18990417_ltb00431898_Schulausschussbericht_Gesetzentwürfe_Volksschulwesen_und_Lehrerrechtsverhältnisse

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Letzte Änderung 02.07.2021, 09:00
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp08,ltb0,lt1898,ltb1898
Dokumentdatum 2021-07-02
Erscheinungsdatum 2021-07-02
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XLIIL der Beilagen zu den stenoqr Protokollen des Vorarlberger Landtages. Hl- Session, 8. Periode 1899. Beilage XLIII. Merichl des ^chulausschusses über die Gesetzentwürfe, betreffend die Errichtung, die Er­ haltung und den Besuch der öffentlichen Volksschulen, und betreffend die Rechts­ verhältnisse der Lehrer. Hoher Landtag! Die in der Session des Jahres 1869 also vor nahezu 30 Jahren von der damaligen Landesvertretung beschlossenen Gesetzentwürfe, betreffend die Errichtung, die Erhaltung und den Besuch der öffentlichen Volksschulen, und betreffend die Rechtsverhältnisse der Lehrer, erwiesen sich bei der Durchführung als den gegebenen Verhältnissen nicht entsprechend. Insbesondere gilt dieses vom Gesetze über die Rechtsverhältnisse der Lehrer. Gegen die nach diesem Gesetze festgesetzten Lehrergehalte von 600 ft., 400 fl. und 300 fl. hätte sich zwar damals wohl nur einwenden lassen, dass etwa auch noch die in der Regierungsvorlage vorgesehene Gehaltsclasse mit 500 ft. in das Gesetz Aufnahme hätte finden sollen. Die im Gesetze vorgesehenen Gehalte der Unterlehrer von 360, 240 und 180 fl. erwiesen sich von allem Anfänge an als ungenügend und wurden wohl in keinem Lande so niedrig bemessen als bei uns. Das gleiche gilt hinsichtlich der Entlohnung der Lehrerinnen mit 360 fl., 240 fl., und 180 fl. und der Unterlehrerinnen mit 216, 144 und 108 fl. Der Contrast zwischen den Bezügen der einzelnen Lehrpersonen nach den Bestimmungen des geltenden Gesetzes erweist sich aber noch größer, wenn die Bezüge der Unterlehrer oder Unterlehrerinnen in Vergleich gezogen werden. Die Bezüge der Leiter betragen einschließlich der Functions- und Wohnungszulage 890 fl., 540 fl., 380 fl. und stehen in gar keinem angemessenen Verhältnisse zu den Bezügen der Unterlehrer per 360, 240 und 180 fl., oder gar zu denen der Unterlehrerinnen per 216, 144 und 108 fl., da von letztgenannten Lehrpersonen doch die gleiche Vorbildung und die gleiche treue Pflichterfüllung verlangt wird. . Die Bestimmungen des geltenden Gesetzes erwiesen sich sonach als äußerst unpraktisch und den Verhältnissen des Landes nicht entsprechend. Die Gemeinden mussten durch Gewährung von Zulagen insbesondere an die Unterlehrer die Mängel mit) Lücken des Gesetzes anszugleichen suchen, und in den letzten Jahren schritt auch das Land thatkräftig ein, indem durch Vorschiebung 331 Beilage XLIII. XLIII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. vieler Schulen in höhere Gehaltsclassen, durch Umwandlung zahlreicher Unterlehrerstellen in Lehrerstellen, dann durch Zuwendung von Subventionen an Lehrer und Gemeinden eine Ver­ besserung der materiellen Lage des Lehrerstandes angestrebt und auch tbeilweise erzielt wurde. Die nach dem geltenden Gesetze vorgesehenen Unterlehrar- und Unterlehrerinnengehalte stehen nur mehr auf dem Papier, in Wirklichkeit sind sie seit einigen Jahren beseitiget oder nurmehr hinsichtlich einiger der an Nothschulen wirkenden nicht qualificierten Lehrkräfte in Anwendung. Die Reform des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Lehrer, wie auch des da­ mit im Zusammenhänge stehenden Gesetzes über die Errichtung und die Erhaltung der Volks­ schulen war schon lange als dringendes Bedürfnis gefühlt und auch als solches erklärt. Nur der Umstand, dass der Landtag aus principiellen Gründen ablehnte, in eine Reform der Landesschul­ gesetze überhaupt einzutreten, bevor nicht das Reichsvolksschulgesetz entsprechend geändert werde, hildete die Ursache der so langen Verzögerung dieser Reform. Bei den dermaligen Wirren und Parteiverhältnissen in den im Reichsrathe vertretenen Königreichen und Ländern ist aber wohl alle Hoffnung geschwunden, dass in absehbarer Zeit eine unseren Wünschen entsprechende Änderung des Reichsvolksschulgesetzes erfolge. Von dieser Erkenntnis geleitet, blieb schließlich nichts anderes übrig, als den so lange eingehaltenen, ablehnenden Standpunkt aufzugeben und die Reform der Landesschulgesetze in Angriff zu nehmen. Auf Grund des in der Session des Jahres 1897 in dieser Richtung gefaßten Beschlusses wurden denn auch die Vorarbeiten zur Vornahme dieser Reform eingeleitet und durchgeführt, und hat der Landtag bereits das vom Landes-Ausschusse vorgelegte Schulaufsichtsgesetz in zweiter Lesung angenommen. Die Landesausschussrorlagen, betreffend die Gesetzentwürfe über die Errichtung, die Erhaltung und den Besuch der öffentlichen Volksschulen und die Rechtsverhältnisse der Lehrer, haben bei der Berathung im Schulausschusse mehrfache Änderungen erfahren, auf die in Kürze im Nachstehenden hingewiesen wird. I. Schnlerhaltungsgesetz. Hinsichtlich der für kleine, abgelegene Schulen (Nothschulen) vorgesehenen Aufnahmsbestimmungen wurde sich an das geltende Tiroler Gesetz angelehnt, um dadurch den Anschauungen der Regierung zu entsprechen und allen Schwierigkeiten, betreffend Formulierung und Festsetzung der für solche Schulen geltenden Bestimmungen, zum vorhinein zu begegnen. Die Aufnahme der bezüglichen Bestimmungen des Tiroler Gesetzes in den vorliegenden Entwurf berechtiget aber keines­ wegs zu der Befürchtung, dass die Zahl der Nothschulen eine ziemlich große werde. Es bleibt ja den Gemeinden nach § 5 des Gesetzes unbenommen, die Gleichstellung solcher Schulen mit den andern öffentlichen Schulen zu beantragen und zu erwirken. Von den Bestimmungen des § 2 des geltenden Gesetzes vom 17. Jänner 1870, wornach für derartige Schulen eine Art ExcurrendoUnterricht