteilt. 2. Der Landesausschuß wird ermächtigt, vor Erwirkung der Allerhöchst kaiser­ lichen Sanktion dieser Gesetzentwürfe entweder aus eigener Initiative oder über Wunsch der Regierung etwa sich als notwendig herausstellende Textesänderungen beziehungsweise Ergänzungen, soweit sie weder grundsätzliche Bestimmungen schaffen noch auch solche tangieren, mit der Regierung zu vereinbaren und beschlußweise vorzunehmen." Bregenz, am 8. Oktober 1908. Jodok Fink, Engelbert Luger, Obmann. Berichterstatter. Druck von I. N. Teutsch. Bregenz. 393 60 A der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 9. Periode 1908. Beilage 60 A. »ein .... wirksam für das Land Vorarlberg, über die Genreindeverinittlttngscinrtev. Über Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg und auf Grund der Gesetze vom 21. September 1869, R. G. Bl. Nr. 150, und vom 27. Februar 1907, R. G. Bl. Nr. 59, finde Ich anzuordnen, wie folgt: § 1Ein Vermittlungsamt zum Vergleichsversuche zwischen streitenden Parteien ist in folgenden Gemeinden des gleichen Gerichtsbezirkes durch die vom Landesausschusse gewählten Vertrauensmän­ ner gemeinschaftlich zu bestellen: 1. Bregenz, Hard, Rieden. 2. Hörbranz, Hohenweiler, Lochau und Möggers. 3. Alberschwende, Lauterach, Molsurt, Schwärzach, Buch und Bildstein. 4. Sulzberg, Riefensberg, Toren, Langen und Fluh. 5. Bezau, Andelsbuch, Egg, Lchwarzenberg, Reuthe und Bizau. 6. Au, Schoppernau, Schröcken, Warth—Hochkrumbach, Schuepfau, Mellau und Tamüls. 7. Hittisau, Bolgenach, Krumbach- Lingenau, Oberlangenegg, Unterlangenegg und Sibratsgfäll. 8. Mittelberg. 9. Dornbirn, Hohenems, Ebnit. 10. Lustenau, Höchst, Gaißau und Fnßach. 11. Feldkirch, Altenstadt, Göfis, Tisis und Dosters. 12. Götzis, Mtach, Klaus, Koblach!, Müder, Weiler und Fraxern. 395 Beilage 60 A. 60 A der Beilagen zu den ftenogr. Berichten des Borarlderger Landtages. 13. Rankweil, Mieiningen, Zwischenwasser, Röthis, Sulz, Viktorsberg, Laterns und Uebersaxen. 14. Frastanz, Satteins, Schlins, Schnifis, Tünserberg, Röns und Tuns. 15. Bludenz, Bürs, Bürserberg, Brand und Nüziders. 16. Tlalaas, Jnnerbraz, Klösterle und Lech. 17. Nenzing, Ludesch, Thüringen und Bludesch. 18. Sonntag, Fvntanella, St. Gerald, Blous, Raggal und Thüringerberg. 19. Schruns, Tschagguns, Vandans, Stallehr, Lorüns, Barthvlomäberg und Silbertal. 20. St. Gallenkirch, Gaschürn. Diese Vermittlungsämter sind mit voller Zu­ ständigkeit für den Abschluß! von Vergleichen nach Artikel I, § 1 des Gesetzes vorn 27. Februar 1907, R. |G. Bl. Nr. 59, und lauf die Vornahme von Sühneversuchen nach Artikel II, § 1 des zitierten Gesetzes errichtet. § 2. Das Vermittlungsamt besteht mindestens aus drei Vertrauensmännern nebst einem Ersatzmanne, welche »tont Landesausschusse nach Anhörung der betreffenden Gemeinden aus den Mitgliedern der­ selben ernannt werden. Das Ergebnis der Wahl ist der zuständigen Bezirkshausttmannschaft und den beteiligten Ge­ meinden mitzuteilen. § 3. Zur Annahme der Wahl in das Vermittlungs­ amt kann Iriemand gezwungen werden. Das Amt der Vertrauensmänner erstreckt sich auf fünf Jahre. Sie wählen aus ihrer Mitte den Obmann, welchem die Leitung der Geschäftsfüh­ rung abliegt. Am Wohnsitze des Obmannes ist der Amtssitz des Vermittlungsamtes. § 4. Wahlfähig ist jedes Gemeindemitglied, welches die Befähigung genießt, in den Gemeindeausschuß gewählt zu werden. Als Vertrauensmänner können nicht gewählt