19080802_ltb00091908_Landesausschussbericht_Skartierungsnormal_für_Landesarchiv

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Letzte Änderung 05.07.2021, 15:35
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp09,ltb0,lt1908,ltb1908
Dokumentdatum 2021-07-04
Erscheinungsdatum 2021-07-04
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9 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 9. Periode 1908. Beilage 9. Bericht des itandesausschusses in Sachen der «Erfassung eines SFartimmgsnormales für das vorarlberger (andesarchiv. Hoher Lanötag! Im § 6 des vom Landesausschusse dem hohen Landtage zur Beschlußfassung vorgelegten Entwurfs einer „Ordnung für das Vorarlberger Landesarchiv in Bregenz" (Beilage 110 und 110 A der stenographischen Protokolle des Vorarlberger Landtags 1906/07) ist für den Fall der Uebernahme von Archivalien eine sofortige Ausscheidung des wertlosen Materials vorgesehen. Unter den, sowohl von den Behörden, als auch den Gemeinden beim Landesarchiv einkommenden Aktenbeständen finden sich zahlreiche für Wisienschaft und Verwaltung wertlose Stücke, so daß zur Entlastung des Archivs die Vornahme einer Aktenvertilgung unbedingt vonnöten fällt. Der Landesarchivar hat nun dem Landesausscbusse mit Zuschrift vom 4. April 1908, Zl. 170 den Entwurf einer Skartierungsordnung vorgelegt. Mit Beschluß vom 25. April hat der Landes­ ausschuß diesen Entwurf dem bestehenden Subkomitee des Landesausschusses zur Vorberatung und Antragstellung überwiesen und wurde er von diesem zur Vorlage an den hohen Landtag empfohlen. Der vorliegende Entwurf lehnt sich an die beim k. k. Statthalterei-Archiv in Innsbruck giltigen Nornien an, bestimmt den Umfang der Ausscheidung im allgemeinen und im besonderen und stellt als obersten Grundsatz das Verlangen auf, alle Akten zu erhalteil, die entweder für die Verwaltung oder für die Wissenschaft von irgend welcher Bedeutung sein können. Auch die Art und Weise, wie die Ausscheidung in den einzelnen Archivkörpern vorzunehmen ist, wird genau bestimmt. Nachdem das Landesarchiv drei Gruppen von Archivalien verwahrt und zwar: a) solche, welche Staatseigentum sind, b) Archivalien der landschaftlichen Verwaltung und c) Archivalien von Gemeinden, Körperschaften und Privaten, so sind in diesen Entwurf Bestimmungen aufgenommen worden, die auf alle drei Archivaliengruppen Anwendung finden können. 47 9 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 9. Periode 1908. Das k. k. Statthalterei-Archiv in Innsbruck, dem der vorliegende Entwurf zur Begutachtung eingesandt wurde, erteilte demselben mit Zuschrift vom 30. März 1908 Nr. 222 die Zustimmung. Der Landesausschuß stellt daher den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: „Dem anliegenden Entwurf „Normen für die Aktenausscheidung im Vorarlberger Landesarchiv" wird die Zustimmung erteilt und haben diese Normen künftig einen inte­ grierenden Bestandteil der gleichzeitig erlassenen „Ordnung für das Vorarlberger Landes­ archiv" zu bilden." Bregenz, am 20. August 1908. Für den Landesausschuß: Adolf Rhomberg, Referent. 48 Drpck von I. N. Teutsch, Bregenz. 9 A der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 9. Periode 1908. Beilage 9 A. Normen für die Aktenausscheidung im Vorarlberger Landesarchiv. I. Umfang der Ausscheidung. 1. Die Aktenausscheidung im Vorarlberger Landesarchive hat sich nur auf die Vertilgung der gänzlich wertlosen, im Archive angesammelten Akten vom Jahre 1784 an, dem Zeitpunkte weittragender Aenderungen in der politischen und Justizverwaltung zu erstrecken. Aus früherer Zeit dürfen nur die von 1728 bis 1782 vorhandenen Zoll-, Weg-, Umgeld- und Kontrabandakten und Rechnungen des ehemaligen Oberamtes Bregenz einer beschränkten Ausscheidung unterzogen werden. 