18980125_ltb00361898_Bericht_Steuerausschuss_RV_Freilassung_Personaleinkommensteuer_aus_Landesgesetzgebungskompetenz_Zuschläge

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Letzte Änderung 02.07.2021, 09:13
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,lt08,ltb0,lt1898,ltb1898
Dokumentdatum 2021-07-02
Erscheinungsdatum 2021-07-02
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XXXVL der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. IL Session, 8. Periode 1898. Beilage XXXVI. Movict-i des Steiierausfcfyuffes über die Regierungsvorlagen, betreffend die Freilassung der mit dein Reichsgesetze vom 25. October 1896, R G. Bl. Nr. 220eingesührten Personal­ einkommensteuer von allen der Kompetenz der Landesgesetzgebung unterliegenden Zuschlägen und die Abänderung des § 74 <5. O. Hoher Vaiibtag! Wie schon in den Bemerkungen zum Voranschlag des Landesfondes (XL der Beilagen zu den stenographischen Protokollen) hervorgehoben wurde, sind durch das Gesetz vom 25. October 1896, R. G. Bl. Nr. 220 einentheils neue Steuern geschaffen, anderntheils Nachlässe bei bestehenden Steuern gewährt worden. Die bedeutendste Änderung im bisherigen Steuersysteme erfolgte durch Einführung der Personal­ einkommensteuer, deren Erträgnis der Hauptsache nach nicht so fast zur Erhöhung der Staatseinnahmen, sondern zur Gewährung von Nachlässen und Erleichterungen bei anderen Steuergattungen und zur Zuwendung von Zuschüssen an die Länder dienen soll. Die Regierung und die Majorität des Reichsrathcs wurden bei den bezüglichen Berathungen der Steuergesetze von der Anschauung geleitet, die Einführung der Personaleinkommensteuer werde nur dann den gewünschten Erfolg haben und den in sie gesetzten Erwartungen entsprechen, wenn dieselbe von Gemeinde- und Landeszuschlägen befreit werde, indem dadurch die Fatenten in die Lage gesetzt würden, im vorhinein genau zu wissen, welche Steuer sie zu entrichten haben und dabei nicht fürchten müssen, dass diese Steuer durch Zuschläge, deren Höhe oft nicht bekannt und nach Zeit und Ort großen Änderungen und Schwankungen unterliegen, bedeutend erhöht werde. Nachdem aber die Festsetzung und Regelung der Vorschreibung und Erhebung von Landes­ und Gemeindezuschlägen nach den bestehenden Landesordnungen in die Competenz der Landtage fällt, so konnte in dem bezeichneten Reichsgesetze eine Befreiung der Personaleinkommensteuer von derartigen Zuschlägen nicht ausgesprochen werden. Es wurden aber derartige Bestimmungen in das Reichsgesetz ausgenommen, durch die ein solcher Druck auf die Länder beziehungsweise auf die Landtage ausgeübt 201 Beilage XXXVI. XXXVI der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. wird, diese Befreiung im Wege der Landesgesetzgebung auszusprechen, dass derselbe einem Zwange eigentlich nahezu gleichkommt. Das Reichsgesetz macht nämlich die Gewährung der Nachlässe an die Steuerzahler und die Zuweisung der Überschüsse der Personaleinkommensteuer an die Länder davon abhängig, dass im Wege der Landesgesetzgebung die Befreiunng von allen der Competenz derselben unter­ liegenden Zuschlägen und zwar längstens mit Ablauf der ersten Landtagssession nach Eintritt der Wirksamkeit des Gesetzes vom 25. October 1896 ausgesprochen sein wird. Die bezüglichen Artikel lauten: Artikel V. Als Erträgnis der directen Personalsteuern ist in jedem Jahre der Wirksamkeit dieses Gesetzes die Summe anzusehen, die vom 1. Jänner bis 31. December auf die in demselben geregelten Sien ent oder auf Rückstände oder Nachtragsvorschreibungen an der bisherigen Erwerb- und Einkommen teuer zur Einzahlung gelangt. Artikel VI. Von dem im vorigen Artikel bezeichneten Erträgnisse der neu