18960925_ltb00091897_Landesausschussbericht_Landtagsbeschlüsseausführung_Polizeistundeneinhaltung

Dateigröße 783.81 KB
Aktenzahl/Geschäftszahl
Letzte Änderung 02.07.2021, 10:46
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp08,ltb0,lt1897,ltb1897
Dokumentdatum 2021-07-02
Erscheinungsdatum 2021-07-02
Unterausschüsse
Kommissionen/Kuratorien
Verbände/Konkurrenzen
Verträge
Publikationen Landtag-Ausschussbericht
Aktenplan
Anhänge
Inhalt des Dokuments

IX. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Borarlberger Landtages. I. Session, 8, Periode 1897. Beilage IX. WsrieHt des Landes-Ausschusses über die Ausführung der Landtagsbeschlüsse betreffend die Einhaltung der Polizeistunde und die beantragte Abänderung des § 27 G.-O. Hoher Landtag! Der Landtag faßte in der 11. Sitzung vom 27. Jänner 1896 folgenden Beschluss: „Die k. k. Regierung wird aufgefordert, die heute geltenden Normen betreffend die Einhaltung der Polizeistunde im Sinne der vorstehenden Andeutungen abzuändern, damit die Einhaltung der Polizeistunde int Lande Vorarlberg ermöglicht und gefördert werde." Gleichzeitig wurde beut , Landes-Ausschuffe ein vom Hrn. Abg. Dr. Waibel eingebrachter Antrag betreffend die Abänderung des § 27 G.-O. zur Vorberathung und Antragstellung zugewiesen. Der Landtagsbeschluss wurde sammt dem Berichte des volkswirtschaftlichen Ausschusses (XXXVII. der Beilagen zu den stenograf. Protokollen) und dem Verhandlungsprotokolle mit h. a. Bericht vom 2. März d. Js. Z. 223 der k. k. Statthalterei zur Kenntnis gebracht. In Bezug auf die angeregte Abänderung des § 27 G.-O. wurde an die gleiche Behörde unterm 31. März d. Js. h. ä. Z. 1277 eingehender Bericht erstattet. Hiebei wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass die Regierung anlässlich der unterm 8. Jänner 1891 Z. 71 seitens des Landes-Ausschusses erfolgten Unterbreitung eines die Polizeistunde regelnden Entwurfes eines Landesgesetzes laut Eröffnung der k. k. Statthalterei vom 2. Juni 1891, Nr. 12624 mit Erlass des h. k. k. Ministeriums des Innern vom 25. Mai 1891 Nr. 2053 erklärt habe, die Festsetzung der Polizeistunde sei ein Act der Gewerbepolizei, die Gewerbegesetzgebung gehöre aber gemäß § 11 lit e des Staatsgrundgesetzes vom 21. December 1867 R.-G.-Bl. Nr. 141 in den Wirkungskreis des Reichsrathes und es erscheine daher nicht zulässig, im Wege der Landesgesetzgebung Verfügungen zu treffen, welche die Art der Ausübung des Gastgewerbes zum Gegenstände haben. Diese Erklärung der Regierung stehe mit dem Wortlaute des § 27 Punkt 7 G.-O. im Widersprüche, indem nach den Bestimmungen dieses Paragrafs den Gemeinden die Ausführung von Agenden im selbstän­ digen Wirkungskreis übertragen werde, deren Regelung nach den Anschauungen der Regierung der Reichsgesetzgebung zustehe; im Reichsgesetze vom 5. März 1862 erstrecke sich Punkt 7 des mit § 27 G.-O. analogen Artikels V nicht auf die Überwachung der Wirts- und Schankgewerbe, sondern beschränke sich auf die Handhabung der Sittlichkeitspolizci und es dürfte diese Bestimmung auch wohl ausnahms­ los in der Fassung des Reichsgesetzes in die Gemeinde-Ordnungen der übrigen Königreiche und Länder Aufnahme gefunden haben. 63 Beilage IX. IX. Beilage zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Schliesslich würbe die Regierung ersucht, ihre Stellungnahme zu beut eingebrachten Antrag, nach welchem Punkt 7 des § 17 G.