18960120_ltb0331896_Bericht_Volkswirtschaftsausschuss_Subventionsgesuch_katholischerBauernvereinMontafon_rassereineSaanenziegen

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Letzte Änderung 01.07.2021, 20:58
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1896,ltb1896,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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XXXIII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. vi. Session, 7. Periode 1896. Beilage XXXIII. ZAevrcht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über das Gesuch der vorstehung des kath. Bauernvereins für Montavon um eine Subvention aus kandesmitteln zur Einführung und Hortzucht der rassereinen Saanen-Ziegen. Hoher Landtag! Der Ausschuss des kath. Bauernvereines für Montavon hat durch seinen Borstand, Abg. Schapler d. pr. 11. Januar 1896 Zl. 191 beim hohen Landtage ein Gesuch um eine Subvention von 300. sl. zur Hebung und Veredlung der Ziegenzucht im Thale Montavon bezw. zur Ein­ führung und rassereinen Fortzucht der als berühmt geltenden Saanen-Ziegen und zur Bestreitung der hiezu nothwendigen Auslagen überreicht und angegeben, dass es dem Vereine aus eigenen Mitteln nicht möglich sei dies zu leisten. Das Ansuchen ist mit folgenden, der Zuschrift entnommenen Angaben begründet: 1. Die weiße, ungehörnte „Saanen-Ziege" aus dem Simmenthale, Schweiz, Ct. Bern, nimmt unter den für unsere Gebirgsländer empfehlenswerten Ziegenrassen eine der ersten, wenn nicht ausschließlich die erste Stelle ein. Sie zeichnet sich vor unseren hier vorhandenen Ziegen besonders aus durch ihre schönen Körperformen, durch ihre Anspruchs­ losigkeit und große Widerstandsfähigkeit, ganz besonders aber durch größere Milch­ ergiebigkeit und den diesen Vorzügen entsprechenden, viel höheren bis zum doppelten, oft sogar dreifachen unserer Ziegenpreise steigende Wert. — Die Saanenziegen sind in den letzten Jahren zahlreich nach Böhmen (mit Unterstützung der hohen Regierung), nach Sachsen, Baiern und Baden eingeführt worden, haben sich überall trefflich gehalten und sogar mancherorts in den zwei letztgenannten Ländern mehr geleistet als im Mutter­ lande. Die Gleichheit jener Verhältnisse des Mutterlandes der Thiere mit unseren hiesigen Verhälnissen lässt mit Sicherheit voraussehen, dass sie ihre Rassenvorzüge auch hier zur Geltung bringen werden, wie dieses sogar seitens deutscher Züchter versichert wird. — Vorstehende Angaben sind den im Orginal beigegebenen Schreiben entnommen. 179 Beilage XXXIII. XXXIII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags 2. Der Bezirk Montavon besitzt ungefähr 2000 Ziegen, zu deren Verbesserung und Ver­ edlung seit Menschengedenken nie etwas geschehen ist und die nun das sind, was sie unter diesen Verhältnissen werden konnten. Der Durchschnittspreis einer guten Ziege ist etwa 10 bis 12 st., während derselbe Preis einer guten Saanen-Ziege sich auf 60 bis 70 Francs stellt. Eine Ersetzung der hiesigen Ziegen durch Saanenziegen würde am ganzen Ziegenstande des Thales eine Werterhöhung von 20 bis 30.000 st. bedeuten. 3. Zur Begründung der Höhe des angesuchten Betrages diene die seitens des Ausschusses des Vereins wiederholt durchberathene Anschauung, dass zur gedeihlichen Einbürgerung der Rasse die Aufstellung von 4 Paaren an verschiedenen Punkten des Thales und zur Einholung aller wünschenswerten authentischen Informationen, sowie zum richtigen An­ käufe der Thiere die Entsendung eines kundigen Mannes des Thales in das Simmenthal als nothwendig angesehen wird. 4. Der Ausschuss des Vereines denkt sich die Garantierung der rassereinen Zucht in der Weise, dass die beschafften Thiere im Eigenthume des Vereines verblieben und erst bei zahlreicherer Nachzucht Thiere unter die rassereine Fortzucht stcherstellenden Bedingungen in Privateigenthum abgegeben, bezw. verkauft würden. 