geregelten, directen Personal­ steuern verbleibt dem Staatsschätze während der Jahre 1898 und 1899 außer den mit jährlich 1, 200.000 fl. bezifferten Veranlagungskosten zunächst derjenige Betrag, welcher demselben schon nach den bisherigen Gesetzen zugeflossen wäre. Als dieser Betrag ist die Jahresschuldigkeit an Erwerb- und Einkommensteuer für das Jahr 1897 nebst einem Zuschläge anzunehmen, der für das Jahr 1898 2’/a Procent, für das Jahr 1899 5 Procent jener Jahresschuldigkeit beträgt. Artikel VII. Aus den Mehrerträgnissen werden Steuernachlässe und Überweisungen an die Landesfonde im Sinne der folgenden Bestimmungen gewährt. Artikel VIII. Abgesehen von dem durch die Festsetzung der Erwerbsteuerhauptsumme mit 17, 732.000 fl. (§ 11) für die allgemeine Erwerbsteuer gewährten Nachlasse findet an der vorgeschriebenen Grundsteuer und Gebäudesteuer, mit Ausnahme der 5 procentigen Steuer vom Ertrage steuerfreier Gebäude, ein Nachlass von 10 Procent ihres Betrages vonl 1. Jänner 1898 an statt. Artikel IX. 1. Der nach Bestreitung der im Artikel VIII vorgesehenen Nachlässe noch verbleibende Über­ schuss wird, insofern er 3, 000.000 fl. jährlich nicht übersteigt, den Landesfonden in der Art zugewendet, dass ein jenem Überschüsse gleichkommender, aliquoter Theil der staatlichen Realsteuern den Ländern überwiesen wird. 2. In Ausführung dieser Bestimmung wird wahrend der Jahre 1898 und 1899 jedes Land so viele Procente des in dem betreffenden Lande und Jahre erzielten Ertrages der staatlichen Real­ steuern überwiesen erhalten, als die für das gleiche Jahr zur Überweisung an sämmtliche Länder ge­ langende Gesammtsumme Procente des gesauimten Realsteuererträgnisses ausmacht. 3. Übersteigt der Überschuss den Betrag von 3, 000.000 fl., so werden die weiteren Mehr­ beträge und zwar in nachstehender Reihenfolge verwendet: a) zur Erhöhung der im Artikel VIII bezeichneten Steuernachlässe bis zu einem gleichzeitig zu erreichenden Höchstausmaße des Gesammtnachlasses von 15 Procent bei der Grund­ steuer, 12'/, Procent bei der Gebäudesteuer und zu einer solchen Ermäßigung der Erwerb202 Beilage XXXVI. II. Session der 8. Periode 1898. ' steuerhauptsumme, dass dadurch der Nachlass an der allgemeinen Erwerbsteuer auf 25 Procent jenes Betrages erhöht wird, der bei Berechnung der Erwerbsteuerhauptsumme (Artikel VIII § 11) zu Grunde gelegt wurde; b) zur Ermäßigung des Steuerfußes für die der öffentlichen Rechnungslegung unterworfenen Unternehmungen bis auf 10 Procent (§ 100, Absatz 1 und 5). Die im vorstehenden Absätze 3 snb a und b das jeweils nachfolgende Jahr in Kraft. vorgesehenen Steuerermäßigungen treten für 4. Sobald endlich die in lit. a und b bezeichneten Steuernachlässe und Ermäßigungen erreicht sind, fließen etwa noch weiter verbleibende Überschüsse aus dem Jahreserträgnisse zur Hälfte in die Staatscassa, zur Hälfte werden dieselben den Landesfonden in dem in Absatz 1 und 2 hezeichneten Verhältnisse zugewendet. Artikel X. In der Periode von 1900 bis einschließlich Personalsteuern in folgender Weise verfügt: 1909 wird über die Erträgnisse der directen 1. Aus jedem Jahreserträgnisse werden zunächst jene Beträge reserviert, welche nothwendig sind, um a) den Abgang aus den nach Artikel VIII an den staatlichen Realsteuern eintretenden Nachlässen für das betreffende Jahr zu decken; b) den Ländern den Betrag von 3, 000.000 fl. zu überweisen. 2. Sodann empfängt die Staatscasse eine Summe, welche für das Jahr 1900 um 2'5 Proc. höher zu bemessen ist, als der der Staatscasse im Jahre 1899 aus dem Erträgnisse der directen Pcrsonalsteuern gemäß Artikel VI verbliebene Betrag, und Ivelche sich für jedes der folgenden Jahre gegenüber der so berechneten Vorjahresziffer um weitere 2'5 Procent steigert. 