19080326_ltb01101906_Landesausschussbericht_Erlassung_Landesarchivordnung

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Letzte Änderung 05.07.2021, 16:21
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp09,ltb0,lt1906,ltb1906
Dokumentdatum 2021-07-04
Erscheinungsdatum 2021-07-04
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HO der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. IV. Session der 9. Periode 1906/7, Beilage 110. Bericht des Landesausschusses in Sachen der Erlassung einer „Ordnung für das vorarlberger Landesarchiv." Hoher Lanötag! Als im Jahre 1898 das Vorarlberger Landesarchiv begründet wurde, geschah dies mit der bewußten Absicht, ein Zentralarchiv des Landes zu schaffen, das nach und nach alle vorarlbergischen Archivalien vereiirigen sollte. Wie der hohe Landtag aus den vom Landesarchive erstatteten Tätigkeits­ berichten zu ersehen Gelegenheit hatte, war dasselbe stets erfolgreich auf Vermehrung seiner Bestände bedacht. Insbesondere gibt der Bericht pro 1905—1907 ein anschauliches Bild über den derzeitigen Bestand und die Tätigkeit des Landesarchivs. Der Landesausschuß hat, um eine raschere Aufarbeitung des vorhandenen Materiales zu ermöglichen, mit Sitzungsbeschluß vom 4. März 1908, nach befriedigender Kenntnisnahme des vorgelegten Berichtes (Beilage 105), den Beschluß gefaßt, den Landesarchivar der bisherigen Kanzleiarbeiten in der Landesausschuß-Kanzlei zu entheben und demselben die volle Zeit zur Versehung des Archivdienstes zu Mafien. Hiezu bewog den Landesausschuß auch der Umstand, daß das Archiv stets mehr und mehr in Anspruch genommen wird und (worauf schon in der Beilage 55 der stenogr. Protokolle 1902 hinge­ wiesen wurde) infolge der Reichhaltigkeit seiner Bestände eine volle Arbeitskraft erheischt. Der Landesarchivar hat nun mit Zuschrift vom 18. Februar 1908, Z. 97, den Entwurf einer Archivordnung vorgelegt, die von den Fachbehörden (k. k. Statthalterei-Archiv in Innsbruck, Note vom 14. Februar 1908, Nr. 103 und k. k. Zentral-Kommissioit für Kunst unb historische Denk­ male in Wien, III. Sektion, Note vom 20. Februar 1908, Zl. 346) zustimmend begutachtet worden ist. Von Seite des Landesarchivars wird darauf verwiesen, daß alle organisierten österreichischen Landesarchive ein Statut besitzen und daß einzig das Vorarlberger Landesarchiv bisher ohne ein solches sei. Was den vorliegenden Entwurf anbelangt, so ist derselbe den Ordnungen des Tiroler, steiermärkischen und oberösterreichischen Landesarchivs nachgebildet und den Verhältnissen unseres Landesarchivs angepaßt. Er lehnt sich an die Ordnung des k. k. Statthalterei-Archivs in Innsbruck an, welche ihrerseits wieder im wesentlichen auf der von der kompetentesten Seite, dem k. k. Archivrat erlassenen Ordnung beruht. Sowohl das k. k. Statthalterei-Archiv in Innsbruck als auch die k. k. Zentralkommission für Kunst und historische Denkmale in Wien bezeichnen die Erlassung eines Statuts für das Landesarchiv als wünschenswert. 643 HO der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. IV. Session der 9. Periode 1906/7. Der Landesausschuß, dem dieser Entwurf zur Antragstellung vorgelegt worden ist, findet denselben entsprechend, den Verhältnissen des Vorarlberger Landesarchivs angepaßt und kann es nur begrüßen, wenn für die Wirksamkeit und Tätigkeit des Landesarchivs eine bestimmte Norm erlassen wird. Aus diesen Gründen stellt der Landesausschuß den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: „Dem anliegenden Entwurf einer „Ordnung für das Vorarlberger Landesarchiv in Bregen;" wird die Zustimmung erteilt und hat dieses Statut forthin als bindende Norm für die Wirksamkeit des Landesarchivs zu gelten." Bregenz, am 26. März 1908. Der Landesausschuß. Jlbosf Uhomöerg, Referent. Druck von I. N. Teutsch, Bregen). 