19021227_ltb00101903_Volkswirtschaftsausschussbericht_SelbständigerAntrag_Rheinkorrektionsdurchführung

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Letzte Änderung 05.07.2021, 17:33
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp09,ltb0,lt1902,ltb1902
Dokumentdatum 2021-07-04
Erscheinungsdatum 2021-07-04
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Inhalt des Dokuments

X. der Beklagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903 i'eilage X. Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über den Antrag der Abgeordneten Martin Tburnher und Genossen betreffend die baldige Durchführung der Rheinkorrektion. Hoßer Lgnöiag! Der ant 30. Dezember 1892 zwischen Österreich und der Schweiz abgeschlossene Vertrag betreffend die Rheinkorrektion bezweckt die Sicherung der beiderseitigen Gebiete vor Überschwemmungen sowie die Ermöglichung der Durchführung einer rationellen Binnengewässer-Korrektion sowohl im öster­ reichischen als im schweizerischen Rheintal. Der untere Rheindurchstich ist seit 2hs Jahren in sehr befriedigender, ja musterhafter Weise fertiggestellt und die Binnengewässer-Korrektion auf schweizerischer Seite beinahe vollständig durchgeführt, während die Korrektion der Binnengewässer auf österreichischent Gebiete seit Jahren ins Stocken geriet und die unterbrochenen Arbeiten erst wieder in allerjüngster Zeit auf Grund des endlich definitiv ange­ nommenen Projektes betreffend den Ausbau und die Regulierung des Koblacher Kanals und der in dieser Angelegenheit zwischen Staat und Land getroffenen Vereinbarung aufgenommen werden konnten. Die Vollendung des untern Rheindurchstiches hat die Bevölkerung des dies- und jenseitigen Rheintales mit großer Freude erfüllt und dieselbe hat hieran mit Befriedigung die Hoffnung geknüpft, daß nunmehr der vollständigen Durchführung des großen Werkes keinerlei Hindernisse mehr in den Weg treten werben. Im September 1901 wurden indessen die Bewohner des österceichischeir Rheintals in große Bestürzung und Aufregung versetzt, indem schweizerische Blätter die Nachricht verbreiteten, die Schweiz trachte dahin zu wirken, daß von der Durchführung des obern Durchstiches abgesehen werde. Der Landes-Ausschuß suchte sich ungesäumt Klarheit über die Angelegenheit zu verschaffen und erhielt auch voilseite Sr. Erzellenz des Herrn Ministerpräsidenten die beruhigende Mitteilung, es sei einerseits 37 Beilage X. X. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages vonseite der schweizerischen Regierung keinerlei Anregung bezüglich Richtausführung des obern Rheindurchstiches erfolgt, andererseits werde die Regierung mit allem Nachdrucke für die genaue Einhaltung und Durchführung des internationalen Vertrages einstehen. Seitdem ist wieder ein volles Jahr verflossen. Abgesehen von der Grundeinlösung und einer vorgenommenen Probeanschüttung sind auch jetzt noch die Arbeiten am obern Durchstich nicht in Angriff genommen worden, obwohl es an den nötigen Mitteln hiezu nicht gefehlt hätte. Der vollständige Still­ stand der Arbeiten erfüllte die Bewohner des österreichischen Rheingebietes neuerdings mit Mißtrauen, mit Furcht und Sorge. Die Furcht und das Mißtrauen wurden durch den Umstand gesteigert, daß Beschlüsse der internationalen Rheinregulierungs-Kommission, die sich auf durchzuführende Arbeiten am obern Durchstich bezogen, vonseite der schweizerischen Rheinbauleitung nicht ausgeführt wurden. Die Vertreter der Rheingemeinden haben bereits anläßlich der Ende September t>. I. statt gefundenen wasserrechtlichen Verhandlung über den Bau des Koblacher Kanals, dann Mitte Oktober in einer an das Ministerium des Innern gerichteten, durch den Abgeordneten der Landgemeinden des Be­ zirkes Feldkirch überreichten Petition der dringenden Bitte Ausdruck gegebeit, daß die Regierung alles