3. Die hiernach in jedem Jahre noch erübrigenden Artikel IX, Absatz 3 und 4 angeordneten Weise verwendet. Mehrerträgnisie werden in der im Artikel XI. Ergeben sich bei der Berechnung der int Artikel IX, Absatz 3 a und X Punkt 3 besprochenen Nachlässe an den Realsteuern Bruchteile von Procenten, so sind dieselben in der Art abzurunden, dass der Nachlass keinesfalls mit einem geringeren Bruchtheile als ein Zehntel eines Procentes der Steuer­ schuldigkeit zur Realisierung gelangt. Kleinere Bruchtheile sind, woferne sie mehr als fünf Hundertyeile betragen, auf ein volles Zehntel zu erhöhen, im aitdern Falle aber ganz zu vernachlässigen. In derselben Weise ist die Ermäßigung des Steuerfußes für die der öffentlichen Rechnungs­ legung unterworfenen Unternehmungen jedesmal auf halbe Tausendtheile des steuerpflichtigen Ertrages abzurunden. Eine nachträgliche Ausgleichung der aus diesen Abrundungen entstehenden Differenzen findet nicht statt. Artikel XII. Die definitive Festsetzung des Ausmaßes der directen Ertragsteuern findet, sobald das in Artikel IX, Absatz 3 a bezeichnete Höchstausmaß der Nachlässe erreicht ist, längstens aber int Jahre 1909 int Gesetzgebungswege statt; hiebei ist der Nachlass bei der Hausclassensteuer durch Ausarbeitung eines neuen Tarifes den Gebäuden der unteren und mittleren Tarifclassen in verhältnismäßig höherem Aus­ maße zuzuwenden. 203 Beilage XXXVI. XXXVI. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Desgleichen sind im Jahre 1909 die Ueberweisungen an die Länder von neuem gesetzlich zu regeln. In Ermanglung einer solchen Regelung werden vom Jahre 1910 an die Ertragsteuern, vor­ behaltlich der Wirksamkeit besonderer, ihr Ausmaß berührender Specialbestimmungen Aperiodische Progression der Erwerbsteuerhauptsnmnle, Abschreibungen an der Grundsteuer u. dgl.), in demjenigen Ausmaße forterhoben, welches sich unter Beibehaltung der aus den Mehrerträgnissen des Jahres 1909 im Sinne der Artikel VIII bis XI resultierenden Nachlässe und Ermäßigungen ergibt. Unter derselben Voraussetzung wird den Ländern für die Folgezeit derselbe Procentsatz der staatlichen Realsteuern überwiesen, welcher an dieselben gemäß der vorstehenden Bestimmungen für das Jahr 1909 zur Ueberweisung gelangte. Artikel XIII. Die in den Artikeln V bis XII erwähnten Nachlässe an den Realsteuern und Ueberweisungen finden nur rücksichtlich der Realsteuerträger beziehungsweise Landesfonde jener Länder statt, deren Landesgesetzgebung längstens mit Ablauf der ersten Landtagssession nach Eintritt der Wirksamkeit des Gesetzes, betreffend die directen Personalsteuern, die Freilassung der durch dieses Gesetz einzuführenden Personaleinkommensteuer von allen, der Competenz der Landesgesetzgebung unterliegenden Zuschlägen nornnert haben wird. Nachlass- und Ueberweisungsbeträge, welche mangels Erfüllung dieser Bedingung nicht realisiert werden können, verfallen zu Gunsten der Staatscasse. Nach den dem von der Regierung im Landtage eingebrachten Gesetzentwürfe beigefügten Be­ merkungen betragen die Nachlässe für Vorarlberg bei der Grundsteuer 12.697 fl. 10 kr., bei der Ge­ bäudesteuer 10.946 fl., zusammen 22.643 fl. 10 kr. Der Antheil des Landes aus der Anweisung von 3 Millionen im Verhältnis der auf dasselbe entfallenden Realsteuern beziffert sich nach dem StaatS­ voranschlage pro 1898 mit 10.109 fl. Es würde sonach die Nichtfreilassung der Personaleinkommen­ steuer von Zuschlägen dem Lande beziehungsweise den Steuerzahlern schon für das Jahr 1898 einen Entgang von 30.752 fl. verursachen, welcher Betrag sich in den künftigen Jahren voraussichtlich