vorgesehen war, wurde, man kann schon sagen, gar kein Gebrauch gemacht, nur mussten eine große Anzahl dieser Schulen wegen Mangel qualificierter Lehrkräfte von Aushilfslehrern ver­ sehen werden. Die Zahl der Aushilfslehrer betrug int Jahre 1891 noch 90, 1898 aber nur mehr 24, wobei jedoch zu bemerken ist, dass von den Aushilfslehrern des Jahres 1891 eine Anzahl als Unterlehrer an solchen Schulen in Dienst standen, die nicht in die Kategorie der Nothschulen einzurechnen sind. In ß 12 wurde die Bestimmung, dass die Errichtung von Bürgerschulen durch ein Landesgesetz festzustellen sei, dahin eingeschränkt, dass sich dieselbe nur auf neu zu errichtende zu beschränken habe. Die im Lande bestehenden 2 Bürgerschulen (Bregenz und Bludenz) werden so­ nach von dieser Bestimmung nicht berührt, uni) haben daher die bezüglichen Gemeinden für die Erfordernisse dieser Schulen wie bisher selbst aufzukommen. Eine wichtige Änderung wurde im § 47 hinsichtlich der Beitragsleistung des Landes ztl den Auslagen der Volksschulen vorgenommen. Nach der Landesausschussvorlage wären die Dienst332 Beilage XLIIL HI. Session der 8. Periode 1899. alterszulagen aus dem Landesfondezu bestreiten gewesen. Die Übernahme dieser Zulagen hätte den Vortheil gehabt, dass jede Gemeinde nur ganz bestimmte, nicht von Zeit zu Zeit sich ändernde Schulauslagen zu bestreiten hätte. Die Übernahme der Alterszulagen würde dem Lande im ersten Jahre eine Auslage von circa 16.000 st. verursacht haben, die dann im Verlaufe von 15 Jahren allmählig bis auf etwas mehr als 30.000 st. gestiegen wäre. Der Schulausschuss fand sich aber insbesondere in Rücksicht auf die kleinern und ärmern Gemeinden veranlasst, zu beantragen, dass ein Viertel des Grundgehaltes der qualificierten Lehr­ personen auf das Land übernommen werde. Bei diesem Vorschläge wird sich die jährliche Leistung des Landes und zwar ohne Übergangsstadium auf circa 40.000 st. stellen und sonach diese Summe schon im ersten Jahre, in dem die neuen Gehalte zur Auszahlung gelangen, vom Lande auszu­ bringen sein. Durch diese wesentliche Erhöhung der Beitragsleistung des Landes ist auch einem mehrfach zum Ausdrucke gelangten Wunsche der Regierung Rechnung getragen worden. Der in der vorjährigen und auch in der diesjährigen Landtagssession erfolgten Anregung, betreffend die Aufnahme einer Bestimmung in das Schulerrichtungsgesetz, wornach die deutsche Sprache die Unterrichtssprache an allen öffentlichen Schulen in Vorarlberg sei, konnte nicht ent­ sprochen werden, da eine solche Bestimmung nach der Anschauung der Regierung mit dem Reichs­ volksschulgesetze in Widerspruch steht. Mit Note der k. k. Statthalterei vom 6. d. M., Nr. 13.474 wurden in Gemäßheit des Erlasses Sr. Excellenz des Herrn Ministers für Cultus und Unterricht vom 28. März d. I., Zl. 8313 die Gründe bekannt gegeben, welche für die Nichtsanctionierung des im Vorjahre vom niederösterreichischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurfes, betreffend die Unterrichtssprache an den öffentlichen Volks- und Bürgerschulen Niederösterreichs, maßgebend waren. Der bezügliche Passus lautet: „Die Allerhöchste Sanctionierung des letzterwähnten Landtagsbe­ schlusses konnte nämlich in diesem Falle von der Regierung aus dem Grunde nicht beantragt werden, weil der § 6 des Reichsschulgesetzes vom 14. Mai 1869, R.-G.-Bl. Nr. 62 der Landes­ schulbehörde nach Anhörung derjenigen, welche die betreffende Schule erhalten, die Entscheidung über die Unterrichtssprache in den öffentlichen Schulen einräumt, durch § 1 des vom niederöster­ reichischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurfes aber das den schulerhaltenden Faktoren zu­ kommende Recht der Einflussnahme auf die Feststellung der Unterrichtssprache sowie das den Schulbehörden zustehende Recht beschränkt beziehungsweise benommen und damit eine Abänderung der bezüglichen reichsgesetzlichen Bestimmungen bewirkt werden würde." II. Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Lehrer. Die wesentlichsten Änderungen, die der Schulausschuss an der Landesausschussvorlage vornahm, beziehen sich auf die Bezüge der Lehrer. Es wurden 4 Gehaltsclassen festgesetzt und zwar für Lehrer: I. Classe 750 st., II. Classe 600 sl., III. Classe 500 sl., IV. Classe 400 st.; für Lehrerinnen: I. Classe 600 ft., II. Classe 500 st., III. Classe 400 ft., IV. Classe 300 st. Die Art und Weise der Eintheilung der Schulen in diese Classen (§ 22) wurde im all­ gemeinen, wie es bisher der Fall war, dem Ermessen des Landesschulrathes und Landes-Aus­ schusses anheimgestellt. Nur die in die 1. Classe gehörenden Schulen wurden im Gesetze selbst nominirt und hinsichtlich der Einreichung von Schulen in die IV. Gehaltsclasse bestimmte Normen festgesetzt. Der Gehalt eines Bürgerschullehrers würde gegenüber der Landesausschussvorlage von 900 ft. auf 800 ft. herabgesetzt. Bezüglich der Dienstalterszulagen (§ 31) wurde bestimmt, dass die erste Dienstalterszulage schon nach 5 Jahren verliehen werde. Ferner wurde der Anschauung cher Regierung Rechnung getragen, indem unzweifelhaft festgestellt wurde, dass den Lehrpersonen gleichwie im bisher gelten­ den Gesetze (§ 30) und wie in allen übrigen Landesschulgesetzen für den Fall der Erfüllung der 333 Beilage XLIII. XLTII. der Beilagen zu de» stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. gesetzlichen Bedingungen, d. i. im Falle zufriedenstelleirder llnd pflichtgemäßer Dienstleistung die Dienstalterszulagen zuzukommen haben. Bisher hatten nur die Schulleiter (Schulleiterinnen) Anspruch auf eine Naturalwohnung oder auf einen Quartierbeitrag. Nach der Landesausschussvorlage wurde die Aufrechthaltung des bisherigen Zustandes beantragt, der Schnlansschufs ließ sich indessen von der Anschauung leiten, es sollte den in den Petitionen der Lehrer diesfalls zum