18951014_ltb0011896_Gesetzentwurf_Landtagswahlordnungsgesetz

Dateigröße 1.26 MB
Aktenzahl/Geschäftszahl
Letzte Änderung 01.07.2021, 21:12
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1895,ltb1895,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
Unterausschüsse
Kommissionen/Kuratorien
Verbände/Konkurrenzen
Verträge
Publikationen Landtag-Gesetzentwurf
Aktenplan
Anhänge
Inhalt des Dokuments

I. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. Beilage I. Kofetz Dorrt wirksam für das Land Vorarlberg, womit eine neue Landtags-Wahlordnung für dieses Land erlassen wird. Über Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde ich zu verordnen wie folgt: I. Don den Wahlbezirken und Mahlorten. § i. Für die Wahl der Abgeordneten der Städte bilden: die Städte: a Bregenz, b Feldkirch, c Bludenz und d der Markt Dornbirn je einen Wahlbezirk und es haben die Städte je einen Abgeordneten und der Markt Dornbirn zwei Ab­ geordnete zu wählen. Alle Wahlberechtigten jedes Wahlbezirkes bilden einen Wahlkörper. § 2. Die Handels- und Gewerbekammer in Feld­ kirch hat einen Landtagsabgeordneten zu wählen. Für diese Wahl haben die Mitglieder und Ersatz­ männer der Kammer den Wahlkörper zu bilden. § 3. Für die Wahl der Abgeordneten der Land­ gemeinden bilden die politischen Bezirke 1 L der Bellagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. 1. Bregenz (Gerichtsbezirke Bregenz, Bregenzer­ wald), 2. Feldkirch (Gerichtsbezirke Feldkirch, Dornbirn), 3. Bludenz (Gerichtsbezirke Bludenz, Montafon), je einen Wahlbezirk. § 4. In jedem für die Wahl der Abgeordneten der Landgemeinden gebildeten Wahlbezirke ist der Sitz der politischen Bezirksbehörde der Wahlort. § 5. Von den in § 3 unter 1 und 2 aufgeführten Wahlbezirken sind je fünf, und von dem Wahlbezirke unter 3 vier Abgeordnete zu wählen. Die Wahlmänner aller in einem Wahlbezirke gelegenen Gemeinden (mit Ausnahme der nach § 1 zur Wahl von Abgeordneten berechtigten Städte) bilden einen Wahlkörper. II. Uon dem Wahlrechte ««d der Wählbarkeit. § 6. Wahlberechtigt ist jeder eigenberechtigte öster­ reichische Staatsbürger männlichen Geschlechtes, welcher das 24. Lebensjahr vollendet hat, im Vollgenusse der bürgerlichen Rechte sich befindet, vom Wahlrechte nicht ausgeschlossen ist (§ 11) und in einer Gemeinde des Landes mindestens 2 Kronen an direkten Staatssteuern entrichtet. Unter den gleichen Bedingungen mit Ausnahme der Steuerentrichtung sind noch folgende Personen wahlberechtigt, wenn sie ihren ordentlichen Wohnsitz seit mindestens einem halben Jahre im Lande haben: a. die in der Ortsseelsorge verwendeten Geist­ lichen der christlichen Konfessionen und die Prediger (Rabbiner) der jüdischen Glaubensgenosien. b. Hof-, Staats-, Landes- und öffentliche Fonds­ beamte. c. Officiere und Militärparteien mit Officierstitel, welche sich im definitiven Ruhestande befinden, oder mit Beibehaltung des Militär­ charakters quittiert haben. d. Dienende sowohl als pensionirte Militär­ parteien ohne Officierstitel, dann dienende VI. Session der 7. Periode 1896. Beilage I. und pensiomrte Militärbeamte, infoferne diese Personen in den Stand eines Truppenkörpers nicht gehören. e. Doktoren, welche ihren academischen Grad an einer inländischen Universität erhalten haben. f. Die angestellten Oberlehrer, Lehrer und Unterlehrer der öffentlichen Volksschulen