18940104_ltb0021894_Landesausschussbericht_Landeshypothekenbankgründung

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Letzte Änderung 01.07.2021, 18:52
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,lt1894,ltb1894,ltb0,ltp07
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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H. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. IV. Session, 7. Periode 1894. Beilage II. Wevichl des Vorarlberger Landes-Ausschusses, betreffend die Gründung einer Landes-Hypothekenbank. Hoher Landtag! Der Vorarlberger Landtag hat in der 4. Sitzung am 21. September 1888 den Landesausschuß beauftragt, die Frage der Errichtung einer Landeshypothekenbank in neuerliche Berathung zu ziehen und dem Landtage in künftiger Session Bericht und Antrag zu unterbreiten (Beilage X der Beilagen zn den stenographischen Protokollen ex 1888). Ueber die in Folge dieses Beschlusses eingeleiteten Maß« nahmen erstattet der Landesausschuß nachstehenden Bericht. Zu allen Zeiten und in allen Ländern war es eine der vornehmsten Aufgaben des Patriotismus und der Staatsweisheit, war es eine Aufgabe, der sich die Volkswirthe mit besonderer Vorliebe gewid­ met haben: den Realcredit zu heben und zu befestigen. Der Grundbesitz ist einer der wichtigsten Factoren im Staatsleben, eine Stütze der Moral, die Basis der Familie, selbst die fortgeschrittensten Industrieländer, wie beispielsweise England und Belgien anerkennen seine Bedeutung in der Wechselwirkung auf die Entwicklung von Handel und Industrie, und der Wunsch, den Werth von Grund und Boden hoch zu halten, ist so alt, wie die Anhänglichkeit des Menschen an die Scholle Landes, auf welcher er geboren, oder die er mit seinem Schweiße düngt und bebaut. Es ist nun begreiflich, daß in erster Reihe die Verwaltungen von einzelnen Kronländern, welche bei der Gleichartigkeit der klimatischen Verhältnisse ihrer Gebiete und in der Gleichartigkeit ihrer Bevölke­ rung hiefür die besten Grundlagen besitzen, sich vornehmlich mit der Pflege des Realcredites beschäftigt haben und noch beschäftigen. 21 II» der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Beilage II. Wenn wir nach Deutschland sehen, so finden wir, daß vor bereits hundert Jahren die ProvinzialCreditverbände entstanden und unter dem Namen „Landschaften" auf dem Principe der Creditgenossen­ schaften beruhend, sich so ausgezeichnet bewähren, daß aller Wirrsale und Kriege der letzten hundert Jahre ungeachtet, die landschaftlichen Pfandbriefe zu den wenigen Wertheffecten zählen, die weder in Zinsen noch in Amortisation jemals säumig geworden sind. Wir haben aber nicht nöthig, uns bloß im Ausland nach Anstalten umzusehen, welche die Hebung und Gesundung des Realcredites anstreben und diesfalls sehr erfreuliche Resultate zu verzeichnen haben, denn wir finden auch in Oesterreich Jnstitutionen, die denselben Zweck verfolgen wie die „Landschaften" in Deutschland, nur geschieht es hier nicht im Wege der Vereinigung der creditsuchenden Genossen, sondern durch Landesinstitute, die unter Haftung und Verantwortung des Landes gegründet, somit auch dm Credit des Landes, den Grund­ besitz zur Verfügung stellen, und ihm so ermöglichen, billiges und in langen Raten rückzahlbares Kapital zu erhalten. So bestehen bereits Landeshppotheken-Jnstitute in Böhmen, Mähren, Schlesien und Niederösterreich. Auch in Vorarlberg hat der Landtag schon seit Jahren daran gedacht, zu schaffen. ein derartiges Institut Als die erste nothwendige Vorbedingung zum weiteren Eingehen in die angeregten Reformen des Realcreditwesens erschien die möglichst genaue Erhebung des Hypothekarschuldenstandes. Diese Er­ hebung wäre vor der Hypothekar-Erneuerung, wenn man auch einen riesigen Aufwand an Zeit und Mühe nicht gescheut hätte, wohl nur in unzuverlässiger Weise möglich gewesen. Durch die in den Jahren 1887 und 1888 mit anerkannt gutem Erfolge in Vorarlberg durch­ geführte Hypothekar-Erneuerung ist nun für die Erhebung der Hypothekarlasten eine verläßliche Grund­ lage geschaffen worden, und ist es heute wenigstens annähernd mögliche die Grundbelastung festzustellen. Bei der Hypothekar-Erneuerung wurden angemeldet: 1. Sogenannte „alte Lasten", d. h. der am 1. Juli 1887 bestandenen Hypothekenlasten. Angemeldete Forde- HypothekarGericht Erneuerungs- rungen m Anmeldungen Oesterr. Währung fl. fr. .... 1. Kreisgericht Feldkirch 2. Stadt, deleg. Bezirksgericht Feldkirch . .... 3. Bezirksgericht Bezau „ Bludenz ..... 4. 5. „ Bregenz .... „ Dornbirn .... 6. „ Montafon .... 7. 633 17.912 15.624 13.697 10.997 12.384 8.909 777.711 5.070.029 6.331.704 4.468.806 6.581.758 5.176.082 2.005.444 78 72% 35 06 % Summe: 80.156 30.411.536 3172 Hiezu die während der Anmeldungszeit vom 31. Dezember 1888 zugewachsenen Neubelastungen per 1. Juli . . ergibt eine Gesammtbelastung mit Ende Dezember 1888 per 1887 bis . . . . . 2.990.883 . 