644 110 A der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. IV. Session der 9. Periode 1906/7. »dinge 110 A. Ordnung für das Vorarlberger (andesarchiv in Bregenz. Dienstliche Stellung. § 1. Das Vorarlberger Landesarchiv untersteht in dienstlicher Beziehung unmittelbar dem Vorarlberger Landesausschusse. Ein Mitglied desselben führt das Archivrefrrat. Beamtenstand. i : § 2. Der jeweilige Leiter des Landesarchivs führt den Titel „Landesarchivar". Ihm steht die unmittelbare Leitung und Aufsicht über das Archiv zu. Er hat die Ge­ schäfte nach den Weisungen der Archivordnung zu besorgen, erteilt die Bewilligung zum Be­ suche des Archivs und zur Benützung der Archivalien. Der Landesarchivar vollzieht die Vidimierungen der Kopiaturen, fertigt und unterfertigt die Ausläufe, leitet die Tauschverhandlungen und bestimmt die allfällig zu unternehmenden kleineren Archivbereisungen (letzteres im Ein­ vernehmen mit dem Landeshauptmann bezw. Referenten). Er hat ferner die Redaktion und Herausgabe aller vom Vorarlberger Landes­ archive als solchem zu veröffentlichenden Werke zu besorgen. Der Landesarchivar ist für die gehörige Versehung des Archivdienstes dem Landcsausschusse verantwortlich. 645 Beilage HO A. HO A. der Beilagen zu den ftenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. § 3. Nur insoweit es die Archivgeschäfte gestatten, ist es dem Landesarchivar erlaubt, die Bestände des Archivs während' der Amtsstunden für seine wissenschaftlichen Arbeiten auszunützen. In der Regel dürfen hiefür nur die dem Landesarchivar zur. freien Verfügung stehenden Nachmittag­ stunden und die Ferialtage benützt werden. Das Mitnehmen von Archivalien aus dem. Archive in die Privatwohnung ist untersagt. Bestimmung. § 4Das Vorarlberger Landesarchiv hat in erster Linie den Bedürfnissen der Landesbehörden zu dienen und in zweiter den Anforderungen der Wissenschaft, insbesondere der Geschichts- und Rechtswissenschaft Rechnung zu tragen. Es hat daher den Anfragen und Nachforschungen staat­ licher, kirchlicher und anderer Behörden, sowie den Privatzwecken von Körperschaften, Familien und einzelnen nach Möglichkeit gerecht zu werden. Umfang. § 5. Die Bestände des Landesarchivs umfassen alle im Besitze oder in der Verwahrung der landschaftlichen Verwaltung befindlichen, der archivalischen Aufbewahrung wert erachteten Urkunden, Akten und Handschriften bis zum 17. März 1849, dem Zeitpunkte der Erlassung des provisorischen Gemeindegesetzes. § 6. Zur Entlastung der Laudesregistratur haben von 10 zu 10 Jahren weitere Aktenübergaben an das Archiv stattzufinden, wobei das wertlose Material sogleich auszuscheiden ist. (Siehe Scartierungsordnung.) Ordnung. Die Grundbedingung für eine gedeihliche Er­ füllung der gestellten Aufgaben ist eine übcr646 . Session der 9. Periode 1906/7. Beilage HO A. sichtliche Ordnung der Archivalien. Diese hat sich zu erstrecken aus eine möglichst rationell« räumliche Unterbringung und Aufstellung, auf eine fachgemäße, die historische Entwicklung be­ rücksichtigende Einteilung und innere Ordnung der Bestände, wie auch auf die Herstellung von Verzeichnissen und Repertorien für die einzelnen Abteilungen- auf deren Grundlage im Laufe der Zeit eilt Gesamtrepertorium ermöglicht wird. Die Repertorien sollen womöglich in Druck gelegt werden. Es hat demnach die Durchführung der Reper­ torien und der übrigen Ordnungsarbeiten als die erste und wichtigste Obliegenheit des Landes­ archivars zu gelten. § 8. Eigentliche Archivsgegenstände sind: a) Urkunden; b) Akten; c) Handschriften im besonderen Hinne. § 9. Sämtliche Urkunden des Archivs bilden, mit Ausnahme der ständischen Privilegien