werden: 1. im aktiven Dienste stehende richterliche Beamte; 2. diejenigen, welche nach § 6 G. W. O. die Wählbarkeit in die Gemeindevertretung nicht 396 Beilage 60 A. V. Session der 9. Periode 1908 genießen sowie 3. diejenigen, welche nach den be­ stehenden Gesetzen Wort der Wählbarkeit in die Ge­ meindevertretung ausgeschlossen sind. § 5. * Die politische Behörde hat die erfolgte Ge­ stellung sowie den Beginn der Wirksamkeit des Vermittlungsamtes und die ernannten Vertrauens­ männer dem Bezirksgerichte mitzuteilen. Die ernannten Vertrauensmänner haben vor dem An­ tritte ihres Amtes die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten in die Hände des Vorstandes der vorgesetzten politischen Behörde oder eines Ab­ geordneten derselben an Eidesstatt zu geloben. § 6. Wenn ein Vertrauensmann stirbt oder das Amt zurücklegt oder wenn Umstände eintreten, welche dessen Wählbarkeit ausgeschlossen hätten (§ 4) oder welche ihn nach dem Dafürhalten des Landesausschusses an der ordnungsmäßigen Aus­ übung seines Amtes hindern oder demselben das Vertrauen entziehen, so ist an dessen Stelle ein anderer zu wählen. Wenn die politische Behörde durch Mitteilun­ gen der zum Vollzüge der abgeschlossenen Ver­ gleiche berufenen Gerichtsbehörden zur Kenntnis einer so mangelhaften Geschäftsführung gelangt, daß sich ihr die Ueberzeugung von der Untauglichkeit der gewählten Vertrauensmänner oder ein­ zelner unter denselben aufdringt, so hat sie dies dem Landesausschusse anzuzeigen, welcher andere Vertrauensmänner zu ernennen berechtigt ist. § 7. Eine Neuwahl der sämtlichen Vertrauensmän­ ner eines Vermittlungsamtes findet nach Ablauf derjenigen Zeit statt, für welche sie gewählt wur­ den. Die Mitglieder des Vermittlungsamtes haben jedoch solange im Amte zu bleiben, bis die Neuwahl vollzogen ist. Die Austretenden können, wenn ihnen kein gesetzliches Hindernis im Wege steht, wieder ge­ wählt werden. § 8. Durch Landesausschußbeschluß ist festzusetzen, ob und welche Entlohnung der Leiter des Ver­ mittlungsamtes und die Vertrauensmänner aus 397 Beilage 60 A. 60 A der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. Mitteln der Gemeinden, welche ein gemeinschaft­ liches Vermittlungsamt bilden, zu erhalten haben und ist die Verrechnung und Bedeckung nach § 33, Abs. 2, vorzunehmen. Die Reihenfolge, in welcher die Vertrauens­ männer sich ihren Amtsobliegenheiten zu unter­ ziehen haben, wird von dem Leiter des Vermitt­ lungsamtes bestimmt. § 9. Bor dem Vermittlungsamte können zwischen streitenden Parteien wirksame Vergleiche abge­ schlossen werden: a) über Geldforderungen und Ansprüche auf be­ wegliche Sachen; b) in Streitigkeiten über Bestimmung oder Be­ richtigung von Grenzen unbeweglicher Güter oder über Grunddienstbarkeiten: c) in Streitigkeiten über die Dienstb arkeit der Wohnung; d) in Besitzstreitigkeiten. Zum Abschlüsse eines solchen Vergleiches ist die gleichzeitige Anwesenheit von wenigstens zwei Vertrauensmännern erforderlich. Von Vergleichen, durch welche das Eigentum an einer grundbücherlich eingetragenen Liegen­ schaft ober an Teilen derselben übertragen wird oder ein Grundbuchskörper eine Aenderung er­ fährt, hat das Vermittlungsamt von Amts wegen dem Vermessungsbeamten Mitteilung zu machen. Der Vergleichsverhandlung kann in derartigen Fällen zum Zwecke der Darstellung der Liegen­ schaftsgrenzen auf Antrag der Parteien ein zur Verfassung und Beglaubigung