33.402.419 21 18 Vs — 31V2 Die Bewegung der Belastung seit der Hypotheken-Erneuerung bis Ende Dezember 1892 stellt sich nach dem Ausweise der k. k. statistischen Centralcommission in Wien, wie folgt: 22 IV. Session der 7. Periode 1894. Gerichtsbehörde Beilage II. Jahr Neubelastung fl. ö. W. Entlastung fl. ö. W. Uebertragungen bereits haftender Beträge Anzahl Kr.-G. Feldkirch Geldbetrag in fl. 1889 1890 1891 1892 98.500 51.972 53.726 59.180 5.266 78.073 6.707 18.794 10 14 8 20.550 16.632 7.645 B.-G. Bezau 1889 1890 1891 1892 344.579 285.676 354.558 293.830 51.057 50.613 88.646 77.002 363 295 456 381 501.346 389.498 523.347 432.496 B.-G. Bludenz 1889 1890 1891 1892 471.445 306.103 296.096 225.959 26.094 71.742 78.738 78.236 98 85 197 146 45.631 44.675 49.240 89.421 B.-G. Bregenz 1889 1890 1891 1892 715.065 1, 226.790 879.420 944.783 201.839 230.763 275.336 207.888 87 138 151 147 73.425 131.750 148.812 187.439 B.-G. Dornbirn 1889 1890 1891 1892 551.721 563.776 403.559 546.490 134.325 150.277 172.240 255.790 465 ’ 338 166 129 570.160 429.748 153.950 92.155 B.-G. Feldkirch 1889 1890 1891 1892 378.539 442.265 384.469 388.977 91.748 130.660 175.020 191.860 199 159 189 190 76.001 59.957 72.182 88.990 B.-G. Montavon 1889 1890 1891 1892 196.800 129.292 118.803 104.194 18.226 22.906 37.163 24.446 66 56 52 49 24.417 15.635 18.427 14.743 Vorarlberg 1889 1890 1891 1892 2, 756.649 3, 005.874 2, 490.631 2, 563.413 528.555 735.034 833.850 1, 073.657 1.278 1.081 1.225 1.050 1, 290.980 1, 091.813 982.590 912.889 Nach Abzug der oben nicht ausgewiesenen, innerhalb der Zeit der Hypothekar-Erneuerung erfolgten Entlastungen wäre die Gesammtbelastung des Haus- und Grundbesitzes in Vorarlberg mit Ende Dezember 1892: 40, 271.009 fl. Diese Ziffer ist aber die denkbar höchste und dürfte jedenfalls um einige Millionen zu hoch sein, denn einerseits wurden bei Zusammenstellung der „alten Lasten" 23 Beilage IL II. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. manche Kapitalien, welche wegen der in zwei Gerichtsbezirken gelegenen Pfandrealitäten bei jedem dieser Realgerichte zur Anmeldung gelangten, doppelt gezählt und andererseits ganz gewiß auch manche Lasten, welche in der Zeit vom 1. Juli 1887 bis Ende Dezember 1892 getilgt wurden, noch nicht verfachbücherlich gelöscht. Dennoch wird man nicht fehl gehen, wenn man annimmt, daß die Belastung des Realbesitzes fortwährend immer etwas zunehme. Die Grundverschuldung in Vorarlberg ist mit Rücksicht auf den geringen Umfang des Landes — dasselbe hat nur rund 2600 Hl-Kilometer — eine ganz bedeutende zu nennen, indem es bei Annahme eines dermaligen Hypothekarlastenstandes von 36, 400.000 fl. auf jeden Kilometer durchschnittlich eine Belastung von 14.000 fl. trifft. Die Feststellung des Realitätenwerthes ist ziemlich schwierig und können daher um so mehr allgemeinere Daten zu Grunde gelegt werden. Nach der Catastralvermessung hat Vorarlberg 2296-78597 □Kmt. 305-665315 » eine produktive Fläche von . und eine unproduktive Fläche von mithin zusammen 2602 451285 Kmt. Die produktive Fläche vertheilt sich auf die einzelnen Culturgattungen wie folgt: Aecker .... Wiesen .... Gärten .... Weingärten . . . Hutweiden . . . Alpen .... Wälder . . . , i . . . . . zusammen . . 79*442020 349 460865 10*899970 2*451630 248*368535 929*046915 677*116035 2296*785970 Kmt. ft ft ff ff ff ff Kmt. Bezüglich des Werthes des gesammten produktiven Grund und Bodens in Vorarlberg schrieb der um die Landwirthschaft verdiente Ritter von Tschavoll fei. im Jahre 1881 bei Gelegenheit der von ihm gemachten Anregung zur Gründung einer Landeskultur-Rentenbank zur Hebung der Bodenkultur in seinen Auseinandersetzungen folgendes: „Auf Grund ziemlich verläßlicher Daten, unter Zugrundelegung der jetzigen gesunkenen Kauf- und Pachtpreise der Grundstücke und mit Berücksichtigung aller anderen einschlagenden Verhältnisse kann der Durchschnittswerth des gesammten produktiven Grund und Bodens mit 38, 740.000 fl. ver­ anschlagt werden." Mit Rücksicht auf die heutigen Kauf- und Pachtpreise wird man nicht weit fehl gehen, wenn man diese Wertschätzung vom Jahre 1881 als die heute noch zutreffende anerkennt, obwohl man sich vielleicht wird sagen müssen, daß seither in einzelnen Bezirken eher eine Mehrbewerthung entsprechen würde. Dazu käme der Werth der Häuser nach approximativer Schätzung in der gleichen Höhe mit rund 37, 000.000 fl. Somit Gesammtrealitätenwerth 75, 740.000 fl. Wenn man berücksichtiget, daß doch immerhin noch ein ziem­ licher Realantheil lastenfrei ist, führt obige Zusammenstellung zur Ueberzeugung, daß man bei Gründung eines Landesinstitutes zur Hebung des Realcredites damit im Großen und Ganzen nicht beabsichtiget, demselben zu ermöglichen, durch erhöhten Credit mehr Lasten auf den Realbesitz zu übernehmen. Dies­ falls ist der Realbesitz vielfach schon über eine zuträgliche Belastungsgrenze, welche im richtigen Verhält­ nisse zur Grundrente stehen würde, belastet, und überdies ist die heute in Vorarlberg übliche Form der Grundverschuldung eine theure, unsichere und ganz geeignet, den Realitätenbesitzer schneller oder lang­ samer zu ruiniren. 