Ausdrucke gelangten Wünschen wenigstens theiliveise Rechnung getragen rind der Anspruch auf Wohnung beziehungsweise Quartier­ beitrag allen definitiv angestellten Lehrpersonen eingeräumt werden. Der durch diese beantragte Änderung bedingte Mehraufwand beträgt im ganzen per Jahr beiläufig 6000 fl. Was nun den Gesammtaufwand hinsichtlich der Bezüge des Lehrerpersonales betrifft, ist folgendes zu bemerken: Die bisherigen diesbezüglichen Ausgaben beziffern sich einschließlich der Ver­ pflegung der im Schuldienste stehenden barmherzigen Schwestern auf 170.000 fl. Die künftigen Mehrkosten, seien es die nach der Landesausschussvorlage, oder die nach der Vorlage des Schulausschusses oder die uach der Lehrerpetition sich ergebenden, können nicht genau berechnet werden, da dieselben zum Theil von der Einreihung der Schulen in die Gehaltsclaffen beeinflusst werden. Jedoch darf angenommen werden, dass sich die Kosten bei Annahme der Landesaus­ schussvorlage schon im ersten Jahre um circa 26.000 fl., bei Annahme der Vorlage des Schul­ ausschusses um circa 34.000 fl. und nach der Lehrerpetition um circa 74.000 fl. erhöhen. In allen drei Fällen wird binnen 15—20 Jahren eine allmählige weitere Steigerung bis zu 18.000 fl. infolge Anwachsens der Alterszulagen zu gewärtigen sein. Es dürfte sich also nach der Landesausschussvorlage schließlich ein Maximalerfordernis von circa 214.000 fl., nach der Schulausschussvorlage ein solches von circa 222.000 fl. ergeben, während sich nach den Forderungen der Lehrerpetition ein Erfordernis von 266.000 fl. Herausstellen würde. Zu bemerken ist, dass unter den bisherigen Auslagen von 170.000 fl. die freiwilligen Aufbesserungen der Ge­ meinden und die Subventionen des Landes und des Normalschulfondes inbegriffen sind. In § 37 wurde bestimmt, dass Ubersiedlungskosten bei Versetzungen aus Dienstesrücksichten in andere Schulgemeinden nicht von den Gemeinden sondern vom Normalschulfonde zu tragen seien. Derartige Versetzungen kommen, weil nach § 17 dieses Gesetzes außerordentlich erschwert und eingeschränkt, äußerst selten vor. Seit dem Inkrafttreten des geltenden Gesetzes ist kein einziger solcher Fall vorgekommen. Die Belastung des Normalschulfondes ist daher durch Auf­ nahme der bezeichneten Bestimmung eine ganz minimale. Die Bemessung der Pension auf Grundlage des anrechenbaren Jahresgehaltes (§ 56) und der anrechenbaren Dienstzeit (§ 57) erfolgte in einer den Wünschen der Lehrer entsprechenden Weise. Hienach erhalten die in den Ruhestand tretenden Personen mit dem zurückgelegten 10. Dienstjahr eine Pension von 34°/0 des Jahresgehaltes, und erhöht sich diese Pension mit jedem weiteren Dienstjahre um 22/10°/0 des Jahresgehaltes, so dass dieselbe beim vollendeten 40. Dienstjahre dem anrechenbaren Jahresgehalt gleichkommt iiub von diesem Zeitpunkte an keine weitere Erhöhung findet. In § 74 wurde entsprechend der Forderung der Regierung die Pflicht zur Zahlung der Pensionsfondstaxen auf die definitiv angestellten Lehrpersonen eingeschränkt. In 8 75 wurde Punkt 3 der Landesausschussvorlage, nach welchem, wie im geltenden Gesetze, die Jntercalarien in den Pensionsfond einbezogen werden sollten, fallen gelassen. Der Landtag hat bereits in der Sitzung vom 24. März 1892 auf Grund des Berichtes des Schul­ ausschusses, Beilage XXVII. der stenographischen Protokolle beschlossen, es sei von der Einhebung jener Jntercalarbeträge, welche für erledigte oder nur aushilfsweise besetzte Lehrstellen durch Gemeindeumlagen ihre Deckung zu finden haben, Umgang zu nehmen und sprach zugleich die Verzichtleistung des Landes auf jedes Regressrecht wegen 'Nichtvorschreibung solcher Bezüge aus. Dieser damalige Landtagsbeschluss Würdigung und Kraft. erhält nun 334 durch Eliminierung des Punktes 3 gesetzlich in. Session der 8. Periode 1899. Beilage XE. Durch Einschaltung des § 80 (neu) wurde vorgesorgt, dass definitiv angestellte Lehr­ personen nach dem neuen Gesetze keine geringeren Bezüge bekommen dürfen, als sie bisher nach den Bestimmungen des geltenden Gesetzes bezogen haben. Ebenso wurde durch Beifügung des Schlussalineas im § 82 über die Anrechenbarkeit der vor dem Inkrafttreten der Schulgesetze zurückgelegten Dienstjahre der qualificierten Lehrpersonen volle Klarheit zu schaffen gesucht. " § 81, nach der Landesausschussvorlage § 80, erhielt eine Ergänzung, wornach die Dienstjahre der jetzt schon definitiv angestellten, aber noch nicht im Genusse einer Alterszulage stehenden Lehrpersonen analoge Anrechnung wie die Dienstjahre der im Genusse einer Alterszulage befindlichen Lehrpersonen zu finden haben. Die übrigen vom Schulausschuffe beschlossenen Änderungen sind meist formeller Natur und kann von einer Begründung derselben wohl abgesehen werden. Im Laufe der Landtagssession wurden in Angelegenheit der Reform der Landesschul­ gesetze folgende Petitionen eingebracht: 1. des katholischen Lehrervereines; 2. der Gemeindevorstehungen von Bezau, Mellau, Reuthe, Bizan, Au, Schoppernau, Schnepfau und Schwarzenberg; 3. der Gemeindevorstehungen von Andelsbuch und Egg; 4. die Petition von 9 Gemeindevorstehern beziehungsweise Gemeinderäthen Montafons und zwar von Gaschurn, St. Gallenkirch, Bartholomäberg, Silberthal, Tschagguns, Bandaus, St. Anton, Lorüns und Stallehr; 5. jene der Vorstehungen der Gemeinden des großen Walserthales und zwar von Thüringerberg, St. Gerold, Raggal, Fontanella, Sonntag und Blons. In der Petition ad 1 wird um Erfüllung der in den früheren Eingaben zum Ausdruck gebrachten Wünsche der Lehrer gebeten. Die Petitionen ad 2, 3 und 4 richten sich gegen die Forderungen der Lehrerpetitivnen und wünschen bei Behandlung der Gehaltsfrage die Berücksichtigung der materiellen Lage der Gemeinden. Die Petition ad 4 erklärt zudem, dass schon die Landesausfchussvorlage eine nahezu unerträgliche