des landschaftlichen Archivs und jener Stücke, die wegen ihres Formates der allgemeinen Reihe nicht zugeteilt werden können und ein« eigene Reihe, die sogenannte Diplomcnreihe, ausntachen, einen Körper. Ihre Ordnung in dem­ selben ist die rein chronologische. Originale, Abschriften und Auszüge der Urkunden sind in Ordnung, Verwahrung und Bearbeitung gleich­ mäßig zu behandeln. Sie haben außen die Archivsnummer und das Datum zu tragen und sind in Kuverts von bestimmter Größe einzu­ legen, welche nebst den gleichen Signaturen außen noch die Bemerkung zu zeigen haben, wie viele Originale oder Kopien, oder beides zusammen von einer einzelnen Urkunde darin enthalten sind. § io. Aus sämtlichen Urkunden sind Repertorien herzustellen, und zwar die Regesten, welche den Ueberblick des Besitzstandes an Urkunden darzu­ legen, und die Register, welche die ausgedehnteste wissenschaftliche Benützbarkeit zu vermitteln haben. 647 Beilage HO A. 110 A. der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. § 11. Ueber jede im Archive befindliche Urkunde ist ein Regest zu verfassen. Dieses hat zu ent­ halten : a) die Archivsnummer; b) Jahr, Tag und Ort der Ausstellung; c) die Angabe des wesentlichen Inhalts; d) die notwendigen Bemerkungen über Zahl, Natur, Stoff, äußeren Zustand und Siegel und e) kurze Bemerkungen über den Fundort der Originale von nur in Kopien vorhandenen Dokumenten, über die Abdrücke derselben u. dgl. § 12. Die Register zerfallen in Personen-, Orts­ und Sachregister, sind in alphabetischer Ordnung anzulegen und ist auf jedein ihrer Zettel nebst der Archivnummer auch das Jahr der be­ treffenden Urkunde anzumerken. Diese Register sind zunächst in losen Zetteln zu führen, schließlich aber in gebundene Bücher zu übertragen. Bei ihrer Anfertigung ist nach Perioden vorzugehen und keine folgende früher zu beginnen, bevor die vorangehende nicht voll­ ständig durchgearbeitet ist. § 13. Die über die Akten anzulegenden Repertorien sind nach Schlagworten der Materien zu bearbeiten und zwar find die Regesten nur von Heften (und nicht aus den einzelnen Aktenstücken) einer und derselben Verhandlung, die Register aber wieder nur aus den Schlagworten der Regesten herzustellen. § 14. Archive von Städten, Märkten, Gemeinden oder Familien, welche dem Landesarchive ins Eigentum oder zur dauernden Aufbewahrung übergeben werden, bereits angeordnet und mit besonderen Repertorien versehen sind, sind in dieser Ordnung unbedingt zu belassen, als selb­ ständige Einheiten aufzustellen und zu repertorisieren. Ueberhaupt sind neu einkommende Archive bis zu ihrer Aufteilung nach Materien in der alten Ordnung zu belassen. 648 IV. Session der 9. Periode 1906/7. Beilage § y . HO A. 15- Unter den Handschriften des Landes­ archivs sind alle jene Schriftstücke zu ver­ stehen, welche ohne Rücksicht auf ihren Inhalt in buchmäßiger Form vorliegen. Die Hand­ schriften sind zu soliieren und mit einer fort­ laufenden Nummer zu versehen. Ihre Be­ schreibung hat vorerst in losen Blättern geführt zu werden und zu enthalten: a) die Nummer der Handschrift; b). den Namen des Verfassers, wenn er bekannt -oder zu eruieren ist; c) den Titel der Handschrift, oder wenn die­ selbe mehrere Stücke enthält, die Titel dieser nach der Folge; d) das Jahr oder wenigstens die annäherungs­ weise Zeit der Abfassung und, wenn die .Handschrift Kopie ist, Jahr oder Zeit der Abschrift; a) die Angaben über Format, Blatt- oder Seitenzahl, Einband und Zustand, mit Be­ merkungen über etwaige künstlerische Aus­ stattung, besondere Merkmale und Zugaben an Bildern, Karten u. dgl. § 16. Diese Beschreibungszettel bilden den Katalog der Handschriften. Aus ihnen hat nach ihren hauptsächlichsten Schlagworten das Register