und die vom Staate, vom Lande oder den Ge­ meinden angestellten Direktoren, Professoren und Lehrer höherer Schulen. Öffentliche Gesellschafter einer Erwerbsunter­ nehmung insofern sie den Bestimmungen dieses Paragrafes entsprechen und ihnen nicht schon nach ihrer persönlichen Steuerleistung oder Qualifikation ein Wahlrecht zusteht, haben das Wahlrecht nach Maßgabe der auf jeden entfallenden Quote der von dieser Erwerbsunternehmung gezahlten Gesammtsteuer. Dasselbe gilt auch für nicht öffentliche Ge­ sellschafter von Erwerbsunternehmen, sowie für gemeinsame Besitzer steuerpflichtiger Renten und Realitäten, dann steuerpflichtigen Einkommens. § 7. Die Abgeordneten der im § 1 aufgeführten Orte sind durch direkte Wahl zu wählen. Die Wahl der Abgeordneten der Landgemeinden hat durch Wahlmänner zu geschehen, welche von den Wahlberechtigten der Gemeinden aus ihrer Mitte zu wählen sind. Jede Gemeinde des Wahlbezirkes hat auf je 500 Einwohner einen Wahlmann zu wählen. Restbeträge, welche sich bei Theilung der Ein­ wohnerzahl durch 500 ergeben, haben als 500 zu gelten. Gemeinden mit weniger als 500 Einwohner wählen einen Wahlmann. § 8. Wer in der Wählerklasse der Städte wahl­ berechtigt ist, darf in keiner Landgemeinde wählen. Ist ein Wahlberechtigter der Wählerklassen der Städte und der Landgemeinden in mehreren Gemeinden wahlberechtigt, so übt er das Wahlrecht nur in der Gemeinde seines ordentlichen Wohnsitzes aus. Wenn er aber in keiner dieser Gemeinden den Wohnsitz hat, dann steht ihm das Wahlrecht ' 3 Beilage I. I. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags, in jener Gemeinde zu, in der er die höchste direkte Staatssteuer entrichtet. Das Wahlrecht kann nur persönlich ausgeübt werden. § 9- Mitglieder der Handels- und Gewerbekammer sind nicht gehindert, das ihnen persönlich zustehende Wahlrecht in ihrer Wählerklasse auszuüben. § 10. Wählbar als Landtagsabgeordnete sind alle jene Personen, männlichen Geschlechtes, welche das österreichische Staatsbürgerrecht seit mindestens 3 Jahren besitzen, das 30. Lebensjahr zurückgelegt haben, im Vollgenusse der bürgerlichen Rechte sich befinden und in einer Wählerklasse des Landes (§ 6) wahlberechtigt sind. § 11. Von dem Wahlrechte und der Wählbarkeit bei der Wahl der Abgeordneten, sowohl als auch der Wahlmänner sind ausgeschloffen: 1. Alle unter Vormundschaft oder Curatel stehenden Personen; 2. diejenigen, welche eine Armenversorgung aus öffentlichen oder Gemeindemitteln genießen, oder in dem der Wahl unmittelbar voran­ gegangenen Jahre genossen haben; 3. Personen, über deren Vermögen der Concurs eröffnet worden ist, während der Dauer der Concursverhandlung; 4. diejenigen Personen, welche wegen eines Verbrechens oder wegen der Übertretung des Diebstahles, der Veruntreuung, der Theilnehmung hieran oder des Betruges (§§ 460, 461, 463, 464 St.-G.) zu einer Strafe verurtheilt find. Diese Folge der Verurtheilung hat bei den im § 6 Z. 1—10 des Gesetzes vom 15. Nov. 1867 R.-G.-Bl. Nr. 131 aufgezählten Verbrechen mit dem Ende der Strafe, bei andern Verbrechen mit dem Ablaufe von zehn Jahren, wenn der Schuldige zu einer wenigstens fünfjährigen Strafe verurtheilt wurde, und außerdem mit dem Ablaufe von fünf Jahren, bei den obenangeführten Übertretungen aber mit dem Ablaufe von drei Jahren nach demMnde der Strafe aufzuhören. 