geometrischer Pläne (Situationspläne) ermächtigter Sachverständiger beigezogen werden. (Artikel I, § 1 des Gesetzes vorn 27. Februar 1907, R. G. Bl. Nr. 59). § io. Zur Vornahme des Vergleichsversuches in bür­ gerlichen Rechtsangelegenheiten ist das Vermitt­ lungsamt zuständig, in dessen Sprengel die eine oder die andere Partei ihren Wohnsitz oder Auf­ enthalt hat. Sind hienach mehrere Vermittlungs­ ämter zuständig, so hat jenes Vermittlungsamt den Vergleichsversuch vorzunehmen, bei dem die Sache zuerst angebracht wurde. § U. Das Vermittlungsamt kann im vorhinein ge­ wisse Tage bestimmen, an welchen die Parteien auch 398 Beilage 60 A. V. Session der 9. Periode 1908. ohne vorläufige Anmeldung zur Vornahme des VergleichsversuHes oder des Sühneversuches (§ 28) vor demselben erscheinen können. Eine solche Be­ stimmung ist in dem Sprengel des Vermittlungs­ amtes gehörig zu verlautbaren. § 12. Die Anmeldung einer Streitsache bei dem Ver­ mittlungsamte kann mündlich oder schriftlich ge­ schehen. Die Anmeldung hat den Namen und Aufenthaltsort der Parteien, dann den Gegenstand des Streites zu enthalten. § 13. Erscheinen beide Parteien zusammen bei dem Vermittlungsamte, so ist die Vergleichsverhandlnng womöglich sogleich vorzunehmen. Wäre dies nicht tunlich oder erscheint eine Partei allein, so hat der Leiter des Vermittlungsamtes die Zeit zur Vornahme der Vergleichsverhandlung zu be­ stimmen und zu derselben beide Parteien vorzu­ laden. Der anwesenden Partei kann die Ladung mündlich bekanntgegeben und dies durchs einen Vermerk in den Akten oder im Geschästsprotosolle, der von der geladenen Partei zu unterschreiben ist, beurkundet werden. § 14- ' Die Partei, die einer Ladung vor das Ver­ mittlungsamt nicht Folge leisten will oder aus einem ihr bis dahin bekannt gewordenen Grunde nicht Folge leisten kann, muß dies spätestens am Tage vor der anberaumten Vergleichsverhandlung bei dem Vermittlungsamte anzeigen, widrigens gegen sie vorn Vermittlungsamte int Falle des Nichterschssinens eine Geldstrafe von einer halben bis 5 Kronen verhängt werden kann. Solche Geldstrafen werden wie die Geldleistungen einge­ trieben, die nach einem gültigen Gemeiitbebcsch lusse für Gemeindezwecke stattzufinden haben, und ver­ fallen zu Gunsten des Armenfonds der Gemeinde, in der die Vergleichsverhandlung angeordnet war. Gegen den Ausspruch dieser Geldstrafen gibt es keine Berufung. Die Anwendung von Zwangsmitteln gegen Parteien, die der Ladung keine Folge leisten, ist unzulässig. Daß die Parteien vor dem Bermitt­ lungsamte zu erscheinen nicht verpflichtet sind. gegen sie nijer wegen versäumter oder verspäteter 399 Beilage 60 A. 60 A der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. Anzeige des Nichterscheinens Geldstrafen verhängt werden können sowie der Betrag dieser Geldstrafen ist den Parteien bei der Ladung bekanntzugeben. Auf aktive Militär-, Landwehr- und Gen­ darmeriepersonen haben die vorstehenden Strafbestimmungen keine Anwendung zu finden; diese Personen sind vor das Vermittlungsamt durch ihr vorgesetztes Kommando zu laden (Artikel I, § 2 des Gesetzes vorn 27. Februar 1907, R. G. Bl. Nr. 59). § 15. Den Parteien steht frei, bei den Vergleichs­ verhandlungen in bürgerlichen Rechtssachen (§ 9) vor dem Vermittlungsamte persönlich zu erscheinen oder sich durch Bevollmächtigte vertreten zu lassen. § 16. Vor dem Beginne der Vergleichsverhandlung hat sich das