5. Endlich erklärt sich der Ausschuss des Vereines dem hohen Landtage gegenüber bereit, allen dem Interesse dieser Angelegenheit dienenden Anforderungen des hohen Landtages bestmöglich zu entsprechen und gewünschten Falles über die Verwendung des Geldes nach Ankauf und Einführung der Thiere, sowie überhaupt alljährlich Rechnung zu legen. Aus den am Schlüsse des Punktes 1 erwähnten Briefen ist zu ersehen, dass die Vereinsleitung seit November des Jahres 1894 sich mit der Frage wegen Anschaffung und Einbürgerung der Saanen-Ziege beschäftigt hat. Es liegen Briefe vor: a. Vom 25. November 1894 vom Vorstande des landwirtschaftlichen Vereines in Schluckenau-Hainspach, nach welchem der Verein über Verwendung des Reichsraths­ abgeordneten Kindermann eine staatliche Subvention von ein paar hundert Gulden erhielt und durch den Lehrer Jmobersteg in Oberwyl, Simmenthal, 3 Paar späte Frühjahrs-Ziegen zum Preise von 60—70 Fr. bezogen hat, die auf 3 Stationen ver­ teilt, bei hartem Futter, Körner und kühler Tränke sich vorläufig wohlbefinden und gedeihen sollen. b. Vom 1. März 1895 von G. Jmobergsteg, Lehrer in Oberwyl, welcher die Mittheilung macht, dass 7—9 Monate alte Ziegen 40—50 Frs., ältere bis 80 Frs., und Böcke je nach Alter und Schönheit 50—100 Frs. gekauft werden und der den Rath er­ theilt, im Spätfrühlinge junge Thiere vom d. j. Wurfe, 7—10 Wochen alt, im Preise von 20—25 Frs. per Stück, einzukaufen, wenn nicht die Mittel zum Ankäufe aus­ gewachsener Thiere zur Verfügung stehen sollten. Die Hauptsache bei der Aufzucht sei nebst der Milch die Alpsömmerung im ersten Jahre, bei welcher jedoch über den Sommer den Böcken auch noch Ziegenmilch zu geben sei, wobei dann die bessern Thiere schon im nächsten Herbst zuchtfähig werden. e. Ein Brief von Professor E. Hess, an die Thierarzneischule in Bern ohne Datums­ Angabe, nach dessen Erfahrungen die genannten Ziegen 2 Vortheile gegenüber anderen Gebirgsziegen besitzen, nämlich: Genügsamkeit und große Widerstandsfähigkeit in Ver­ bindung mit Schönheit der Körperformen und großer Milchergiebigkeit und sie dadurch überall beliebt machen. Derselbe empfahl dem Vereine seinen Collegen Herrn Kreis­ thierarzt Würsten in Saantzn, Kanton Bern, Mitglied der cantonalen Kleinviehzucht­ commission, der ein sehr legaler und geschätzter Mann sei, zu weiteren Auskünften. d. Vom 18. März 1895 von Samuel Würsten in Saanen, welcher in Antwort eines an den dortigen Regierungsstatthalter gerichtetes Schreiben dahin beantwortet, dass 180 VI. Session der 7. Periode 1896. Beilage XXXIII. er kräfüge, frischmelkende Ziegen zu 70 Frs. und junge Böcke zu 50 Frs. zur Station Thun liefern könne. e. Vom 3. Mai 1895 von dem gleichen Würsten in Saanen, welcher schreibt: Die Saanenziege sei eine sehr schön gebaute, sehr gute Milchziege und sehr anspruchslos. Seit einigen Jahren werde sie sehr stark nach allen Ländern ausgesührt und nächstens gehe ein Exemplar zur Probe auch nach Österreich an die Güterverwaltung des Frei­ herrn v. Moll Villa Lagarina in Tirol. f. Vom 7. Mai 1895 von Dr. Pusch, Professor in Dresden im Auftrage des dortigen Landesculturralhes, dass im Herbste des Jahres 1894 circa 70 Saanenziegen, welche auf den Märkten des Simmenthales und von Händlern aus Zweiciuma gekauft und nach Sachsen eingeführt worden seien, dass aber die Kürze der Zeit noch keinen sicheren Schluss gestatte, ob die Ziegen in dortiger Gegend entsprechen werden, jedoch sollen sie sich in Deutschland, wo die Rasse eingeführt und gezüchtet werde, auszeichnen. Das Hauptsächlichste aus diesen Correspondenzen