18960104_ltb00011897_Landesausschussbericht_50jährigesRegierungsjubiläumKaiser

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Letzte Änderung 02.07.2021, 12:26
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp08,ltb0,lt1897,ltb1897,kaiserjubiläum
Dokumentdatum 2021-07-02
Erscheinungsdatum 2021-07-02
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Inhalt des Dokuments

I. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. Beilage I. Wsricht des Landes-Ausschusses in Angelegenheit der Feier des 50jährigen Regierungs­ Jubiläums Sr. Majestät des Kaisers. Hoher Landtag! Der h. Landtag hat mit Beschluss vom 14. Jänner 1895 dem Landes-Ausschusse die Er­ mächtigung, beziehungsweise den Auftrag ertheilt, in einer der nächsten Sessionen einen Vorschlag hin­ sichtlich eines zur Feier des 50-jährigen Regierungsjubiläums Sr. Majestät des Kaisers zu beschließenden Humanitätsactes in Vorlage zu bringen. • Es ist schon im Berichte des Landes-Ausschusses vom 22. December 1894, I. Beilage der stenografischen Protocolle der 1895er Session hervorgehoben worden, dass sich alle Theile des Reiches rüsten zur würdigen Feier dieses Festes. „Die ganze Regierungszeit Sr. Majestät des glorreich regierenden Kaisers, so heißt es in jenem Berichte, ist gekennzeichnet durch seine stete, wohlwollende, alle Länder, Völker und Nationen des weiten Reiches gleich umfassende Fürsorge, durch seine unermüdliche, pflichtgetrene, geradezu aufopfernde Thätigkeit in Erfüllung und Ausübung seiner Herrscherpflichten, durch seinen außerordentlich großen Wohlthätigkeits­ sinn, welcher sich bei jeder Gelegenheit werkthätig äußert, wenn es gilt, die Roth zu lindern, das Gute zu fördern, die bessernde Hand an vorhandene Zustände anzulegen, die Kunst und alles Edle zu fördern." „Die Regierungszeit Sr. Majestät des Kaisers wird trotz der in dieselben fallenden schlveren Schicksalsschläge und Ereignisse einen ruhmreichen Abschnitt in der Geschichte Oesterreichs bilden und jedes Blatt dieses Geschichtsabschnittes wird ein laut sprechender Zeuge sein des schönen und innigen Verhältnisses zwischen bem Monarchen und seinen Völkern, wie es inniger, herzlicher und aufrichtiger kaum je in irgend einem Reiche bestand." 1 Beilage 1. L der Beilagen zu den steiiogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. In allen Ländern Oesterreichs besteht das Bestreben, dieses Fest durch Humanitätsacte 51t feiern, Humanitätsacte, die vorzüglich nach zwei Richtungen hervortreten und zwar in der Sorge für die Jugend durch Gründung von Waisenhäusern, Waisencolonien und Besserungsanstalten für die Jugend, oder in der Sorge für das Alter in Errichtung dahinzielender Institute oder Anstalten. Der Landesausschuss, beziehungsweise das durch ihn zur Borberathung dieses Gegenstandes eingesetzte Sub-Eomiw hat die Frage, welcher Vorschlag hinsichtlich des zu beschließenden Humanitätsactes dem h. Landtage erstattet werden soll, in reifliche Erwägung gezogen. Es wurden eine Anzahl Personen eingeladen, Vorschläge zu erstatten. Die eingelangten Vorschläge bezogen sich auf: . 