24 IV. Session der 7. Periode 1894. Beilage II. Es ist daher ganz gewiß an der Zeit, daß die Landesvertretung auf Mittel und Wege denkt, welche geeignet erscheinen, diesfalls eine Besserung herbeizuführen. In allen hochentwickelten Ländern hat der Gesetzgeber durch legislatorische Maßregeln, haben/ wie erwähnt, namentlich die parlamentarischen Vertretungen durch Selbsthilfe und gemeinnütziges Zu­ sammenwirken darauf hinzuarbeiten gesucht, dem Besitzer von Grund und Boden billige, nicht drückende Darlehen zu verschaffen, damit er mit dem aufgenommenen Gelde seinen Boden verbessern, seinen Vieh­ stand vermehren, seine Wirthschaft ertragsfähiger machen könne. Der Hausbesitzer und Landmann kann eben nicht auf so große Gewinne rechnen, um aufgenommenes Geld theuer verzinsen zu können, er ge­ währt aber in der Regel auch größere Sicherheiten, als der Kaufmann, der Gewerbsmann, der Indu­ strielle, der einen Personalcredit beansprucht, gewähren kann, mithin sollten gerechter Weise auch die Zinsen für Darlehen auf Grund und Boden unbedingt die billigsten sein, oder doch in einem richtigen Verhältnisse zum Wechsel und Personalcredit stehen. Bei uns in Vorarlberg ist vielfach der umgekehrte Fall vorhanden. Selbst, wenn heute für erste Wechsel das Geld mit 3V2 bis 4V2 % zu haben ist, kann man ohne Uebertreibung sagen, daß der Zinsfuß im Durchschnitte für gute Hypotheken dem Darlehenswerber auf 4V2 bis 5 % 3U stehen kommt, und daß ein solcher Credit in der Regel in 10 bis 20 Jahren zur Rückzahlung kommen muß. Von den im Jahre 1890 in Vorarlberg neu zugewachsenen, zur Verfachung gelangten Hypotheken sind: 4484 8000 44.837 18.091 359.886 700 1, 034.102 251.200 Hieraus ist Realitäten 5% ist. zu ersehen, fl........................................... fl.......................................... fl.......................................... fl.......................................... fl.......................................... fl........................................... fl.......................................... fl. -................................... unverzinslich verzinslich zu 3y8 ff ff 4 ft ff 41/4 ff ff 41/2 ff ft 4^/4 , , 5 ff ft 6 % „ „ „ „ tf daß der durchschnittliche Zinsfuß in Vorarlberg bei Belastung der In unseren Nachbarstaaten kommt ein solcher Credit auf 3 bis höchstens 4 % zu stehen und ist in 40 bis 50 Jahren zurück zu zahlen. Unser dermaliger Realcredit ist aber nicht allein des hohen Zinsfußes wegen ein theurer, sondern auch in Folge des Umstandes, daß der Schuldner ganz von der Willkühr des Gläubigers abhängig ist in Bezug auf die Rückzahlung des erhaltenen Darlehens. Die verschiedensten, den Gläubiger oder seine Angehörigen berührenden Ereignisse wie Todes­ fälle, Vermögenstheilungen, Ankauf von Haus- oder Grundbesitz, Neubauten, Zurückziehung des Kapitals, um dasselbe zu industriellen Zwecken zu verwenden u. s. w. sind genügend, dem Schuldner das Darlehen auf kurze Frist in der Regel — halbjährig — zu künden. Neben dem, daß in Folge dessen der Schuldner fortwährend in einem gewissen Gefühl von Abhängigkeit und Unsicherheit leben muß und dieses Verhältnis sohin auf ihn auch moralisch ungünstig einwirkt, hat er sich in der Regel wieder um anderen Credit umzusehen und hat im besten Falle wenig­ stens die sämmtlichen mit der Uebertragung des Darlehens auf einen neuen Gläubiger erwachsenden Kosten zu tragen. Diese Kosten betragen 1—l^Vo des Kapitals. Welch' enorme Kosten den Haus- und Landwirthen durch diese Veränderung in der Person der Gläubiger alljährlich erwachsen, ersieht man aus obiger Zusammenstellung der Cessionen. 25 Beilage IL II. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Hienach werden alljährlich Kapitalien im Betrage von rund einer Million cesswnirt, für welche die Haus-und'Landwirthe an Stempel-, Eintragungs-und Schreibgebühren wenigstens jährlich 12—15000 st. zu zahlen haben. Diese Steuer ist für den Haus- und Landwirth um so empfindlicher, weil er, der durch andere Steuern im Verhältnis zum Kapitalisten schon ohnedem unverhältnismäßig st>>rk belastet ist, in ihr recht eigentlich das Gegentheil einer gerechten Vermögenssteuer, nämlich eine direkte Schuldensteuer fühlt. An­ gesichts dieser Verhältnisse ist es ein naheliegender, wenn auch kein ganz neuer Gedanke, wenn der Landesausschuß den Zeitpunkt für die Gründung einer Landeshypothekenbank für Vorarlberg als geeignet betrachtet und daher in Ausführung des ihm seiner Zeit von der hohen Landesvertretung ertheilten Auf­ trages dem Landtage den Entwurf eines Statutes zur Gründung einer Hypothekenbank für das Land Vorarlberg unterbreitet. Nach dem Entwürfe würde die Hypothekenbank nach dem Muster anderer in einzelnen Kronländern Oesterreichs bestehender Hypothekenbanken auf Realitäten in Vorarlberg — selbst­ verständlich nur auf vollkommen gesicherte Sähe Darlehen herausgeben und für dieselben Pfandbriefe emittiren. Diese Pfandbriefe würden sicher, weil ihnen nur erste oder doch ganz sichere Hypotheken unterstellt sind und obendrein ihnen noch der nicht zu unterschätzende Landescredit zu Theil wird, auch bei nur 40/oiger Verzinsung dem ?uri-Curs sehr nahe zu stehen kommen. Die 40/oigen Pfandbriefe