-O. zu lauten hätte: „7. bie Sittlichkeitspolizei", bekannt zu geben unb auch mitzutheilen, ob sie nicht geneigt wäre, unter Aufgebung ihres frühern Standpunktes, bie Regelung ber Polizeistunde im Wege ber Lanbesgesetzgebung zuzulassen. Jit beit Erlässen der k. k. Statthalterei vom 15. März unb 3. Juli b. I. Nr. 6877 unb 18159 würbe ber Standpunkt ber k. k. Regierung zu bei! angeregten Fragen zur Kenntnis desLandesAusschnsses gebracht. Aus diesen Erlässen geht hervor, bass bie Regierung ber Anschauung ist, die Statthalterei-Verorbnung vom 3. Juni 1895 L.-G.-Bl. Nr. 30 betreffend bie Einhaltung ber Polizeistunbe entspreche im Allgemeinen bett bestehenden Verhältnissen unb stehe in ihren grundsätzlichen Bestim­ mungen mit der auf Grund Allerh. Entschließung vom 4. Mai 1853 also mit Gesetzeskraft erlassenen Ministerial-Verordnung vont 3. April 1855 R.-G.-BI. No. 62 tu Einklang. Der Wunsch, bass Gäste, welche nach beut Eintritte ber Polizeistunde noch im Gastlokale aiiwesenb sind, sofort als strafbar zu erklären feien, könne in Rücksicht auf die Bestimmungen ber citirten Ministerial-Verordnung nicht erfüllt werben. Den übrigen Wünschen bes Lanbtages, wie dieselben im Berichte des volkswirtsch. Ausschusses zum Ausdrucke kommen, trage die Statthalterei-Verorbnung vorn 3. Juni 1895 bei richtiger Interpretation derselben genügend Rechnung. Die Strafbarkeit de? Gast­ wirts trete nach Anschauung der Statthalterei schon ein, sobald derselbe das Lokal über die Polizei­ stunde offen halte, oder zwar dasselbe schließe, aber dennoch den Gästen den Zutritt ober das längere Verweilen in demselben gestatte. Dem Wunsche des volkswirtschaftlichen Ausschusses, beziehungsweise des Lanbtages, bass gegen jene Gastwirte, welche sich wiederholt Übertretungen ber Vorschriften über die Polizeistunde zu Schulden kommen lassen, seitens ber politischen Bezirksbehörden eventuell nach § 138 Gewerbe-Ordnung vorgegangen werde, habe die k. k. Statthalterei durch beit an die Bezirkshauptmann­ schaften in Vorarlberg gerichteten Erlass vom 11. October 1892 Z. 24939 bereits entsprochen. Nur in einem Punkte erklärte sich bie Statthalterei zu einer Änderung der Verordnung vom 3. Juni 1895 bereit und zwar hinsichtlich Beschränkung der in Punkt 4 der genannten Verordnung festgesetzten Frist, welche zwischen der Mahnung des Gastwirts und jener der Polizeiorgane zu ver­ streichen hat. In dieser Richtung machte die Statthalterei bie Zusage, diese Frist von einer halben Stunde auf eine Viertelstunde zu reducieren, ober aber den allgemeinen Ausdruck, wie er in § 4 der Ministerial-Verorbnung vom Jahre 1855 vorkommt: „nach Verlauf einiger Zeit" wieder herzustellen. Im Übrigen ist die Statthalterei der Anschauung, dass, wenn Klagen über die Einhaltung ber Polizeistunde laut werden, diese nicht in der bezüglichen Statthalterei-Verorbnung, sondern in bereit mangelhafter Durchführung und Handhabung ihren Grund haben und dass durch nachdrückliche Belehrung der Gemeinden eine Besserung der bestehenden Zustände erzielt werden könnte. Über die Stellungnahme der Regierung zum Anträge aus die Abänderung des § 27 G.