4 Beilage I. VI. Session der 7. Periode 1896. Werden durch die Strafgesetzgebung neue Bestimmungen darüber getroffen, in Folge welcher strafrechtlicher VerurtheilungUund für welche Dauer das Wahlrecht und die Wählbarkeit zu Gemeindevertretungen verloren geht oder nicht aus­ geübt werden darf, so haben die nämlichen Be­ stimmungen auch hinsichtlich des Wahlrechtes und der Wählbarkeit in den Landtag zu gelten. III. Uon der Ausschreibung und Uorberettung der Mahlen. § 12. Die Aufforderung zur Vornahme der Wahl geschieht in der Regel durch Erlässe des Statthalters, welche den Tag, an dem die Wahl der Landtags­ abgeordneten in den durch diese Wahlordnung be­ stimmten Wahlorten vorzunehmen ist, zu enthalten haben. Die Festsetzung des Wahltages hat derart zu geschehen, dass alle nöthigen Vorbereitungen vor Eintritt desselben beendet werden können. § 13. Die Ausschreibung allgemeiner Wahlen für den Landtag hat in der Art zu geschehen, dass zuerst die Abgeordneten der Landgemeinden, dann die Abgeordneten der Städte und der Handels- und Gewerbekammer gewählt und dass die Wahlen für jede dieser Wählerklaffen im ganzen Lande an dem nämlichen Tage vorgenommen werden. § 14. Die Ausschreibung allgemeiner Wahlen ist durch die Landeszeitungen und durch Plakate in allen Gemeinden des Landes bekannt zu machen. Die Ausschreibung einzelner Wahlen ist durch Plakate in den den Wahlbezirk bildenden Gemeinden zu verlautbaren. § 15. Die Wahlberechtigten aller Wählerklassen mit Ausnahme jener der Handels- und Gewerbekammer sind in alfabetischer Ordnung in besondere Listen (Wählerlisten) einzutragen. Beilage I. I. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. Die Wählerliste jedes Wahlkörpers ist von den zu deren Anfertigung berufenen Organen in Evidenz zu erhalten und behufs Vornahme der Wahl in zwei Parien anzufertigen. § 16. Die Anfertigung der Wählerlisten der im § 1 angeführten Städte und des Marktes Dornbirn, dann der Wählerlisten behufs der Wahl der Wahl­ männer in den Landgemeinden obliegt unter genauer Beobachtung der §§ 6 und 11 in jeder Gemeinde der Gemeindevorstehung. § 17. Die Listen der Landtagswähler sind in der Gemeindekanzlei zu jedermanns Einsicht aufzulegen. Gleichzeitig ist diese Auflegung unter Anberaumung einer achttägigen vom Tage der geschehenen Kund­ machung zu berechnenden Reklamationsfrist öffentlich bekannt zu machen. Ein Pare der Liste hat der Gemeindevorsteher an die vorgesetzte politische Bezirksbehörde vorzulegen. § 18. Reklamationen gegen die Wählerlisten wegen Aufnahme von Nichtwahlberechtigten oder Weg­ lassung von Wahlberechtigten können beim Ge­ meindevorsteher eingebracht werden, welche von ihm innerhalb drei Tagen an die vorgesetzte politische Bezirksbehörde zur Entscheidung vorzulegen sind. Gegen die Entscheidung der politischen Bezirks­ behörde kann innerhalb drei Tagen die Berufung an die Statthalterei eingebracht werden. Die Entscheidung der Statthalterei ist in jedem Falle endgiltig. Reklamationen und Berufungen, die nach Ab­ lauf der Frist eingebracht werden, sind als ver­ spätet zurückzuweisen. Die zur Reklamationsentscheidung berufene politische Behörde hat bis 24 Stunden vor dem Wahltermine etwa nothwendige Berichtigungen der Wählerlisten von Amtswegen vorzunehmen. § 19. Sobald die Wählerlisten der Städte und des Marktes Dornbirn nach erfolgter Entscheidung der