18970211_ltb00261897_Volkswirtschaftsausschussbericht_Rindertuberkuloseimpfung

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Letzte Änderung 02.07.2021, 12:02
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp08,ltb0,lt1897,ltb1897
Dokumentdatum 2021-07-02
Erscheinungsdatum 2021-07-02
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Inhalt des Dokuments

XXVI. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. I. Sesiion, 8. Periode 1897. Beilage XXVI. WorictN des volkswirtschaftlichen Ausschusses in Sachen der Tuberculinimpsung der Rinder in Vorarlberg. Hoher Landtag! Der Vorarlberger Landwirtschafts-Verein hat sich mit Eingabe vom 14. August v. I. Zl. 164 au den Landes-Ausschuss gewendet und demselben mitgetheilt, dass er in Sachen der von der k. k. Regierung angeregten Tuberculinimpfung der Rinder an die h. k. k. Statthalterei zwei in Abschrift vorgelegte Aeußerungen abgegeben habe, und dass er nun unter Vorlage der von der Regierung herabgelangten Aktenstücke auf Grund eines Beschlusses des Vereins-Ausschusses das Er­ suchen stelle, es wolle sich der Landes-Ausschuss bei der h. Landesvertretung dahin verwenden, dass wenn beim Vorkommen verdächtiger Fälle von Tuberculose bei Rindern im Lande, auf Ersuchen der Viehbesitzer die Tuberculinimpfung vorgenominen, die Kosten vom Lande aus dem Fonde zur Hebung der Rindviehzncht bestritten werden. Der Landes-Ausschuss hat in seiner Sitzung vom 1. Februar beschlossen, dieses Ansuchen dem Landtage in Vorlage zu bringen. In den von der k. k. Regierung an den Landwirtschafts-Verein herabgelangten Zuschriften wird darauf hingewiesen, dass tu Frankreich die Verfügung getroffen worden sei, die nach Frank­ reich zur Einfuhr gelangenden Rinder, welche nicht zur Schlachtung bestimmt seien, in den dortigen Grenzstationen der Reactions-Jmpfung mit Tuberculin ans den Bestand von Tuberculose und einer mindestens 48stündigen Beobachtung zu unterziehen. Von Seite der k. k. Statthalterei wurden die landwirtschaftlichen Corporationen in Tirol und Vorarlberg um ihre Wohlmeinung befragt, ob sie zum Schutze der heimischen Viehzucht, bei der Einfuhr von Rindern aus dem Auslande eine ähnliche Verfügung für zweckmäßig halten, wo­ bei darauf hingewiesen wnrde, dass die Tnbercnlimpfnngen znm Zwecke der rechtzeitigen Diagnose der Tuberculose der Rinder in fast allen Staaten mit Erfolg durchgeführt werde und es vielleicht nicht unangezeigt wäre, bei der Durchführung der neuen Zuchtstiergesetze in Tirol und Vorarlberg die Tuberculinimpfung iusoferne zur Anwendung zu bringen, dass für Zuchtstiere nicht eher eine 195 Beilage XXVI. Beilage XXVI. zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Licenz ertheilt werde, als sie durch die vorgenommene Impfung frei von Tuberculose betrachtet werden können. Sowohl der Section Innsbruck des Laudes-Cultnrrathes in Tirol als auch der Vorarl­ berger Landwirtschafts-Verein haben sich dahin ausgesprochen, dass sie es nicht für angezeigt halten, die Durchführung der neuen Zuchstiergesetze in Tirol und Vorarlberg, die anfänglich doch auf einige Schwierigkeiten stoßen werde, durch die Forderung der in den Ländern Tirol und Vorarlberg bisher unbekannten Tuberculinimpfung zu erschweren. Dagegen haben sich die genannten beiden landwirtschaftlichen Corporationen dahin ausge­ sprochen, es solle von Seite des Staates die Verfügung getroffen werden, dass bei Einfuhr von Rindern aus dem Auslande zum Schutze des österreichischen Viehstandes die Tuberculinimpfung gegen die Einschleppung der Tuberculose auf Kosten des Staates vorgenommen werde. Im Berichte des Landwirtschafts-Vereines ist ganz richtig betont, die Tuberculin-Jmpfung der Rinder sei Hierlands noch völlig unbekannt. Es kann aber sowohl vom sanitären Standpunkte als auch in Rücksicht auf die allfällige Schädigung der Viehhalter beim Ankäufe von Rindern nicht geläugnet werden, dass die Tuber­ culin-Jmpfung eine Berechtigung hat, vorausgesetzt, dass sich dieselbe zur Constatierung des Vor­ handenseins oder Nichtvorhandenseins der Tuberculose beim Rinde wirksam