Vermittlungsamt vor allem zu über­ zeugen : a) ob die Parteien sich selbst zu vertreten fähig sind; b) ob, wenn sie hiezu wegen Minderjährigkeit, Kuratel, Konkurs oder aus einem anderen Grunde nicht fähig sein sollten, sie durch! jene Personen vertreten sind, welche nach, dem Ge­ setze für sie vor Gericht zu handeln haben; c) ob die etwa erschienenen Bevollmächtigten mit einer die Ermächtigung zum VergleichDabschlusse enthaltenden Vollmacht versehen sind. Die Vertrauensmänner haben den Parteien vor dem Beginne der Bergleichsverhandlung aus­ drücklich bekanntzugeben, daß, wenn ein Vergleich nicht zu stände kommt, von den abgegebenen Er­ klärungen einer Partei gegen dieselbe in einem späteren Rechtsstreite kein Gebrauch! gemacht wer­ den könne (§ 4 des Gesetzes vorn 21. September 1869, R. G. Bl. Nr. 150). § 17. Das Vermittlungsamt hat beide Parteien an­ zuhören, ihre Beweismittel zu erwägen und die Streitsache womöglich in Güte auszugleichen. Ueber die Vergleich^verhandlung dürfen keine Pro­ tokolle aufgenommen werden. Wenn die Parteien sich auf Zeugen und Sachverständige berufen und mit diesen zur Vergleichsverhandlung erscheinen, so sind an die letzteren die zur Aufklärung des Sachverhaltes zweckdienlich erscheinenden Fragen 400 Beilage 60 A. V. Session der 9. Periode 1908. zu stellen. Eine Vorladung der Zeugen und Sach­ verständigen durch das Vermittlungsamt hat jedoch nicht stattzufinden. Die Vornahme eines Lokal­ augenscheines kann das Vermittlungsamt in Fäl­ len, in welchen dieselbe mit Kosten verbunden ist, davon abhängig machen, daß diese von den Parteien im vorhinein erlegt werden. § 18. Die begonnene Vergleichsverhandlung ist so­ lange fortzusetzen, bis der Vergleich erzielt wird oder bis das Vermittlungsamt die Ueberzeugung von der Erfolglosigkeit des Vergleichsversuchxs er­ langt. Ueber Ansuchen beider Teile kann die be­ gonnene Verhandlung in angemessener Weise er-streckt werden. Die Abnahme eines Eides ist dem Vermittlungsamte nicht gestattet; auch kann ein Vergleich auf einen abzulegenden Eid vor diesem Amte nicht geschlossen werden (§ 3 des Gesetzes vom 21. September 1869, R. G. Bl. Nr. 150). § 19. Bei der Feststellung des Vergleiches ist von dem Vermittlungsamte daraus Bedacht zu nehmen, daß die zu erfüllende Verbindlichkeit rücksichtlich des Kapital- und Zinsenbetrages, der Zahlungs­ termine und der sonstigen aus der Beschaffenheit der Streitsache sich ergebenden Bedingungen ge­ nau bestimmt und, wenn ein Kostenersatz ange­ sprochen werden sollte, sich! auch! über den diesfalls zu leistenden Betrag geeinigt werde. § 20. Kommt ein Vergleich zu stände, so ist derselbe in das beim Vermittlungsamte zu führende Amts­ buch einzutragen. Die Eintragung hat zu enthalten: a) die Zahl, unter welcher der Vergleichs im Amtsbuche eingetragen wird; b) die Bezeichnung des Tages, Monates und Jahres des Vergleichsabschlusses; c) die genaue Bezeichnung der Parteien und, wenn für dieselben Bevollmächtigte erschienen sind, die genaue Bezeichnung dieser letzteren sowie ihrer Vollmachten mit der Bemerkung, daß darin die Ermächtigung zum Vergleichsabschlusse enthalten sei; d) die Bezeichnung des Streitgegenstandes, über welchen der Vergleich abgeschlossen wurde; 401 Beilage 60 A. 60 A der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Borarlberger Landtages. e) den Vergleich selbst nach! seinem wörtlichen Inhalte. Ist wegen mangelnder