18970224_ltb00531897_Wahlrechtsreformausschussbericht_SelbständigerAntrag_Umarbeitung_Landtagswahlordnung_1896_und_verschiedenePetitionen

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Letzte Änderung 02.07.2021, 12:15
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp08,ltb0,lt1897,ltb1897
Dokumentdatum 2021-07-02
Erscheinungsdatum 2021-07-02
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Lltl. der Beilagen Zu den stenogr. ProtokoÜen des Vorarlberger Landtages. 1. Session, ^Periode 189^. Beilage LIII. Wericht des Vahlreform-Ausschnsses über den Antrag der Abgeordneten Dr. Waibel und Genossen ans Umarbeitung der 1896 beschlossenen L'andtags-Mahlordnung und die einschlägigen Petitionen der Gemeindevertretungen von Hard und Schruns, einer Anzahl von Gemeindebürgern aus Lustenau und des Michael Loacker und mehrerer Genossen von Rankweil und Umgebung. Hoher Landtag! Die Abgeordneten Dr. Waibel, Dr. Schmid, A. Ganahl 26. Jänner b. Js. bcin hohen Landtage den Antrag unterbreitet: unb Dr. v. Preu haben am „Es sei sofort bie Umarbeitung ber in bet Session von 1896 beschlossenen, aber ber Allerh. Sanction nicht theilhaftig geworbenen Landtagswahlordnung an Handen zu nehmen, unb seien in bieser neuen Wahlordnung folgenbe zivci Grunbsätze zur Geltung zu bringen: a. Unmittelbare Wahl ber Abgeordneten ber Landgemeinden; b. Spaltung ber 3 bezirkshauptmannschastlichen Landgemeinde-Wahlbezirke in 6 bezirksgerichtliche Wahlbezirke; — eventuell: Schaffung von inbivibuellen Wahlbezirken für bie Abgeorbneten ber Landgenieinden." Dieser Antrag würbe bcm Wahlreform-Ausschusse in ber Sitzung vom 29. Jänner 1897 zur Berathung unb Berichterstattung überwiesen. Desgleichen würbe diesem Ausschüsse noch überwiesen: 1. Die Petition ber Gemeindevertretung Hard vom 31. Decenlber 1896. 2. Die Petition der Gemeindevertretung Schruns vom 1. Februar 1897. Beide mit dein wörtlich gleichlautend begründeten Begehren: „Dass die Wahl der Abgeordneten der Landgemeinden nicht mehr durch Wahlmänner (§ 7 L.-W.-O.) sondern unmittelbar durch die Wahlberechtigten erfolge." 3. Die Petition einer Anzahl Bürger von Lustenau vom 30. Jänner 1897, welche sich sachlich nicht und in der Form nur unwesentlich von den Petitionen 1. und 2. unterscheidet. 323 Beilage , 1.1 ll . LIU, der Beilagen zu den steiiogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. 4. Die Petition des Michael Loacker, zum Schützen, und mehrerer Genossen von Rankweil . und den umliegenden Gemeinden vorn 15. Februar 1897 mit folgendem Wortlaut: „Die Gefertigten ersuchen höflichst um Einführung des direkten, geheimen und allgemeinen Wahlrechtes für den Landtag und die Gemeinde-Ver­ tretungen." . Die Petition 1, 3 und 4 wurden durch den Abgeordneten Dr. Waibel und die Petition von Schruns durch den Abgeordneten Arnold Ganahl überreicht. Der vom Landtage am 24. Januar 1896 in seiner 9. Sitzung beschlossenen neuen Landtags­ Wahlordnung ivurde die Allerh. Sanction nicht ertheilt. Der Ablehnungsgrund bestand laut Zuschrift der (). k. k. Statthalterei vom 19. Juli 1896 in der Herabsetzung des Steuercensus in den Wähler­ classen der Städte und der Landgemeinden von 5 Gulden auf 1 Gulden. Nach dieser ablehnenden Haltung der h. Regierung zur Herabsetzung des Census auf 1 Gulden versuchte der Landes-Ausschuss in einer abermaligen Vorstellung hohenorts wenigstens eine annähernd entsprechende Herabsetzung des. Census zur neuerlichen Vorlage des Landtags-Wahlgesetzes in der jetzigen Landtags-Session zu erzielen. Aus der bezüglichen Eingabe des Landes-Ausschusses vom 8. August 1896 entnehmen wir zur richtigen Beurtheilung der Sachlage folgende Stellen, ivelche die speciellen Gründe zur Herabsetzung des Census enthalten : „Boni Jahre 1861—1890 war das Landtagswahlrecht in Vorarlberg ein bedeutend weiteres, als es fortan infolge der Vorgänge bei den 1890er Wahlen (V. Beilage der stenographischen Landtagsprotokolle 1890) und der dadurch bedingten Abänderung der §§ 6, 8 und 16 L.-W.-O., L.-G.-M. Nr. 33 cx 1894, der Fall sein wird. Bis dahin wurde auch die ganze Vermögenssteuerschuldigkeit in die ztim Wahlrecht annehmbare Steuerquote einbezogen, was nun nach dem Gesetze vom 13. Nov. 1894, L.-G.-Bl. Nr. 33, nicht mehr geschehen kann." „In einer größeren Anzahl Gemeinden, circa ein Fünftel derselben, werden die Gemeinde­ wahlen in nur einem oder zwei Wahlkörpern durchgeführt . . ." „In Gemeinden mit nur einem oder zwei Wahlkörpern erstreckt sich nach der bisherigen L.-W.