18990328_ltb00351898_Schulausschussbericht_Schulaufsichtsgesetzentwurf

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Letzte Änderung 02.07.2021, 08:46
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp08,ltb0,lt1898,ltb1898
Dokumentdatum 2021-07-02
Erscheinungsdatum 2021-07-02
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XXXV. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. III. Session, 8. Periode 1899. Beilage XXXV. WovicHI des Tchulausschnsses über den Gesetzentwurf betreffend die Schulaufsicht. Hoher Landtag! Die drei vom Landes-Ausschusse dem hohen Landtage in Vorlage gebrachten Gesetzentwürfe und zwar: a) betreffend die Schulaufsicht, b) betreffend die Errichtung, die Erhaltung und den Besuch der öffentlichen Volksschulen und c) betreffend die Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes an den öffentlichen Volksschulen, bilden ein einheitliches Ganzes und sollen auch als solches der endgiltigen Erledigung zugeführt werden. Wenn dessenungeachtet der Schulausschuss vorerst das Schulaufsichtsgesetz separat in Vorlage bringt, sc> geschieht dieses nur, um die Drucklegilng desselben und die Arbeiten im Landtage selbst einigermaßen zu erleichtern. Die 3. Lesung des Gesetzentwurfes dürfte sonach wohl erst gleichzeitig mit jener Der zwei anderen Gesetzentwürfe vorzunehmen sein. Das vorliegende Schulaufsichtsgesetz hat bei den Berathungen im Schulausschusse nur unbe­ deutende Änderungen erfahren. Es musste bei den bezüglichen Berathungen ja der Hauptsache nach sich an die grundsätzlichen Bestimmungen der ans Grund langer Verhandlungen ausgearbeiteten Landes­ Ausschussvorlage gehalten werden. Aus dem Motivenberichte des Landes-Ausschusses (Beilage XVIII der stenographischen Protokolle) ist zu ersehen, inwieweit den Intentionen des Landtages, dem Lande einen größeren Einfluss auf die Zusammensetzung der Schulbehörden und der Kirche einen größeren Einfluss auf die Schule einzuräumen, entsprochen werden konnte. Der Erfolg der diesbezüglichen Ver­ handlungen ist ein sehr bescheidener, und entspricht der vorliegende Gesetzentwurf keineswegs den be­ rechtigten Forderungen der Bevölkerung und des Landes. Gegenüber dem geltenden Gesetze enthält der Entwurf aber doch nicht unwesentliche Ver­ besserungen. Während im geltenden Gesetze z. B. der Vertreter der katholischen Kirche im Ortsschulrathe gleichsam in die letzte Reihe gesetzt, und ihm sogar das Recht, als Ortsschulaufseher ernannt zu werden, benommen wird, sucht der neue Entwurf die Rechte des Vertreters der katholischen Kirche zu erweitern, ihm einen größeren Wirkungskreis auf dem Gebiete des Schulwesens zu sichern und ihn in die Lage zu versetzen, über die sittlich-religiöse Erziehung der Jugend zu wachen. . 285 Beilage XXXV. XXXV. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Die Bestimmung, dass die Ortsschnlaufseher vom Bezirksschulrathe ohne Beschränkung auf die Mitglieder des Ortsschulrathes aus den im Schulorte wohnenden Personen ernannt werden können, wird wesentlich dazu beitragen, dass in der Folge bei der Wahl der Ortsschnlaufseher niehr als es bisher geschehen konnte, auf angemessene Bildung und Sachkenntnis Rücksicht genommen wird. Der Einfluss des Landes auf die Zusammensetzung der Bezirks- nnb Landesschulräthe ist nach der neuen Vorlage ein etwas erhöhtcrer als nach den geltenden Bestimmungen. Die an der Landes-Ausschussvorlage vorgenoinmenen Änderungen sind nicht von Bedeutung und zumeist mehr formeller Natur. In § 1 des Gesetzes wurde die Bestimmung ausgenommen, dass in jeder Schulgemeinde ein Ortsschulrath zu bestellen sei; damit ist einer Forderung der Regierung Rechnung getragen, die sie noch hinsichtlich dieses Gesetzes stellte (Statthalterei-Note vom 22. Mürz 1899, Nr. 1120, Erlass des Ministeriums für Cultus und Unterrricht vom 20. März 1899, Z. 551). In § 5 wurde für den Fall, als in einer Schulgemeinde gemäß § 7 mehrere Ortsschulräthe bestellt werden sollten, dem Gemeindevorsteher das Recht eingerüumt, sich im OrMchulrathe durch einen Gemeinderath vertreten zu laffen. Der Fall der Creierung mehrerer Ortsschulräthe in einer Gemeinde wird jedoch nur äußerst selten vorkommen, und hätte daher § 7 wohl ganz entfallen können. Der Um­ stand jedoch, dass diese Bestimmung im geltenden Gesetze enthalten ist und in einer Gemeinde des Landes thatsächlich mehrere Ortsschulräthe bestehen, bildete die Veranlassung, den § 7 doch beizu­ behalten. Infolgedessen schien es aber auch angemessen, in § 5 vorzusorgen, für den'Fall der An­ wendung des § 7 dem Gemeindevorsteher das Recht einzuräumen, sich in den bezüglichen Ortsschulrüthen eventuell durch einen Gemeinderath vertreten zu lassen. Hinsichtlich der Art und Weise der Vornahme der Abstimmung im Ortsschulräthe (§ 14), im Bezirksschulrathe (§ 28), so wie im Landesschulrathe (§ 39), wurde eine formelle Änderung nach dem niederösterreichischen, beziehungsweise böhmischen Schulgesetze vorgenommen, um größere Klarheit zu schaffen. Meritorisch wird hiedurch an der Landes-Ausschussvorlage nichts geändert. Die formelle Änderung besteht darin, dass statt der Worte: „bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende" ein­ gesetzt wird: „der Vorsitzende gibt seine Stimme nur bei Stimmengleichheit ab." In dieser Weise wurde aber seit dem nahezu dreißigjährigen Bestände der Schulgesetze immer vorgegangen, und diese Art und Weise der Handhabung und Ausübung der Stimmabgabe vom k. k. Verwaltungsgerichtshofe mit Erkenntnis vom 22. Februar 1893 Z. 688, Budwinsky 7097 ausdrücklich als richtig bezeichnet. In den Entscheidungsgründen wird hervorgehoben, es sei ein allgemeiner Grundsatz bei allen Körper­ schaften mit kollegialer Behandlung, die zur Entscheidung öffentlicher Angelegenheiten berufen sind, dass der Vorsitzende nur bei gleich getheilten Stimmen abzustimmen und hiedurch die Entscheidung herbei­ zuführen habe. Ausnahmen hievon werden in den einzelnen Fällen stets ausdrücklich normiert. Diesem Grundsätze werde auch in jenen Gesetzen Rechnung getragen, in denen bestimmt sei, dass bei Stimmengleichheit der Vorsitzende entscheidet. Ebendeshalb, weil der Vorsitzende bei Stimmengleichheit erst zu entscheiden habe, könne ihm früher ein Recht zur Abstimmung nicht zukommen, da er ja sonst nicht erst bei Stimmengleichheit entscheiden könnte. Wenn in anderen Gesetzen, z. B. im niederösterreichischen und böhmischen ausdrücklich normiert werde, dass der Vorsitzende nur bei Stimmengleichheit seine -Stimme abzugeben habe, so sei dieses allerdings eine präcisere Fassung, aber damit keineswegs ausgeschlossen, dass der diesfalls in einem andern Gesetze mit andern Worten getroffenen Anordnung die gleiche Bedeutung znkomme. Nach diesem Erkenntnis des k. k. Verwaltungs-Gerichtshofes ist es sohin in meritorischer Be­ ziehung ganz irrelevant, ob die bezügliche Bestimmung im bisherigen oder in dem vom Schulausschusse vorgeschlagenen Wortlaute Aufnahme findet, nur bezeichnet der Verwaltungs-Gerichtshof selbst die letztere Fassung als die präcisere. In § 34 wurde insofern eine Änderung vorgenommen, als die Vertreter des Landes-Ausschusses nicht gerade ihm selbst zu entnehmen sind, sondern frei gewählt werden können. Diese Bestimmung hat auch Aufnahme in andern Landesgesetzen z. B. int böhmischen gefunden, während nach dem 286 Beilage XXXV. III. Session der 8. Periode 1899. tirolischen ein Theil der Mitglieder ans der Mitte des Landes-Ausschusses zu entnehmen, der andere frei zu wühlen ist. Durch die vom Schulausschusse beantragte Aenderung wird bewirkt, dass der Landes­ Ausschuss bei der zu treffenden Wahl nicht auf einen ganz engen Kreis angewiesen ist; es bleibt ihm übrigens unbenommen nach wie vor die zu Wählenden aus seiner Mitte zu entnehmen. Infolge dieser vorgeschlagenen Änderung mussten auch die Bestimmungen über die Ersatzmänner entsprechend modificiert werden. § 44 wurde dahin geändert, dass das Gesetz mit dem Tage der Kundmachung in Wirksamkeit zu treten habe. Wenn auch daran festgehalten wird, dass alle drei Gesetze gleichzeitig in Wirksamkeit zu treten haben, so muss in einem derselben doch ein bestimmter Termin festgesetzt werden, indem bei Nichtbestimmung desselben nach den bestehenden allgemeinen gesetzlichen Vorschriften die Wirksamkeit der Gesetze erst in einem bestimmten Zeitpunkte nach erfolgter Kundmachung derselben beginnen würde. Die übrigen vorgeschlagenen Aenderungen sind unwesentlicher Natur und bedürfen keinerlei weiterer Begründung. Auf Grund dieser Ausführungen stellt der Schulausschuss den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: • „Dem beiliegenden Gesetzentwürfe, betreffend die Schulaufsicht wird die Zustinimung ertheilt." Bregenz, am 28. März 1899. Johann Kohler, Martin Thurnher, Obmaun - Stellvertreter. Berichterstatter. Minoritäts-vstunr. Der hohe Landtag wolle beschließen: 1. „Es habe in § 11, „nehmen" zu heißen: schulrathe bestellt." al. 1 anstatt der Stelle vom Worte „welcher" bis einschließlich „als solcher wird ein Mitglied des Ortsschulrathes vom Bezirks- 2. a) § 23 d habe zu lauten: „aus zwei Fachmännern im Lehramte", und dann weiters wie alinea c § 19 Landesgesetz vom 8. Februar 1869 L. G. B. Nr. 14, bis ein­ schließlich des Wortes „gewählt". b) anstatt der in vorliegendem Entwnrfe unter e des § 23 enthaltenen Bestimmung nach­ stehende zum größten Theile dem Tiroler Schnlaufsichtsgesetze entnommene Bestimmung einzuführen: 287 XXXV. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. III. Session. 8. Periode 1899. c) „aus zwei von einer Versammlung von Gemeindevertretern mit absoluter Stimmenmehrhcit in geheimer Abstimmung gewählten Mitgliedern. Wahlberechtiget in dieser Versammlung sind die Vorsteher (Bürgermeister) der im Schulbezirke befindlichen Orts­ gemeinden oder deren Stellvertreter, und falls eine Gemeinde mehr als 1000 Einwohner zählt, noch je ein zweiter vom Gemeindeausschusse gewählter Vertreter. Wahlort ist der Sitz der Bezirkshauptmannschaft. Wählbar sind alle jene, welche fähig sind, in die Gemeindevertretung einer im Schulbezirke befindlichen Ortsgemeinde gewählt zu werden. Der Verlust dieser Wählbarkeit bedingt das Ausscheiden aus dein Bezirksschulrathe." 3. Der letzte Absatz des 34 des Entwurfes vom Worte „Im" bis einschließlich „Vorsitzende" habe zu entfallen." Bregenz, 29. März 1899. Dr. v. Preu. Truck von I, N. Teutsch, Bregenz. 