wurde in den gegenwärtigen Bericht mit genauer Angabe von Ort, Zeit und Personen, mit welchen der Verein in Verbindung trat, ausge­ nommen, damit auch andere Landestheile, welche in größerem Maße Ziegen halten, von dieser Vorarbeit des Montavoner Bauernverein es Kenntnis nehmen und sich eventuell zu Nutzen machen können. Der volkswirtschaftliche Ausschuss ist auf Grund eingehender Berathung des vorliegenden Actenmateriales und in Würdigung des Umstandes, dass das Thal Montavon einen so großen Ziegen­ stand aufweist, dass dasselbe als ein geeignetes Versuchsfeld für die Verbesserung des Ziegenstandes im Lande Vorarlberg erachtet werden kann, zu dem Beschlusse gelangt, für den Montavoner Bauern­ verein die erbetene Subvention für die Einführung und rassenreine Fortzucht der Saanenziege in Antrag zu bringen, hiebei jedoch an den Verein das Verlangen zu stellen, in solcher Art vorzugehen, dass die aus Landesmitteln gewährte Unterstützung mit der Zeit nicht bloß dem Thale Montavon, sondern auch den übrigen Theilen des Landes zu Nutzen kommen kann, wenn sich die Einführung -er benannten Ziegenrasse als Vortheilhaft erweisen wird. Der Verein soll daher zunächst bei Aufstellung des von ihm zu entsendenden fachkundigen Käufers, dessen genaue Adresse und die Zeit seiner Abreise frühzeitig genug in der Landespresse bekannt geben, damit allenfalls Andere im Lande, die gleichzeitig solche Zuchtthiere zu erhalten wünschen und die Reisekosten ersparen wollen, demselben ihre Aufträge und Baarschaft zu solchem Ankäufe übermitteln können, wodurch für solche Auftraggeber die Kosten der eigenen Hinreise und * -er Begleitung erspart bleiben kann. Weiters wäre dem Vereine aufzutragen s. Z. die Zucht­ stationen außer dem Landesausschusse auch noch der Öffentlichkeit bekannt zu geben, damit Jedermann, der sich für die Einführung solcher Ziegen interessiert, die Gelegenheit hat, sich die eingeführten Exem­ plare und deren Fortkommen im Lande selbst anzusehen. Dem Vereine soll aufgetragen werden für rassenreine Fortzucht die nothwendige Obsorge zu treffen und über die getroffenen Maßnahmen, sowie die erlaufenen Kosten innerhalb Jahresfrist an den Landesausschuss einzusenden und dann in weiteren von dem Landesausschusse zu bestimmenden Zeiträumen innerhalb der nächsten 6 Jahre über die erzielten Erfolge Bericht zu erstatten. Zur schnellern und weniger kostspilligen Erreichung des Zieles erachtet der volkswirtschaftliche Ausschuss, dass es nicht nothwendig wäre so viel Böcke als Ziegen im Simmenthale zu erwerben und sodann die Placierung derselben so vorzunehmen, dass ein Bock für eine größere Anzahl von Ziegen Verwendung für die Nachzucht finden kann. Endlich wäre dem Vereine aufzutragen, dass in einer bestimmten vom Landesausschusse s. Z. sestzusetzenden Zeitfrist die durch den Fortbetrieb der rassereinen Zucht gewonnenen Thiere zunächst nur an Vorarlberger zu dem gleichen Zwecke verkauft werden dürfen. 18} XXXIII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags, vi. Session, 7. Periode 1896. Unter diesen Voraussetzungen und Bedingungen stellt der volkswirtschaftliche Ausschuss den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: „Dem kathol. Bauernvereine von Montavon wird behufs Hebung und Veredlung der Ziegenzucht durch Einführung und rassereinen Fortzucht der Saanenziege, nach Inhalt des vorstehenden Berichtes eine Subvention von 300 ft. aus dem Fond zur Hebung bcr Rindviehzucht gewährt und der Landesausschuss mit der Durchführung der dahin zielenden Bedingungen betraut." Bregenz, den 20. Januar 1896. Dr. Gebhard Beck, Johanne- Thurnher, Obmann-Stellvertreter. Berichterstatter. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 182