noch steigern wird, dadie Erhöhung der Nachlässe bei der Grundsteuer van 10 auf 15°/0 und jene der Gebäudesteuer vou 10 auf 12‘/2°/o, sowie auch die Erhöhung der an die Länder zuzuweisenden Be­ trüge wohl schon in den nächsten Jahren eintreten dürfte. Die in den „Bemerkungen" enthaltenen Angaben hinsichtlich der Höhe der Grundsteuer, dann der Nachlässe bei derselben, dann der Zuweisung an den Landesfond sind nicht ganz übereinstimmend mit den in den „Bemerkungen" zuni Landesfondsvoranschlage pro 1898 (XI. Beilage zn den steno­ graphischen Protokollen) enthaltenen Angaben, welch letztere der Zuschrift des Finanz-Ministeriums vom 1. Juli v. I., Zl. 30.882 entnommen sind. Die wesentlichste Differenz besteht hinsichtlich der Grund­ steuer und somit auch hinsichtlich der auf dieselbe entfallenden Nachlüffe. Zur Zeit, als die vorbe­ zeichnete Zuschrift auf Grund einer vom Landesausschusse gestellten Anfrage an letzteren gerichtet wurde, war die Gruudsteuerievision noch nicht beendet und die voraussichtliche Höhe dieser Steuer für Vorarl­ berg nuirde daher »om Finanz-Ministerium mit 138.000 fl. angenommen, während sie nach dem Er­ gebnisse der Grundsteucrrevision nur mehr 126.971 fl. beträgt. Dadurch sinkt auch der Nachlass an derselben von 13.800 fl. auf 12.697 fl. 10 kr. und die Zuweisung ans Land von 10.576 fl. auf 10.109 fl. Der Landesausschuss hat der Frage der Freilassung der Personaleinkommensteuer von den der Landesgesetzgebung unterliegenden Zuschlägen die vollste Aufmerksamkeit zugewendet und sich schon am 12. Juni v. I. an die Landesausschüsse der übrigen Königreiche und Länder mit dem Ersuchen um Bekanntgabe der in dieser Angelegenheit gefassten oder zu fassenden Beschlüsse gewendet. Aus den Mittheilungen der Landesausschüsse, sowie aus den Erklärungen der Vertreter der Länder bei der am 10. Nov. v. I. im Landhause in Wien abgehaltenen Conferenz ist zu entnehmen, 204 Beilage XXXVI, II. Session der 8. Periode 1898. dass in allen Ländern seitens der Landesausschüsse bei den Landtagen die Befreiung der Personal­ einkommensteuer von Zuschlägen in Vorschlag gebracht werden wird. Am längsten sträubte sich der Landesausschuss von Böhmen, diesen Schritt zu thun. Nach Berichten der jüngsten Zeit steht aber auch hinsichtlich dieses Landes die Annahme einer solchen Vorlage in Aussicht. An der Conferenz der Landesausschüsse in Wien nahm der gefertigte Berichterstatter als Vertreter Vorarlbergs theil. Bei den bezüglichen Verhandlungen gelangten folgende Resolutionen zur Annahme: 1. Die am 10. November 1897 im Landhause in Wien zu einer Conferenz zur Erörterung der durch die Reform der directen Personalsteuern hinsichtlich des Haushaltes der Länder, Bezirke und Ge­ meinden geschaffenen Lage versammelten Vertreter der Landesausschüsse erklären, dass es geboten er­ scheint, im Wege der Landesgesetzgebung die Freilassung der Personaleinkommensteuer von Zuschlägen aller Art und zwar hinsichtlich der Landesumlagen bis zum Jahre 1909 auszusprechen. Eine gleiche zeitliche Beschränkung wäre auch hinsichtlich der Gemeindeumlagen anzustreben. Die Conferenz erklärt ferner, dass sie eine Abänderung der Landesordnung zum Zwecke der Beschließung der Freilassung der Personaleinkommcnsteuer von Zuschlägen nicht für nothwendig erachtet. II. Die Conferenz erklärt, dass es mit Rücksicht darauf, dass vom 1. Jänner 1898 ab die allge­ meine Erwerbsteuer bereits in einem reducierten Betrage in Vorschreibung gebracht werden wird, während bei den übrigen Steuergattungen die Staatssteuern im vollen Betrage zur Vorschreibung ge­ langen werden und nur bei einigen Steuergattungeu Nachlässe gewährt werden, welche jedoch die