Reklamationen richtig gestellt sind, hat die politische 6 Vellage I. Bezirksbehörde den eingetragenen Wählern Legiti­ mationskarten auszufertigen und zuzustellen, welche den Namen und Wohnort des Wahlberechtigten, den Ort, den Tag und die Stunde der Wahlhandlung zu enthalten haben. Die Zustellung der Legiti­ mationskarten kann dem Gemeindevorsteher über­ tragen werden. § 20. Behufs der Wahl der Abgeordneten in den Landgemeinden hat die politische Bezirksbehörde nach Vorschrift des § 7 auf Grund der bei der letzten Volkszählung ermittelten anwesenden Bevölkerung die Anzahl der von jeder in ihrem Bezirke gelegenen Gemeinde zu wählenden Wahlmänner festzusetzen, Tag und Stunde dieser innerhalb des Gemeinde­ gebietes vorzunehmenden Wahl anzuberaumen, die Wählerlisten nach erfolgter Reklamationsentscheidung richtig zu stellen, zur Leitung der Wahl einen Wahl­ kommissär zu bestimmen und den Gemeindevorsteher von diesen Verfügungen rechtzeitig in Kenntnis zu setzen. Der Gemeindevorsteher hat sofort die Wahl­ berechtigten unter Bekanntgabe des Tages und der Stunde und des von ihm zu bestimmenden Lokales zur Wahl einzuladen und dieselbe zur festgesetzten Zeit vorzunehmen. Die Wahlkommission. besteht aus dem Wahlkommissärund dem Gemeindevorstande. § 21. Die Wahl der Wahlmänner hat am bestimmten Wahltage zur festgesetzten Stunde und in dem be­ zeichneten Versammlungsorte ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Wähler zu geschehen und sind dabei die Bestimmungen der §§ 28, 29, 30, dann 32 bis einschließlich 36 in analoge Anwendung zu bringen. Jeder Wähler hat auf einen Stimmzettel so viele Namen aufzuschreiben, als Wahlmänner zu wählen sind. Zur Giltigkeit der Wahl der Wahlmänner ist die absolute Mehrheit der Stimmenden nothwendig. Wird diese bei der ersten Abstimmung nicht erzielt, so ist nach den §§ 37, 38 und 39 weiter vorzugehen. § 22. Der Vorstand der politischen Bezirksbehörde hat die Legalität des Wahlaktes der Wahlmänner 7 Beilage I, L der Beilagen zu dm stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. in jeder Gemeinde zu konstatieren und wenn sich die Nothwendigkeit einer Neuwahl ergibt, dieselbe sogleich unter Angabe der Gründe anzuordnen. § 23. Sobald durch geschehene Wahl der Wahlmänner in allen Landgemeinden des Bezirkes die Wahlliste der Wahlmänner vollständig ist, hat die Bezirks­ behörde den gewählten Wahlmännern Legitimations­ karten auszufertigen und zuzustellen, welche die fort­ laufende Nummer der Bezirksliste der Wahlmänner, den Namen und Wahlort des Wahlmannes, den Ort, den Tag und die Stunde der Wahl der Landtagsabgeordneten zu enthalten haben. § 24. Der Vorstand der politischen Bezirksbehörde hat die Liste der gewählten Wahlmänner der Ge­ meinden seines Bezirkes in doppelter Ausfertigung für die Wahlhandlung vorzubereiten. IV. Uon der Vornahme der Mahle« der Kandtagsab-eordvete«. § 25. Die Leitung der in Gegenwart eines landes­ fürstlichen Commissärs vorzunehmenden Wahl­ handlung jedes Wahlkörpers wird einer Wahl­ kommission übertragen, welche zu bestehen hat : 1. für jeden Wahlkörper der im § 1 aufgeführten Städte und des Marktes Dornbirn aus dem Bürgermeister oder dem von ihm bestellten Stellvertreter und zwei Mitgliedern der Ge­ meindevertretung des Wahlortes und von vier vom Wahlkommissär ernannten Wahl­ berechtigten ; 2. für jeden Wahlkörper