Eigenberechtigung einer der Parteien eine gerichtliche Genehmigung des Vergleiches notwendig, so ist in dem Amtsbuche zu bemerken, ob diese Genehmigung vorgewiesen oder ob deren nachträgliche Erwirkung vorbehalten worden sei. Das in das Amtsbuch Eingetragene ist den Parteien vorzulesen und, daß dieses geschehen sei, in dem Amtsbuche zu bemerken. Die Parteien sowohl als auch die Vertrauens­ männer, vor welchen der Vergleich abgeschlossen wird, haben das Eingetragene im Amtsbuche zu unterzeichnen (§ 5 des Gesetzes vom 21. Septem­ ber 1869, R. G. Bl. Nr. 150). § 21. Tas zur Eintragung der Vergleiche bestimmte Amtsbuch ist vor der Benützung zu binden, als erster, zweiter, dritter Band u. s. w. sowie Seite für Seite mit fortlaufenden Zahlen zu bezeichnen. Sämtliche Blätter des Amtsbuches sind mit einer Schnur zu durchziehen, deren beide Enden auf der letzten Seite mit dem GemLindesiegel am Amtssitze des Vermittlungsamtes anzuheften sind. Ebenda hat der Vorsteher der Ortsgemeinde des Amtssitzes unter Beisetzung seiner Unterschrift die Zahl der Blätter anzumerken. In das Amtsbuch sind die einzelnen abge­ schlossenen Vergleiche nach der Ordnung, in welcher sie abgeschlossen wurden, unter fortlaufenden Num­ mern einzutragen. Bei neueröffneten Amts­ büchern hat die Numerierung wieder v!om An­ fange zu beginnen. Tas Amtsbuch ist genau und deutlich zu führen. Es darf in demselben nichts radiert, überschrieben oder zwischen den Zeilen eingeschaltet werden. Sind Worte zu durchstreichen, so muß> es so ge­ schehen, daß das Durchstrichene leserlich bleibt. Einschaltungen sind am Rande anzubringen und von den Parteien besonders zu unterzeichnen. Das Amtsbuch ist durch sorgfältige Auf­ bewahrung gegen jeden Mißbrauch zu schützen. Dasselbe gilt von den vollgeschriebenen Amts­ büchern. Die von bevollmächtigten Parteien bei­ gebrachten Vollmachten sind im Originale oder in beglaubigter Abschrift bei dem Amte aufzu­ bewahren (§ 6 des Gesetzes vom 21. September 1869, R. G. Bl. Nr. 150). 402 V. Session der 9. Periode 1908. Beilage 60 Ä. Zu dem Amtsbuche ist ein alphabetisches Nachschlageregister zu führen, in welchem die Namen der Parteien, zwischen welchen ein Vergleich ge­ schlossen wurde, unter Anführung der Seite des Amtsbuches, auf welcher der Vergleich eingetragen ist, ersichtlich gemacht werden. § 22. Wo es der größere Geschüftsumfang eines Ver­ mittlungsamtes erheischt, ist von demselben ein eigenes Geschäftsprotokoll zu führen, in welchem die geschehenen Anmeldungen, die hierüber ver­ fügten Vorladungen und der Umstand, ob eine Ver­ gleichsverhandlung gepflogen wurde und ein Ver­ gleich zu stände gekommen sei oder nicht, ersichtlich zu machen sind. § 23. Den beteiligten Parteien ist auf mündliches oder schriftliches Ansuchen über den abgeschlossenen Vergleich eine Amtsurkünde auszufertigen. Diese Amtsurkunde hat unter Beziehung der Zahl des Bandes des Amtsbuches eine wortgetreue Abschrift des in dasselbe Eingetragenen zu ent­ halten (§ 20); sie ist vorn Vorsteher am Amtssitze des Vermittlungsamtes und einem Mitglieds des Vermittlungsamtes zu unterschreiben und mit dem Gemeindesiegel zu versehen (§ 7 des Gesetzes vom 21. September 1869, R. G. Bl. Nr. 150). § 24. Die vor dem Vermittlungsamte der Gemeinde in Gemäßheit der vorstehenden Bestimmungen ab­ geschlossenen Vergleiche haben die Kraft gericht­ licher Vergleiche und es sind die den Bestimmun­ gen des § 