als Umlagsbasis dienende Steuervorschreibung nicht berühren, im Interesse einer möglichst gleichmäßigen Belastung sämmlicher Umlagepflichtigen zulässig sein soll, die allgemeine Erwerbsteuer einerseits und die übrigen Steuergattungen andererseits sowohl für Landes-, als Bezirks- und Gemeindezwecke mit ungleichen Umlagsprocenten zu belegen. In jenen Kronländern, in welchen die Gemeindeordnungen die Umlegung der Gemeindeumlagen nach einem gleichen Procente für alle Gattungen der directen Steuern normieren, wäre die Abänderung der bezüglichen Bestimmungen zu ermöglichen. III. Die Conferenz erklärt, dass es mit Rücksicht darauf, dass voni 1. Januar 1898 ab alle jene bisher Umlagepflichtigen, welche nur mehr die Personaleinkommensteuer und diese zumeist mit einem geringeren Betrage als die bisherige Einkommensteuer zu entrichten haben werden, bei Freilassung der Pe ^' " ' ‘ ' er von Zuschlägen, von Landes-, Bezirks- und Gemeindcumlagen vollkommen frei sein .vH.wn, v.viv "Mlagenfreiheit aber weder vom finanzpolitischen noch vom socialpolitischen Stand­ punkte aus gerechtfertigt erscheinen würde, wünschenswert erscheint, dass die Möglichkeit geboten werde, vom Jahre 1898 an selbständige Landes-, Bezirks- und Gemcindebcsoldungssteuern einzuführen. Die hohe k. k. Regierung wäre zu ersuchen, zur Erzielung möglichst gleichförmigen Bestimm­ ungen über die Festsetzung, Veranlagung und Einhebung der von den Selbstverwaltungskörpern einzu­ führenden Besoldungssteuern in den einzelnen Kronländern den Landesausschüssen mit thunlichster Beschleunigung Entwürfe der bezüglichen Gesetze und Verordnungen zukommen zu lassen. IV. Die Conferenz erklärt, dass es nicht thunlich erscheint, den Gemeinden eine Antheilnahme an den auf die Länder entfallenden Überweisungsquoten zuzugestehen. 205 Beilage XXXVI. XXXVI. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. V. Die Conferenz erklärt es für dringend geboten, dass den Gemeinden für die Besorgung der Geschäfte des übertragenen Wirkungskreises insbesondere im Hinblicke auf die denselben durch die Reformen der dirccten Pcrsonalsteuern möglicherweise erwachsenden Nachtheile von Seite der Staats­ verwaltung eine entsprechende Entschädigung zugewendet werde. IV. Die Conferenz erklärt, dass cs mit Rücksicht auf das stets steigende Erfordernis der Länder zur Befriedigung unabweislichcr Landesbedürfnisse insbesondere auf dem Gebiete der Schule, der öffent­ lichen Gesundheitspflege, der Wohlthätigkeitsanstalten und des Verkehrswesens, ferner zur finanziellen Förderung der Gemeinden dringend geboten erscheint, den Ländern zur Sanierung der Landesfinanzen beziehungsweise zur Erfüllung von Aufgaben, welche wegen Unzulänglichkeit der Landesmittel bisher nicht erfüllt werden konnten, Beiträge aus Staatsmitteln zuzuwenden. Die Conferenz erklärt es ferner als nothwendig, dass die von der hohen k. k. Regierung in Aussicht genommene Überweisung der Realsteuern an die Länder unverrückt im Auge behalten werde. Der Landesausschuss hat sich bei Festsetzung des Voranschlages pro 1898 von der Anschauung leiten lassen, dass die Befreiung der Peisonaleinkominensteuer von Zuschlägen nicht zu umgehen sei, und der dem h. Landtage unterbreitete Landesvoranschlag beruht auf dieser Voraussetzung. Der Steuerausschuss ist einstimmig derselben Anschauung. Er hat daher die Regierungs­ vorlage (Beilage XXI i der stenographischen Protokolle) im allgemeinen als Grundlage seiner Be­ rathungen angenommen, an derselben aber 2 Änderungen, eine davon von größerer Tragweite, beschlossen. Die erste derselben betrifft die Aufnahme der klaren Bestimmung, dass die Befreiung der Personal­ einkommensteuer von