der Landgemeinden aus drei vom Wahlkommissär und aus vier von den Wahlmännern selbst ernannten Gliedern des Wahlkörpers. § 26. Die den Wählern und beziehungsweiseWahl­ männern ausgefolgten Legitimationskarten'.berechtigen zum Eintritt in das bestimmte Wahllokale und haben als Aufforderung zu gelten, sich ohne jede weitere Beilage I. VI. Session der 7. Periode 1896. Vorladung an dem darauf bezeichneten Tage und zu der festgesetzten Stunde zur Vornahme der Wahl einzufinden. § 27. An dem Tage der Wahl zur festgesetzten Stunde und in dem dazu bestimmten Versammlungs­ orte wird die Wahlhandlung ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Wähler mit der Constituirung der Wahlkommission begonnen, welche den Vor­ sitzenden aus ihrer Mitte ernennt und die Wähler­ listen nebst den vorbereiteten Abstimmungsver­ zeichnissen übernimmt. § 28. Der Vorsitzende der Wahlkommission hat den versammelten Wählern den Inhalt der §§ 10 und 11 der Wahlordnung über die zur Wählbarkeit erforderlichen Eigenschaften gegenwärtig zu halten, ihnen den Vorgang bei der Wahl zu erklären, und sie aufzufordern, ihre Stimmen nach freier Über­ zeugung ohne alle eigennützige Nebenrücksichten derart abzugeben, wie sie es nach ihrem besten Wissen und Gewissen für das allgemeine Wohl am zu­ träglichsten halten. § 29. Wenn Jemand vor dem Beginne der Ab­ stimmung gegen die Wahlberechtigung einer in der Wählerliste aufgeführten Person Einsprache erhebt, und behauptet, dass bei ihr seit der Anfertigung der Wählerlisten ein Erfordernis des Wahlrechtes weggefallen sei, so wird darüber von der Wahl­ commission sogleich und ohne Zulassung eines Rekurses entschieden. § 30. Die Wahl selbst beginnt damit, dass die wahl­ berechtigten Mitglieder der Wahlcommisston ihre Stimmzettel in die Wahlurne legen. Hierauf werden durch ein Mitglied der Wahl­ commission die Wähler in der Reihenfolge, wie ihre Namen in der Wählerliste eingetragen sind, zur Abgabe der Stimmzettel aufgerufen. Wahlberechtigte, die nach geschehenem Aufrufe ihres Namens in die Wahlversammlung kommen, haben erst, wenn die ganze Wählerliste durchgelesen Beilage I. I. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen deS Vorarlberger Landtags. ist, ihre Stimmzettel abzugeben und sich zu diesem Zwecke bei der Wahlcommission zu melden. § 31. Jeder Wähler hat auf seinem Stimmzettel so viele Namen zu verzeichnen, als im betreffenden Wahlkörper Abgeordnete zu wählen sind. Der Vorsitzende der Wahlcommission übernimmt von jedem Wähler den von letzterem zusammen­ gefalteten Stimmzettel, legt jeden einzeln in die Urne und wacht darüber, dass nicht anstatt eines, mehrere Stimmzettel abgegeben werden. Jeder Wähler hat bei Abgabe seines Stimm­ zettels seine Legitimationskarte vorzuzeigen. § 32. Wenn sich bei der Stimmabgabe über die Identität eines Wählers Anstände ergeben, so ent­ scheidet darüber sogleich die Wahlcommission ohne Zulassung eines Rekurses. § 33. Die Abgabe des Stimmzettels ist in der Wählerliste neben dem Namen des Wählers in der dafür vorbereiteten Colonne ersichtlich zu machenDie Eintragung besorgt in dem einen Ver­ zeichnisse der vom Wahlcommissäre der Wahl­ commission beizugebende Schriftführer und gleich­ zeitig ein Mitglied der Wahlcommission in dem zweiten Verzeichnisse, welches als Gegenliste die Controlle der Eintragung bildet. § 34. Die Wahl