-O. das Landtagswahlrecht auf zwei Drittel der Steuerzahler, uud sinkt hiebei vielfach der Census unter 2 fl. herab. Bei dem vom Landtage beschlossenen Entwürfe wäre aber jede derartige Ausnahmsbestimmung entfallen." „Durch den vom Landtage angenommenen Entwurf hätten Frauen, Minderjährige, juristische Personen u. s. w. das Wahlrecht verloren." u„Wie sehr cs auch zu begrüßen wäre, wenn einmal das Vollmachtunweseu beseitiget werden könnte, so sollte aber doch auf der anderen Seite durch Herabsetzung des Census die Wählerzahl wieder ergänzt werden, damit-eine neue Wahl-Ordnung denn doch nicht als eine Wahlrechts-Einschränkung angesehen und bezeichnet werden kann." . „Endlich darf nicht übersehen werden, dass die künftigen Wahlen, abgesehen von den noch im Laufe dieses Jahres zur Durchführung gelangenden, durch die infolge der Steuerreform geänderten Steuerverhältnisse und -Vorschreibungen beeinflusst werden imi) hiedurch eine weitere tiefeingreifende Wahlrechtsverkürzung herbeigeführt würde, so dass schon hinsichtlich der R.-R.-W -O. eine entsprechende Remedur geschaffen werden musste." „Aus allen diesen Gründen erscheint eine thunlichst weitgehende Herabsetzung des Census als vollkomuren gerechtfertigt, und hat sich in Vorarlberg hingegen nie weder im Landtage noch in der Presse noch sonst in der Öffentlichkeit irgend eine Stimme erhoben." Nachdem aber die hohe k. k. Regierung mit dem vom Landtage beschlossenen Census von 2 Kronen nicht einverstanden ist, so würde der Landes-Ausschuss schließlich bereit sein, eine Vorlage, die den Census mit 5 Kronen festsetzt, beim Landtage zu vertreten, während er ohne eine entsprechende Herabsetzung des Census nicht für Eliminierung des Wahlrechtes der Frauen, der Minderjährigen u. s. w. einzutreten in der Lage ist." ' 324 ■ 1. Zession der 8. Periode 1897. Beilage LI II. Auf diesen vom Landes-Ausschuss gemachten Vermittlungsvorschlag der Herabsetzung des Landtagswahl-Census von 5 Gulden aus 5 Kronen erklärte die k. k. Regierung, dass sie auch auf diese Herabsetzung des Wahlcensus nicht cingehen könne und dass sie nur in der Lage wäre, eine im Rahmen des Gesetzes vom 5. December 1896, R.-G.-Bl. Nr. 226 sich haltende Abänderung des in der Vorarlberger Landtags-Wahlordnung festgesetzten Wahlcensus der Allh. Sanction zu empfehlen. Da der Landtag in der vorjährigen Session in der votierten neuen Landtagswahlordnung das Wahlrecht der Frauen rc. rc. unter allseitiger Zustimmung eliminierte und dadurch einer Menge von Personen das Wahlrecht entzogen wurde, sein Bestreben aber dahin gieng, eine größere Zahl Wähler durch Herabsetzung des Census zu schaffen und so das Wahlrecht, anstatt einzuengen, zu erweitern, die k. k. Regierung aber gegenwärtig auf eine entsprechende Herabsetzung des Census nicht eingeht und der Landtag nach der Ansicht der Majorität des Wahlreform-Ausschusses an der Erweiterung des Wahlrechtes, der wesentlichsten Forderung des letztjührigen Gesetzentwurfes, auch fernerhin festzuhalten hat; so erscheint es dermalen zwecklos, sich in eine Erörterung der im eingangs angeführten Anträge und in den 4 Petitionen enthaltenen Forderungen neuerlich einzulassen, zumal der gegenwärtige Landtag erst im Beginne seiner Thätigkeit steht und zur Schaffung einer neuen annehmbaren Landtags-Wahl­ ordnung also noch eine Reihe von Jahren vor sich hat. Überdies steht zu erwarten, dass der neu zu wählende Reichsrath wohl auch für eine zweckmäßige Änderung seiner Wahlordnung Sorge tragen und hiebei den Wahlcensus für die Städte- und Landgemeinde-Curie herabsetzen und es dadurch ermöglichen werde, dass auch die Landtage mit Erfolg eine Erweiterung des Wahlrechtes dann beschließen können Es stellt daher der Wahlreforrn-Ausschuss den Antrag: Der h. Landtag wolle beschließen: „Auf eine Änderung der Landtagswahlordnung wird aus den angeführten Gründen dermalen nicht eingegangen." Dr. Waibel als Mitglied des Wahlreform-Ausschusses stellt folgenden Minoritäts-Antrag: Der h. Landtag wolle beschließen: „Der Landes-Ausschuss wird beauftragt, unter Festhaltung der bereits voriges Jahr beschlossenen Grundsätze der geheimen Stimmabgabe und der Einschränkung des Wahlrechtes auf männliche Personen im Einvernehmen mit der h. k. k. Regierung in eine Berathung der im vorigen Jahre beschlossenen aber nicht sanctionierten Landeswahlordnung einzutreten, in dieselbe den Grundsatz der directen Wahlen für die Landgemeinden, sowie die Spaltung der 3 politischen Wahlbezirke in 6 gerichtliche Wahlbezirke einzufügen, und dem Landtage in der nächsten Session eine dementsprechende Gesetzesvorlage zu unterbreiten." Bregenz, am 24. Februar 1897. Johannes Thurnher, Alois Drossel, Berichterstatter. Obmann. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 325