Belastung der Berggemeinden hinsichtlich der Lehrergehalte involviere. Die Petition ad 5 richtet sich ebenfalls gegen die Forderungen der Lehrer und ersucht zudem um Einreihung sämmtlicher Schulen des großen Walserthales in die IV. Gehaltsclasse. Durch die Beschlüsse des Schulausschusses haben die Petitionen ad 2—5 insoweit ihre Berücksichtigung gefunden, als bei Feststellung der Bestimmungen über die Bezüge der Lehrer und der Normen über die Einreihung der Schulen in die Gehaltsclassen auf die materielle Lage der Gemeinden thunlichst Rücksicht genommen wurde. In der Session des Jahres 1888 wurde eine Regierungsvorlage, betreffend die Entlohnung des Religionsunterrichtes an den öffentlichen Volksschulen, eingebracht. Über Antrag des Schul­ ausschusses wurde in der Landtagssitzung vom 4. October 1888 nachstehender Beschluss gefasst: „Der Landes-Ausschuss wird beauftragt, den als Regierungsvorlage eingebrachten Gesetzentwurf, betreffend die Entlohnung des Religionsunterrichtes an den öffentlichen Volksschulen, mit Rücksicht auf die bisherige principielle Stellung des Landtages zur bestehenden Schulgesetzgebung zu prüfen, denselben eventuell im Einvernehmen mit der h. Unterrichtsverwaltung den eigenartigen Verhält­ nissen des Landes entsprechend abzuändern und in nächster Session neuerlich in Vorlage zu bringen." In dem vom Landes-Ausschusse in der Session des Jahres 1889 vorgelegten Rechenschafts­ berichte wird unter Punkt 12, betreffend die Ausführung der Landtagsbeschlüsse im eigenen Wirkungskreise, bemerkt, dass der Landes-Ausschuss den bezüglichen Gesetzentwurf in Vorberathung 335 Beilage XLIH. XLIIT. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. gezogen habe, und dass ein Bericht hierüber separat nachfolgen werde. Ein solcher Bericht gelangte aber nicht in Vorlage und auch in den späteren Sessionen unterblieben weitere Schritte in dieser Angelegenheit. Nachdem nun die Reform der Landesschulgesetze zur Durchführung gelangt, so erscheint es dringend geboten, endlich auch die Entlohnung des Religionsunterrichtes an den öffentlichen Volksschulen gesetzlich zu regeln. Es wäre demnach der Landes-Ausschuss zu beauftragen, die diesfalls nothwendigen Verhandlungen sowohl mit der kirchlichen Oberbehörde als auch mit der Regierung durchzuführeit uitd auf Grundlage derselben dem Landtage in nächster Session einen Gesetzentwurf in Vorlage zu "bringen. Gestützt auf diese Ausführungen stellt der Schulausschuss nachstehende Anträge: Der h. Landtag wolle beschließen: „1. Den beiliegenden Gesetzentwürfen und zwar: a) betreffend die Errichtung, die Erhaltung und den Besuch der öffentlichen Volks­ schulen, und b) betreffend die Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes an den öffentlichen Volks- und Bürgerschulen, wird die Zustimmung ertheilt. 2. Die in Angelegenheit der Reform der Landesschulgesetze eingelangten, im Berichte unter ad 1—4 auf geführten Petitionen werden als erlediget erklärt, die Petition ad 5 aber, soweit sie sich auf die Einreihung der Schulen des großen Walserthales in die IV. Gehaltsclasse bezieht, dem Landes-Ausschusse zur s. z. Würdigung und an­ gemessenen Berücksichtigung abgetreten. 3. Der Landes-Ausschuss wird beauftragt, hinsichtlich gesetzlicher Regelung der Entlohnung des Religionsunterrichtes an öffentlichen Volksschulen die nöthigen Verhandlungen mir der kirchlichen Oberbehörde und der k. k. Regierung durchzuführen und auf Grundlage des Ergebnisses derselben dem Landtage in nächster Session einen Gesetzentwurf in Vorlage zu bringen." Bregenz, am 17. April 1899. Martin Thurnher, Johan» Kohler, Obmannstellvertreter. Berichterstatter. Minoritäts-Auträge: A. Zu dem vom Schulausschusse vorgeschlagenen Entwürfe des Gesetzes, betreffend die Errichtung, die Erhaltung und den Besuch der öffentliche« Volksschulen. Der hohe Landtag wolle beschließen: «a. der zweite Absatz des § 6 habe zu lauten: „Erreicht die Schülerzahl bei ganztägigem Unterrichte in drei aufeinander folgenden Jahren im Durchschnitte 60, so muss unbedingt für eine zweite Lehrkraft, und steigt diese Zahl auf 120, für eine dritte gefolgt und nach diesen Verhältnissen die Zahl der Lehrer noch weiter vermehrt werden. Bei halbtägigem Unterricht find auf eine Lehrkraft 100 Schüler zu rechnen." 336 III. Session der 8. Periode 1899. Beilage XLIII. b. Als Schluss des § 10 (eventuell an einer anderen geeignet erscheinenden Stelle) sei die Bestimmung einzusügen: „Die Vervielfältigung der Volksschulen dars niemals auf Kosten der zweckmäßigen Einrichtung und gedeihlichen Fortführung der nothwendigen Schulen bewilliget werden." c. In dem vom Schulaus) chuffe laut dessen Berichte vorgeschlagenen § 47 haben die Worte: „mit Ausnahme jener der bestehenden Bürgerschulen" zu entfallen.» B. Zum Gesetze, betreffend die Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes an den öffentlichen Volks- und Bürgerschulen: Der hohe Landtag wolle beschließen: «Im § 1 haben die nach den Worten: „der definitiven Besetzung einer Lehrstelle hat" beantragten Worte: „in der Regel" zu entfallen, daher der Eingang dieses § zu lauten: „Der definitiven Besetzung einer Lehrstelle hat die Ausschreibung des Concurses voranzugehen."» Bregenz, den 17. April 1899. Dr. v. Preu. XLIII A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. III. Session, 8. Periode 1899. Beilage XLIII A. vom .... wirksam für das Land Vorarlberg, betreffend die Errichtung, die Erhaltung und den Besuch der öffentlichen Dolfsund Bürgerschulen. Über Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde Ich anzuordnen, wie folgt: I. Abschnitt. Von der Errichtung und Erhaltung öffentlicher Volksschulen. § 1. Eine öffentliche allgemeine Volksschule hat überall zu bestehen, wo sich in einer Ortschaft oder in mehreren im Umkreise einer Stunde ge­ legenen Ortschaften, Weilern oder einzelnen Häu­ sern zusammen nach einem fünfjährigen Durch­ schnitte mehr als vierzig schulpflichtige Kinder vorfinden, welche eine über 4 Kilometer entfernte Schule besuchen müssten. Eine solche Schule ist eine systemmäßige. Eine systemmäßige Schule hat auch dort zu bestehen, wo innerhalb obiger Entfernung nach fünfjährigem Durchschnitte mehr als vierzig schul­ pflichtige Kinder sich befinden, welche wegen gro­ ßer Hindernisse der Verbindungswege eine unter vier Kilometer entfernte Schule nicht besuchen können. • Die systemmäßigen Schulen sind genau nach dem geltenden Lehrplane einzurichten. 