ist zur bestimmten Stunde zu schließen. Es dürfen jedoch Wähler, welche noch vor Ablauf der bestimmten Schlussstunde im Wahl­ lokale erscheinen und daselbst beim Schluffe der Abstimmung anwesend sind, von der Stimmgebung nicht ausgeschlossen werden. (§ 30). Treten Umstände ein, welche den Anfang, Fortgang oder die Beendigung der Wahl ver­ hindern, so kann die Wahlhandlung von der Wahl­ commission mit Zustimmung des Wahlcommissärs auf den nächstfolgenden Tag verschoben oder ver­ längert werden. Die Bekanntmachung darüber hat für die Wähler auf ortsübliche Weise zu geschehen. 10 VI. Session der 7. Periode 1896. Beilage I. Im Falle einer Unterbrechung der Wahl ist die Wahlurne unter ämtlichen Verschluss der Wahl­ commission zu bringen. § 35. Nach Abschluss der Stimmgebung, welche von dem Vorsitzenden der Wahlcommission auszusprechen ist, und noch vor der Scrutinirung werden von demselben die Stimmzettel in der Wahlurne unter­ einander gemengt, sodann herausgenommen und gezählt. Bei der hierauf folgenden Scrutinirung ent­ faltet ein Mitglied der Wahlcommission jeden Stimmzettel einzeln und übergibt ihn nach ge­ nommener Einsicht dem Vorsitzenden, welcher den­ selben laut abliest und zur Einsichtnahme an die andern Commissionsmitglieder weiter reicht. Hiebei ist von zwei Mitgliedern der Wahl­ commission über die Personen, welche Stimmen erhalten haben, je eine Stimmliste zu führen, welche beide Stimmlisten übereinstimmen müssen und von sämmtlichen Mitgliedern der Commission und dem Wahlcommissär zu unterfertigen sind. In der Stimmliste ist jeder, welcher als Ab­ geordneter eine Stimme erhält, namentlich zu ver­ zeichnen und neben seinem Namen die Zahl 1, bei der zweiten auf ihn fallenden Stimme die Zahl 2, bei der dritten die Zahl 3 u. s. f. beizusetzen. § 36. Enthält ein Stimmzettel mehr Namen, als Abgeordnete zu wählen sind, so sind die über diese Zahl auf dem Stimmzettel zuletzt angesetzten Namen unberücksichtigt zu lassen. Sind weniger Namen auf dem Stimmzettel angeführt, so verliert er deshalb seine Giltigkeit nicht. Ist der Name einer und derselben Person auf einem Stimmzettel mehrmal verzeichnet, so wird er bei der Zählung der Stimmen nur ein­ mal gezählt. Stimmen, welche auf eine in Gemäßheit des 8 11 von der Wählbarkeit ausgeschlossene Person fallen; Stimmen, welche an Bedingungen geknüpft, oder denen Aufträge an den zu Wählenden bei­ gefügt sind; endlich Stimmen, welche die damit bezeichnete Person nicht deutlich entnehmen lassen, sind ungiltig und werden den abgegebenen Stimmen nicht beigezählt. 11 Beilage I. I. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. § 37. Das Resultat der Stimmzählung ist von dem Vorsitzenden der Wahlcommission sogleich bekannt zu geben. § 38. Als gewählter Abgeordneter ist derjenige an­ zusehen, welcher mehr als die Hälfte aller ab­ gegebenen gütigen Stimmen für sich hat. Wenn mehr Personen, als zu wählen sind, die absolute Stimmenmehrheit für sich haben, so entscheidet die überwiegende Stimmenzahl oder bei gleicher Stimmenzahl das von dem Vorsitzenden der Wahlcommission zu ziehende Los darüber, wer von ihnen als gewählt anzusehen sei. Wurde die absolute Stimmenmehrheit nicht erlangt, so wird rücksichtlich der noch zu wählenden Abgeordneten zur engern Wahl geschritten. § 39. . 