erweist. Von Seite der Aerzte ist schon öfters darauf hingewiesen worden, es solle darauf gesehen werden, dass die zum Genusse der Menschen bestimmte Milch von gesundem Vieh komme und dass die betreffenden Milchthiere insbesondere nicht tuberkulös krank seien, indem andernfalls durch den Genuss solcher Milch besonders in ungekochtem Zustande eine Uebertragung der Krankheit auf die Menschen erfolgen könnte. Nach der Ansicht des Vorarlberger Landwirtschafts-Vereines kommt zwar diese Krankheit in Vorarlberg verhältnismäßig ziemlich selten vor. Der volkswirtschaftliche Ausschuss theilt diese Anschauung im Großen und Ganzen auch. Einzelne Fälle kommen aber immerhin doch vor. Der volkswirtschaftliche Ausschuss ist nicht in der Lage zu beurtheilen, ob diese Krankheit beim lebenden Thiere ohne Impfung schwer oder leicht erkennbar sei, doch glaubt er nicht fehl zu gehen, wenn er annimmt, dass bei einigem Fortschritte der Krankheit, dieselbe doch nicht bloß von Fachmännern, sondern wohl öfters auch vom aufmerksamen Viehhalter erkannt wird. Für den Viehhandel wäre eine sichere Diagnose in Bezug auf die Tuberculose der Rinder besonders deshalb von Wichtigkeit, weil das a. b. G.-B. eine besondere Gewährleistung gegen die Tnberculose der Rinder nicht kennt, sondern diesfalls höchstens der § 924 a. b. G.-B. in Be­ tracht kommen könnte, welcher lautet: „Wenn ein Stück Vieh binnen vierundzwanzig Stunden nach der Uebernahme er»' krankt oder umfällt, so wird vermuthet, dass es schon vor der Uebernahme krank ge­ wesen sei." In Berücksichtigung des Umstandes, als bei einem einzigen nicht rechtzeitig erkannten Falle von Tnbercnlose der Rinder in sanitärer Beziehung eine große Gefahr für Gesundheit und Leben von Menschen entstehen könnte und in Berücksichtigung der Wichtigkeit der rechtzeitigen Diagnose der Tuberculose der Rinder in einzelnen Fällen beim Viehhandel glaubt der volkswirtschaftliche Ausschuss, es solle der Reactionsimpfung der Rinder auf den Bestand der Tuberculose einige Auf­ merksamkeit zugewendet werden. Nachdem man aber Hierlands noch keine Erfahrungen hat, welchen Erfolg diese Impfung haben wird, auch nicht berechnen kann, wie ost die Tnberculinimpfung von den Landwirten etwa in Anspruch genommen würde und welche Kosten diese Impfungen verursachen, so ist der volks­ wirtschaftliche Ausschuss nicht in der Lage, dem Landtage einen Antrag auf einen bestimmten zu diesem Zwecke vom Laude zu leistenden Beitrag zu stellen. 196 L Session, der 8. Periode 1897. Beilagen XXVI. Die Höhe der Kosten für jede einzelne Impfling wird vom Preise des Impfstoffes und den Diäten und Reisegebnren der Jmpfthierärzte abhängen. Diesfalls wird es sich empfehlen, dass der Landes-Ausschuss mit der k. k. Regierung, eventuell auch mit für die Vornahme solcher Impfungen in Aussicht genommenen Thierärzten sich ins Benehmen setzt und auf Grund des Resultates dieser Unterhandlung selbständig weitere Anordnungen in dieser Sache trifft. Der volkswirtschaftliche Ausschuss ist deshalb der Anschauung, es soll der Landes-Ausschnss beauftragt werden, die Angelegenheit weiter zu verfolgen, zu welchem Zwecke er auch ermächtigt werden soll, die durch Tuberculinimpfung der Rinder im Lande während des Jahres 1897 ihm nothwendig scheinenden Kosten aus dem Fonde zur Hebung der Rindviehzucht zu bestreiten. Es wird daher gestellt der Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: „Der Landes-Ausschuss wird ermächtiget, bis zur nächsten Landtagssession der Reactionsimpfung mit Tubercnlin zum Zwecke der Diagnose, bezüglich des Vorhanden­ seins der Tubercnlose bei Rindern, die ihin geeignet scheinende Aufmerksamkeit zu schenken und wird derselbe ermächtiget beim Vorkommen verdächtiger Fälle im Lande für die über Ersuchen der Viehbesitzer in Vorarlberg durch die Vornahme der Tuberculin-Jmpfung von Zucht- und Nutzrindern zur nächsten Landtagssession erwachsenden Kosten nach seinem Ermessen ans dem Fonde zur Hebung der Rindviehzncht zu bestreiten." Bregenz, den 11. Februar 1897. Fink Josef, Obmann. Jodok Fink, Berichterstatter. 197