19080000_ltb00431908_Gesetzentwurf_Wahlpflicht_für_Landtagswahlen

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Letzte Änderung 05.07.2021, 15:41
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp09,ltb0,lt1908,ltb1908
Dokumentdatum 2021-07-04
Erscheinungsdatum 2021-07-04
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43 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 9. Periode 1908. Beilage 43. (Scfct) s>cm .... wirksam für das Land Vorarlberg, womit für die in Gemäfiheit der Lnndtagswahlordnung vorzunehmenden Wahlen in den Landtag des Landes Oorarlberg die Wahlpflicht eingeführt wird. Über Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde Ich anzuordnen, wie folgt: § 1. Wer in Gemäszheit der Landtagswahlordnung das aktive Wahlrecht zum Landtage des Landes Vorarlberg besitzt, hat, in so ferne er in einer Ge­ meinde des Landes Vorarlberg seinen ordentlichen Wohnsitz hat, die Pflicht, bei den im Lande Vor­ arlberg stattfindenden Wahlen der Mitglieder des Landtages an den festgesetzten Wahltagen innerhalb der für die Stimmabgabe vorge­ schriebenen Zeit vor der WalMommission zu erscheinen nnd seinen Stimmzettel abzugeben (Wahlpflicht). § 2. Wer sich ohne einen gerechtfertigten Entschuldignngsgrund seiner Wahlpflicht entzieht, wird an Geld mit 1 bis 50 K bestraft. Bei Bemessung der Strafe ist auf die per­ sönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Lage des Wahlberechtigten Rücksicht zu nehmen. Im Wiederholungsfälle ist die Strafe innerhalb des int ersten Absätze festgesetzten Ausmaßes höher zu bemessen. § 3. Als Entschuldigungsgrund, der die Nichtbeteiliguug au der Wahl rechtfertigt, ist insbesouders anzusehen: 327 Beilage 43. 43 der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlbergcr Landtages. 1. wenn ein Wähler durch Krankheit oder Gebrechlichkeit am Erscheinen im Wahllokale ver­ hindert ist; 2. wenn ein Wähler durch Pflichten seines Amtes oder sonst unaufschiebbare Berufspflichten zurückgehalten wird; 3. wenn ein Wähler auf Reisen außerhalb des Landes Vorarlberg tont Wahlorte abwesend ist; 4. wenn ein Wähler durch Krankheit von Familienmitgliedern oder durch sonstige unauf­ schiebbare Familienangelegenheiten zurückgehalten wird; 5. wenn ein Wähler durch Verkehrsstörungen oder sonstige zwingende Umstände abgehalten wird. § 4. Die Ausübung des Strafrechtes steht der poli­ tischen Bezirksbehörde des Wahlortes zu. § 5. Die Gemeindevorsteher (Bürgermeister) haben anläßlich der Vorbereitung der Wahlen (§ 17, L. W. O.) eine dritte Ausfertigung der Wähler­ liste anzulegen, in welche jedoch nur diejenigen Wahlberechtigten aufzunehmen sind, die in einer Gemeinde des Landes Vorarlberg den ordentlichen Wohnsitz haben. In dieser Liste find sämtliche in der Wählerliste torzunehmenden Richtigstellun­ gen durchzuführen, welche sich auf Wahlberech­ tigte beziehen, die in einer Gemeinde des Landes Vorarlberg den ordentlichen Wohnsitz haben. Diese dritte Ausfertigung ist gleichzeitig mit den Wahlakten der Wahlkommission zu über­ mitteln. Bei der Wahl ist in dieser Ausfertigung in der hiefür vorbereiteten Rubrik ersichtlich zu machen, daß der Wähler erschienen ist und seinen Stimmzettel abgegeben hat. Die Nichtzulassung eines Wühlers zur Stim­ menabgabe wegen Mangels der Konstaticrung seiner Identität ist in der Ausfertigung besonders anzumerken. Die dritte Ausfertigung ist ebenso wie die Wahl­ akten zu unterfertigen und an die politische Bezirksbehörde des Wahlortes einzusenden. 328 V. Session der 9. Periode 1908. Beilage 43. § 6. Die politische Bezirksbehörde fertigt auf Grund der int § 5 erwähnten Liste für jeden Wahlberechtigten, welchem die Legitimation zu­ gestellt worden ist und welcher sich an der Wahl nicht beteiligt hat, eine Strafverfügung aus, wenn der Wahlberechtigte die Nichtausübung seines Wahlrechtes nicht spätestens innerhalb der Fall­ srist von acht Tagen nach dem Wahltage bei der zuständigen politischen Bezirksbehörde mündlich oder schriftlich entschuldigt und erforderlichenfalls durch Beibringung von Belegen oder in sonst glaubwürdiger Weise das Vorhandensein eines gesetzlichen Entschuldigungsgrundes ausreichend dargetan hat. § 7. Dem durch die Strafverfügung Betroffenen steht es frei, wenn er sich durch die Strafver­ fügung beschwert erachtet, innerhalb einer acht­ tägigen Frist, von der Zustellung der Verfügung an gerechnet, seinen Einspruch! dagegen bei der politischen Bezirksbehörde, welche die Verfügung ausgefertigt hat, mündlich oder schriftlich anzu­ melden. Durch den rechtzeitig erhobenen Einspruch wird die Strafverfügung sistiert. Wenn der Be­ troffene bei seinem Einsprüche die Nichtausübung seines Wahlrechtes durch Belege oder auf andere glaubwürdige Art ausreichend gerechtfertigt hat, ist das weitere Verfahren gegen denselben ein­ zustellen. Andernfalls ist gegen denjenigen, der einen Einspruch gegen die Strafverfügung recht­ zeitig erhoben hat, wegen der ihm zur Last ge­ legten Uebertvetung dieses Gesetzes das Strafver­ fahren nach den allgemeinen Vorfchjriften für das Verfahren in den zur Amtshandlung der politi­ schen Behörden gehörigen Uebertretungsfüllen durchzuführen. Hiebei darf jedoch über die in der Strafverfügung verhängte Strafe nicht hinaus­ gegangen werden. Wenn der durch die Strafverfügung Be­ troffene den Einspruch gegen die Strafverfügung nicht rechtzeitig bei der politischen Bezirksbehörde anmeldet, so findet gegen die Strafverfügung kein anderes Rechtsmittel statt und erwächst dieselbe in Rechtskraft. 329 43 der Beilagen zu den stcnogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. V. Session der 9. Periode 1908. § 8. Die Geldstrafen werden im Wege der politischen Exekution eingebracht. Eine Um­ wandlung der Geldstrafen in Arreststrafen findet nicht statt. Die Geldstrafen fließen in den Armenfond des Wahlortes. § 9. Die Bestimmungen der §§ 1 bis 4, 7 und 8 dieses Gesetzes sind in die Wahlausschreibung aufzunehmen und überdies durch 8 Tage vor der Wahl mittels öffentlichen Anschlages in allen Gemeinden jener Wahlbezirke, in welchen die Wahlen stattzufinden haben, zu verlautbaren; diese Bestimmungen sind auch auf der Rückseite der den Wahlberechtigten auszufertigenden Legitimationskarten anzuführen. § io. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Kundniachung in Wirksamkeit. § 11. Mein Minister des Innern ist mit dem Vollzüge dieses Gesetzes beauftragt. Drurf dov I, N. Teutlch in Brcaenz. 330