12 Bei der engern Wahl haben sich die Wähler auf jene Personen zu beschränken, die bei dem ersten Scrutinium nach denjenigen, welche die ab­ solute Mehrheit erlangten, die relativ meisten Stimmen für sich hatten. Die Zahl der in die engere Wahl zu bringen­ den Personen ist immer die doppelte von der Zahl der noch zu wählenden Abgeordneten. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los, wer in die engere Wahl zu bringen sei. Jede Stimme, welche bei der engern Wahl auf eine nicht in diese Wahl gebrachte Person fällt, ist als ungiltig zu betrachten. Sind bei der engern Wahl alle abgegebenen giltigen Stimmen zwischen sämmtlichen in die Wahl gebrachten Personen gleich getheilt, so dass jede von ihnen die Hälfte aller Stimmen für sich hat, so entscheidet das vom Vorsitzenden der Wahl­ commission zu ziehende Los, wer von ihnen als gewählt anzusehen sei. Insoweit außer diesem Falle die absolute Stimmenmehrheit nicht erzielt wird, ist die engere Wahl fortzusetzen, bis hinsichtlich aller zu wählenden Abgeordneten die absolute Stimmenmehrheit, oder die obgedachte gleiche Theilung zwischen allen in die engere Wahl gebrachten Personen erreicht ist, in welch' letzterem Falle schließlich das Los ent­ scheidet. Beilage I. VI. Session der 7. Periode 1896. Wahlberechtigte sind deshalb, weil sie bei einem frühern Wahlgange ihr Stimmrecht nicht ausgeübt haben, bei dem folgenden Wahlgange von der Ausübung dieses Rechtes nicht ausgeschlossen. § 40. Wenn die erforderliche Anzahl Abgeordneter ordnungsmäßig gewählt ist, wird das über die Wahl­ handlung geführte Protokoll geschloffen und von den Mitgliedern der Wahlcommission und dem landesfürstlichen Commissär unterschrieben und unter Anschluss der Abstimmungsverzeichnisse, der Stimm­ zettel und bei den Wahlen der Landgemeinden auch unter Beilegung der Wahlacten der Wahlmänner versiegelt dem landesfürstlichen Commissär zur Ein­ sendung an den Statthalter übergeben. § 41. Der Statthalter hat nach Einsichtnahme der an ihn gelangten Wahlacten jedem gewählten Ab­ geordneten, gegen den nicht einer der durch § 11 normirten Ausschließungsgründe von der Wählbarkeit vorliegt, ein Wahlcertificat ausfertigen und zustellen zu lassen. Dieses Certificat berechtigt den gewählten Ab­ geordneten zum Eintritt in den Landtag und be­ gründet in solange die Vermuthung der Giltigkeit seiner Wahl, bis das Gegentheil erkannt ist. ' § 42. Sämmtliche Wahlacten hat der Statthalter an den Landesausschuss zu leiten, welcher dieselben zu prüfen und darüber an den Landtag zu berichten hat, dem die Entscheidung über die Zulassung der Gewählten zusteht. (§ 30 Landes-Ordnung). V. Ersatzwahlen. § 43. Wenn während der Dauer der sechsjährigen Landtagsperiode die Nothwendigkeit einer Ersatzwahl in einem Wahlkörper der Landgemeinden herantritt, so ist dieselbe auf Grund der vorhandenen, bei inzwischen erfolgtem Abgang von Wahlmännern zu ergänzenden Wahlmännerlisten vorzunehmen. 13 1. der Beilagen git den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. VI. Schlirfsbestirnmimgen. § 44. Die ersten 10 Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes können Änderungen der Bestimmungen dieser Wahlordnung durch absolute Stimmenmehrheit des nach § 37 der Landes-Ordnung überhaupt beschlussfähigen Landtags beschlossen werden. Nach Ablauf dieser Zeit können Änderungen der Wahlordnung nur in Anwesenheit von zwei Dritteln aller Mitglieder des Landtages und mit Zustimmung von zwei Dritteln der Anwesenden gilüg beschlossen werden. § 45. Dieses Gesetz tritt für den Zeitpunkt der Ausschreibung der nächsten allgemeinen Neuwahlen für den Landtag in Kraft. § 46. Mein Minister des Innern ist mit der Durch­ führung dieses Gesetzes betraut. —-— Drück von I. N Teutsch, Bregevz. 