Landesumlagen vorläufig nur auf die Dauer von 12 Jahren, das ist vom 1. Jänner 1898 bis 31. December 1909 ausgesprochen werde, während nach der Regierungsvorlage unter Umständen das Gesetz auch noch weiter hinaus in Kraft geblieben wäre. Die zweite und zwar wichtigere Änderung verlangt die gleiche Behandlung der Gemeindezuschläge nnd überhaupt aller andern der Competenz der Landesgesetzgebung unterliegenden Zuschlägen. Rach der Regierungsvorlage sollte die Personaleinkommensteuer von derartigen Zuschlägen ohne jede Einschränkung, sonach bleibend befreit werden. Der Steuerausschuss konnte aber bei dem Umstande, als die Gemeindezuschläge in Vorarlberg schon wegen ihrer durchschnittlichen Höhe von weit größerer Bedeutung sind als die Landeszuschläge und die Befreiung der Personaleinkommensteuer von Zuschlägen zumal in den größer» und industriereicheren Gemeinden stark empfunden werden dürfte, diese Bestimmung der Regierungsvorlage nicht acceptieren und beantragt daher hinsichtlich der Befreiungsdauer die gleiche Einschränkung wie bezüglich der Landeszuschläge. Die seitens des Herrn Regierungsvertreters dem Berichterstatter mitgetheilten Bedenken der Regierung gegen die vom Steuerausschusse vorgeschlagene Fassung wurden mittlerweile fallen gelassen und es unterliegt die Votierung des Gesetzes in dem vom Steuerausschusse beantragten Wortlaute keinem Anstande. Die Vorlage des zweiten Gesetzentwurfes, die Aenderung des § 74 G. O. betreffend, beruht auf dem Umstande, dass die allgemeine Erwerbsteuer mit Ausnahme der I. Classe für die Zukunft bedeutend ermäßigt wird. Weil nun die Basis der Bemessung der Gemeindezuschläge hinsichtlich dieser Steuer eine kleinere geworden ist, wollte die Regierung durch Aufnahme der Bestimmung, nach welcher die Zuschläge zu der allgemeinen Erwerbsteuer jene zu den andern Steuergattungen bis um ein Drittel 206 II. Session der 8. Periode 1898. Beilage XXXVI. übersteigen dürfen, bezüglich der Verumlagung der Gemeindeerfordernisse gleichsam den alten Zustand restituieren, beziehungsweise den Gemeinden einen Ersatz für den durch die Reform der Erwerbsteuer verursachten Entgang bieten. Der Steuerausschuss vertrat aber die Anschauung, es sollte mehr im allgemeinen die Zulässigkeit einer ungleichmäßigen Verumlagung der Gemeindeerfordernisse auf die ver­ schiedenen Steuergattungen, betreffe es nun eine Erhöhung oder eine Erinüßigung, unter geivissen Vor­ aussetzungen gestattet werden, und er empfiehlt daher die Aufnahme einer dahingehenden Bestimmung in den § 74 G. O. In Vorarlberg sind es insbesondere die Hauszins- und Hausclassensteuer, die als sehr drückend empfunden werden, und es soll, wie es in Tirol beispielsweise vielfach vorkommt, gesetzlich möglich gemacht werden, für derartige, nach den örtlichen Verhältnissen drückend erscheinende Steuern hinsichtlich der Zuschläge eine Ermäßigung eintreten zu lassen. Um eine ungerechtfertigte Anwendung einer solchen Bestimmung zu erschweren, wird die ungleichmäßige Verumlagung an die Genehmigung des Landesausschusses geknüpft. Was die Einführung einer Besoldungssteuer anbelangt, so wäre diese Frage hauptsächlich nach der Richtung eingehender Würdigung zu unterziehen, ob nicht für die Gemeinden eine solche Steuer im Wege der Landesgesetzgebung geschaffen werden sollte, um denselben eine neue, von den bestehenden Be­ steuerungssystemen ganz unabhängige Einnahmsquelle zu erschließen und ihnen dadurch einigermaßen einen Ersatz für die durch die Befreiung der Personaleinkommensteuer von Zuschlägen erfolgte Schädigung zu bieten. Es dürfte sich daher empfehlen, diese Frage weiterhin im Auge zu behalten und eventuell im gegebenen Zeitpunkte daraufbezügliche legislatorische Maßnahmen vorzubereiten. Es wird gestellt folgender Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: den Gesetzentwürfen: a) betreffend die Freilassung der mit dem Reichsgesetze vom 25. October 1896, R. G. Bl. 