1. die Errichtung eines Landeswaisenhauses; 2. „ „ „ Greisenasyls; 3. „ „ „ allgemeinen Krankenhauses; 4. „ „ „ Dienstbotenheims; 5. , , „ einer landwirthschastlichen Anstalt und Schule; 6. Erweiterung der Rettungsanstalt in Jagdberg mit Gründung eines Lehrlingsheims zur Handwerkserlernung. Außer diesen Vorschlägen richtete noch der Ausschuss des Museumsvereins eine Zuschrift an den Landes-Ausschuss, in welchem er darauf anfmerksam machte, dass nach Ansicht und Absicht des Museunisvereines üit Jubiläumsjahre ein Bau die reichen Sammlungen des Vereins aufnehmeu soll. Das neuerstehende Museuni solle zum bleibenden Gedächtnisse des 50-jährigen Regierungsjubiläums des erhabenen Monarchen den Rainen: „F ranzisk 0 I 0 sefinu 111" führen. Was diese Mittheilung des Museumsvereinsausschusses anbelangt, wird dieselbe gewiss mit Freude zur Kenntnis genommen. Der Bau eines Museums ist wünschenswert und nothwendig. Es kann diese Zuschrift indessen nicht als eine Art Vorschlag hinsichtlich des vom Lande zu beschließenden Humanitätsactes angesehen werden, sondern sie ist einfach als eine Mittheilung darüber aufzufassen, was von Seite des Museumsvereins für die Kaiserfeier geplant sei. Es wird Sache künftiger Beschlnssfassung der Landesvertretung bleiben, auf eventuelles Einschreiten des Museumsvereins hinsichtlich Gewährung eines mäßigen Landesbeitrages zum Musenmsbaue in eine Beschlussfassung einzutreten. Der Vorschlag betreffend die Errichtung einer landwirtschaftlichen Anstalt und Schule entfiel schon aus dem Grunde, weil die Gründung einer solchen Anstalt unabhängig von der Kaiserfeier in Aussicht genommen ist und ohnedem zur Durchführung gelangt. Die unter ad 1—4 aufgeführten Vorschläge sind alle sehr wichtig und wäre zu wünschen, dass alle diese Projecte der Realisirung entgegen geführt werden könnten, insbesondere wäre die Errichtung eines allgemeinen Krankenhauses und eines Landeswaisenhauses außerordentlich nothwendig. Die Gründung neuer Anstalten erfordert aber große Summen, die dein Lande nicht zu Gebote stehen. Es könnte sich daher, wenn die Gründung einer solchen Anstalt ins Auge gefasst werden wollte, dermalen nur um Votirung eines Beitrages handeln, der zur Bildung eines Fonds zu einer solchen Anstalt Verwendung fände. Der Landesansschuss hielt es daher für zweckmäßiger, das Augenmerk auf eine im Lande bereits bestehende, wohlthätigen Zwecken dienende Anstalt zu richten und deren Erweiterung ins Auge zu fassen. AIs aut meisten geeignet erschien ihm die Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder. Diese Anstalt, durch die Initiative der Landesvertretung ins Leben gerufen, ist gegenwärtig in Jagdberg untergebracht und wird von beit Kreuzschwestern besorgt. Der Verein zur Rettung sittlich verwahrloster Kinder, der die Anstalt hält und leitet, verfügte wohl über ein Vermögen von circa 12.000 st.; die Gebäude, in denen die Anstalt untergebracht ist sammt deren Einrichtung sind aber Eigenthum der Kreuzschwestern. Es erscheint nun sehr wichtig, Vorsorge zu treffen, dass die Anstalt mit der Zeit ihr eigenes Heim bekomme, sei es durch käufliche Erwerbung von Jagdberg, oder den Bau eigener Anstaltsgebäude. Ebenso wichtig wäre die Erweiterung 2 I. Session der 8. Periode 1897. Beilage I. der Anstalt durch Errichtung eines Lehrlingsheims, in welchen: die Zöglinge der Anstalt zu Handwerkern herangebildet würden. Wenn die Zöglinge die Anstalt nach kürzer Aufenthaltszeit wieder zu verlassen gezwungen sind, so besteht die große Gefahr, dass die auf sie verwendeten Blühen vielfach wieder ver­ loren gehen, indem die schon nach zurückgelegtem schulpflichtigen Alter Austretenden meist sich selbst über­ lassen, ohne Ziel und Leitung nur zu oft wieder auf Abwege gerathen. Bei Erweiterung der Anstalt durch Gründung eines Lehrlingsheims würden aber die Zöglinge eine derartige Weiterbildung