288 XXXV A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Hl. Session, 8. Periode 1899. Beilage XXXV A. Gesetz vom . . . . , wirksam für das Land Vorarlberg betreffend die Schulaufsicht. Über Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde Ich anzuordnen, wie folgt: I. Der Ortsschulrath. § 1. Für jede Schulgemeinde wird ein Ortsschulrath bestellt. Dem Ortsschulrathe kommt die unmittelbare Aufsicht über die innerhalb der Schulgemeinde stehenden öffentlichen Volksschulen und Kindergärten (-Bewahranstalten), dann über die mit den öffent­ lichen Volksschulen verbundenen speciellen Lehrenrse und Fortbildnngscurse für Mädchen zu. Von der Wirksamkeit des Ortsschulrathes sind die mit den Lehrerbildungsanstalten verbundenen Übungsschulen, dann sämmtliche Privatschulen, sowie die Anstalten für nicht vollsinnige und verwahrloste Kinder ausgenonimen. § 2. Der Ortsschulrath besteht aus Vertretern der katholischen Kirche, der Schule, der die Schulge­ meinde bildenden Ortsgemeinden und aus dem Ortsschulaufseher (den Ortsschulaufsehern). Außerdem ist der Schulpatron, wo ein solcher besteht, berechtiget, als Mitglied in den Ortsschulrath einzutreten und an den Verhandlungen desselben persönlich oder durch einen Stellvertreter mit Stimmrecht theilzunehmen. 289 Beilage XXXV A. XXXV A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. § 3. Die religiösen Interessen der Schuljugend werden von Seite der katholischen Kirche im Ortsschulrathe vertreten durch den Seelsorger, in dessen Seelsorge­ gebiet die Schule liegt, oder den von der kirchlichen Oberbehörde bezeichneten Priester. Befinden sich in einer Schulgemeinde mehrere in verschiedenen Seelsorgegebieten gelegene Schulen, so entscheidet die kirchliche Oberbehörde, welcher von den Seelsorgern dieser Gebiete in den Ortsschulrath einzutreten hat. Es nehmen.jedoch auch die andern Seelsorger an den ihre Schulen betreffenden Verhandlungen mit berathender Stimme theil. § 4. Der Vertreter der Schule im Ortsschulrathe ist der Leiter der Schule. Unterstehen dem Ortsschulrathe mehrere Schulen, so tritt der Leiter der unter diesen Schulen in der Kategorie am höchsten stehenden in den Orts­ schulrath. Bei gleicher Kategorie der Schulen bestimmt der Bezirksschulrath denjenigen Leiter, welcher in den Ortsschulrath einzutreten hat; es nehmen jedoch auch die Leiter der andern Schulen an den ihre Anstalt betreffenden Verhandlungen mit berathender Stimme theil. Wird eine öffent­ liche Schule durch Lehrkräfte versehen, welche einem geistlichen Frauenorden oder einer geistlichen FrauenCongregation angehören, so steht es der Leiterin dieser Schule zu, sich an den Verhandlungen des Ortsschulrathes über diese Schule durch einen Ver­ treter mit berathender Stimme zu betheiligen. § 5. Die Vertreter der Ortsgemeinde im Ortsschnlrathe werden von dem Gemeindeausschusse, und wenn derselben Schulgemeinde mehrere Ortsgemeinden ganz oder zum Theile angehören, von den betheiligtcn Gemcindeausschüssen über Aufforderung des Vor­ sitzenden des Bezirksschulrathes nach den Bestim­ mungen der Gemeindeordnung gewählt. Außerdem tritt der Gemeindevorsteher des Schulortes als solcher in den Ortsschulrath ein. In den Füllen des § 7 kann sich der Gemeindevorsteher durch einen Gemeinderath vertreten lassen. Die Zahl der Vertreter betrügt mindestens zwei und höchstens fünf; dieselbe wird vom Bezirks- 290 Beilage XXXV A. III. Session der 8. Periode 1899. schulrathe bestimmt und auf die betreffenden Orts­ gemeinden mit Berücksichtigung der Besteuerung und der Zahl der Bevölkerung derselben vertheilt. Die Gemeindevertretung des Schulortes wählt außerdem zwei Ersatzmänner. Die Wahlen erfolgen auf die Dauer von sechs Jahren. Die Gewählten verbleiben auch nach Ab­ lauf dieser Zeit bis zur Constituierung des neuen Ortsschulrathes im Amte. Die Wiederwahl ist zulässig. Im Falle des Ausscheidens eines Gewühlten ist sofort eine Ersatzwahl auf die noch übrige Dauer der Functionsperiode vorzunehmen. § 6. Wählbar sind alle Jene, welche fähig sind, in die Gemeindevertretung einer dem Ortsschulrathe zugewiesenen Gemeinde gewählt zu werden. Der Verlust dieser Wählbarkeit hat das Ausscheiden aus dem Ortsschulrathe zur FolgeDie Wahl in den Ortsschulrath kann nur der­ jenige ablehnen, welcher berechtigt wäre, die Wahl in die Gemeindevertretung abzulehnen, oder welcher die letzten sechs Jahre hindurch Mitglied des Orts­ schulrathes war. § 7. Schulgemeinden, in welchen mehrere Schulen bestehen, können durch den Bezirksschulrath nach An­ hörung der Gemeindevertretung in mehrere Schul­ kreise getheilt werden. In diesenr Falle wird für jeden dieser Schulkreise ein besonderer Ortsschulrath mit Beachtung der vorstehenden Bestimmungen ge­ wählt werden. § 8. In Schulgemeinden, in denen Kinder, welche nicht der katholischen Kirche angehören, die öffent­ lichen Volksschulen besuchen, hat der Ortsschulrath einen von ihm gewühlten Beirath der betreffenden Confession zu jenen Verhandlungen, welche die religiösen Interessen dieser Kinder zum Gegenstände haben, beizuziehen. § 9- Der Ortsschulrath ist verpflichtet, für die Be­ folgung der Schulgesetze sowie der Anordnungen der höheren Schulbehörden und für die denselben 291 Beilage XXXV A. XXXV