19080000_ltb00411908_Gesetzentwurf_Abänderung_Gemeindeordnung

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Letzte Änderung 05.07.2021, 15:33
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp09,ltb0,lt1908,ltb1908
Dokumentdatum 2021-07-04
Erscheinungsdatum 2021-07-04
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41 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 9. Periode 1908 Beilage 41. Gesetz #«ltt . . . ♦ wirksam für das Land Vorarlberg. womit öit §§ 12, 13, 14, 15, 19, 20, 21, 25, 39, 44, 53 unö 76 der Gememöeorönung vorn 21. Hept. 1904 L. G. u. V. Vk. Mv. 87 aVgoanöort werden. Über Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde Ich anzuordnen, wie folgt: Artikel I. Die Paragraphe 12, 13, 14, 15, 19, 20, 21, 25, 39, 44, 53 und 76 der Gemeindeordnung für Vorarlberg vom 21. September 1904 werden in ihrer gegenwärtigen Fassung außer Wirksamkeit gesetzt und haben künftig zu lauten wie folgt: § 12- Die Gemeinde wird in ihren Angelegenheiten durch den Gemeindeausschuß und den Gemeinde­ vorstand vertreten. In jenen Gemeinden, welche jeweilen nach, der letzten allgemeinen Volkszählung wenigstens 2000 Einwohner haben, wird der Gemeindeausschuß mit Verhältniswahl gewählt. § 13. Der Gemeindeausschuß besteht in Gemeinden mit weniger als 500 Einwohnern a!us neun Mit­ gliedern, in Gemeinden von 500 bis 1000 Einwohnern äus 12 Mitgliedern, 275 Beilage 41. 41 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Borarlberger Landtages. von 1000 bis 2000 Einwohnern aus 15 Mitgliedern, von 2000 bis 3000 Einwohnern aus 18 Mitgliedern, von 3000 bis 4000 Einwohnern aus 21 Mitgliedern, Wort 4000 bis 5000 Einwohnern aus 28 Mitgliedern, Won 5000 bis 6000 Einwohnern aus 31 Mitgliedern, tobn 6000 bis 10.000 Einwohnern aus 35 Mitgliedern, Vion 10.000 Einwohnern an aus 42 Mit­ gliedern. Won diesen Mitgliedern wählt der vierte Wahl­ körper in Gemeinden Wort 4000 bis 6000 Einwohnern 4 Mitglieder, Won 6000 bis 10.000 Einwohnern 5 Mitglieder und Won 10.000 Einwohnern an 6 Mitglieder. Alle anderen Mitglieder werden in sämtlichen Gemeinden mit Ausnahme derjenigen, welche den Gemeindeausschuß in einem Wahlkörper wählen (§ 11 G. W. O.), von den ersten drei Wahlkörpern gewählt und sind dieselben auf diese Wahlkörpcr gleichmäßig aufzuteilen. § 14. In jeder Gemeinde haben zur Vertretung verhinderter oder abgängiger Ausschußmitglieder Ersatzmänner zu bestehen und zwar für je zwei einem Wahlkörper ungehörige Ausschußmitglieder ist in der Regel ein Ersatzmann, und für ein im Wahlkörper, beziehungsweise bei der Verhältnis­ wahl (§ 66 G. W. O.) in der Parteiliste all­ fällig übrigbleibendes Ausschußmitglied ebenfalls ein Ersatzmann zur Vertretung verhinderter Aus­ schußmitglieder zu bestellen. § 15. Der Gemeindevorstand besteht aus dem Ge­ meindevorsteher, welcher in Städten und Märkten den Titel Bürgermeister führt, Und aus den Ge­ meinderäten (in Städten Magistratsrüte, Stadt­ räte). Von den in § 12 Abs. 2 bezeichneten Gemein­ den sind in jenen mit vier Wahlkörpern (§ 13 Abs. 3) sechs, in den übrigen vier Gemeinderäte, 276 V. Session der 9. Periode 1908, Beilage 41. in den andern Gemeinden mit drei Wahlkörpern mindestens drei, mnb in solchen mit einem Wahl­ körper zwei Gemeinderäte zn wählen. Wo es die Geschäfte lunb Verhältnisse not­ wendig machen, kann der Ausschuß die Zahl der Gemeinderäte entsprechend erhöhen; -es darf jedoch diese Zahl den dritten Teil der Ausschußmitglieder nicht überschreiten. § 