anderer ähnlicher Landesanstalten bewegen sich heute an der Grenze des ?ari-Curses oder haben denselben schon überschritten. Solche Landescredite stehen weder dem Credite des Staates, noch dem Credite irgend welcher Privatanstalt nach. Aber auch das Landesvermögen wird mit Gründung einer solchen Anstalt nicht allzusehr aufs­ Spiel gesetzt. Das Land erhält die Deckung für die gewährten Darlehen durch gute Hypotheken und dürfte kaum jemals materiell in Mitleidenschaft kommen. Diesfalls kann der Landesausschuß allerdings nicht umhin, sein Bedauern auszusprechen, daß der Einführung des Grundbuches in Vorarlberg von Seite der Regierung durch den Legalisierungszwang bisher solche Hindernisse entgegengestcllt werden, daß der Landtag auf dieses verbesserte öffentliche Buch verzichten mußte. Mit Rücksicht jedoch auf die vor nicht langer Zeit mit gutem Erfolge durchgeführte Hypothekar­ Erneuerung wird b.i vorsichtigem Vorgehen auch ohne Grundbuch doch die erforderliche Sicherheit -er von der Bank gewährten Credite durch Hypotheken gedeckt werden können. Diesfalls wird es vor allem nothwendig fallen, bei Gelegenheit der Aufstellung einer Durch­ führungsvorschrift bestimmte Grundsätze und Normen für die Aufnahme der Schätzungen festzustellen. Dann aber wird die Hypothekenbankleitung darauf Bedacht nehmen müssen, daß sie nur auf ohne allen Zweifel ganz sichere Hypotheken Darlehen gewährt. Wenn man durch Gründung einer Landes-Hypothekenbank den Haus« und Landwirthen billigeren Credit zugänglich machen will, hat man dabei in der Regel nicht jene Grundbesitzer im Auge, welche bereits zu Zweidrittel oder mehr ihres Grundwerthes verschuldet sind, auch nicht jene, welche billiger Credit zu leichtsinnigem Schuldenmachen und gewagten Spekulationen reizt; diesen beiden ist doch nicht zu helfen. Man muß auf Jene Bedacht nehmen, die noch in leidlichen Verhältnissen sich befinden und ehrlich und redlich bestrebt sind, die erworbene Heimstätte auch zu erhalten. Nach diesen allgemeinen Erörterungen glaubt der Landesausschuß noch ganz kurz auf einige spezielle Bestimmungen des Statutes eingehen zu sollen. 26 Beilage II. IV. Session der 7. Periode 1894. Das Statut lehnt sich an das Statut der jüngsten Hypothekenanstalt — der Niederösterreichischen — an; die vorkommenden Abweichungen von demselben sind hauptsächlich dadurch bedingt, daß in Vor­ arlberg anstatt des Grundbuches das Verfachbuch besteht, und daß der Kleinheit des Landes und den eigenartigen Verhältnissen desselben Rechnung getragen werden muß. Im 8 6 des Statutes ist auch darauf Rücksicht genommen, daß die Hälfte des Reservefondes zu Vorschüssen an das Land, Gemeinden oder Genossenschaften unter gewissen Bedingungen verwendet werden kann, ohne daß diese Corporationen Realitäten zum Pfande zu stellen hätten. Hiemit soll, wenn der Reservefond einmal eine ziemliche Höhe erreicht hat, einem schon länger gefühlten Bedürfnisse abge­ holfen und den Gemeinden 2C. billiger Credit ermöglicht weiden, ohne daß die Bank bezw. das Land Verluste zu befürchten hat. Nach § 14 hat der Landtag die Höhe des Zinsfußes zu bestimmen. Ohne der Beschlußfassung desselben vorgreifen zu wollen, glaubt der Landesausschuß, daß die Festsetzung des Zinsfußes auf 4 % sowohl dem dermaligen Weltzinsfuß, als auch den Darlehenswerbern entsprechen dürfte. Wenn die 4 o/oigen Pfandbriefe, wie oben dargethan, wenigstens nahe al pari Abnehmer finden werden, bekommt der Darlehenswerber jedenfalls um % bis 1 Prozent billigeren Credit als bisher. Da die Bank nach § 1 des Statutes die Darlehen nicht in baarem Gelde, sondern ausschließlich in Pfandbriefen der Anstalt gewährt, so hat der Darlehenswerber das größte Interesse daran, daß die Pfandbriefe im Cours mög­ lichst hoch stehen, damit er beim Verkauf derselben keine Verluste erleide. Für den Fall aber, als die Pfandbriefe nur zu 99 fl. abgehen, wird dem Darlehenswerber der Ausfall zuzüglich d>s V4 % Regiekostenbeitrages in 4y2, wenn sie mit 98 fl. notirt werden, in 11% Jahren im Verhältniß zu 4L/2 %igen Darlehen anderer Institute oder Privaten compensirt. Der § 26 setzt das Minimum der jährlich zu entrichtenden Pauschal-Zahlung (Annuität) mit einem halben Perzent des vollen Kapitalsbetrages fest, jedoch steht es dem Darlehenswerber frei, höhere Annuitäten einzugehen. von einem halben Prozent amortisirt sich das Kapital in 54% Jahren, *UU „ M „ „ „ „ 40 „ tt ne ff H Awei „ ft tf ft ff ft 27% ff ff tf tf ff sechs ff lt ff ff „ „ 13 ff Wenn ein Darlehensnehmer daher für Zinse und Amortisation 10 Prozent und % % Regiekostenbeitrag aufzubringen wüßte, wäre die Schuld in 13 Jahren getilgt. Bei einer Annuität n n n n Für die Bestteitung der Regiekosten ist, wie bemerkt, vom Darlehensnehmer alljährlich ein Viertel Prozent des noch nicht rückgezahlten Kapitalsbetrages zu entrichten. Rach den bei den schon bestehenden Instituten gemachten Erfahrungen können hiemit nicht bloß die Regiekosten bestritten werden, sondern es haben alle Landes-Hypothekenbanken aus den Ueberschüssen schon ansehnliche Reservefonde gebildet; bei der Hypothekenbank