A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtage-. entsprechende zweckmäßige Einrichtung des Schul­ wesens im Orte zu sorgen. Insbesondere hat derselbe: 1. dafür zu sorgen, dass die Lehrer ihre Gehalts­ bezüge in der gehörigen Weise, zu rechter Zeit und ungeschmälert erhalten; 2. die Verwaltung des etwa vorhandenen Localschulfondes, sowie des Schulstiftungs-Ver­ mögens, soweit darüber nicht andere Be­ stimmungen stiftungsgemäß getroffen sind, zu überwachen; • 3. das Schulgebäude, die Schulgründe und das Schnlgerüthe zu beaufsichtigen und das er­ forderliche Inventar zu führen; 4. für die Beschaffung und Instandhaltung der von der Schulgemeinde zu leistende» Schul­ erfordernisse Sorge zu tragen; 5. die Schulbücher und andere Unterstützungsntillel für arme Schulkinder zu besorgen, für die Anschaffung und Instandhaltung der Schulgeräthe, die nöthigen Lehrmittel und sonstigen Unterrichtserforderniffe Sorge zu tragen; 6. die jährlichen Voranschläge für die Dotations­ und sonstigen Schulerfordernisse, soweit hiefür nicht besondere Organe bestellt sind, zu ver­ fassen, dieselben an die Gemeindevertretung zu leiten, und über die empfangenen Gelder Rechnung zu legen; 7. für die sichere Aufbewahrung der der Schule gehörigen Wertpapiere, Urkunden, Fassionen u. s. w. Sorge zu tragen; 8. die jährliche Schulbeschreibung zu verfassen, über die Aufnahme von Kindern aus fremden Schulsprengeln zu entscheiden, den Schulbesuch auf jede mögliche Art zu fördern und die Strafen wegen Vernachlässigung desselben zu verhängen; 9. die durch den Lehrplan festgesetzten wöchent­ lichen Lehrstunden auf die einzelnen Tage der Woche zu «ertheilen und zu bestimnien, zu welchen Tagesstunden der Unterricht zu er­ theilen sei; 10. die Einhaltung der vorgeschriebenen Unter­ richtszeit zu überwachen; 11. die Disciplin in den Schulen, sowie das Betragen der Schuljugend außerhalb der Schule zu überwache», Beschwerden über den 292 Beilage XXXV A. III. Session der 8. Periode 1899. Lebenswandel des Lehrpersonals zu prüfen, beziehungsweise die geeigneten Schritte zur Abhilfe einzuleiten; 12. den Lehrern hinsichtlich ihrer Amtsführung die thunlichste Unterstützung angedeihen zu lassen; 13. Streitigkeiten der Lehrer unter sich und mit der Gemeinde oder mit einzelnen Gemeinde­ gliedern, soweit sie aus den Schulverhältnissen erwachsen, nach Thunlichkeit auszugleichen; 14. Auskünfte und Gutachten an die Gemeinde­ vertretung und die vorgesetzten Behörden zu erstatten, an welche der Ortsschulrath auch Anträge zu stellen jederzeit berechtiget ist; 15. bei Besetzung der Lehrerstellen nach Anord­ nung des Gesetzes mitzuwirken; 16. den Lehrpersonen Urlaub bis zu 3 Tagen zu gewähren. Außerdem steht dem Ortsschulrathe jener Wir­ kungskreis zu, der ihm durch die übrigen Schul­ gesetze zugewiesen ist. § 10. Die Mitglieder des Ortsschulrathes wählen aus ihrer Mitte mit absoluter Stimmenmehrheit einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter. Dem Ver­ treter der Kirche steht es frei, die auf ihn gefal­ lene Wahl abzulehnen. Die Lehrer an den Volks­ schulen können als Vorsitzende oder deren Stell­ vertreter nicht gewählt werden. Ist sowohl der Vorsitzende als auch dessen Stellvertreter verhin­ dert, so führt das älteste unter den Mitgliedern des Ortsschulrathes den Vorsitz. Die Konstituierung des Ortsschulrathes ist den Gemeindevertretungen der der Schulgemeinde an­ gehörigen Ortsgemeinden und dem Bezirksschulrathe anzuzeigen. § n. Der Ortsschulrath besorgt die ihm obliegende Schulaufsicht durch den Ortsschulaufseher, welches nach Anhörung der eingeschulten Ortsgemeinden von dem Bezirksschulrathe aus den im Schulorte wohnenden Personen, mit Ausnahme der Lehrer an den Volksschulen, auf die Functiousdauer des Ortsschulrathes ernannt wird. Hiebei ist auf an­ gemessene Bildung und Sachkenntnis besonders Rücksicht zu nehmen. Wo sich die Wirksamkeit des Ortsschulrathes auf mehrere Schulen erstreckt, können mehrere Ortsschulaufseher bestellt werden. 293 Beilage XXXV A. XXXV A. der Beilagen zu den steiiogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Der Ortsschulaufseher ist kraft seiner Ernen­ nung Mitglied des betreffenden Ortsschulrathes, und sollte er diese Eigenschaft bereits als Vertreter der Ortsgemeinde besitzen, so erlischt mit seiner Ernennung dieses Mandat und ist für dasselbe die Neuwahl vorzuuehmen. Die Functionen des Vorsitzenden des Ortsschul­ rathes und die des Ortsschulaufsehers können nicht in einer Person vereinigt werden. § 12. Der Ortsschulaufseher ist zum öftern Besuche der Schule verpflichtet; er hat sich mit dem Leiter der Schule in stetem Einvernehmen zu halten und seine Wahrnehmungen dem Ortsschulrathe mitzutheilen. An Schulen, an denen sich mehrere Lehrer befinden, ist er berechtigt den Lehrerconferenzen beizuwohnen. Die Schulen zu besuchen, um von dem Zu­ stande derselben Kenntnis zu nehmen, sind alle Mitglieder des Ortsschulrathes berechtigt. In Aus­ übung dieses Rechtes und behufs Erfüllung der durch § 3 dieses Gesetzes gestellten Aufgabe steht es deni Vertreter der katholischen Kirche im Orts­ schulrathe insbesondere zu, sich jederzeit auch von dem Stande der sittlich-religiösen Erziehung