an­ gefertigt zu werden und zwar: 1. nach den einzelnen Materien der Hand­ schriften ; 2. nach den darin behandelten Familien und Personen; 3. in gleicher Weise nach den Orten und 4. nach den Verfassern, wenn deren Namen bekannt oder doch zu eruieren sind. Nachschübe der Handschriften haben sich an die letzte der laufenden Nummern anzuschließen und sind vor der Einstellung nach den obigen Grundsätzen zu behandeln. Vermehrung. § 17. Neben diesen Verbesserungen der eigenen Be­ stände erfordert die Bestimmung des Landes­ archivs (§ 4), nach Möglichkeit auf die stete 649 Beilage HO A. HO A der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. Vermehrung desselben durch Einverleibung aller auf die Landesgeschichte Bezug habender Archivalieu bedacht zu sein. Es ist daher ein be­ sonderes Augenmerk auf die allmähliche Ein­ verleibung aller in den Registraturen der dem Lande untergeordneten Behörden und Aemter erliegenden Archivalien zu richten. Daneben soll die Ueberlassung und Erwerbung etwa frei werdender Archivalien der staatlichen Behörden z. B. der Justiz- und Finanzbehörden ange­ strebt werden. Die Erwerbung bort staatlichen Archiven oder Archivalien hat jederzeit int Einvernehmen mit dem zuständigen staatlichen Archive zu erfolgen. § 18. Ein besonderes Augenmerk soll auf die Er­ werbung der am meisten gefährdeten Gemeinde­ archive gerichtet und die Gemeinden, Körper­ schaften und Private aufgemuntert werden, ihre historisch wertvollen, für die laufenden Ge­ schäfte nicht mehr benötigten Archivalien dem Landesarchive wenigstens als Depositum unter Wahrung des Eigentumsrechtes zu übergeben, woselbst sie auf die im § 14 bestimmte Art und Weise zur Aufstellung gelangen sollen. Die Archivalien bleiben Eigentum der Hebergeber und sind ihnen im Bedarfsfälle im Original auszufolgen. Ueber alle von Gemeinden, Körperschaften oder Privaten abgelieferten Urkunden und Aktenstücke werden genaue Regesten angefertigt. Je eilt vollständiges Exemplar wird dem Uebergeber bezw. Eigentümer kostenlos zur Verfügung gestellt. Tritt die Gefahr der Vernichtung oder Ver­ schleppung auf die Geschichte des Landes be­ züglicher Akten und Urkunden ein, soll das Landesarchiv diese oder auch sonst angebotene Archivalien eventuell käufsweise oder wenigstens abschriftlich zu erwerben suchen. In geeigneten Fällen kann auch ein passender Austausch mit anderen Archiven, Bibliotheken oder Instituten angebahnt werden. Verwaltung. § 19Das Landesarchiv ist für die Benützung an allen Wochentagen von 8—12 Uhr geöffnet. Au 650 % IV. Session der 9. Periode 1906/7. Beilage HO A. Sonn« und Feiertagen, wie auch zurzeit der Reini­ gung ist das Archiv geschlossen. In besonders dringenden Fällen, namentlich für auswärtige Benutzer, bleibt es dem Landesarchivar freige­ stellt, eine ausnahmsweise Benützung des Archivs außer der Amtszeit zu gestatten. § 20, Das Arbeiten bei Lampen- oder Kerzenlicht, sowie das Betreten der Kanzlei- und Archivsräume mit Licht oder brennender Zigarre ist strengstens verboten. . Sämtliche Archivräume sind mindestens zwei­ mal im Jahre gründlich zu reinigen und stets genügend zu lüften. Auch ist für eine periodische Reinigung der vorhandenen Archivalien Sorge zu tragen. Benützung. § 21. ' S Archivalien sönnen zum amtlichen Gebrauche vom Landes-Ausschusfe, von den Landes-, staat­ lichen und kirchlichen Behörden entlehnt werden, wobei die Punkte b und c des § 30 sinngemäße Anwendung zu finden haben. Die Entlehnung findet nur gegen vollständig ausgefüllte Emp­ fangsbestätigung statt, in welcher die ausgehobeiteit Stücke durch genaue Angaben über Inhalt, Zeit, Signatur und Anzahl zu vermerken sind. Die Empfangsbestätigung muß mit der Unterschrift des Benutzers, dem