'Nr. 220 eingeführten Personaleinkommensteuer von allen der Competenz der Landesgesetzgebung unterliegenden Zuschlägen, und b) betreffend die Abänderung des § 74 der Gemeindeordnung für Vorarlberg, wird die Zustimmung ertheilt. Bregenz, den 25. Jänner 1898. Joseph Wegeler, Mart. Thurnher, Obmann. Berichterstatter. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 207 . XXXVI A. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. Beilage XXXVI A. Gesetz vorn . . . . wirksam für das Land Vorarlberg, betreffend die Freilassung der mit Reichsgesetze dem vom 25. October 1896, R. G. Bl. Nr. 220 eingeführten j)ersonaleinkommenstener von allen der Lompetenz der Landesgesetzgebung unterliegenden Zuschlägen. Mit Zustimmung des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde Ich anzuordnen, wie folgt: Artikel I. Die mit dem Gesetze vom 25. October 1896, R.-G.-Bl. Nr. 220, betreffend die directen Personal­ steuern, eingeführte Personaleinkommensteuer wird von allen Landeszuschlägen sowie allen übrigen, der Competenz der Landesgesetzgebung unterliegenden Zuschlägen vorläufig für die Zeit vom 1. Jänner 1898 bis 31. December 1909 befreit. Für den Fall, als die in den Artikeln V bis XII des bezüglichen Reichsgesetzes normierten Steuernachlässe und Über­ weisungen in einem früheren Zeitpunkte aufge­ hoben werden sollten, tritt auch dieses Gesetz gleich­ zeitig wieder außer Wirksamkeit. Demgemäß ist lvührend dieser Zeit in allen jenen Fällen, in welchen die Umlegung und Ein­ hebung von Zuschlägen zu allen directen Staats­ steuern durch ein bereits bestehendes oder ein erst zu erlassendes Landesgesetz für zulässig erklärt wird, dieser Zuschlag nur noch aus die übrigen directen Staatssteuern mit Ausnahme der Personal­ einkommensteuer umzulegen gestattet. 209 XXXVI A. der Beilagen zu den steiwgr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. Artikel II. Desgleichen ist in allen jenen Fällen, in welchen vermöge eines Landesgesetzes oder einer behördlich genehmigten Vereinbarung eines Statutes oder dergleichen die Auftheilung gemeinsamer Kosten nach Maßgabe sämmtlicher directer Staatssteuern zu erfolgen hat, die Personaleinkommensteuer außer Berechnung zu lassen. Artikel III. Mein Minister des Innern und der Finanzen sind mit dem Vollzüge dieses Gesetzes betraut. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 210 XXXVI B. der Beilagen ZU den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898 Beilage XXXVI B. vom .... wirksam für das Land Vorarlberg, womit der § 74 der Gemeindeordnung für Vorarlberg abgeändert wird. Mit Zustimmung des Landtages Meines- Landes Vorarlberg finde Ich anzuordnen, wie folgt: Artikel L Der § 74 der Gemeindeordnung für Vorarl­ berg wird aufgehoben und hat künftig zu lauten: § 74. In der Regel sind Zuschläge zu den directen Steuern auf alle in der Gemeinde vorgeschriebenen Steuern dieser Art, insoweit bei denselben Gemeinde­ zuschläge zulässig sind, ohne Unterschied, ob der Steuerpflichtige Gemeindemitglied ist oder nicht, aufzutheilen und auf alle Gattungen dieser Steuern gleichinäßig umzulegen. Eine ungleichmäßige Verumlagung der Gemeinde­ erfordernisse auf die verschiedenen Gattungen dieser Steuern ist an die Genehmigung des Landesaus­ schusses gebunden. Artikel II. Mit dem Vollzüge dieses Gesetzes ist Mein Minister des Innern und Mein Finanzminister beauftragt. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 211