25 entsprechenden Amtsurkunden über solche Vergleiche den amtlichen Ausfertigungen ge­ richtlicher Vergleiche gleichzuachten. Auf Grund von Vergleichen, durch welche eine Katastralparzelle geteilt wird (§ 9, lit. b), kann diese Teilung im Grundbuchs nur dann durchge­ führt werden, wenn die Beschreibung oder geome­ trische Darstellung der Teilung in der Amts­ urkunde oder in einem ihr beigefügten Situations­ plane den bestehenden Vorschriften entsprichst (Ar­ tikel I, § 8 des Gesetzes vom 27. Februar 1907, R. G. Bl. Nr. 59). § 25. Nach Artikel I, § 9 des Gesetzes vom 27. Fe­ bruar 1907, R. G. Bl. Nr. 59, gelten bezüglich 403 Beilage 60 A. 60 A der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Borarlberger Landtages. der Stempel und unmittelbaren Gebühren folgende Bestimmungen: Wenn sich die Parteien auf Zahlung einer Geldsumme bis einschließlich 200 K an den Be­ rechtigten verglichen haben, ist bei Eintragung des Vergleiches in das Amtsbuch derjenige Stempel zu verwenden, der nach Skala II samt außerordent­ lichem Zuschlage auf den Vergleichsbetrag ent­ fällt. Bei Eintragungen von Vergleichen a) in Streitigkeiten über die Bestimmung der Grenzen unbeweglicher Gütter, wenn dadurch eine Vermögensübertragung von einer der beteiligten Personen an die andere oder au einen Dritten nicht erfolgt, b) in Besitzstreitigkeiten, wenn der Vergleich sich auf die Wiederherstellung des gestörten Be­ sitzes beschränkt, ist der Stempel von 1 K zu verwenden. In allen anderen Füllen ist für die Eintragung von Vergleichen in das Amtsbuch die Gebühr wie von gerichtlichen Vergleichen zu entrichten und hat das Vermittlungsamt innerhalb acht Tagen nach Abschluß des Vergleiches zuni Zwecke der Gebührenbemessung einen stempelfreien Auszug aus dem Amtsbuche dem zur Beiuessung zuständigen Amte zu übergeben. Alle vor dem Vermittlungsamte aufgenommen nen Protokolle, die bei demselben überreichten An­ suchen und Eingaben und die erste Ausfertigung einer Amtsurkunde sind stempelfrei. Die weiteren Ausfertigungen einer Amtsurkünde unterliegen demselben Stempel wie Ausfertigungen gericht­ licher Vergleiche. § 26. Das aus Vertrauensmännern der Gemeinden gebildete Vermittlungsamt ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zur Vornahme von Sühneversuchen in Ehrenbeleidigungssachen zu­ ständig. Wenn der Privatankläger und der Beschul­ digte in dem Sprengel desselben Vermittlungs­ amtes ihren Wohnsitz haben, kann das Verfahren wegen Uebertretungen gegen die Sicherheit der Ehre nach §§ 487 bis 497 a. St. G. erst dann bei Gericht eingeleitet werben, wenn der Sühneversuch vor dem Vermittlungsamte erfolglos ge­ blieben ist. Wenn die Bescheinigung hierüber nicht bei Einbringung der Privatanklage vorgelegt wird, 404 Beilage 60 A. Session der 9. Periode 1908. ist die Klage von Amts wegen dem zuständigen Vermittlungsamte zur Vornahme des Sühnever­ suches abzutreten. Tiefe Bestimmung findet keine Anwendung: 1. wenn die strafbare Handlung durch den Inhalt einer Druckschrift begangen worden ist; 2. wenn der Beleidigte oder der Beleidiger eine aktive Militär-, Landwehr-, Gendarmerieperson ist (Artikel II, § 1 des Gesetzes born 27. Februar 1907, R. G. Bl. Nr. 59). § 27. Zur Sühneverhandlung sind der Anzeiger und der Beschuldigte zu laden. Die Parteien können sich bei dieser Verhandlung nicht durchs Bevoll­ mächtigte vertreten lassen. Die Verhandlung darf nur mit Zustimmung beider