19. Jedes wählbare und ordnungsmäßig gewählte Gemeindemitglied ist verpflichtet, die Wahl ginnt Ausschuß- oder Ersatzmanne oder znm Mitgliede des Gemeindevorstandes anzunehmen. a) Das Recht, die Wahl nach beiden Richtungen abzulehnen, haben nur: 1. Geistliche aller Konfessionen und öffent­ liche Lehrer; 2. Hof-, Staats-, Landes- und öffentliche Fondsbeamte und Diener; 3. Militärpersonen, welche nicht in aktiver Dienstleistnng stehen; 4. Personen, die über 60 Jahre alt sind; 5. Diejenigen, welche in zwei aufeinander folgenden Wahlperioden als Ausschuß­ oder Ersatzmänner wirksam waren, bloß für die nächste Wahlperiode; 6. Diejenigen, die an einem der Ausübung der Amtspflichten hinderlichen Körperge­ brechen oder einer anhaltenden bedeuten­ den Störung ihrer Gesundheit leiden; 7. Diejenigen, welche vermöge ihrer ordent­ lichen Beschäftigung häufig oder durch lange Zeit in jedem Jahre aus der Ge­ meinde abwesend sind. b) Das Recht, die Wahl in den Gemeindevor­ stand abzulehnen, hat auch derjenige, welcher die Stelle eines Gemeindevorstehers (Bürger­ meisters) durch. eine volle Wahlperiode be­ kleidet hat, für die nächste Wahlperiode. Wer ohne einen solchen Entschuldigungs­ grund die Wahl anzunehmen oder das an­ genommene Amt fortzuführen verweigert, ist schuldig, auf Verlangen der Gemeindever­ tretung eine Geldbuße von 200 Kronen in den Gemeindearmenfond zn bezahlen. 277 Beilage 41. 41 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. § 20. Die Ausschluß- und Ersatzmänner, sowie die Mitglieder des Vorstandes werden auf fünf Jahre gewählt. Sie verbleiben auch nach! Ablauf dieser Zeit bis zur Bestellung der neuen Gemeindever­ tretung im Amte. Die Austretenden können, wenn ihnen kein gesetzliches Hindernis im Wege steht, wieder ge­ wählt werden. § 21. Wird die Stelle eines Gemeindevorstehers oder eines Gemeinderates im Laufe der fünf Jahre er­ ledigt, so hat der Ausschuß binnen längstens 14 Tagen eine neue Wahl für die noch übrige Zeit vorzunehmen. Wird die Stelle eines Ausschußmannes er­ ledigt, so ist in jenen Gemeinden, welche mit Ver­ hältniswahl ihre Gemeindevertretung bestellen, im Sinne der §§ 66 und 68 der G. W. O. vorzu­ gehen. In den übrigen Gemeinden ist jener Ersatzmann als wirkliches Mitglied in den Ausschuß zu berufen, welcher in dem Wahlkörper, in welchem der abgängige Ausschußmann gewählt worden war, die meisten Stimmen erhalten hat. Bei gleicher Stimmenzahl entscheidet das Los. § 25. Ein Mitglied des Vorstandes, ein Ausschuß­ oder Ersatzmann, wird seines Amtes verlustig, wenn ein Umstand eintritt oder bekannt wird, welcher nach der Gemeindewahlordnung ursprüng­ lich dessen Wählbarkeit gehindert hätte. Verfällt ein Mitglied des Vorstandes, ein Ausschuß- oder Ersatzmann in eine Untersuchung wegen einer im § 4 der Gemeindewahlordnung genannten strafbaren Handlung, oder wird über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet, oder das Ausgleichsverfahren eingeleitet, so kann dasselbe, so lange das Strafverfahren ober die Konkursoder Ausgleichsverhandlung dauert, sein Amt nicht ausüben. In allen diesen Fällen ist das betreffende Ausschußmitglied, beziehungsweise der Ersatzmann auch nicht zu den Sitzungen des Gemeindeausschusses einzuladen. 