2. Die Ausscheidungen wären demnach in den folgenden Aktenabteilungen vorzunehmen: a) Zoll-, Weg-, Umgeld- und Kontrabandakten und Rechnungen des Oberamtes Bregenz von 1728—1782; b) Akten der Landgerichte Bregenz, Bezau, Dornbirn, Feldkirch, Bludenz und Schruns; (Hiebei sind die Bestimmungen der Verordnung des k. k. Justizministeriums vom 5. Mai 1897, R. G. Bl. Nr. 112 §§ 295—301 zu beobachten); c) Akten der k. k. Finanzbehörden Vorarlbergs 1800—1853; d) Akten, welche vom Vorarlberger Landesausschuß auf Grund des § 6 der Ordnung für das Vorarlberger Landesarchiv zur Verwahrung übergeben werden; e) Akten der Gemeinden. Von der Skartierung sind gänzlich ausgeschlossen: Das vorarlbergische landständische Archiv 1790—1808, das Mehrerauer Archiv, die Klosterarchive von St. Johann, Valduna und St. Viklorsberg, das Blumenegger Landschaftsarchiv, die Standesarchive der Bezirke Bregenzerwald und Montafon, wie auch die seinerzeit vom Vorarlberger Landes-Museums-Verein in die Verwahrung des Landesarchivs übergebenen Archivalien. Die Bestimmung der jeweils zur Ausscheidung gelangenden Abteilung richtet sich nach deren relativem Gesamtwert und bleibt dem Landesarchivar überlassen, der — wenn es sich um die Ausscheidung von staatlichen Archivalien handelt — sich vorerst mit dem k. k. Statthalterei-Archiv in Innsbruck in Verbindung zu setzen und bei den ressortierenden Behörden um die Bewilligung zur Skartierung einzu­ kommen hat. II. Allgemeine Bestimmungen. 1. Als oberster Grundsatz für jede Ausscheidung gilt, daß alle Akten erhalten bleiben müssen, welche entweder für die Zwecke der Verwaltung oder für die Wissenschaft, insbesondere für die Geschichts­ wissenschaft noch von irgend welchem Belang sein können. Es sind daher alle jene Akten, welche historisches, 49 Beilage 9 A. 9 A der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlbergcr Landtages. juristisches, politisches, statistisches, kulturhistorisches oder wirtschaftgeschichtliches Jntereffe bieten, von jeder Ausscheidung ausgeschlossen. Der Landesarchivar wird daher bei allen Ausscheidungen mit Vorsicht und Mäßigung verfahren. 2. Da im Hinblick auf diese Erfordernisse die genaueste Sachkenntnis und die größte Gewissen­ haftigkeit von Seite des Landesarchivars erforderlich ist, hat sich dieser vor Beginn der Arbeit über den Umfang, die Bedeutung und den Wert der zur Durcharbeitung bestimmten Abteilung auf das eingehendste im allgemeinen und im besondern zu informieren. Dieses geschieht hauptsächlich durch verwaltungsgeschichtliche Studien über die betreffende Zeit und über das betreffende Amt oder die Amtsabteilung. Reicht die vorhandene Literatur nicht aus, so sind die vorsindlichen Amtsinstruktionen über Kompetenz und Wirksamkeit der einzelnen Aemter heranzuziehen. 3. Die Reihenfolge der Aktenausscheidung geschieht chronologisch nach den einzelnen Referaten. Der Landesarchivar darf nicht verschiedene Referate eines Jahres nebeneinander skartieren. III. Besondere Bestimmungen. 1. Bon der Vertilgung bleiben überhaupt ausgeschlossen: a) Normalien; b) alle Resolutionen und Erlässe des Monarchen und der Zentralbehörden; c) Steilere Urkunden, Verträge, Entscheidungen u. dgl-, welche sich als selbständige Beilagen bei den Akten etwa vorfinden; d) Schlußverhandlungen und Entscheidungen, von welchen Rechte und Befugnisse abhängen, nebst ihren wichtigeren Vorakten, welche die entscheidenden Stadien der Verhandlung beleuchten; e) Alle Hauptrepertorien, Protokoll-, Verfachbücher und die dazu gehörigen Indizes. 2. Auszuscheiden sind jedenfalls: a) Alle Rebenakten, welche für das Resultat der Verhandlung überhaupt ohne Belang sind, oder für den Gang der Erledigung nur nebensächliche Bedeutung haben, wie Roten, Einbegleitungsakten, Postrezipiffe, Referatsbögen mit bloßen Konzepten von Jndorsaten u. s. w.; b) bloße Bureau- und Kanzleiprotokolle und -Register; c) Akten, welche nur vorübergehenden persönlichen Wert haben, wie Urlaubsgesuche und -Erledigungen, Unterstützungen gewöhnlicher Natur, Vorakteir über politische und richterliche Prüfungen u. s. w.; d) regelmäßige, in kurzen Fristen wiederkehrende Ausweise, tabellarische Uebersichten und Rechnungen, wobei jedoch bezüglich der Jahresausweise und Rechnungen auf die Bedürf­ nisse der Statistik ein besonderes Augenmerk zu richten ist. 3. Gemäß § 6 