Parteien vertagt werden. Der Sühneversuch ist auch dann als ein er­ folgloser anzusehen, wenn der Anzeiger oder der Beschuldigte von der Sühneverhandlung ausbleibt. Kommt ein Ausgleich nicht zustande oder er­ scheint eine der Parteien nicht zur Sühnever­ handlung, so ist dies vom Vermittlungsamte in einer schriftlichen Ausfertigung binnen drei Tagen zu bestätigen. Diese Ausfertigung hat zu ent­ halten : a) die Namen der Parteien; b) die Angabe der Zeit und des Ortes der begangenen Uebertretung; ’c) den Tag, an dem das Begehren um Ein­ leitung der Sühneverhandlung gestellt wurde; d) den Tag, an welchem die Sühneverhand­ lung tatsächlich vorgenommen wurde oder für welchen sie fruchtlos anberaumt war. Sofern eine Klage vom Gerichte dem Ver­ mittlungsamte zur Vornahme des Sühneversuches abgetreten wurde, hat letzteres bei Erfolglosigkeit des Sühneversuches die Klage mit der schrift­ lichen Bestätigung dieses Umstandes von Amts wegen dem Gerichte innerhalb drei Tagen zurück­ zusenden. Die in lit. c bezeichnete Zeitangabe ist in die Ausfertigung nicht aufzunehmen (Ar­ tikel II, § 2 des Gesetzes vom 27. Februar 1907, R. G. Bl. Nr. 59). § 28. Wenn eine der Parteien weder zur Sühneverhandlung erscheint noch spätestens am Tage vor der anberaumten Sühneverhandlung ihr Aus405 Beilage 60 A. 60 A der Beilagen zu den ftenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. bleiben bei dem Bermittlungsamte anzeigt, so kann gegen sie unter denselben Voraussetzungen und im selben Umfange, als £§ gemäß § 14 im Verfahren zum Abschlüsse von Vergleichen zulässig ist, Geldstrafe verhängt werden. Die Bestimmung des § 14 findet auch bei der Ladung zur Sühneverhandlung Anwendung (Artikel II, § 3 des Gesetzes vom 27. Februar 1907, R. G. Bl. Nr. 59). § 29. Die Tage vom Anbringen des Begehrens um Einleitung der Sühneverhandlung bei dem Ver­ mittlungsamte bis zu hem Tage, an welchem die Sühneverhandlung tatsächlich vorgenommen wurde oder für welchen sie fruchtlos anberaumt war, werden in die sechswöchentliche Klagefrist (§ 530 a. St. G.) nicht eingerechnet. Die Zeit, während welcher ein Verfahren in Ehrenbeleidigungssachen infolge Anbringens des Begehrens um Einleitung der Sühneverhandlung oder infolge Einlangens der an das Vermittlungs­ amt abgetretenen Ehrenbeleidigungsklage bei die­ sem anhängig ist, wird in bie, Verjährungsfrist nicht eingerechnet (Artikel II, § 4 des Gesetzes vom 27. Februar 1907, R. G. Bl. Nr. 59). § 30. Ueber die Sühneversuche ist ein besonderes Amtsbuch zu führen (§ 21, Absatz 1, 3 und 4). In dieses ist das Begehren um Einleitung der Sühneverhandlung einzutragen, und zwar unter Angabe der Namen der Parteien und des Tages des Anbringens oder des Einlangens der vom Gerichte abgetretenen Klage und es ist ferner anzumerken, ob beide Parteien oder welche von ihnen zur Sühneverhandlung erschienen und ob ein Ausgleich zustande kam oder nicht. Die Aufnahme von Protokollen über die Sühneverhandlung ist nicht statthaft (Artikel II, § 5 des Gesetzes vom 27. Februar 1907, R. G. Bl. Nr. 59). § 31. Für das Verfahren bei Sühneversuchen gelten die in den , §§ 17 und 18 für Vergleichsver­ handlungen gegebenen Vorschriften. Bei der Sühneverhandlung müssen mindestens zwei Ver­ trauensmänner gleichzeitig anwesend sein. 406 V. Session der 9. Periode 1908. Beilage 60 A. § 32. Die Sühne, auf welch: sich die Parteien ver­ gleichen, kann bestehen: 1. in einer vor