erhalten, dass sie bei Verlassen der bezüglichen Anstalten in der Lage wären, für einen angemessenen Lebens­ unterhalt hinreichend sorgen zu können. Was die Höhe des zu votierenden Betrages betrifft, so wäre derselbe nach Ansicht des Landes­ Ausschusses mit Rücksicht auf die Kleinheit des Landes und der zahlreichen anderweitigen Anforderungen, die in nächster Zeit an dasselbe herantreten, mit höchstens 20.000 fl. zu bemessen. Der Betrag wäre in den Jahren 1897 und 1898 in 2 gleichen Raten an den Verein zur Rettung verwahrloster Kinder auszufolgen. Dabei müsste aber durch entsprechende Abänderung der Statuten Vorsorge getroffen werden, dass dieser Betrag bleibend seinem Zwecke erhalten bliebe. Ebenso wäre in den Statuten vorzusorgen, dass ein Delegierter des Landes-Ausschusses Sitz und Stimme in der Vorstandschaft des Vereins erhielte. Nachdem die Erwerbung von Jagdberg, beziehungsweise die Errichtung dem Vereine eigenthümlicher Anstaltsgebäude voraussichtlich erst in einem spätern Zeitraume erfolgen kann, so sollte schließlich festgesetzt werden, dass die mittlerweile aus dein Landesbeitrage eingehenden Interessen zur Hälfte zur Erhöhung des Fondes, zur Hälfte aber zur Gewährung von Freiplätzen oder Herabsetzung der Beiträge für dürftige, vorarlbergische Zöglinge Verwendung zu finden haben. Es wäre zu wünschen, dass außer dem Beitrage des Landes der Anstalt auch anderweitige Unterstützungen in reichlichem Maße zu theil würden. Insbesondere erschiene es zweckmäßig, wenn seitens einzelner Gemeinden Freiplätze für Angehörige derselben gestiftet würden. Es erscheint daher angemessen, wenn die Gemeinden seitens des Landes-Ausschusses auf die Wichtigkeit und den Nutzen der Rettungsanstalt aufmerksam gemacht und zur Spendung von Beiträgen, beziehungsweise Stiftung von Freiplätzen ermuntert werden. Es werden gestellt folgende Anträge: Der hohe Landtag wolle beschließen: „1. Anlässlich des 50 jährigen Regierungs-Jubiläums Sr. Majestät des Kaisers wird für die Rettungsanstalt für jugendliche Personen zum Zwecke der Erweiterung und zur Erwerbung eigener Anstaltsgebüude aus der Landescasse ein Betrag von 20.000 fl. in zwei gleichen in den Jahren 1897 und 1898 auszufolgenden Raten votiert. 2. Die Leistung dieses Betrages wird an die Bedingung geknüpft, dass derselbe seinem bestimmten Zwecke stets erhalten bleibe und dass dem Landes-Ausschuss statuarisch das Recht eingeräumt werde, einen Delegierten mit Sitz und Stimme in die Vorstandschaft des Vereins zu entsenden. 3. Bis zu dem Zeitpunkte der Erwerbung eigener Anstaltsgebäude seitens des die Anstalt leitenden Vereins sind die Interessen des Landesbeitrages zur Hälfte zur Vergrößerung des aus demselbeu zu bildenden Fondes, zur andern Hälfte zur Gewährung von Freiplätzen oder Ermäßigung der Beiträge für dürftige, vorarlbergische Anstalts­ zöglinge zu verwenden. 3 I. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. 4. Der Landes-Ausschuss wird beauftragt, die Vorstehungen der Gemeinden aus die Wichtigkeit und Nützlichkeit der Rettungsanstalt für jugendliche Personen aufmerksam zu machen, und dieselben zu ermuntern, dahinzuwirken, dass insbesondere anlässlich des Kaiserjubiläums, sowohl seitens der Gemeinden als der Privaten die Zwecke der Anstalt, sei es durch Beiträge oder Stiftung von Frciplätzen gefördert werden." Bregenz, am 4. Januar 1896. Der Landes-Airsschuss. Martin Thnrnher, Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 4 Referent.