339 Beilage XLIII A. XLIII A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. 1 § 2. Übersteigt die Zahl der schulpflichtigen Kinder in den in § 1 bezeichneten Fällen nicht vierzig und ist den Kindern wegen großer Entfernung oder wegen großer Hindernisse der Verbindungs­ wege der Besuch einer systemmäßigen Schule un­ möglich, so wird für dieselben eine nicht system­ mäßige oder Nothschule zu bestehen haben. In einer solchen Schule kann die Unterrichtsertheilung einem Aushilsslehrer übertragen werden. Ein solcher Lehrer wird durch den Bezirksschul­ rath der Schulleitung einer Nachbarschule und zwar, wenn thunlich, einer in der gleichen Gemeinde befindlichen untergeordnet. Solche Schulen haben eine Einrichtung zu erhalten, welche zum mindesten die Einrichtung des allgemein vorgeschriebenen Lehrzieles in den nothwendigsten Lehrgegenständen der Volksschule d. i. Religion, Lesen, Schreiben und Rechnen sichert. § 3. Jeder öffentlichen Volksschule ist ein Schul­ sprengel zuzuweisen, welchen die zu derselben ein­ geschulten Ortschaften, Ortscbaftstheile, Weiler oder Häuser bilden. Die Einschulung hat zum Zwecke, sämmtlichen innerhalb des Schulsprengels wohnenden schul­ pflichtigen Kindern die Möglichkeit der Aufnahme in eine Schule und der regelmäßigen Theilnahme am Unterrichte derselben zu sichern. Bei der Bestimmung der Schulsprengel ist darauf zu sehen, dass den in denselben wohn­ haften Kindern mit Rücksicht auf die Wegverhält­ nisse ein regelmäßiger Schulbesuch ermöglicht wird. Im übrigen sind die Schulsprengel so abzu­ grenzen, dass jede unnöthige Belastung der Schul­ gemeinden vermieden wird. Maßgebend für die Abgrenzung der Schul­ sprengel sind die Grenzen der Gemeindegebiete, soweit nicht behufs Erleichterung des Schulbe­ suches die Zuweisung einzelner Gemeindetheile an die Schule einer benachbarten Schulgemeinde nothwendig erscheint. Größere Gemeinden können in mehrere Schul­ sprengel abgetheilt werden, kleinere Gemeinden sind zu gemeinsamen Schulsprengeln zu vereinigen. 340 Beilage XLIII A. 111. Session der 8. Periode 1899. Die Schulsprengel werden vom Landesschulrathe nach Einvernehmen der Interessenten fest­ gestellt. Sofort nach dem Erscheinen dieses Gesetzes ist eine Revision der Schulsprengel vorzunehmen. § 4. Die Schulgemeinde ist die aus einer oder mehreren Ortsgemeinden gebildete locale Schulconcurrenz. Bestehen innerhalb des Gebietes einer Orts­ gemeinde ein oder mehrere Schulsprengel, zu welchen keine andere Ortsgemeinde zugeschult ist, so bildet die betreffende Ortsgemeinde für die Schulen dieser Schulsprengel die Schulgemeinde. Gehören zu einem Schulsprengel mehrere Orts­ gemeinden oder Theile derselben, so bilden alle zu diesem Schulsprengel ganz oder theilweise zuge­ hörigen Ortsgemeinden die Schulgemeinde. Gleichzeitig mit der Regelung der Schulsprengel sind auch die Schulgemeinden festzusetzen. ' § 5. Die Gleichstellung der nach § 2 vorgesehenen Schulen mit den andern öffentlichen Schulen (§ 1) erfolgt über Antrag der Schulgemeinde durch den Landesschulrath. § 6. Die Zahl der Classen an den shstemmäßigen Schulen wird durch die nach § 11 des Reichs­ volksschulgesetzes vom 2. Mai 1883 R.-G.-Bl. Nr. 53 für eine Classe zulässige Schülerzahl bestinlmt. Erreicht die Schülerzahl bei ganztägigen Unter­ richte in drei aufeinander folgenden Jahren im Durchschnitt 80, so muss unbedingt für eine zweite Lehrkraft, und steigt diese Zahl auf 160, für eine dritte gesorgt und nach diesem Verhältni'se die Zahl der Lehrer noch weiter vermehrt werden. Bei halbtägigem Unterrichte sind auf eine Lehrkraft 100 Schüler zu rechnen. § 7. Die Trennung der Geschlechter in den Schulen und die Errichtung selbständiger Mäd­ chenschulen ist, unbeschadet der Bestimmungen im § 6, anzustreben. 341 Beilage XLlII A. XLIII A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Vom vollendeten 12. Lebensjahre an Knaben und Mädchen, soweit thunlich, getrennt zu unterrichten. An vier- und mehrclassigen Schulen hat die Trennung vom 12. Lebensjahre an ausnahmslos zu erfolgen. Die Trennung nach Geschlechtern ohne Rück­ sicht auf das Alter ist an allen jenen Schulen durchzuführen, bei denen die Anzahl der gesetzlich erforderlichen Lehrkräfte sechs übersteigt. § 8. Die Stellen an allen nach § 1 bestehenden öffentlichen Volksschulen sollen mit geprüften Lehr­ personen, d. h. solchen, die ihre Befähigung auf Grund einer abgelegten Prüfung nach den Be­ stimmungen des Volksschulgesetzes vom 14. Mai 1869 nachweisen, oder die auf Grund des § 85 des bisherigen Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Lehrer vom 17. Jänner 1870 L.-G.