Kennt­ nis zu verschaffen und über etwa wahrgenommene Gebrechen im Ortsschulrathe Mittheilung zu machen, beziehungsweise Anträge zu stellen. Die Befugnis Anordnungen zu treffen, steht jedoch bloß dem gejammten Ortsschulrathe inner­ halb seines Wirkungskreises zu. § 13. Der Ortsschulrath versammelt sich in der Regel einmal im Monate zu einer ordentlichen Sitzung. Der Vorsitzende kann aber jederzeit, und er muss, wenn zwei Mitglieder es verlangen, eine außer­ ordentliche Versammlung einberufen. § 14. Zu jeder Sitzung sind sämmtliche Mitglieder des Ortsschulrathes einzuladen. Zur Beschluss­ fähigkeit wird die Anwesenheit der Mehrzahl der Mitglieder erfordert. Kommt zu einer Sitzung die beschlussfähige Anzahl nicht zusammen, und kann dieselbe nicht sofort durch Einberufung der III. Session der 8. Periode 1899. Beilage XXXV A. Ersatzmänner erzielt werden, so hat der Vorsitzende binnen 8 Tagen die Mitglieder, und zwar unter Androhung einer Geldstrafe von 1 bis 10 Gulden für den Fall nicht genügender Entschuldigung des Ausbleibens einzuberufen und gleichzeitig die Ersatz­ männer soweit nothwendig einzuladen. Die Ver­ hängung der Geldstrafe steht in diesem Falle dem Vorsitzenden zu, und fallen die im politischen Wege einzuhebenden Strafbeträge in den Localschulfond. Die Beschlüsse werden durch absolute Stimmen­ mehrheit gefasst. Der Vorsitzende gibt nur bei Stimmengleichheit seine Stimme ab. Über die Sitzung ist ein einfaches Protokoll zu führen. Der Vorsitzende vertritt den Ortsschulrath nach außen und hat für die pflichtmäßige Erfüllung des Wirkungskreises des Ortsschulrathes Sorge zu tragen; er vertheilt nach Bedarf die Geschäfte an die übrigen Mitglieder, vollzieht die Beschlüsse und besorgt die laufenden Geschäfte. Er ist be­ rechtiget die Ausführung 'von Beschlüssen, welche den bestehenden Vorschriften zuwiderlaufen, einzu­ stellen, hat aber solchenfalls den Gegenstand binnen drei Tagen an den Bezirksschulrath zur Entscheidung zu leiten. Beschwerden gegen Beschlüsse und Verfügungen des Ortsschulrathes gehen an den Bezirksschulrath. Dieselben sind binnen vierzehn Tagen nach Er­ öffnung beim Ortsschulrathe einzubringen und haben aufschiebende Wirkung, wenn es sich nicht um Anordnungen handelt, deren Vollzug ohne Gefähr­ dung der Gesundheit der Schüler oder eines sonstigen öffentlichen Interesses nicht verschoben werden kann; handelt es sich um solche Anord­ nungen, so ist dies in der Erledigung ausdrücklich mit dem Bedeuten anzuführen, dass die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat. § 15. Mitglieder des Ortsschulrathes dürfen bei der Berathung und Abstimmung über Angelegenheiten, welche ihre persönlichen Angelegenheiten betreffen, nicht anwesend sein. § 16. In Angelegenheiten, die so dringlich sind, dass weder die nächste ordentliche Sitzung abgewartet, noch eine außerordentliche einberufen werden kann, 295 Beilage XXXV A. XXXV A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. darf der Vorsitzende selbständig Verfügungen treffen, er muss jedoch in der nächsten Sitzung die Ge­ nehmigung des Ortsschulrathes einholen. § 17. Die Mitglieder des Ortsschulrathes haben auf ein Entgelt für die Besorgung der Geschäfte keinen Anspruch. Für die damit verbundenen baren Auslagen wird ihnen der Ersatz von der Schulgemeinde geleistet. § 18. Die ungerechtfertigte Verweigerung des Ein­ trittes in den Ortsschulrath (§ 6), sowie der Über­ nahme des Amtes und der Geschäfte des Vor­ sitzenden oder beffeii Stellvertreters (§ 10) seitens der Vertreter der Ortsgemeinden wird vom Bezirksschulrathe mit einer Geldbuße bis zu 100 st. bestraft, und es ist zugleich die Neuwahl vor­ zunehmen. Der Landesschulrath kann sowohl beit Vor­ sitzenden, als auch die Mitglieder des Ortsschnlrathes, wenn sie ihre Pflichten vernachlässigen oder verletzen, mit Ordnungsstrafen bis zu 100 ft. belegen. Der Ortsschnlaufseher kann, wenn er seine Pflichten nicht erfüllt, vom Bezirksschulrathe seines Amtes enthoben werden. § 19. Wenn ein Ortsschulrath die ihm obliegenden Aufgaben in erheblicher Weise vernachlässigt, die Weisungen der höheren Schulbehörden in Vollzug zil setzen verweigert, oder wenn ihm überhaupt die Besorgung der Geschäfte ohne Gefährdung der Aufgaben der Schule iticht weiter überlassen werden kann, so ist der Landesschulrath berechtigt, denselben über Antrag oder nach Anhörung des Bezirksschulrathes aufzulösen. Gleichzeitig sind die nöthigen Vorkehrungen für die provisorische Fort­ führung der Geschäfte und für die Neuwahl und Konstituierung des neuen Ortsschulrathes zu treffen. § 20. Die nach den obigen Bestimmungen auferlegten Geldstrafen werben im politischen Wege eingebracht und fließen in den Localschulfond. 