278 V. Session der 9. Periode 1908. Beilage 41. § 39. Der Ausschuß überwacht die Geschäftsführung des Gemeindet) orstaudes und der Verwaltungen der Gemeindeanstalten. Er ist berechtigt, hierzu sowie zur Ueberwachung von Gemeindeunternehmungen unb zur Abgabe von Gutachten und Anträgen in Gemeindeangelegenheiten eigene Kommissionen (Unterausschüsse) zu bestellen. In den im § 12, Absatz 2 bezeichneten Gemeinden sind über Verlangen auch nur eines Ausschußmit­ gliedes die Kommissionsmitglieder auf die ein­ zelnen Parteilisten im Verhältnisse der auf Grund derselben gewählten Ausschußmänuer zu vertei­ len, in welchem Falle bei Vornahme dieser Wah­ len der § 78 G. W. O. Absatz 3, 4 und 5 sinn­ gemäße Anwendung findet. In den Mehrheitswahlgemeinden (§ 32 G. W. O.), in denen die Wahlen in 3 Wahlkörpern durchgeführt werden, ist bei Vornahme der Kommissionswahlen über Verlangen auch nur eines Ausschußmitgliedes in der Weise vorzugehen, daß die aus jedem der 3 Wahlkörper in den Gemeindeausschüß entsendeten Mitglieder eine gleich große Anzahl von Kommissionsmitgliederu für sich in eigenem Wahlgange in die einzelnen Kommissio­ nen wählen. Parteigruppen beziehungsweise Wahlkörper können nur dann die ihnen zustehenden Mit­ glieder eines Unterausschusses selbständig wählen, wenn wenigstens zwei Drittel der der Partei­ gruppe beziehungsweise dem Wahlkörper ange­ hörenden Ausschußmitglieder anwesend sind. Ist die erforderliche Anzahl von Mitgliedern nicht anwesend, so wählt an Stelle der Parteigruppe beziehungsweise des Wahlkörpers der gesamte Aussch!uß. Ergibt sich auf diese Weise eine gerade Zahl der ioj'u§ den Wahlkörpern zu entsendeuden Kom­ missionsmitglieder, so ist in Ergänzung ein wei­ teres Mitglied und bei Kommissionen von 5 Mit­ gliedern in Gemeinden mit 3 Wahlkörpern zwei weitere Mitglieder durch den ganzen Gemeinde­ ausschuß in die Kommission zu wählen. Außerdem kann der Ausschuß in solche Kommissionen auch Sachverständige und Vertrauensmänner außer seiner Mitte berufen. 279 Beilage 41. 41 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. Der Ausschuß ist verpflichtet, öfter im Laufe des Jahres die Gemeindekasse >und die sonstigen in der Verwaltung der Gemeinde befindlichen Kassen untersuchen zu lassen. Ueber jede solche Untersuchung ist ein Protokoll aufzunehmen, in welchem das Ergebnis der Untersuchung darzu­ stellen ist. § 44. Der Gemeindevorsteher oder im Verhinde­ rungsfälle sein Stellvertreter führt den Vorsitz im Ausschusse und jede Sitzung, bei welcher dies nicht beobachtet wird, ist ungültig. Der Vor­ sitzende eröffnet und schließt die Sitzungen, leitet die Verhandlungen und handhabt die Ordnung in der Versammlung. In Handhabung dieser Ordnung steht ihm das Recht z!u, gegen Mitglieder des Gemeindeaus­ schusses, welche den Anstand in grober Weise durch Worte oder Handlungen verletzen, oder welche in gewaltsamer Weise die Verhandlungen bei Beginn oder im Laufe einer Sitzung zu stören oder unmöglich zu machen suchen oder endlich welche in dieser Absicht auf die bei der Sitzung anwesenden Zuhörer einwirken, mit Ermahnung und dem Rufe „zur Ordnung" oder „zur Sache" vorzugehen und ihnen, wenn dieses fruchtlos bleibt, das Wort zu entziehen. Sollte sich das betreffende Ausschußmitglied trotzdem der Ordnung nicht fügen, so ist der Vor­ sitzende berechtigt, mit Ausschluß von höchstens drei aufeinander folgenden Sitzungen des Aus­ schusses vorzugehen. Die verfügte Ausschließung kann jedoch erst dann in Kraft treten, wenn der versammelte Gemeindeausschuß, welcher hierüber ohne Debatte abzustimmen hat, dieser Maßregel unmittelbar nach deren Verhängung zustimmt und der Landes­ ausschuß, an welchen der Vorsitzende sich ohne jeden Aufschub unter Darlegung des Sachverhaltes zu wenden hat, die verfügte Ausschließung genehmigt. Wenn infolge andauernder Ruhestörung eine Beschlußfassung des Gemeindeausschusses nicht möglich sein sollte, so kann auch mangels einer solchen Beschlußfassung die Genehmigung des Landesausschusses zu den Strafverfüg'ungeu des Gemeindevorstehers eingeholt werden. 