Visum des betreffen­ den Amtes oder Abteilungsvorstandes versehen sein und die Geschäftszahl des Aktes, zu ivelchem die Aushebung erfolgt, enthalten. Die ausgehaltenen Akten sind vor der Hinaus­ gabe genau abzuzählen, Blatt für Blatt mit der Archivs-StaMpiglie zu versehen und int Auslei hbu ehe zu verzeichnen. Die Entlehnung ist auf dem Einlagebogen des betreffenden Faszikels oder mit Standorte ersichtlich zu machen. § 22. Die amtlich ausgehaltenen Akten sind sogleich nach gemachtem Gebrauche, längstens aber nach einem halben Jahre zurückzustellen; nur in be­ sonderen Fällen und mit Zustimmung des Lan­ deshauptmannes bczw. des Referenten darf die 651 Beilage HO A. 110 A der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. Empfangsbestätigung ohne Rückstellung der Akten erneuert werden. Die zurückgestellten Archivalien sind vor der Ansfolgung der Empfangsbestätigung genau zu überprüfen und sofort zu reponieren; gleichzeitig sind die Vormerkungen auf dem Standorte und im Ausleihbuche zu löschen. Ueber etwaige Ab­ gänge oder größere Mängel ist sogleich an die vorgesetzte Behörde zu berichten. § 23. Zur Besorgung von Abschriften oder Auszügen aus Archivalien für Behörden kann das Landesarchiv nur ausnahmsweise und nur vow der vorgesetzten Behörde verpflichtet werden. Bei der Ausfertigung von abverlangten amtlichen Gutachten und Aeußerungen, wie auch bei der Erledigung wissenschaftlicher und privater An­ fragen sind die benützten Archivalien aus dem Konzepte genau zu vermerken. § 24. Mit Ausnahme der Landes-, Staats- und Kirchenbehörden sind alle Archivbenützcr als Privatpersonen zu betrachten. I § 25. Wer das Archiv in irgend einer Weise zu benützen wünscht, hat sich unter genauer Angabe des Zweckes an den Landesarchivar zu wenden, sich entsprechend zu legitimieren und den vor­ gelegten Benützungsbogen ordnungsgemäß aus­ zufüllen. In der Regel erteilt der Landesarchivar die Erlaubnis zur Benützung; in besonders wich­ tigen Fällen, oder wenn der Landesarchivar die Verantwortung nicht übernehmen will, ist ein schriftliches Gesuch an das Landesarchiv zu richten, das von diesem mit einem Gutachten zur Entscheidung an den Landesausschuß ge­ leitet wird. § 26. Die zur Benützung ausgehobenen Archivalien sind vor der Ansfolgung durchzusehen und in das Benützungsprotokoll einzutragen. Es bleibt dem Landesarchivar überlassen, die Menge des jeweilig vorzulegenden Materials zu bestimmen. 652 Beilage IV. Session der 9. Periode 1906/7. HO A. § 27. Die Einsicht in die Buchrepertorien, wie in die Zettelrepertorien findet in der Regel nicht statt, bleibt aber dem Ermessen des Landesarchi­ vars anheimgestellt. § 28. Die Benützung der Archivalien findet in den Arbeitsräumen des Archivs unter Aufsicht statt. Die Mitnahme von Archivalien in die Privatwohnung der Benutzer ist untersagt. Der Benützer darf vertrauenswürdige Perso­ nen als Kopisten verwenden. § 29. Nach erfolgtet Benützung sind die Archivalien inbezug auf Vollständigkeit, Unversehrtheit und Ordnung zu prüfen und nach richtigem Befunde so­ gleich zu reponieren. Es ist strenge darauf zu achten, daß Beschädigungen und unachtsame Be­ handlung der Archivalien, wie Anbringen von Zeichen und Notizen vermieden werden. § 30. Eine Versendung von Archivalien findet bei Erfüllung folgender Bedingungen statt: a) Der Benützer muß die einzelnen Archivalien genau bezeichnen können; b) Der Zustand der gewünschten Archivalien muß derartig sein, daß Beschädigungen durch die Versendung nicht zu befürchten sind; c) Die Versendung erfolgt nur an Archive, Bibliotheken, wissenschaftliche Anstalten und andere Amtsstellen, die für feuersichere Auf­ bewahrung, alleinige Benutzung des Antrag­ stellers (nur in den Diensträumen), sowie