296 Beilage XXXV A. III. Session der 8. Periode 1899. II. Der Bezirksschulrath. § 21. Die nächst höhere Aufsicht über die dem Orts' schulrathe unterstehenden öffentlichen Volksschulen und Anstalten wird von dem Bezirksschulrathe geführt. Über die in das Gebiet des Volksschulwesens gehörigen Privatschulen und Anstalten inclusive jener für nicht vollsinnige und verwahrloste Kinder steht dem Bezirksschulrathe die unmittelbare Auf­ sicht zu. § 22. Die Schulbezirke fallen dem Umfange nach mit den politischen Bezirken zusammen. Sollte eine Gemeinde des Landes im Laufe der Zeit'ein eigenes Statut erhalten, so wird im Wege eines Speciallandesgesetzes die Bildung eines eigenen Schulbezirkes für dieselbe verfügt und die Art und Weise der Zusammensetzung des bezüg­ lichen Bezirksschulrathes festgesetzt werden. § 23. Der Bezirksschulrat!) besteht: a) aus dem Vorsteher der politischen Bezirks­ hörde als Vorsitzenden; der Stellvertreter desselben ist derjenige, der ihn in der Amts­ leitung der politischen Bezirksbehörde vertritt; b) aus einem Vertreter der katholischen Kirche, welcher über Einladung des Vorsitzenden von der kirchlichen Obcrbehörde aus den im Schul­ bezirke wohnhafen Geistlichen ernannt wird; c) aus dem Bezirksschulinspector, bezw. den Bezirksschulinspectoren (§ 29); d) aus einem Fachmanne im Lehramte, welcher von der Bezirksconfercnz der Lehrer in ge­ heimer Abstimmung gewählt wird; e) aus zwei vorn Laudes-Ausschusse gewählten Mitgliedern. Wählbar sind alle jene, welche fähig sind, in die Gemeindevertretung einer inl Schulbezirke befindlichen Gemeinde gewühlt zu werden; der Verlust dieser Wählbarkeit hat das Ausscheiden aus dem Bezirksschul­ rathe zur Folge. Für jedes der unter lit. e bezeichneten Mitglieder wird vom Landes-Ausschusse ein Ersatzmann gewählt. Hinsichtlich der Wähl­ barkeit gelten die gleichen Bestimmungen wie hinsichtlich jener der Mitglieder. 297 Beilage XXXV A. XXXV A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages 1899. § 24. In Bezirken, in denen Kinder, welche nicht der katholischen Kirche angehören, die Schulen besuchen, hat der Bezirksschulrath einen von ihin gewählten Beirath der betreffenden Confession zn jenen Verhandlungen, welche die religiösen Interessen dieser Kinder zum Gegenstände haben, beizuziehen. § 25. Die unter lit. b, d und e des § 23 statt­ findenden Ernennungen und Wahlen sowie die im Schlussabsatze des § 23 vorgesehenen Ersatz­ männerwahlen unterliegen der Bestätigung durch den Landeschef und gelten ans sechs Jahre. Die ernannten und erwählten Mitglieder und Ersatz­ männer verbleiben auch nach Ablauf dieser Zeit bis zur erfolgten neuen Ernennung beziehungsweise Neuwahl im Amte. § 26. Zum gehört: Wirkungskreise des Bczirksschulrathes 1. Die Vertretung der Interessen des Schul­ bezirkes nach außen, die genaue Evidenzhaltung des Standes des Schulwesens im Bezirke, die Sorge für gesetzliche Ordnung im Schulwesen und die möglichste Verbesserung desselben überhaupt und jeder Schule insbesondere; 2. Die Sorge für die Verlautbarung der in Volksschulangelegenheiten erlassenen Gesetze und Anordnungen der höheren Schulbehörden sowie für den Vollzug derselben; 3. die Leitung der Verhandlungen über die Regulierung und Erweiterung der bestehenden so­ wie über die Errichtung neuer Schulen, über Ausund Einschulungen, über die Richtigstellung der Schulfassionen, die Oberaufsicht über die Schul­ bauten und überhaupt über die Beschaffung der sachlichen Erfordernisse der Volksschulen; 4. Die Ausübung des Schutzrechtes des Staates über die Localschulfonde und Schulstiftnngen, so­ weit dazu nicht besondere Organe bestimmt sind, oder diese Wirksamkeit einer anderen Behörde vor­ behalten ist; 5. der Schutz der Schulen und der Lehrer in allen ökonomischen Beziehungen, die Entscheidung in erster Instanz in Angelegenheiten der Dienst­ bezüge, die Versorgungsgebüren, insofern diese 298 Beilage XXXV A. III. Session der 8. Periode 1899. Bezüge itiib Gebären nicht aus Staats- oder Landes­ mitteln, beziehungsweise aus dem Lehrerpensionsfonde zu leisten sind; 6. die provisorische Besetzung erledigter Lehr­ stellen und die provisorische Versetzung der Lehr­ personen aus Dienstesrücksichten nach Anhörung des betreffenden Ortsschulrathes, die Bestellung der Nebenlehrer und der Lehrerinnen für weibliche Handarbeiten über Vorschlag desselben, ferner die in den Schulgesetzen normierte Mitwirkung bei definitiver Besetzung erledigter Lehrstellen; 7. die Antragstellung über Verleihung von Dienstalterszulagen, Remunerationen und Aushilfen an die Lehrpersonen des Schulbezirkes; 8. die Untersuchung der Dieustesvergeheu des Lehrpersonals und nach Erfordernis die Antrag­ stellung an den Landesschulrath; 9. die Beförderung der Fortbildung des Lehr­ personals, die Veranstaltung der BezirkslehrerConferenzen, die Aufsicht über die Lehrmittel, die Schul- und Lehrerbibliotheken; 10. die Urlaubsertheilung bis zu drei Monaten und die Ausstellung der Verwendungszeugnisse au Lehrpersonen; 11. die Anordnungen zur Constituierung der Ortsschulrüthe, die Ernennung der Ortsschulaufseher, die Förderung und Überwachung der Wirksamkeit derselben; 12. die Veranlassung außerordentlicher Jnspectionen der Schulen; 13. - die nach Anhörung des Ortsschulrathes vorzunehmende Festsetzung des den Ortsverhältnissen angemessenen Zeitpunktes für die gesetzlichen Ferien bei den öffentlichen Volksschulen; 14. die Erstattung von Gutachten, Auskünften, Anträgen und periodischen Schulberichten an den Landesschulrath. Außerdem steht dem Bezirksschulrathe derjenige Wirkungskreis zu, der ihm durch die übrigen Schul­ gesetze zugewiesen ist. § 27. Der Bezirksschulrath versammelt sich in der Regel alle zwei Monate zu einer ordentlichen Sitzung. Der Vorsitzende kann aber jederzeit, und er muss auf Antrag zweier Mitglieder eine außerordentliche Versammlung einberufen. 