280 V. Session der 9. Periode 1908. Beilage 41. § 53. Der Gemeindevorsteher, in Gemeinden mit mindestens 2000 Einwohnern, dringliche Fälle ausgenommen, der Gemeindevorstand, bereitet die dem Ausschusse vorbehaltenen Gegenstände zur Beratung in demselben vor. Der Gemeindevorsteher hat die vorn Ausschusse gesetzmäßig gefaßten Beschlüsse in Voll­ zug zn setzen, falls aber die Beschlüsse an eine höhere Genehmigung gebunden sind, vorher diese Genehmigung einzuholen. Glaubt jedoch der Gemeindevorsteher, daß ein gefaßter Beschluß den Wirkungskreis des -Aus­ schusses überschreite, oder gegen die bestehenden Gesetze verstoße, so ist er verpflichtet, mit der Vollzugsetzung eines solchen Beschlusses innezu­ halten und die Entscheidung der Frage, ob- der Beschluß vollzogen werden kann oder nicht, von der politischen Bezirksbehörde einzuholen, welche ihre Entscheidung, wenn sie die Sistierung nicht für begründet erachtet, dem Gemeindevorsteher längstens binnen 8 Tagen bekannt zu geben, falls sie -aber den Beschluß gleichfalls zu beanständen findet, nach § 93 vorzugehen hat. Würde der Beschluß des Gemeindeausschusses der Gemeinde einen wesentlichen Nachteil zu­ fügen, so hat der Gemeindevorsteher ebenfalls mit dessen Vollziehung innezuhalten und denselben binnen 8 Tagen mit seinen Bedenken dem! Lan­ desausschusse vorzulegen, welcher den Beschluß, wenn er die Bedenken für begründet erachtet, außer Kraft zu setzen hat. § 76. Für neue Erwerbungen und Unternehmungen, welche zunächst die Vermehrung der Gemeindeeinkünfte zum Zwecke haben, sowie zur Tilgung und Verzinsung eines behufs solcher Erwerbungen oder Unternehmungen aufzunehmenden Darlehens kann per Ausschluß Steuerzufchläge und überhaupt Gemeindeumlagen nur dann beschließen, wenn wenigstens zwei Dritteile der Wahlberechtigten, welche zugleich mindestens zwei Dritteile aller der Gesamtheit der Wahlberechtigten vorgeschrie­ benen Staatssteuern entrichten, sich dafür erklären. Die Abstimmung geschieht mit Jq und Nein. 281 41 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 9. Periode 1908. Die nichterschienenen Stimmberechtigten |unb die von diesen entrichteten Steuern werden der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beigezählt. Die Ausschreibung der Gemeindeversammlung ist vom Gemeindevorsteher auf die ortsübliche Weise drei Wochen vorher kundzumachen, Dring­ lichkeitsfälle aufgenommen. In diese Ausschrei­ bung ist die Bestimmung des unmittelbar vorher­ gehenden Absatzes ausdrücklich aufzunehmen. Bezüglich der Vertretung der Wahlberechtigten gilt der § 6 der Gemeindewahlordnung. Die vorstehenden Bestimmungen l aben auf die in den §'§ 2 und 3 der Gemeindeordnung bezeichneten Gemeindebeschlüsse sinngemäße An­ wendung zu finden. Artikel II. Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit den Ge­ setzen über die Abänderung der Gemeindewahl­ ordnung, der Landesordnung und der Landtags­ wahlordnung für Vorarlberg und mit dem Tage der Kundmachung in Kraft. ArtikelMI. Mein Minister des Innern ist mit dem Voll­ züge dieses Gesetzes beauftragt. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 282