in Böhmen reichen die Zinsen des Reservefondes schon seit mehreren Jahren aus, um die nicht unbedeutenden Regie-Auslagen durch dieselben zu decken; der Regie-Beitrag ist deshalb vom Landtag dort aufgehoben worden. Von den Darlehensnehmern wird die Bestimmung des § 33, wonach die Bank ist, das Darlehen zu künden, mit Befriedigung ausgenommen werden. nicht berechtigt Wenn daher ein Schuldner die eingegangene Verpflichtung erfüllt, ist er, einige seltene Fälle aus­ genommen, vollkommen sicher, daß das Kapital nicht zurückgefordert werden kann. Andererseits räumt § 34 dem Schuldner das Recht ein, gegen Kündung die Schuld jeder Zeit theilweise oder ganz abzuzahlen; auch steht es dem Schuldner frei, die Abzahlung in Barem und durch Pfandbriefe der Anstalt, welche in diesem Falle zum vollen Nennwerthe angenommen werden müssen, abzuzahlen. 27 Beilage II. II. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. Diese Bestimmungen sind gewiß geeignet, den ehrlichen Schuldner, der seinen Verpflichtungen nachkommt, mit einem gewissen Gefühl der Seßhaftigkeit und mit mehr Anhänglichkeit an sein Heim­ wesen zu erfüllen. Der § 36 setzt die Belehnungsgrenze fest. Dieselbe ist, entgegen der heutigen Uebung, ziemlich knapp zugemessen. Es ist dies aber nothwendig oder doch wenigstens nützlich. Dadurch, daß die Belehnungsgrenze herabgesetzt, wird das creditgewährende Landesvermögen desto sicherer geschont, die Pfandbriefe gewinnen an Vertrauen und der Schuldner wird dadurch auch Nutzen ziehen, wenn er bei Umsetzung der Pfandbriefe in Geld einen möglichst hohen Erlös erzielt. Auch wird es im allgemeinen auf die Haus- und Landwirthschaft keinen schädlichen Einfluß üben, wenn ein Landesinstitut die Belehnungsgrenze so stellt, daß die Grundrente von den Zinsen und kleinen Rückzahlungsraten nicht vollständig aufgezehrt wird, sondern daß dem Realität.nbesitzer auch noch etwas zum Leben erübriget. Bezüglich der Wälder wurde deshalb nur des Schätzungswerthes als belehnungswürdig an­ gesehen, weil hier eigentlich nur der Werth von Grund und Boden in Betracht kommen kann. § 38 fordert für von der Bank gewährte Darlehen erst; Hypothek, bezw., daß keine Forderungen anderer Gläubiger vorgehen. Diese Forderung ist nicht bloß wünschenswerth wegen der größtmöglichen Sicherheit der von der Bank gewährten Darlehen, sondern dieselbe entspricht auch vollständig der Billig­ keit und Gerechtigkeit, denn es soll der billigste und sicherste Credit auch das beste Pfandrecht genießen. Es wäre verkehrt, wenn dem 4%iflcn unkündbaren, in langen Raten rückzahlbaren Darlehen der Hypothekenbank oder 5%igc nach halbjähriger Kündung rückzahlbaren Darlehen anderer Institute oder Privaten vorangehen würden. Nach all diesen Erwägungen unterbreitet der Landesausschuß dem hohen Landtage den Entwurf eines Statutes einer Hypothekenbank für das Land Vorarlberg mit diesem Bericht zur Beschlußfassung. Bregenz, den 4. Jänner 1894. Per Landes-Ausschuß. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 28 II. der Beilagen |u~ den stenogr. Protokollen ^es Vorarlberger Landtags. IV. jScffion, 7. Periode 1894. Beilage H A. Statut der Hypothekenbank für das Land Vorarlberg. I. Allgemeine Keftimmnngen. § i. Die von der Landesvertretung des Landes Vorarlberg gegründete Hypothekenbank hat den Zweck auf die in Vorarlberg liegenden Realitäten Darlehen zu gewähren, welche ausschließlich in Pfandbriefen dieser Bank gegeben werden. § 2. Der Gesammtbetrag der von der Bank aus­ gegebenen Pfandbriefe darf die Summe der er­ worbenen Hypothekarkapitalien nie übersteigen. § 3. Zur Deckung der Pfandbriefe und zwar so­ wohl der Verzinsung als der Einlösung derselben dient das gesammte Vermögen der Hypothekenbank. Es sind demnach alle Theile dieses Vermögens und zwar das unbewegliche Bankvermögen, der Tilgungsfond, der Reservefond und alle sonstigen Fonde, sowie die Gesammtheit aller Hypothekar­ Darlehen für die Befriedigung der Ansprüche aitä den Pfandbriefen als Caution bestellt. Dieses Cautionsband wird in Ansehung der­ jenigen Vermögensobjekte, an welchen ein dingliches Recht erworben werden kann, dem Verfachbuche der Realinstanz auf Grund einer von der Bank auszustellenden Erklärung einverleibt. Außerdem haftet das Land Vorarlberg für alle von der Hypothekenbank eingegangenen Verbind­ lichkeiten. 29 Beilage II A. 1L der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. § 4. Die Bank ist berechtiget: 1. Hypothekardarlehen auf unbewegliche Güter zu geben. 2. Hypothekarisch sichergestellte Forderungen ein­ zulösen. 