14 IA. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. Beilage IA. bes kandes-Ausschusses über den Gesetzentwurf betreffend die Reform der Landtags­ Wahlordnung. Hoher Landtag! Der Landtag hat in seiner 16. Sitzung vom 14. Februar 1895 den Landes-Ausschuss beauftragt, einen Entwurf über eine neue Landtags-Wahlordnung auszuarbeiten und in der nächsten Session in Vorlage zu bringen. Als leitende Grundsätze wurden vom h. Landtage folgende aufgestellt: 1. Das Wahlrecht soll jedem männlichen, 24 Jahre alten österreichischen Staatsbürger, welcher in einer Gemeinde des Landes an direkten Staatssteuern mindestens 2 Kronen bezahlt, im Genusse der bürgerlichen Rechte sich befindet, oder aber vermöge seiner Bildung und Stellung bisher schon das Wahlrecht hatte, zustehen. Dasselbe solle auch den provisorisch angestellten Geistlichen und Lehrern eingeräumt werden. 2. Frauenspersonen, Minderjährigen, Kuranden und juridischen Personen soll fortan ein Landtags­ wahlrecht nicht mehr zustehen. 3. Die Stimmabgabe soll eine geheime sein. 4. Der bisherige Wahlmodus (Wahlmänner in den Landgemeinden) ist beizubehalten. 5. Über eine Änderung der Wahlbezirke spricht sich der Landtag prinzipiell nicht aus. Der Landes-Ausschuss hat nun unter genauer Beachtung der unter ad 1 bis 4 ausgesprochenen Grundsätze einen Wahlgesetzentwurf ausgearbeitet. Auf eine Änderung der Wahlbezirke trat er nicht ein. Nachdem gemäß Punkt 4 der vom h. Landtage aufgestellten Grundsätze die Wahlmännerwahl in den Landgemeinden beizubehalten war, wäre es bei Berücksichtigung der Einwohnerzahl und der Steuer­ leistung der einzelnen Bezirke sehr unpraktisch herausgekommen, eine andere als die bereits bestehende Wahlkreiseintheilung festzusetzen. Die Theilung z. B. nach Gerichtsbezirken hätte zu außerordentlichen Ungleichheiten geführt und die einzelnen Theile des Landes sicher nicht befriedigt. Würde aber nur die Einwohnerzahl als Grundlage genommen worden sein, so wäre damit das Prinzip der Jntereffenvertretung aufgegeben worden, was an und für sich zwar gewiss nicht zu bedauern gewesen wäre; es 15 IA. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. wäre aber in diesem Vorgang doch gewissermaßen ein Widerspruch enthalten gewesen gegenüber dem ad 1 vom Landtag aufgestellten Grundsatz der Beibehaltung eines Census von 2 Kronen. Im Übrigen sind besonders erwähnenswerthe Änderungen in dem vorliegenden Entwürfe nicht enthalten. Es wurde getrachtet, dass sich dessen Bestimmungen möglichst an jene der Reichsraths­ Wahlordnung anschließen, um so ein einheitlicheres Verfahren bei den verschiedenen Wahlen herbeizuführen. Demgemäß erhebt der Landes-Ausschuss den Antrag: Der h. Landtag wolle beschließen: „Dem beiliegenden Gesetzentwürfe, womit eine neue Landtags-Wahlordnung für Vorarlberg erlassen wird, wird die Zustimmung ertheilt. Bregenz, 14. Oktober 1895. Der Kandes-Ausfchuss. Martin Lhnrnher, Referent. ----------------- ----------------------------------------- Druck vouTJ. N. Teutsch, Bregenz. 16