der Ordnung für das Vorarlberger Landesarchiv sollen von 10 zu 10 Jahren zur Entlastung der Landesregistratur Aktenübergaben an das Landesarchiv stattfinden, wobei das wert­ lose Material sofort auszuscheiden ist. Für diese Aktenausscheidungen gelten folgende Bestimmungen: a) Akten, welche auf die autonome Judikatur und die Gemeindeverwaltung, auf die Ver­ waltung der landschaftlichen Fonde und Stiftungen Bezug haben, dürfen nicht ausge­ schieden werden, ebenso die Protokolle des Landtags und des Landesausschusses; b) ebenso bleiben die unter Punkt III, Absatz 1, dieser Skartierungsnorm genannten Akten von der Ausscheidung ausgeschlossen, sofern sich solche bei Uebernahme von Teilen der landschaftlichen Registratur vorfinden; 50 V. Session der 9. Periode 1908. Beilage 9 A c) auszuscheiden sind jedenfalls die unter Punkt III., Absatz 2, genannten Akten, ferner Akten über vollkommen abgetane Spitalsverpflegsrechnungen und Schulkostenausweise, bloße Begleitschreiben, Empfangsanzeigen, Notizen, erfolglose Anmeldungen zu Stellen, ältere Kassabelege, Gesuche um Drucksorten, Anzeigen über Abfuhr von Strafgeldern u. s. w. 4. Ebenso hat der Landesarchivar jeweilen eine Bereinigung der in die Verwaltung des Landes­ archivs übergebenen Gemeindearchive vorzunehmen, wobei die in den vorstehenden Punkten aufgestellten Grundsätze zu beobachten sind und jeweilen die Bewilligung der betreffenden Gemeindevertretung zur Aus­ scheidung einzuholen ist. In allen übrigen in dieser Instruktion nicht genannten Fällen muß die Entscheidung wesentlich dem taktvollen Verständnisse, der Sachkenntnis und Gewissenhaftigkeit des Landesarchivars überlassen bleiben, der sich in zweifelhaften Fällen an die ressortierende Behörde zu wenden hat. IV. Art und Weise der Aktenausscheidung: 1. Die Ausscheidung erfolgt nach Faszikeln in chronologischer Folge. Jeder Faszikel ist Blatt für Blatt durchzugehen, wobei die zur Ausscheidung geeignet befundenen Aktenstücke in einem Skartverzeichnis zu notieren sind. Dieses Skartverzeichnis enthält als Ueberschrift Jahrgangs- und Referatsbezeichnung und drei Rubriken für die Angabe der Geschäftszahl (nach Faszikel und Referat), des Betreffs (in Schlagworten) und einer Anmerkung, ob der Akt mit oder ohne Beilagen auszuscheiden ist. Dieses Skartverzeichnis, welchem der Landesarchivar zum Beweis der Richtigkeit und der Uebernahme der Verantwortung Namen und Datum beizusetzen hat, wird als erstes Stück in den ein­ schlägigen Faszikel eingelegt. 2. Besteht der auszuscheidende Akt aus mehreren Stücken mit verschiedenen Geschäftszahlen, so werden letztere gleich bei der Stammnummer angemerkt. 3. Wird durch die Ausscheidung die Vereinigung zweier oder mehrerer Faszikel ermöglicht, so ist Hiebei jede Verwirrung sorgfältig zu vermeiden und der Gesamtinhalt von außen ersichtlich zu machen. 4. Ist der Landesarchivar im Zweifel, ob ein Akt auszuscheiden sei oder nicht, so wird derselbe am Schlüsse des Skartverzeichnisses angemerkt und vorläufig im Faszikel belassen. Die fehlenden Akten sind besonders zu notieren und wenn sich noch eine Möglichkeit der Zurück­ forderung ergibt, sogleich zu reklamieren. 5. Die ausgeschiedenen Akten werden vor der endgiltigen Vertilgung mit Hilfe der Skartverzeichnisse von einem Konzeptsbeamten der ressortierende» Behörde beziehungsweise, soweit es sich um die Ausscheidung von Landesakten handelt, vom Landesarchivar mit dem betreffenden Referenten des Landesausschusses gemeinsam revidiert. Ihnen fällt in zweifelhaften Fällen die Entscheidung zu, ob ein Akt auszuscheiden sei oder nicht. Der Landesausschuß verfügt darüber, was mit den ausgeschiedenen Akten zu geschehen hat, sowie über das eventuell sich ergebende Erträgnis. Als Grundsatz für jede Skartierung hat ferner zu gelten, daß die Skartierung nur durch den Landesarchivar, niemals aber durch Kanzleibeamte erfolgen darf. Der Landesarchivar hat für die richtige und fachgemäße Vornahme der Skartierungsarbeit die volle Verantwortung zu tragen. -GHNoaE4, sc' Truck von 3. N. Teutsch, Bregenz. 51