3. Pfandbriefe auszugeben. § 5. Die Bank hat jederzeit für die sichere und nutzbringende Verwendung der in ihren Sassen befindlichen, zeitweilig nicht benöthigten Barschaften Sorge zu tragen. Zu diesem Zwecke kann sie: a. Barschaften bei Vertrauenswerthen Spar­ kassen oder Creditanstalten auf kurze Zeit elociren oder in Partial-Hypothekar-Anweisungen (Salinenscheinen) zinsbringend anlegen; b. bereits gezogene eigene Pfandbriefe, sowie Coupons derselben, welche längstens in einem halben Jahre fällig werden, escomptiren; c. auf eigene Pfandbriefe, auf österreichische Staatspapiere, und überhaupt auf öffent­ liche Werthpapiere, welche zur Anlage von Pupillengeldern nach dem Gesetze geeignet sind, Vorschüsse bis zu zwei Drittel des Curswerthes gewähren, welche längstens binnen 90 Tagen rückzuzahlen sind; die zur Belehnung geeigneten Pfand­ briefe und sonstigen öffentlichen pupillarsichern Werthpapiere bestimmt der Lan­ desausschuß; d. eigene Pfandbriefe unter Beobachtung der in der Geschäftsordnung festzustellenden Normen kaufen und verkaufen. Dagegen darf die Bank: e) Realitäten nur dann erstehen, wenn es bei executiven Verkäufen zur Abwendung von Verlusten nöthig erscheint. Auf diese Weise erworbene Realitäten sind in­ dessen sobald es ohne wesentliche Verluste thunlich erscheint wieder zu veräußern. Außerdem darf eine Realität nur aus dem Reservefond zum eigenen Geschäftsbetriebe und nur mit Bewilligung des Landesausschusses er­ worben werden. 30 Beilage II A. IV. Sessionder 7. Periode 1894. II. Reserve- und Tilgungsfond. § 6. Die Bank ist verpflichtet, einen Reservefond bis zur Höhe von drei Prozent des in Umlauf befindlichen Pfandbriefkapitales zu bilden und auf dieser Höhe zu erhalten, welcher Reservefond zur Deckung etwaiger Verluste und aller Ausgaben bestimmt ist, die nicht aus den laufenden Einnahmen bestritten werden können. Dem Reservefond haben alle durch nutzbringende Verwendung der Cassamittel erzielten Gewinne und überhaupt alle wie immer gearteten Einnahmen und Ueberschüsse zuzufließen, deren Verwendung nicht anderweitig bestimmt ist, oder welche nicht zur Deckung der Regiekosten oder anderweitiger Vorschüsse des Landesfondes verwendet werden müssen. Die Hälfte des Reservefondes ist auf sichere Weise im Sinne des § 5 lit a und c nutzbringend anzulegen und abgesondert zu verrechnen. Die andere Hälfte des Reservefondes ist gleichfalls auf sichere Weise (§ 5) nutzbringend anzulegen und kann auch mit Genehmigung des Landtages zu Darlehen in barem Gelde ohne hypothekarische Sicherstellimg an den Landesfond oder andere vom Lande ver­ waltete Fonde, sowie an Gemeinden, Straßen-Ausschüsse und Wassergenossenschaften verwendet wer­ den, wenn diese zur Aufnahme dieser Darlehen und zur Abzahlung derselben im Wege von Steuer­ zuschlägen, beziehungsweise durch der politischen Exemtion unterliegende Beitrüge im eigenen Wir­ kungskreise berechtigt sind, oder die gesetzlich er­ forderliche Bewilligung erhallen haben. § 7. Insofern der Reservefond die nach § 6 be­ stimmte Höhe überschreitet, können die Ueberschüsse vom Landtage zu Landeszwecken verwendet werden. § 8. Der Tilgungsfond wird gebildet: a. Aus den bis zum Zeitpunkt der Verlosung eingegangenen tilgungsplanmäßigen Kapitals­ ratenzahlungen. b. Aus den freiwilligen Kapitalsrückzahlungen, welche von dem Schuldner in Barem geleistet worden sind. c. Aus den auf Grund von Zurückforderungen (§ 33) zurückbezahlten Kapitalien. 31 Beilage II A. II. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. Der Tilgungsfond ist zur. Einlösung der Pfand­ briefe nach ihrem vollen Nennwerte mittelst Ver­ losung (§ 18) bestimmt. Die Direktion ist aber auch berechtiget, mit den in Folge von Kündigungen (§ 34) odex Zurückforderungen (§ 33) bar zurück­ bezahlten Kapitalien eigene Pfandbriefe, jedoch nicht über dem Parikurse, anzukaufen und sofort aus dem Umlaufe zu entfernen. III. Uon den Pfandbriefen 8 9Durch die Pfandbriefe der Hypothekenbank wird dein Besitzer derselben die Entrichtung der Zinsen halbjährig nachhinein und im Falle der Verlosung die volle Kapitalszahlung zugesichert. § 10. Die Pfandbriefe lauten auf Beträge von 6000, 4000, 2000, 1000, 200 und 100 Kronen, wer­ den auf den Ueberbringer ausgefertigt, in Kronen­ währung verzinst und eingelöst. § 11- Die Pfandbriefe enthalten daher: 1. Den Betrag des Kapitals; 2. den Zinsfuß desselben; 3. den Verfallstag der Zinsen; 4. die Zusicherung der Kapitalsrückzahlung im vollen Betrage im Wege der Verlosung; 5. die Unterschrift der Direktion; 6. die Bestätigung des vom Landesausschusse hiezu abgeordneten Mitgliedes desselben (§ 52) darüber, daß der Pfandbrief auf Grundlage einer statutenmäßigen Hypothek ausgestellt wurde. § 12Eine Umtauschung beschädigter Pfandbriefe gegen neue, sowie von Pfandbriefen auf größere Beträge gegen solche auf kleinere und umgekehrt ist gestattet. Für diese Ausfertigung ist eine von der Bank­ Direktion festzusetzende Gebühr zu entrichten. § 13. Pfandbriefe, welche a. als Eigenthum von Minderjährigen oder Curanden, oder b. sonst mit einem Haftungsbande versehen (vinculirt) sind, oder 32 IV. Session der 7. Periode 1894. Beilage II A. e. rücksichtlich deren eine die freie Verfügung mit dem Pfandbriefe hemmende behörd­ liche Verordnung der Bank zugestellt wurde, können nur dann devinculirt oder zu Gun­ sten eines Anderen mit dem Haftungs­ bande versehen werden, wenn die Zu­ stimmung der betreffenden Behörde bei­ gebracht wird. § 14. Der Zinsfuß der Pfandbriefe muß jederzeit dem Zinsfüße der denselben zur Grundlage dienen­ den Hypothekar-Darlehen gleich sein. Die Höhe des