dem Vermittlungsamte even­ tuell unter Zuziehung bestimmter Personen niündlich abzugebenden Ehrenerklärung; 2. in der Aushändigung einer schriftlichen Ehrenerklärung des Beschuldigten an den Privatankläger; 3. in der Uebernahme der 'Verpflichtung zur Abgabe einer öffentlichen Ehrenerklärung; 4. in einer Geldbuße zugunsten des Armen­ fonds der Gemeinde, in welcher die büßende Par­ tei ihren Wohnsitz hat oder zu einem wohltätigen oder gemeinnützigen Zwecke; 5. in der Verbindung mehrerer der unter 1 bis 4 ausgezählten Sühnehandlungen. Die Art der vereinbarten Sühne ist in das Amtsbuch kurz einzutragen. Wird die vereinbarte Sühnehandlung nicht bei der Verhandlung vorgenommen, so kann diese zum Zwecke des Nachweises der '(grfiMtimg der vereinbarten Vergleichsbedingung auf einen be­ stimmten Termin verlegt werden. Wird die Er­ füllung der vereinbarten Bedingung nicht späte­ stens in der erstreckten Verhandlung nachgewiesen, so ist der Sühneversuch als erfolglos zu be­ trachten. § 33. Die für das gemeinsame Vermittlungsamt er­ forderlichen Räumlichkeiten sind von der Gemeinde, wo dasselbe seinen Amtssitz hat, am Wohnorte des Obmannes auf Kosten der zu diesem Zwecke vereinigten Gemeinden beizustellen. Die Auslagen für das Vermittlungsamt wer­ den von der Ortsgemeinde, wo dasselbe seinen Amtssitz hat, vorschußweise bestritten und die be­ züglichen Rechnungen sofort nach Jahresschluß abgeschlossen. Die Auslagen sind binnen Monats­ frist nach Ablauf jeden Jahres nach Maßgabe der Gesamtvorschreibung der direkten Steuern der das gemeinsame Vermittlungsamt bildenden Orts­ gemeinden zu repartieren und den betreffenden Ortsgemeinden unter Anschluß der der Repartition zugrunde liegenden summarischen Rechnung bekanntzugeben. Die repartierten Beträge sind von den konkurrierenden Ortsgemeinden binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Repartition an den Vorsteher der Gemeinde des Amtssitzes 407 60 A der Beilagen zu den stenogr. Berichten deS Vorarlberger Landtages. V. Session der 9. Periode 1908. des Vermittlungsamtes abzuführen, beziehungs­ weise binnen der gleichen Frist die Beschwerde an den Landesausschuß einzubringen. Im Falle einer Säumnis werden diese Be­ träge von der k. k. Bezirkshauptmannschaft im Wege der politischen Exekution hereingebracht. § 34. Von den Parteien darf unter keinem Vorwande eine Gebühr mit Ausnahme jener für die Vergleichsstempel, allfällige Kosten für einen Lokalaugenschein (§ 17) oder Zustellungen abge­ fordert werden. § 35. In welcher Weise die Gerichte von der Bildung oder Auflösung von Vermittlungsämtern jeweilig in Kenntnis zu setzen sind, wird im Verordnungs­ wege festgestellt (Artikel III, Absatz 3 des Ge­ setzes vom 27. Februar 1907, R. G. Bl. Nr. 59). § 36. Der Justizminister ist berechtigt, in die Tätig­ keit der Vermittlungsämter jederzeit Einsicht zu nehmen und ihnen die zur Aufrechthaltung einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung erforderlichen Belehrungen und Weisungen zu erteilen (Artikel V des Gesetzes vom 27. Februar 1907, R. G. Bl. Nr. 59). § 37. Die Bestimmungen dieses Gesetzes treten so­ fort nach dessen Kundmachung in Wirksamkeit. Mit eben diesem Zeitpunkte tritt das Gesetz vom 18. Oktober 1870, L. G. Bl. Nr. 14, außer Kraft. § 38. Mit dem Vollzüge dieses Gesetzes sind Meine Minister der Justiz, des Innern und der Fi­ nanzen beauftragt. t>rid von A. N. Teutsch. Breaenz. 408