-Bl. Nr. 15 als zur Ausübung des Lehramtes geeignet erklärt wurden, besetzt werden. Von der Bei­ behaltung oder von Errichtung der Unterlehrer­ stellen wird Umgang genommen. Die Lehrstellen an Knabenschulen sind mit Lehrern, an Mädchenschulen in der Regel mit Lehrerinnnen zu besetzen. Einclassige gemischte Schulen sind mit Lehrern zu besetzen. An mehrclassigen gemischten Schulen können die gemischten Classen für die vier unteren Alters­ stufen mit Lehrerinnen besetzt werden, die ge­ mischten Classen für die vier oberen Altersstufen sind mit Lehrern zu besetzen; die Knabenclassen an diesen Schulen werden mit Lehrern, die Mädchen­ classen in der Regel mit Lehrerinnen besetzt. § 9. ' Schulen im Sinne des § 2 können mit Aus­ hilfskräften besetzt werden und sind hiefür, soweit als möglich, männliche Personen zu bestellen. § 10. i Die Schulbehörden haben darüber zu wachen, dass Volksschulen und Classen, wo sie noch nicht in ausreichendem Maße bestehen, ohne unnöthigen Aufschub errichtet werden, sowie andererseits dafür zu sorgen, dass gesetzlich nicht nothwendige Volks» 342 Beilage XLIII A. III. Session der 8. Periode 1899. • schulen und gesetzlich nicht nothwendige Classen unter geeigneter Regelung des Schulsprengels oder der Schulgemeinde GZ 3 und 4) aufgelassen werden. Die Auflassung einer bestehenden Schule oder Classe bedarf der Genehmigung des Landesschulrathes. Den Schulgemeinden bleibt es freigestellt, nach eingeholter Einwilligung des Landes-Ausschusses und Genehmigung des Landesschulrathes außer den gesetzlich nothwendigen Schulen oder Classen weitere Schulen oder Classen beizubehalten oder solche zu errichten, doch sind diese Schulen oder Classen mit geprüften Lehrkräften zu besetzen. § 11. Für jede Classe muss ein eigenes Schulzimmer und eine eigene Schuleinrichtung vorhanden sein. Die näheren Bestimmungen über die Schul­ gebäude und die Schuleinrichtungen werden von dem Landesschulrathe im Einverständnisse mit dem Landes-Ausschusse festgesetzt. Hiebei ist auf die örtlichen Verhältnisse und auf die Leistungsfähig­ keit der Schulgemeinde Rücksicht zu nehmen. Die Schulgebäude sind gegen Feuersgefahr zu versichern. Der Ortsschulrath bestimmt die Auslagen für Beheizung, Beleuchtung und Reinigung der Schullocalitäten. § 12. An welchen Orten und mit welchen Mitteln Bürgerschulen neu zu errichten sind, wird von Fall zu Fall Uber vorausgegangene Verhandlung zwischen dem Landesschulrathe und dem Landes­ Ausschusse durch ein Landesgesetz sestgestellt. Die Bürgerschulen unterliegen den Normen für allgemeine Volksschulen, insoweit für dieselben nicht besondere Bestimmungen getroffen sind. § 13. Mit besonderer Rücksicht auf die Bedürfnisse des Ortes können mit einzelnen allgemeinen Volks­ schulen sowie mit Bürgerschulen Anstalten zur Pflege, zur Erziehung und zum Unterrichte noch nicht schulpflichtiger Kinder sowie specielle Lehrcurse für die der Schulpflicht entwachsene Jugend verbunden werden. Für Mädchen, welche der Schulpflichtigkeit entwachsen sind, können auch Lehrcurse zum Zwecke allgemeiner Fortbildung errichtet werden. 343 . Beilage XLIII A. XLI1I A, der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Die Errichtung solcher Anstalten an Bürger­ schulen wird über vorausgegangene Verhandlung zwischen dem Landesschulrathe und dem Landes­ Ausschusse durch Landtagsbeschluss bestimmt. An allgemeinen Volksschulen hängt dieselbe von einem Beschlusse des Ortsschulrathes ab; die Genehmigung der Errichtung ist aber dem Landesschulrathe Vorbehalten. § 14. Alle für die Einrichtung und Einrichtung einer Schule maßgebenden Umstände sind durch eine Commission unter Zuziehung aller Interessenten und erforderlichen Falles mittelst Augenscheines festzusetzen; das Commissionsprotokoll bildet die Grundlage der weiteren Entscheidungen. Für die nach § 3 vorzunehmende Regelung der Schulsprengel und für die nach § 10 vorzu­ nehmende Auflassung gesetzlich nicht nothwendiger Volkssämlen und Classen ist das commissionelle Vorverfahren nur dann in Anwendung zu bringen, wenn der Landesschulrath dasselbe für erforderlich hält oder die Interessenten auf der Durchführung desselben bestehen. II. Abschnitt. Vom Besuche der öffeutlicheu Volks­ schule. § 15. Schulpflichtigen Kindern kann die Ausnahme in die Schule ihres eigenen Sprengels nicht ver­ weigert werden. Der eigene Schulsprengel der Kinder ist jener, in welchem ihre Eltern oder Pflegeeltern oder jene Personen wohnen, bei denen sie sich zur Verpflegung befinden. . Über die Aufnahme von Kindern fremder Schulsprengel entscheidet der Ortsschulrath. Diese Aufnahme kann bewilliget werden, wenn dadurch die gesetzliche Höchstzahl von Schulkindern in einer Classe nicht überschritten und keine Überfüllung der Lehrzimmer herbeigeführt wird. § 16. Rechtzeitig vor Beginn jeden Schuljahres nimmt der Ortsschulrath die Aufzeichnung 344 Beilage XLIII A. III. Session der 8. Periode 1899. aller im schulpflichtigen Alter stehenden Kinder des Schulsprengels vor. Eltern oder deren Stellvertreter sind verpflichtet, auf Verlangen dem Ortsschulrathe sowie dem Gemeindevorsteher (Bürgermeister) und dem Schul­ leiter genaue Auskunft über ihre im schulpflichtigen Alter stehenden Kinder zu geben. Wer immer fremde Kinder erhält oder mit Arbeit beschäftiget, hat die im schulpflichtigen Alter befindlichen Kinder dem Ortsschulrathe bekannt zu geben und dabei zu bemerken, ob und welcher Unterricht den Kindern geboten wird. Wer ein Kind der Aufzeichnung entzieht oder bezüglich desselben eine unrichtige Angabe macht, ist mit einer Geldstrafe bis zu 10 fl. zu belegen oder im Falle der Zahlungsunfähigkeit mit Ein­ schließung auf die Dauer bis zu zwei Tagen zu bestrafen. Eine Erhöhung dieses Strafmaßes bis zu 90 fl. bezw. vier Tagen Einschließung findet statt, wenn die Eltern oder deren Stellvertreter sowie die im Absätze 3 erwähnten Personen in der Ver­ nachlässigung ihrer Pflichten rückfällig geworden sind, oder wenn diese Vernachlässigung in gewinn­ süchtiger Absicht stattgefunden hat. § 17. Das Verzeichnis der im schulpflichtigen Alter befindlichen Kinder heißt die Schulmatrik. In derselben sind vom Ortsschulrathe diejenigen Kin­ der abgesondert ersichtlich zu machen, welche eine höhere Schule, gewerbliche oder landwirtschaftliche Schulen oder Fachcurse besuchen, insoferne diese nach ihrer Einrichtung geeignet sind, den Volks­ schulunterricht zu ersetzen; ferner jene Kinder, denen