aufbieten möge, um endlich die Inangriffnahme und Durchführung der Arbeiten ani obern Durchstiche herbeizuführen. Es kann nach den an verläßlichster Stelle Angehobenen Erkundigungen zwar auch jetzt neuerlich konstatiert worden, daß vonseite der Schweiz keinerlei Anregungen bezüglich Richtausführung des obern Durchstiches gemacht worden sind. Wohl aber hat die Schweiz Bedenken über die projektierte Art und Weise der Durchführung des obern Durchstiches zum Ausdruck gebracht. Sie hegt Zweifel, ob bei Ausführung des dem Vortrage vom Jahr 1899 zu Grunde liegenden Projektes angesichts der äußerst schwierigen Terrainverhältnisse genügende Sicherheit für das schweizerische Rheintal zu erzielen sei und will eine Überprüfung des Projekts durch auswärtige Sachverständige. Gegen die voraussichtlich sehr bedeutende Erhöhung des Kostenvoranschlages erhebt die Schweiz indessen keine Einwendung. Während aber durch die von der Schweiz erhobenen Bedenken gegen die Ausführung des dem abgeschlossenen Vertrage zu Grunde liegenden Projektes und die Forderung neuer Erhebungen und Verhandlungen die Durchführung des obern Durchstiches unter großer Schädigung der österreichischen Jntereffen in bedenklicher Weise hinausgeschoben wird, suchen die Schweizer auch anderweitig ihre separaten Interessen ohne Rücksicht auf die unsern, ja im offenen Gegensatze zu den letzter, , zur Geltung zu bringen, was offenbar im Widersprüche mit dem internationalen Vertrage steht, da dieser, rote an hervorragender Stelle in demselben ausdrücklich betont wird, zuni Schutze und zur Sicherung der beiderseitigen Gebiete abgeschlossen wurde. In dieser Beziehung sei hier nur die kürzlich gestellte Forderung der Schweiz nach Abschließung des alten Rheinbettes erwähnt; bei Eingehung auf diese Forderung könnte das alte Rheinbett auch beim größten Hochwasser auch nicht einmal einen geringen Teil des Wassers aufnehmen. So lange die Verhältniffe und Zustände am neuen Rheinausflusse nicht vollständig konsolidiert sind und so lange der obere Rheindurchstich nicht erstellt ist, ist die Offenlassung des alten Rheinbettes zum Schutze des österreichischen Gebietes unbedingt notwendig und würde die vorzeitige Schließung dieses Bettes, weil die diesseitigen Interessen eminent schädigend, offenbar gegen Sinn und Geist des Vertrages verstoßen. Angesichts der bestehenden und geschilderten Verhältnisse erscheint es dringend geboten, daß von­ seite der k. k. Regierung der Frage der vertragstnäßigen Durchführung der Rheinkorrektion und ins­ besondere der raschen Inangriffnahme der Arbeiten am oberen Durchstich eine erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet und alles aufgeboten werde, die österreichischen Interessen Hiebei auf das nachdrücklichste zu wahren und zu schützen. In dieser Richtung gibt es int Lande Vorarlberg nicht die geringste Meinungsverschiedenheit; die ganze Bevölkerung tritt diesbezüglich solidarisch für die Bewohner des Rheintals ein und erhebt 38 1. Session der 9. Periode 1903. Beilage X. immer und immer wieder die Forderung nach rascher, vertragsmäßiger Durchführung des oberen Rheindurchstiches. Der volkswirtschaftliche Ausschuß findet den im Landtage eingebrachten Antrag der Abgeord­ neten Thurnher und Genossen in jeder Hinsicht begründet und empfiehlt denselben zur Annahme. Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: „Die hohe k. k. Regierung n>ird auf Grund des § 19 L.-O. dringend ersucht, mit allem Nachdrucke und mit aller Kraft auf die vertragsmäßige Durchführung der Rheinkorrektion, insbesondere auf die rasche und unverzügliche Inangriffnahme und Aus­ führung des oberen Rheindurchstiches hinzuwirken." Bregenz, am 27. Dezember 1902. Johann Kohker, Obmann. Martin Sünrnljer, Berichterstatter. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 39