18950204_ltb0401895_Bericht_Volkswirtschaftsausschuss_MitteilungkkHandelsministerium_Bregenzerwälderbahnbau

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Letzte Änderung 01.07.2021, 18:46
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,lt1895,ltb1895,ltb0,ltp07
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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Inhalt des Dokuments

XL. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. V. Session, 7. Periode 1895. Beilage XL. WsvriHt des volkswirtschaftlichen Ausschusses über die Mittheilung des k. k. Handels-Mini­ steriums in Angelegenheit des Baues der Bregenzerwülderbahn. Hoher Landtag! Das h. k. k. Handels-Ministerium hat mit Erlass vom 19. Jänner d. I. Nr. 16558 L.-V.-A. ex 1894 dem Landes-Ausschusse eröffnet, dass die Regierung aus principiellen Gründen nicht in der Lage sei, gemäß den auf Grund der Landtagsbeschlüfse vom 27. Jänner v. Js. gestellten Antrag wegen Zusicherung einer Staatsgarantie zum Zwecke der Sicherstellung der Verzinsung und Tilgung des Vorzugscapitals für die projectierte Localbahn Vregenz-Vezau einzugehen, dagegen aber gerne bereit sei, das Zustandekommen der gedachten Localbahn durch Gewährung der im administrativen Wege zu­ lässigen Erleichterungen und Begünstigungen, sowie unter gewissen Voraussetzungen durch eine mäßige Beitragsleistung des Staates gegen Refundierung in Stammactien zum Nominalbeträge zu unterstützen. Die Sicherstellung der in Rede stehenden Bahn erschiene daher vor allem von der Schluss­ fassung des Landtages über die seitens des Landes oder der Gemeinden für diese Bahn zu übernehmende Ertragsgarantie abhängig. Weiter wird in dem Erlasse ausgeführt, die Übernahme der gedachten Er­ tragsgarantie durch das Land dürfte auch vom finanziellen Standpunkte aus keinem Bedenken unter­ liegen, da nach den vom Localbahnamte mit der gebotenen Vorsicht vorgenommenen Erhebungen aus dem Betriebe der mehrgedachten Localbahn sich voraussichtlich ein Reinertrag von 56.000 st. ergeben würde und hienach die eventuell zu garantierende Annuität durch die Betriebseinnahmen insoweit als gedeckt erschiene, dass dem Lande durch die Übernahme einer Erträgnisgarantie bezüglich eines Vor­ zugskapitals bis zur Höhe von 1, 500.000 st. aller Voraussicht nach kein größeres finanzielles Opfer erwachsen werde, als bei der bisher in Aussicht genommenen Beitragsleistung von st. 110.000. Im Interesse des baldigen Zustandekommens der fraglichen Bahn, deren wirtschaftliche Bedeutung nicht zu verkennen sei, werde der Landes-Ausschuss eingeladen, die angeregte, wohl als unerlässliche Voraus­ setzung für die Realisierung der Bregenzerwälderbahn anzüsehende Gewährung einer entsprechenden Garantie des Landes und der Gemeinden bezüglich des Vorzugscapitals in eingehende, wohlwollende Erwägüng zu ziehen und dem Landtage die erforderlichen Anträge zu erstatten. ' Beilage XL. XL. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. Eine an die Concessionswerber gerichtete Erledigung des h. k. k. Handels-Ministeriums' vorn gleichen Tage ist mit dem an den Landes-Ausschuss gerichteten Erlasse nahezu gleichlautend. Hinsichtlich der Gewährung eines. Staatsbeitrages wird indessen bemerkt, dass sie in dem Falle erfolge, wenn durch den Anschluss der projezierten Bahn an die k. k. Staatsbahnen in Bregenz sich ziffermäßig bestimmbare, finanzielle Vortheile für den Staatsbetrieb ergeben sollten, in welcher Hinsicht gleichzeitig im Wege der k. k. General-Direction der österreichischen Staatsbahnen nähere Erhebungen eingeleitet worden seien. Ferner wird über die betreffend die technische und commerzielle Seite des Unternehmens durch das Localbahnamt des Handels-Ministeriums gepflogenen Erhebungen bemerkt, dass hiebei äußerst vor­ sichtig vorgegangen worden sei und dass dieselbe ein günstiges Resultat ergeben haben. Unter dem 25. Jänner d. Js. richtete das Konsortium eine Eingabe an den Landes-Ausschuss, in wckcher die Mittheilung über die Eröffnung des h. k. k. Handels-Ministeriums gemacht und das Ersuchen gestellt wurde, Vorstellungen bei der k. k. Regierung nach der Richtung zu machen, dass die Sicherstellung der projezierten Bahn auf Grundlage der früheren Vorschläge des Consortiums und der Beschlüsse des Landtages vom 27. Jänner v. I. erfolgen möchte, weit in Rücksicht auf die bestehenden, eigenartigen Verhältnisse des Landes die Vorschläge der Regierung keine Aussicht auf Annahme der­ selben durch die betheiligten Gemeinden und Kreise haben können. Der landtägliche volkswirtschaftliche Ausschuss ist der einstimmigen Anschauung, dass die. Übernahme der Garantie auf Land oder Gemeinden undurchführbar ist. Wenn auch nach den Er­ hebungen der k. k. Regierung die finanzielle Seite des Unternehmens aller Voraussicht nach günstig sich gestalten dürfte und auch nach Ansicht der Regierung die durch Übernahme der Garantie dem Lande und den Gemeinden erwachsenden Verpflichtungen nicht größere würden, als die nach den letzten Landtagsbeschlüssen proponierten, so muss doch das Project der Übernahme der Garantie auf Land oder Gemeinden unter den bestehenden Verhältnissen als vollständig ausgeschlossen betrachtet werden. Vor­ arlberg ist klein, zählt nur 116.000 Einwohner und entrichtet alles in allem eine directe ärarische Steuer von 428.043 fl. Die gesammten Einnahmen des Landes inclusive der Landesumlagen be­ ziffern, sich laut Voranschlag pro 1895 aus nur 83.000 fl. Es muss bei diesen Verhältnissen wohl einleuchten, dass Vorarlberg nicht, wie größere Kronländer die Garantie nicht unbedeutender Eisenbahn­ bauten übernehmen kann, da Zwischenfälle in der Bauzeit, wie Elementarereignisse u. dgl. denn doch nicht ausgeschlossen sind, deren eventuellen Folgen zu begegnen die Kräfte des Landes unter Umständen nicht gewachsen wären. Wenn das so kleine Land sich an der projezierten Bahn mit einem Betrage von 110.000 fl. betheiligt, so ist damit sicher die Grenze erreicht, über die hinaus zu gehen un­ möglich ist. Aus den gleichen Gründen kann in Vorarlberg auch nie, wie in größern Ländern geplant werden, ein Landesbahnamt einzuführen und Bahnen auf Rechnung des Landes zu bauen, zu verwalten und zu betreiben. . Was nun die am Baue der Vregenzerwälderbahn betheiligten Gemeinden anbelangt, sind die Verhältnisse keineswegs günstiger, ja durchschnittlich noch ungünstiger, als die des Landes. Manche derselben sind verschuldet, die Umlagen der meisten überschreiten die Höhe von 100, ja in einigen die Höhe von 200% der directen ärarischen Steuern, so dass der Landtag anlässlich der am 27. Jänner v. I. gefassten Beschlüsse vorsorgen zu müssen glaubte, dass die Gemeinden des Vorder- und Hinterwaldes zu weitern, als den schon damals von ihnen gezeichneten und ordnungsmäßig beschlossenen Beiträgen nicht weiter herangezogen werden können. Es bedurfte seitens des Consortiums s. Z. großer Anstrengungen, um von den Gemeinden die im Verhältnis zu ihrer Leistungsfähigkeit außerordentlich hohen- nach der Actenlage zugesicherten Betheiligungen zu erwirken. Von einer Übernahme der Garantie durch die Gemeinden kann daher auch nicht die Rede fein* Die Erbauung der Bahn ist aber unerlässlich nothwendig. Durch sie soll ein Verkehrsmittel geschaffen werden für ein Gebiet, das, , wie aus dem umfangreichen Berichte des volkswirtschaftlichen Ausschusses der vorjährigen Session (XXI. der Beiligen der stenografischen Protokolle pro 1894) zu entnehmen ist, 174 Beilage XL. V. Sessionder7^Periode1895 nahezu abgeschlossen ist vom übrigen Lande und damit vom Reiche. Die in den innern Bregenzerwald führenden Straßen müssen zuerst das Hochplateau von Alberschwende erreichen, um sich dann wieder in das Thal der Ach bei Egg hinabzusenken. Der Vorderwald hat aber unter noch weit schlechtem Verkehrsverhältniffen zu leiden; er besitzt nur eine Halbwegs entsprechende Verbindung mit dem Aus­ lande, nicht aber mit Österreich. Österreich ist es seiner Stellung und seinem guten Rufe schuldig, für den von Seite des Staates bisher ganz stiefmütterlich behandelten, durch hohe Berge und tiefe Schluchten vom Reiche getrennten Bregenzerwald einen Verkehrsweg zu schaffen und so dafür zu sorgen, dass diesem Landestheile frisches Leben und freudiges Schaffen wieder eingehaucht, dessen herrliche Naturschönheiten allgemein zugänglich gemacht und den Produkten seines Fleißes und seiner Arbeit Absatzgebiete gewonnen werden. Nachdem die Erstellung der Bahn also dringend nothwendig ist, Land und Gemeinden aber eine Garantie nicht zu übernehmen in der Lage sind, so bleibt kein anderer Ausweg, als die Garantie des Staates für die Verzinsung und Abzahlung des Vorzugskapitels zu erwirken. Die Einleitungen und Verhandlungen hinsichtlich der Erbauung der Wälderbahn begannen bereits unter dem frühern Handelsminister und wurden hiebei von Seite des Konsortiums nach den Winken und Rathschlägen Sr. Excellenz des Herrn Handelsministers die zur Realisierung des Unternehmens nöthigen Schritte gethan, die in den Landtagsbeschlüssen vom 27. Jänner v. I. ihren vorläufigen Abschluss fanden. Mittlerweile ist infoferne eine Änderung eingetreten, als durch die Initiative Sr. Excellenz des jetzigen Herrn Handelsministers ein neues Localbahngesetz zu Stande kam, dessen Tendenz hauptsächlich dahin gerichtet ist, fördernd einzugreifen, dass Localbahnen bei Gewährung bestimmter staatlicher Begünstigungen und Unterstützungen durch Länder, Bezirke oder Gemeinden erbaut und wmn thunlich auch verwaltet werden. Auf Grund dieses Gesetzes vom 31. December 1893 R.