ein dem Unterrichtszwecke oder Schulbesuche hinderliches geistiges oder schweres körperliches Gebrechen anhaftet, dann jene Kinder, welche zu Hause oder in einer Privatanstalt^unterrichtet werden, und endlich solche, welche in gewerblichen oder industriellen Unternehmungen sind und den Unterricht einer eigenen Schule (Fabriksschule u. dgl.) genießen. § 18. Der Ortsschulrath hat einMrzeichnis der im § 17 bezeichneten Kinder sofort dem Bezirksschulrathe vorzulegen und ein Verzeichnis der übrigen 345 Beilaa- XLIII A. XLIII A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Kinder der Schulmatrik, welche zum Besuche der Schule ihres Schulsprengels verpflichtet sind, acht Tage vor Beginn des Schuljahres dem Schul­ leiter zu übergeben. Dem Bezirksschulrathe steht es zu, falls die im § 17 erwähnten Kinder vom Besuche der öffentlichen Schule des Schulsprengels befreit sind, vom Ortsschulrathe weitere Nachweisungen zu verlangen. § 19. Die Landesschulbehörde kann mit Rücksicht aus die örtlichen und andere Verhältnisse bewilligen, dass unbeschadet der Bestimmung des § 24 schul­ pflichtige Kinder während der Sommermonate zeitweilig von dem Schulbesuche befreit werden. § 20. Die Eltern oder deren Stellvertreter sowie die im § 16, Absatz 3 erwähnten Personen haben die schulpflichtigen Kinder, bezüglich welcher ein gesetzlicher Befreiungsgrund (§ 17) nicht eintritt, bei Beginne des Schuljahres dem Schulleiter zur Aufnahme in die Schule anzumelden und zur Schule zu schicken. Ist dies binnen der ersten acht Tage des Schuljahres nicht geschehen, so hat der Schulleiier unverzüglich die Anzeige an den Ortsschul­ rath zu erstatten. Der Ortsschulrath hat unverzüglich die be­ treffenden Eltern oder deren Stellvertreter be­ ziehungsweise die im § 16, Absatz 3 erwähnten Personen unter Strafandrohung an ihre Pflicht zu erinnern; bleibt diese Erinnerung binnen wei­ teren drei Tagen erfolglos, so verfallen die Eltern oder deren Stellvertreter beziehungsweise die im § 16, Absatz 3 erwähnten Personen in die im § 16 festgesetzte Strafe. Wenn ein Kind zur Aufnahme in die Schule angemeldet wird, welches in dem vom Ortsschul­ rathe an den Schulleiter übergebenen Verzeichnisse nicht vorkommt, so hat der Schulleiter dies so­ fort dem Ortsschulrathe anzuzeigen, welcher hier­ über amtzuhandeln und das Ergebnis dem Schul­ leiter bekannt zu geben hat. § 21. Im Falle der Übersiedlung der Eltern wäh­ rend des Schuljahres in einen anderen Schul- 346 Beilage XLIII A. LIL Session der 8. Periode 1899. sprenge! liegt es denselben bei Vermeidung der im § 16, Absatz 4 festgesetzten Strafe ob, das Kind sofort bei dem Schulleiter der bisherigen Schule abzumelden und zur Aufnahme in die Schule des neuen Schulsprengels bei dem be­ treffenden Schulleiter anzumelden. Wird eine solche Übersiedlung dem Orisschulrathe der bis­ herigen Schule bekannt, so hat er die Mittheilung hierüber an den betreffenden Ortsschulrath zu richten. Erhält er Kenntnis von der Übersied­ lung der Eltern aus einem andern in den eigenen Schulsprengel, so hat er das schulpflichtige Kind sofort in die Schulmatrik aufzunehmen und hie­ von den Schulleiter zu verständigen. § 22. Der Ortsschulaufseher prüft das ihm vom Schulleiter halbmonatlich zu übergebende Verzeich­ nis der Schulversäumnisse und der Ortsschulrath schreitet nach Maßgabe derselben gegen die Eltern oder deren Stellvertreter beziehungsweise gegen die im § 16, Absatz 3 erwähnten Personen ein. Der Vorgang ist derselbe wie bei verabsäumter Anmeldung schulpflichtiger Kinder in die öffent­ lichen Volksschulen (§ 20), und die Strafen sind in gleicher Weise zu bemessen. Nicht gehörig ent­ schuldigte Versäumnisse sind den gänzlich unstatt­ haften gleichzustellen. Als statthafte Entschuldigungsgründe sind ins­ besondere anzusehen: a) Krankheit des Kindes; b) Krankheit der Eltern oder Angehörigen, wenn diese der Pflege des Kindes erwiesenermaßen nothwendig bedürfen; c) schlechte Witterung, wenn dadurch den Kindern Gefahr an der Gesundheit droht; d) Ungangbarkeit der Wege. Die Entschuldigung der Versäumnisse ist dem betreffenden Lehrer, wenn möglich, vorhinein, sonst so bald thunlich, nachher anzuzeigen. § 23. Inhaber von Fabriken, Gewerben, Bergbauen, Torfstichen, welche die bei ihnen beschäftigten Kinder vom regelmäßigen Schulbesuche abhalten, verfallen in die in den §§ 16 und 20—22 bezeich­ neten Strafen. 347 Beilage XLI1I A. XL1II A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. § 24. Die Löschung aus der Liste der schulpflichtigen Kinder erfolgt erst dann, wenn der Besitz der noth­ wendigsten Kenntnisse durch ein Zeugnis einer öffentlichen Volksschule nachgewiesen erscheint (§21 des Reichsgesetzes vom 2. Mai 1883 R.-G.-Bl. Nr. 53). § 25. Von der Beibringung des eben erwähnten Zeugnisses sind Kinder befreit, welche sich in dem bezeichneten Termine an einer höheren Schule be­ finden, und solche, deren geistiger oder körperlicher Zustand erwiesenermaßen die Erreichung des Zieles der Volksschule nicht mehr erwarten lässt. § 26. Eltern oder deren Stellvertreter, welche außer diesen beiden Fällen (§ 25) Kinder vor Erlangung jenes Zeugnisses von der Schule ferne halten, unterliegen denselben Verwarnungen und Ahn­ dungen, wie solche für Vernachläßigung des Schul­ besuches angeordnet sind. Das Gleiche gilt bezüglich der Inhaber von Fabriken, Gewerben, Bergbauen, Torfstichen und bergt, welche die bei ihnen beschäftigten Kinder vom Schulbesuche abhalten. § 27. Eltern oder deren Stellvertreter, deren Kinder zu Hause oder in einer Privatanstalt unterrichtet werden, dann die in § 16, Absatz 3 erwähnten Personen, welche für bei ihnen beschäftigte schul­ pflichtige Kinder besondere Schulen unterhalten, sind dafür verantwortlich, dass den Kindern min­ destens der für öffentliche Volksschulen vorgeschrie­ bene Unterricht in genügender Weise zu Theil wird. § 28. Für jede Schule ist vom Ortsschulrathe eine Schulordnung zu entwerfen, welche den Beginn und die Dauer der Unterrichtszeit sowie den ge­ summten Schulbesuch innerhalb der bestehenden Vorschriften genau festsetzt. Diese Schulordnung ist in jedem Classenzimmer neben dem Stunden­ pläne ersichtlich zu machen. 