pünktliche Rücksendung in der bestimmten Frist im voraus einstehen. An Privatpersonen werden Urkunden oder Akten nicht ausgefolgt ; d) Die Versendung geschieht in der Regel nur auf die Dauer von acht Wochen. Auf einen speziellen, einmaligen Antrag des Entleihers oder der die Archivalien aufbewahrenden Be­ hörde hin kann diese Frist um weitere sechs Wochen verlängert werden; e) Alle Sendungen hin und her haben unter Wertdeklaration zu gehen, wobei die ent653 Beilage HO A. 110 A der Beilagen zu den stenogr. Berichten des Vorarlberger Landtages. stehenden Unkosten (Porto, Versicherungs­ gebühr u. dgl.) dem Benützer zur Last fallen. § 31. Anfragen auswärtiger Persönlichkeiten hat das Landesarchiv nur insoweit zu beantworten, daß der Fragesteller im allgemeinen über die für seine Zwecke vorhandenen Archivalien unterrichtet wird. Abschriften oder Auszüge darf das Archiv an Pri­ vate nur ohne Beeinträchtigung der laufenden Ge­ schäfte und archivalischen Arbeiten liefern. Hiefür wie für Recherchen rein privater Natur sind mäßige, nach den paläographischen Schwierigkeiten zu bemessende Gebühren zu entrichten. § 32. Für die Ausstellung beglaubigter Abschriften ist neben den Gebühren für Abschrift und Vidimierung die gesetzliche Stempeltaxe zu entrichten. § 33. Behufs Herstellung von Photogrammen, die in den Archivräumen nicht ausgeführt werden kön­ nen, kann der Landesarchivar gestatten, daß die betreffenden Archivalien unter Aufsicht an einen geeigneten Ort gebracht werden. Doch muß die Rückstellung der Archivalien noch an demselben Tage erfolgen. § 34. Das Landesarchiv erwartet von seinen Benützern, daß von jeder mit Benützung seiner Be­ stände veröffentlichten Druckschrift ein Exemplar der Vorarlberger Landesbibliothek gewidmet werde. § 35. Direkt an das Landesarchiv gerichtete Ein­ gaben, sowie Zuschriften rein wissenschaftlichen Charakters erledigt dieses selbständig. Glaubt der Landesarchivar die Verantwortung nicht überneh­ men zu können oder zu sollen, so legt er den be­ treffenden Akt samt seiner gutachtlichen Aeußerung dem Landesausschusse vor. Geschäftsführung. § 36. Ueber die gesamten Agenden des Landes­ archivs sind folgende regelmäßige Aufzeichnungen zu führen: 654 IV. Session der 9. Periode 1906/7. Beilage HO A. a) Ein Tagebuch (Gestionsprotokoll) über den Ein- und Auslauf. Der Einkauf und die Konzepte des Auslaufes bilden die Archivregistratur. b) Ein Benützungsprotokoll über die für ämtliche, wissenschaftliche und private Benützung ausgehobencn Archivalien. c) Ein Protokoll über sämtliche entlehnten und versendeten Archivalien. d) Ein Zuwachs - Verzeichnis über Neu­ erwerbungen. e) Ein Journal über Einnahmen und Aus­ gaben. § 37. Im Monat Jänner jeden Jahres hat der Lan­ desarchivar einen eingehenden Bericht über die Tä­ tigkeit des Archivs im vergangenen Jahre an den Landesausschuß zu erstatten. Dieser Bericht hat eine statistische Uebersicht über die Benützung des Archivs, über die Aus­ künfte, Ausfertigungen, Entlehnungen (nach und von auswärts), über die im Laufe des Amtsjah­ res durchgeführten Ordnungsarbeiten, die unter Benützung des Vorarlberger Landesarchivs veröf­ fentlichten wissenschaftlichen Arbeiten und über die Erwerbungen in den einzelnen Gruppen des Landesarchivs zu enthalten. Diesem Berichte ist das Programm für die zunächst durchzuführenden Arbeiten mit Angabe der allfälligen Bedürfnisse und Wünsche beizu­ fügen. § 38. Diese Archiv-Ordnung tritt sofort in Kraft. Ein für die Benützer und Besucher des Archivs be­ stimmter Auszug aus derselben ist in den Ar­ beitsräumen ersichtlich zu machen. B r e g e n z, am . . . . 1908. Für den Vorarlberger Landesausschuß: Der Landeshauptmann: Druck von 3. N. Teutsch. Bregenz. 655