-O. hat das h. k. k. Ministeriuni des Innern der k. k. Statthalterei mit Erlass vom 21. Juni b. I, Z. 2915 folgendes eröffnet: „Die Ueberwachung der Wirts- und Schankgewerbe in sittenpolizeilicher Beziehung und die Überwachung der Sperrstunde sind an sich Angelegenheiten der Sittlichkeitspolizei und werden in allen Ländern von bett Gemeinden int selbstständigen Wirkungskreise besorgt." „Die Textirung der Vorarlberger Gemeinde-Ordnung, welche int § 27 ad 7 neben der Sitt­ lichkeitspolizei noch die Überwachung der Wirts- und Schankgewerbe und der Sperrstunde als Gegenstände des selbstständigen Wirkungskreises aufzählt, hat somit den Begriff ber Sittlichkeitspolizei nicht erweitert, sondern muss dahin aufgefasst werden, dass die Lanbesgesetzgebung unter den Geschäften ber Sittlich­ keitspolizei insbesondere die fragliche Überwachung als eine von der Gemeinde besonders wahrzuitehinende Angelegenheit der Sittlichkeitspolizei hervorzuheben für erforderlich fand". „Wenn nun diese besondere Hervorhebung in § 27 Punkt 7 für nicht weiter nothwendig erachtet und weggelassen wirb, wie dies auch in den Gemeinde-Ordnungen der andern Länder der Fall ist, so kann dagegen vom Standpunkte der Regierung wohl keine Einwendung erhoben werden; es wird 64 I. Session der 8. Periode 1897. Beilage IX. aber zur Vermeidung jedes Missverständnisses constatirt, dass durch diese Auslassung der selbstständige Wirkungskreis der Vorarlberger (Gemeinden keine Einschränkung erfahren kann." Was weiters die An­ schauung der Regierung hinsichtlich Regelung der Polizeistunde durch die Landesgesetzgebung betreffe, sei dem Landesausschusse dieselbe schon mit der Statthalterei-Note vom 2. Juni 1891 Z. 12624 mit­ getheilt worden und habe dieselbe seitdem keine Änderung erfahren. Aus dem Vorangeführten geht deutlich hervor, dass eine wesentliche Verbesserung der jetzigen Verhältnisse und Zustände in nächster Zeit nicht erwartet werden kann. Die Einhaltung der Polizei­ stunde ist aber doch von Wichtigkeit und Bedeutung und der Landes-Ausschuss trachtete daher innerhalb der Schranken des Erreichbaren alle ihm in dieser Hinsicht zweckdienlich erscheinenden Schritte unter­ nehmen zu sollen. Mit Zuschrift vom 8. August d. Js. Z. 2617 richtete er denn auch das Ansuchen an die k. k. Statthalterei, die in Punkt 4 der Verordnung vorn 3. Juni 1895 festgesetzte Frist, welche zwischen der ersten urrd zweiten Mahnung der Gäste zu verstreichen hat, auf eine Viertelstunde herabzusetzen. Mit Verordnung der k. k. Statthalterei vom 5. September 1896 Z. 25075 wurde diese Frist auf eine Viertelstunde herabgesetzt. Mit Circular-Erlass vom 3. September d. I. Z. 3243 wurden ferner alle Gemeinden über die Anschauung der k. k. Statthalterei hinsichtlich der Strafbarkeit der Gastwirte in Kenntnis gesetzt und ihnen unter Berufung auf den h. ä. Circular-Erlass vom 31. October 1892, Z. 3321 die genaue Beobachtung der bestehenden Bestimmungen neuerdings nahegelegt. Was den Antrag auf Abänderung des § 27 G.-O. anbelangt, so erscheint derselbe nach den decitirten Erklärungen der k. k. Regierung als wert- uud belanglos, und der Landes-Ausschuss findet sich daher nicht in der Lage, eine dem Anträge entsprechende Vorlage dem hohen Landtage zu unter­ breiten, da er sonst diesem nur eine ganz zwecklose Arbeit aufbürden würde. Auf Grund dieser Ausführungen beehrt sich der Landes-Ausschuss dem h. Landtage zu unter­ breiten folgende Anträge: Der h. Landtag wolle beschließen: 1. „Die vorn Landes-Ausschusse getroffenen Maßnahmen betreffend die Ausführung des Lantagsbcschlusses vom 27. Jänner 1896 über die Einhaltung der Polizeistunde werden zur Kenntnis genommen. 2. Der Landtag findet sich angesichts der Erklärung der k. k. Regierung nicht veranlasst, dermalen eine Änderung des § 27 G.-O. zu beschließen. Bregenz, am 25. September 1896. Der Landes Ausschuss. Martin Thnrnher, Referent. Truck von I. N. Teutsch, Bregenz. 65