348 Beilage XLIII A. III. Session der 8. Periode 1899. § 29. Die Verhängung der in den §§ 16, 20, 21, 22, 23 und 26 erwähnten Strafen kommt in erster Instanz der Ortsschulbehörde zu. Das Verfahren richtet sich nach den für das politische Verfahren bestehenden Vorschriften. Wenn ein Ortsschulrath hinsichtlich der Aus­ übung des Strafreä'tes seinen Pflichten nicht nach­ kommt, so kann ihm dasselbe unbeschadet der nach den §§ 18 und 19 des Schulaufsichtsgesetzes vor­ gesehenen Maßnahmen durch den Landesschulrath zeitweilig entzogen und dem Bezirksschulrathe über­ tragen werden. § 30. Recurse gegen Entscheidungen wegen des nicht begonnenen, vernachlässigten oder des vorzeitig abgebrochenen Schulbesuches haben, soweit sie nicht gegen Strafverfügungen gerichtet sind, keine aus­ schiebende Wirkung. § 31. Die Strafbeträge werden im politischen Wege eingebracht und vom betreffenden Ortsschulrathe zur Beschaffung von Lehr- und Lernmitteln für die Schule verwendet. § 32. Gegen Eltern, welche trotz wiederholter Be­ strafungen beharrlich ihren Obliegenheiten in Be­ treff des Schulbesuches ihrer Kinder nicht nach­ kommen, ist das Verfahren nach den §§ 176 und 177 a. b. G. B. zu veranlassen. Fabrikbesitzer und dergl. können schon bei dem ersten Rückfalle des Rechtes, schulpflichtige Kinder in ihren Etablissements zu beschäftigen, verlustig erklärt werden. III. Abschnitt. Bom Aufwande für das Volksschul­ wesen und von den Mitteln zu seiner Bestreitung. § 33. Das lediglich im Gesetze begründete Schul­ patronat hat sammt allen damit verbundenen 34g Beilage XLIII A. XLIII A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Rechten und Pflichten zu entfallen; nur Schul­ patronate, welche auf anderen Titeln beruhen, bleiben aufrecht. Die Errichtung und Erhaltung der nothwen­ digen Volksschulen ist eine Angelegenheit der Schulgemeinde, welche demnach sowohl alle sach­ lichen Bedürfnisse derselben als auch sämmtliche Bezüge des Lehrpersonales nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu bestreiten hat. Falls in einer Schulgemeinde nebst der Ortsgemeinde der Schule andere Orlsgemeinden oder Theile anderer Orts­ gemeinden eingeschult sind, so sind die Schulaus­ lagen von den eingeschulten Ortsgemeinden ge­ meinsam in dem Verhältnisse der von denselben beziehungsweise den eingeschulten Ortsgemeinde­ theilen zu entrichtenden directen ärarischen Steuern sammt Zuschlägen zu tragen. Den Schulgemeinden steht es frei, diesen Auf­ theilungsmaßstab durch ein Übereinkommen in einer andern Weise festzustellen. Ein solches Übereinkommen bedarf der Genehmigung des Landesschulrathes im Einverständnisse mit dem Landes-Ausschusse und muss auf Verlangen auch nur einer der betheiligten Ortsgemeinden mit Ende des Solarjahres außer Kraft gesetzt werden, falls ein derartiges Verlangen mindestens sechs Monate vor diesem Zeitpunkte beim Landesschulrathe er­ hoben wird. Im Falle der Unvermögenheit einer Ortsbezw. Schulgemeinde zur vollständigen Deckung der erwähnten Auslagen hat das Land den Ausfall zu bestreiten. Über diese Unvermögenheit hat die Landes­ vertretung von Fall zu Fall zu entscheiden und zugleich den Beitrag, den das Land zu tragen hat, sowie die Art und die Dauer der Beitrags­ leistung festzusetzen. I § 34. Unter den sachlichen Bedürfnissen der Schule ist insbesondere die Herstellung und Erhaltung der Schulgebäude, die Miete, Beheizung, Beleuchtung und Reinigung der Schullocalitäten, die Herstellung und Erhaltung der Schulgärten und Turnplätze, die Anschaffung und Erhaltung der Schulein­ richtung, der Lehrmittel und der sonstigen zum Unterrichte erforderlichen Gebrauchsgegenstände zu verstehen. Im weiteren obliegt der Schulge- 350 Beilage XLTII A. III. Session der 8. Periode 1899. meinde die Erhaltung Lehrerwohnung. der etwa verhandenen § 35. Die aus den Bestimmungen des § 33, be­ treffend die Bezüge des Lehrpersonales, erwachsenden Geschäfte werden durch den Ortsschulrath, und die aus den Bestimmungen der §§ 33 und 34, betreffend die sachlichen Bedürfnisse der Schule, erwachsenden Geschäfte in Schulgemeinden, welche nur aus einer Ortsgemeinde bestehen, durch die Vertretung der Ortsgemeinde und ihre Executivorgane, und in Schulgemeinden, welche aus mehreren Ortsgemeinden gebildet sind, durch den Orts­ schulrath besorgt. § 36. ■ Soweit das Gesetz oder ein Vertrag nebst der Orts- bezw. Schulgemeinde noch andere Per­ sonen oder Corporationen zu Leistungen oder Bei­ trägen für die sachlichen Bedürfnisse oder für das Diensteinkommen des Lehrpersonales einer Volks­ schule verpflichtet, sind solche Verpflichtungen im vollen Umfange aufrecht zu erhalten. Das Gleiche gilt von Stiftungen und Fanden. § 37. Wenn stiftungsgemäß oder auf Grund von Privatrechtstiteln einzelne Zuflüsse bestimmten Schulen zugewendet wurden, ist diese Widmung unter thunlichster Aufrechterhaltung ihrer etwaigen speciellen Bestimmung zu wahren. § 38. Nur jener Verpflichtungen, welche dem noch fortbestehenden Schulpatronate ankleben, kann der verfügungsberechtigte Inhaber desselben durch ein­ fache Verzichtleistung auf das Schulpatronat und die damit verbundenen Rechte sich entschlagen. § 39. Findet die Ortsgemeinde die Aufhebung eines noch bestehenden Schulpatronates unter Übernahme der sämmtlichen Patronatslasten auf die Gemeinde wünschenswert, und ist eine gütliche Verständigung mit dem Berechtigten nicht zu erzielen, so kann die Aufhebung des Patronates durch ein Landesgesetz ausgesprochen werden. 351