299 Beilage XXXV A. XXXV A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages Alle Angelegenheiten, rücksichtlich deren eine Entscheidung zu treffen oder ein Antrag zu erstatten ist, werden in Sitzungen behandelt. In unaufschiebbaren Fällen kann der Vorsitzende auch rücksichtlich derjenigen Angelegenheiten, welche collegialisch zu behandeln sind, unmittelbar Verfüg­ ungen treffen, er muss jedoch hinsichtlich der Fort­ dauer derselben in der nächsten Sitzung die Ge­ nehmigung des Bezirksschulrathes einholen. § 28. Zur Beschlussfähigkeit wird die Einladung sämmtlicher Mitglieder unter Mittheilung der Tagesordnung und die Anwesenheit der Mehrheit derselben erfordert. Bei Verhinderung eines der im § 23e bezeich­ neten Mitglieder ist für den Fall, als die Verhin­ derung rechtzeitig zur Kenntnis des Vorsitzenden gebracht wird, der für dasselbe bestimmte Ersatz­ mann einzuberufen. Das ungerechtfertigte Ausbleiben eines Mit­ gliedes von den Sitzungen kann vom Landesschulrathe mit einer Geldbuße bis 20 Guide» geahndet werden; die eingehenden Geldbeträge werden im politischen Wege eingebracht und fließen in den Normalschulfond. Die Beschlüsse werden durch absolute Stimmen­ mehrheit gefasst. Wenn niehrere Bezirksschulinspectoren bei der Sitzung anwesend sind, so hat jeder nur bezüglich jener Angelegenheiten, welche den ihm zugewiesenen Jnspectionsbezirk betreffen, das Stimmrecht auszuüben. Der Vorsitzende gibt seine Stimme nur bei Stimmengleichheit ab; der­ selbe ist auch berechtiget, die Ausführung von Be­ schlüssen, die den bestehenden Vorschriften zuwider­ laufen, einzustellen, er hat jedoch hierüber längstens binnen drei Tagen die Entscheidung des Landesschulrathes einzuholen. Mitglieder des Bezirksschulrathes dürfen bei der Berathung und Abstimmung über Angelegen­ heiten, welche ihre persönlichen Interessen betreffen, nicht anwesend sein. Beschwerden gegen Beschlüsse und Entscheidungen des Bezirksschulrathes gehen an den Landesschulrath. Dieselben sind binnen 14 Tagen nach Eröffnung beim Bezirksschulrathe einzubringen und haben auf­ schiebende Wirkung, insofern es sich nicht uni An­ ordnungen handelt, deren Vollzug uchne Gefährdung 300 Beilage XXXV A. Hf. Session der 8. Periode 1899. der Gesundheit der Schüler oder eines sonstigen öffentlichen Interesses nicht verschoben werden kann; handelt es sich um solche Anordnungen, so ist dies in der Erledigung ausdrücklich mit dem Bedeuten anzuführen, dass die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat. § 29. Die dem Staate zustehende Aufsicht über das Volksschulweseu des Schulbezirkes wird in Bezug auf Erziehung und Unterricht zunächst durch den Bezirksschulinspector ausgeübt. Der Bezirksschulinspector wird auf Grund eines Ternovorschlages des Landesschulrathes vom Minister für Cultus und Unterricht ernannt. Jedem Bezirksschulinspector wird ein Jnspectionsbezirk zugewiesen; dieser Jnspectionsbezirk kann entweder einen oder mehrere Schulbezirke umfassen, oder es können für einen Schulbezirk nach Bedürfnis zwei oder mehrere Jnspectoren bestellt werden. Den Jnspectionsbezirk bestimmt über Antrag des Landesschulrathes der Minister für Cultus und Unterricht. Werden die Bezirksinspectoren dem Bezirksschulrathe entnommen, so erlischt mit ihrer Ernennung ihr bisheriges Mandat im Bezirksschulrathe, und es ist wegen der Ergänzung der Zahl der Mit­ glieder das Entsprechende vorzukehren. Der Minister für Cultus und Unterricht kann nach Anhörung oder über Antrag des Landesschul­ rathes den Bezirksschulinspector jederzeit vom Amte entheben. Wird der Bezirksschulinspector dem Lehrpersonale der Volksschule entnommen, so wird ihm nach Er­ fordernis vom Landesschulrathe auf die Dauer dieser Function die nothwendige Aushilfe bei dem • Unterrichte an der eigenen Schule auf Kosten des Normalschulfondes beigegeben. Die Beaufsichtigung des Religionsunterrichtes uud der religiösen Übungen steht der kirchlichen Oberbehörde zu; die staatliche Aufsicht hat sich diesbezüglich lediglich auf die Wahrung der allge­ meinen Schul- und Unterrichtsordnung zu beschränken. § 30. Die besonderen Obliegenheiten des Bezirksschulinspectors sind: 1. Der Bezirksschulinspector ist zur periodischen Jnspection der Schulen seines Bezirkes berufen und 301 Beilage XXXV A. XXXV A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. hat dabei wahrgenommenen Gesetzwidrigkeiten und Übelständen, soweit thunlich, sofort abzuhelfen. Bei dem Besuche der ihnr zugewiesenen öffentlichen Schulen hat derselbe seine Aufmerksamkeit vorzugs­ weise zu richten: a) auf die Wirksamkeit der Ortsschulräthe und der Ortsschulaufseher; b) auf die Beobachtung der gesetzlichen Bestim­ mungen bei Aufnahme und Entlassung der Schulkinder; c) auf die Tüchtigkeit, den Fleiß und das Ver­ halten des Lehrpersonals, auf die berufliche Fortbildung der Lehrpersonen und deren et­ waige Nebenbeschäftigung; d) auf den Schulbesuch, auf die Einhaltung des Lehrplanes, auf die Lehrmethode, auf die Fortschritte der Schulkinder im Allgemeinen ltnd