-G.-Bl. Nr. 2 ex 1895 konnte die Regierung nicht sofort auf die Anträge des Konsortiums beziehungsweise auf die vorjährigen Landtags­ beschlüsse eingehen, weil die Übernahme der Staatsgarantie durch das Gesetz zwar nicht ausgeschlossen, jedoch einigermaßen eingeschränkt erscheint. Artikel XI des Gesetzes bestimmt diesfalls, dass für jeden speciellen Fall durch ein Gesetz zu bestimmen sei, inwieferne für einzelne Localbahnen, deren wirt­ schaftliche oder militärische Bedeutung außer Zweifel steht, bezüglich welcher jedoch dargethan erscheint, dass die Interessenten außer Stande sind, die erforderlichen Geldmittel zur Gänze auszubringen, von Seite der Staatsverwaltung etwa nebst oder statt den anderweitig im Gesetze vor­ gesehenen Begünstigungen, andere finanzielle Unterstützungen, wie insbesondere die Zusicherung einer staatlichen Erträgnisgarantie u. s. w. zugestanden werden können. Das hohe k. k. Handels-Ministerium hielt also wohl den Nachweis, dass die Interessenten nicht in der Lage seien, die Mittel zum Bahnbau aufzubringen, beziehungsweise zu garantieren, als nicht erbracht und musste sich daher in seiner vorläufigen Erledigung darauf beschränken, der projezierten Bahn nur die Gewährung der nach dem Localbahngesetze im Allgemeinen vorgesehenen Begünstigungen in sichere Aussicht zu stellen. Die in diesem Berichte dargestellten finanziellen Verhältnisse der betheiligten Gemeinden und des Landes sind aber geeignet, dar zuthun, dass der Fall des Artikels XI voll und ganz zutrifft und daher die Staatsgarantie durch ein Spezialgesetz erwirkt werden kann. Sollte sich aus dieser Darstellung die Regierung wider Erwarten von dieser Nothwendigkeit der Gewährung der Staats­ garantie noch nicht die volle Überzeugung verschaffen, so werden etwaige weitere durch sie, sei es im Wege der politischen Behörden oder anderer Organe einzuleitenden Erhebungen den vollen Nachweis der Richtigkeit der vorgeführten Verhältnisse erbringen. Auch dürfte es sich empfehlen, durch den Landes­ Ausschuss ein Verzeichnis über die Höhe des Gemeindevermögens, der Schulden und Umlagen der bei der zu erstellenden Localbahn interessierten und participierenden Gemeinden dem hohen k. k. Handels­ Ministerium in Vorlage zu bringen. Nach allen diesen Erwägungen kann der volkswirtschaftliche Ausschuss nichts anderes beantragen, als dass der Landtag unter den gegebenen Verhältnissen bei seinen Beschlüssen vom 27. Jänner 1894 175 XL. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. V. Session. 7. Periode 1895. verbleibe und den Landes-Ausschuss beauftrage, das neuerliche und dringende Ansuchen an die k. k. Regierung um Gewährung, beziehungsweise Erwirkung der Staatsgarantie für die Verzinsung und Amortisation des Vorzugscapitals zu richten. Es ist und bleibt dieses das einzige Mittel und der einzige Weg zur Ermöglichung der Erbauung der Bahn. Es wird demnach gestellt der Antrag Der hohe Landtag wolle beschließen: „Der Landes-Ausschuss wird beauftragt, unter Vorlage eines Ausweises über die finanziellen Verhältnisse der am Baue der Bregenzerwaldbahn interessierten und participierenden Gemeinden im Sinne der Ausführungen des vorliegenden Berichtes, eine dringende Vor­ stellung an das hohe k. k. Handels-Ministerium dahin gehend zu richten, dass Hochdasselbe im Wege der Spezialgesetzgebung im Sinne des Artikels XI des Gesetzes vom 31. Dezember 1894, R.-G.-Bl. Nr. 2 ex 1895, und entsprechend den Landtagsbeschlüssen vom 27. Jänner 1894, die Garantie des Staates für Verzinsung und Amortisierung des nicht durch Stammactien gedeckten Baukostenbetrages für die zu erbauende Localbahn Bregenz—Bezau gewähre, beziehungsweise erwirke." Bregenz, am 4. Februar 1895. Martin Thurnher, Johannes Thurnher, Dbnmtttt. ' Berichterstatter. : Y- ■ ' ■■ f Kru^Mn'H P. T enfs ch in Bregenz: '