in den einzelnen Unterrichtsgegenständen, ferner auf die in der Schule herrschende Disciplin, Ordnung und Reinlichkeit; e) auf die eingeführten Schulbücher, Lehrmittel und Lehrbehelfe und auf die innere Einrich­ tung der Schule; f) auf die ökonomischen Verhältnisse der Schule, auf den Bauzustand des Schulhauses, auf die Beschaffenheit der Schullocalitäten, der Schulgärten und der Schnleinrichtnng. Der Bezirksschulinspector ist befugt, von den Protokollen des Ortsschulrathes Einsicht zu nehmen und denselben durch den Vorsitzenden zu einer Sitzung einzuberufen. Er hat den Lehrern in didaktisch-pädagogischen Angelegenheiten Rathschläge zu geben und zur Ab­ stellung der in dieser Beziehung wahrgenommenen Übelstände an Ort und Stelle, jedoch nicht vor den Schülern, mündliche Weisungen zu ertheilen nnd bei Pflichtwidrigkeiten mit Warnungen gegen die Lehrer vorzugehen. Das Lehrpersonal ist verpflichtet dem Bezirks­ schulinspector Auskunft zu geben und den.münd­ lichen Weisungen desselben Folge zu leisten. 2. Bei dem Besuche von Privat-Lehr- und Erziehungsanstalten hat der Bezirksschulinspector darauf zu sehen, ob dieselben den Bedingungen, unter denen sie errichtet wurden, entsprechen und die Grenzen ihrer Berechtigung nicht überschreiten. 3. Die Bezirksschulinspectoren haben jedesmal nach der Jnspection der Schulen Bericht über ihre Beilage XXXV A. III. Session der 8. Periode 1899. Wirksamkeit an den Bezirksschulrath unter Bei­ fügung der erforderlichen Anträge und unter An­ führung der an Ort und Stelle ertheilten Wei­ sungen zu erstatten. Diese Berichte sind vom Bezirksschulrathe in der nächsten Sitzung in Verhandlung zu nehmen. 4. Der Bezirksschulinspector leitet die Bezirkslehrerconferenzen. 5. Er führt das Referat über die didaktisch­ pädagogischen Geschäfte des Bezirksschulrathes und über die Besetzung erledigter Lehrstellen. 6. Er unterzeichnet nebst dem Vorsitzenden die Verwendungszeugnisse für die Lehrpersonen. Der Bezirksschulrath ist verpflichtet, allen Anträgen, welche sich auf definitive Besetzung erledigter Lehr­ stellen, auf Gewährung von Dienstalterszulagen, auf Altersversorgung oder Disciplinarbehandlung des Lehrpersonales beziehen, das Gutachten des Bezirksschulinspectors beizufügen. § 31. Neben dem Bezirksschulinspector sind auch die übrigen Mitglieder des Bezirksschulrathes berechtiget, unter der im § 12, Abs. 3, erhaltenen Be­ schränkung die dem Bezirksschulrathe unterstehenden Schulen des Bezirkes zu besuchen. In Ausübung dieses Rechtes und im Sinne des § 3 dieses Gesetzes steht es dem Vertreter der Kirche (§ 23, lit. b) insbesondere zu, sich jederzeit auch von dem Stande der sittlich-religiösen Erziehung Kenntnis zu verschaffen und über etwa wahrgenommene Gebrechen im Bezirksschulrathe Mittheilung zu machen beziehungsweise Anträge zu stellen. Sofern die von der kirchlichen Oberbehörde zur Beaufsichtigung des Religionsunterrichtes und der religiösen Übungen aufgestellten Organe innerhalb ihres Wirkungskreises Anlass zu Beschwerden fin­ den, so steht es ihnen zu, dieselben an den Vor­ sitzenden des Bezirksschulrathes zu letten, welcher verpflichtet ist, sie im Bezirksschulrathe zur Ver­ handlung zu bringen. § 32. Dem Bezirksschulrathe und dem Bezirksschul­ inspector kommt das Prädikat „k. k." zu. Der Vorsitzende des Bezirksschulrathes vertheilt die einlangendeu Geschäftsstücke behtlfs bereu Be- 303 Beilage XXXV A. XXXV A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. arbeitung an die Mitglieder und besorgt mit Be­ nützung der Arbeitskräfte der k. k. Bezirksbehörde die laufende Geschäftsführung. Die Kanzleierfordernisse besorgt die Bezirks­ behörde. Den Anspruch der Bezirksschulinspectoren und der Mitglieder des Bezirksschulrathes auf den Er­ satz von Reise- und Zehrungsauslagen regeln be­ sondere Vorschriften. III. Der Landesschulrath. § 33. Der k. k. Landesschulrath ist die oberste Schul­ aufsichtsbehörde im Lande mit bem durch die Ge­ setze ihm zugewiesenen Wirkungskreise. Demselben unterstehen: 1. Sämmtliche dem Gebiete des Volksschul­ wesens angehörigen Unterrichts- und Erziehungs­ anstalten ; 2. die Bildungsanstalten für Lehrer und Lehrerinnen der Volksschulen; 3. die Gymnasien, Realgymnasien und Real­ schulen, sowie alle in das Gebiet derselben fallen­ den Privatlehranstalten. § 34. Der Landesschulrath besteht: 1. Aus dem Landeschef oder dem von ihm be­ stellten Stellvertreter als Vorsitzenden; 2. aus zwei katholischen Geistlichen; 3. aus drei vom Landes-Ausschusse gewählten Vertretern. Wählbar sind alle jene, welche fähig sind, in den Landtag gewühlt zu werden; 4. aus dem Referenten für die administrativ­ ökonomischen Angelegenheiten; 5. aus zwei Landesschulinspcctoren; 6. aus zwei Mitgliedern des Lehrstandes. Für jedes der unter Z. 3 bezeichneten Mit­ glieder wird vom Landes-Ausschusse ein Ersatz­ mann gewählt. Hinsichtlich der Wählbarkeit gilt die gleiche Bestimmung wie hinsichtlich der Mitglieder. Im Falle die unter Z. 4 bezeichnete Referenten­ stelle besetzt wird und trotzdem die zwei Landesschulinspectorstellen aufrecht erhalten werden, ist bei den Verhandlungen des Landesschulrathes nur einer der beiden unter Z. 5 aufgeführten Landesschul- 304