Zinsfußes bestimmt der Landtag. § 15. Die Pfandbriefe werden mit Zinsencoupons auf zwanzig halbjährige Zinsen und einem Talon als Anweisung auf weitere Zinsencoupons versehen. Gegen den Talon eines verlosten Pfandbriefes kann kein weiterer Couponbogen ausgefolgt werden. Die Zahlung der Zinsen erfolgt halbjährig nach­ hinein, und zwar von den itn § 13, lit. a und b bezeichneten Pfandbriefen gegen Quittung, von den übrigen gegen Einziehung der fälligen Coupons. § 16. Die Pfandbriefe können zur fruchtbringenden Anlegung der Kapitalien von Gemeinden, Bezirken, Korporationen, Kirchen, Stiftungen, Fideicommissen, Armen- und anderen unter öffentlicher Aufsicht stehenden Anstalen, sowie der Pupillargelder und zu Dienst-, Geschäfts- und Militär-Heiratscautionen verwendet werden. § 17. Die Amortisirung der Pfandbriefe und ihrer Coupons richtet sich nach den bestehenden Gesetzen. IV. Verlosung der Pfandbriefe. § 18. Die Verlosung der Pfandbriefe hat mindestens zweimal im Jahre öffentlich stattzufinden. Die erste Verlosung hat längstens binnen zwei Jahren nach der ersten Pfandbriefausgabe einzutreten. Nach Maßgabe des bezüglichen Tilgungsfondes können jederzeit auch außerordentliche Verlosungen stattfinden. Die Direktion bestimmt mit Genehmigung des 33 Beilage II A. II. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. Landesausschusses die Summe der zu verlosenden Pfandbriefe, den Verlosungs- und Auszahlungstag (§ 20), sowie den Vorgang bei der Verlosung (§ 52 II b). § 19. Die Summe der zu verlosenden Pfandbriefe ist spätestens acht Tage vor der Verlosung zu veröffentlichen und muß mindestens jener Summe entsprechen, welche vier Wochen vor der stattfin­ denden Verlosung den gesammten Vermögensstand des Tilgungsfondes bildete, insofern derselbe nicht in Gemäßheit des § 8 zum Ankäufe eigener Pfandbriefe verwendet wurde und soweit solcher durch 100 ohne Rest theilbar ist. § 20. Die Zahlung der gezogenen Pfandbriefe erfolgt binnen sechs Monaten nach der Ziehung gegen Rückstellung des Pfandbriefes sammt Couponbogen und Talon unter Begleichung der bis zum Ver­ fallstage allenfalls noch rückständigen, nicht ver­ jährten Zinsen und gegen Abzug der etwa fehlen­ den, nicht verfallenen Coupons. Die eingelösten Pfandbriefe und Coupons wer­ den vernichtet. Die gezogenen Nummern der Pfandbriefe wer­ den durch die für die Kundmachungen der Bank bestimmten Blätter veröffentlicht. Mit der-llKundmachung der Verlosungsergebnisse find auch die Nummern der bei früheren Verlosungen gezogenen, aber noch unbehobenen Pfandbriefe kundzumachen. § 21. Die Verzinsung der verlosten Pfandbriefe hört vom Verfallstage auf. Die nach dem Verfalls­ tage der verlosten Pfandbriefe fälligen Coupons werden nicht mehr eingelöst. § 22. Sollte ein verloster Pfandbrief binnen 30 Jahren, vom Verfallstage an gerechnet, nicht zur Einlösung vorgelegt sein, so erlischt jeder weitere Anspruch auf dessen Einlösung und es verfällt der Betrag desselben an den Neservefond der Bank. Zinsencoupons verjähren nach sechs Jahren, vom Verfallstage an gerechnet. Verjährte Coupons können nicht mehr zur Ein­ lösung angenommen werden. 34 Beilage II A. IV. Session dec 7 Periode 1894. V. Rechte der Inhaber non Pfandbriefen. § 23. Der Inhaber eines Pfandbriefes erlangt das Recht auf pünktliche Einstufung der fälligen (nicht verjährten) Zinsencoupons und im Falle der Ver­ losung auf die Zahlung der vollen Valuta, auf welche der Pfandbrief lautet. § 24. Sollte die Bank die durch die Ausstellung ihrer Pfandbriefe übernommenen Verpflichtungen nicht erfüllen, so steht den Inhabern dieser Bank­ schuldscheine, und zwar mehreren zusammen oder jedem einzelnen unbeschadet des Rechtsweges das Recht zu, von dem Landesausschusse Abhilfe zu verlangen. VI. Verhältnis des Schuldners ;ur Sank «nd Urkunden über Darlehen. § 25. Die Verpflichtungen des Schuldners werden durch den Inhalt der von demselben ausgefertigten Urkunden festgestellt. § 26. In diese Urkunden sind insbesondere folgende Zahlungsverpflichtungen aufzunehmen: 1. Die Verpflichtung jährlich eine Pauschal­ zahlung (Annuität), welche den festgesetzten Zinsfuß um mindestens ein halbes Prozent des Kapitalsbetrages übersteigt, in halbjährigen Raten im Vorhinein ohne irgend einen Abzug zu entrichten. Eine wie immer Namen habende Steuer oder Gebühr darf der Bank in keinem Falle in Abzug gebracht werden. Von jeder halbjährigen Pauschalrate wird jener Betrag, der die vom Kapitalsreste für ein halbes Jahr entfallenden Zinsen übersteigt, als Kapitalsabschlagzahlung berechnet. Dem Schuldner steht es frei, auf höhere Pauschalzahlungen (Annuitäten) einzugehen. 2. Die Verpflichtung, bei jeder halbjährig fälligen Zinsrate ein Achtel Prozent des entlehnten und bei Beginn des Jahres noch nicht rück­ 35 Beilage II A. II. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. gezahlten Kapitalsbetrages als Regiekostenund Reservefonds-Beitrag zu erlegen. Dieser Betrag kann durch Beschluß des Landtages in der Folge herabgesetzt oder auf­ gehoben und im Falle des Bedarfes wieder auf die ursprüngliche Höhe zurückgeführt werden. § 27. Die erste halbjährige Zinsrate muß der Schuldner vor dem Empfange der Pfandbriefe erlegen und dabei die Zinsen mit Rücksicht auf die kommenden Verfallstermine in Barem begleichen. § 28. Die Annuitäten sind zu den vereinbarten Ter­ minen pünktlich zu bezahlen, so zwar, daß nach Ablauf eines Termines — vorbehaltlich aller weiteren Rechte der Bank — Verzugszinsen, deren Höhe innerhalb der Grenzen der gesetzlichen Ver­ zugszinsen die Bank-Direktion bestimmt, für die rückständige Zahlung berechnet werden und bar zu vergüten sind. § 29. Die Schuldverschreibung über ein von der Hypothekenbank ertheiltes Darlehen muß im wesent­ lichen folgende Punkte enthalten: a. den Kapitalsbetrag der Schuld in Kronen­ währung ; b. die Ziffer und Bezeichnung der an die Bank in den bedungenen Fristen in Ge­ mäßheit des 8 26 zu leistenden Zahlungen an Zinsen und Annuitäten, erstere ohne Abzug und gegen eventuelle Vergütung der Einkommensteuer, und die Verpflichtung, daß dieselben unmittelbar bei der Bank­ kassa abzuführen sind; c. die Verpflichtung, alle bei der Sicher­ stellung oder Eintreibung der Annuitäten und Nebengebühren auflaufenden Kosten, Gerichtsverwahrungskosten (Zählgelder) und alle aus diesem Rechtsgeschäfte entspringenden Steuern und Gebühren zu zahlen oder zu ersetzen; d. die Verpflichtung, bei Verpfändung von Gebäuden die Feuerassekuranz aus eigenem zu bestreiten und bei Zahlung einer jeden halbjährigen Pauschalrate den aufrechten Bestand der Feuerassekuranz rücksichtlich 36 Beilage II A. IV. Session der 7. Periode 1894. 6. f. g. h. i. k. l. m. n. des von der Bank bestimmten Betrages, beziehungsweise die erfolgte Zahlung der Prämie auszuweisen und die Erklärung der Versicherungsanstalt, den allenfälligen Schadenersatz nur mit Zustimmung der Hypothekenbank an den Besitzer auszu­ folgen, beizubringen und bei der Bank zu hinterlegen. Es soll übrigens der Bank auch frei stehen, die Zahlung der Prämie auf Rechnung des Schuldners selbst zu leisten. Hinsichtlich der Wahl des Assekuranz­ institutes steht der Direktion das Aus­ schließungsrecht zu; die Verpflichtung auf Verlangen der Bank den Ausweis über die richtige Be­ zahlung der landesfürstlichen Steuern sammt Zuschlägen in bestimmten Terminen vorzulegen; die Erklärung, sich den Statuten der Hypothekenbank und allen daraus hervor­ gehenden Verpflichtungen unbedingt zu fügen und sich in allen Streitigkeiten dem k. k. Kreis- als Handels-Gerichte in Feld­ kirch zu unterwerfen; die genaue Bezeichnung der Hypothek und die Bewilligung, die Schuld- und Pfand­ urkunde zur Erwerbung des dinglichen Pfandrechtes dem Verfachbuche der Real­ instanz einverleiben zu können; die Unterschrift des Schuldners und zweier, fähiger Zeugen'; . die Anführung der auf der Hypothek ruhenden Lasten; die Nachweisung, daß der Schuldner verfachbücherlicher Eigenthümer der Hypothek sei; die Feststellung der Solidarhaftung sämmt­ licher Besitzer der Hypothek, wenn deren mehrere vorhanden sind; das der Bank vorbehaltene Recht der Zurückforderung des Darlehens (§ 33); die Erklärung der Bank, daß dieses Dar­ lehen als Caution zur Sicherstellung der Pfandbriefe gelte. (§ 3). § 30. Die cesstonsweise Uebernahme eines bereits versicherten Kapitals, insoweit die Priorität des­ selben den Bestimmungen des § 38 entspricht, ist Beilage II A. II. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. gestattet, doch sind die dem Schuldner künftig in Gemäßheit des § 29 obliegenden Verpflichtungen in die von demselben mitzufertigende Cessionsurkunde aufzunehmen und ist dieselbe dem Versuch­ buche der Realinstanz einzuverleiben. § 31. Hat der Schuldner seine Verpflichtung nicht erfüllt, so ist derselbe von der Bank unter Fest­ setzung eines kurzen Termines an die Erfüllung seiner Verpflichtung schriftlich zu erinnern. Die Zustellung dieses Mahnschreibens erfolgt in der Regel durch die Post, und zwar auf Kosten des Gemahnten. Die aus was immer für Ursachen gar nicht oder zu spät erfolgte Zustellung des Mahnschreibens schützt den Schuldner keineswegs vor den nach Ablauf des Termines einzuleitenden Zwangsmaßregeln. § 32. Wenn der Werth der belehnten Realität durch ein Elementarereignis vermindert wurde, bezüglich dessen die Bank die Versicherung verlangt, und das Pfandrecht für einen bestimmten Betrag zu ihren Gunsten erwirkt hat, so ist der Eigenthümer verpflichtet, die beschädigte Realität in ihren ur­ sprünglichen Zustande binnen einem Jahre wieder herzustellen, welche Frist von der Direktion ver­ längert werden kann. Andernfalls ist die Bank berechtiget, sich aus der Versicherungssumme bezahlt zu machen, welche letztere, soweit sie die For­ derungen der Bank nicht übersteigt, bis dahin von der Versicherungsanstalt zurückzubehalten ist. Im Falle der Wiederherstellung der Realität wird dem Schuldner die Versicherungssumme, nach Abzug der inzwischen zu Gunsten der Bank fällig gewordenen Zahlungen, und zwar je nach dem Ermessen der Bank entweder auf einmal nach der Vollendung, oder nach Maßgabe der fortschreitenden Wiederherstellung in Theilzahlungen, welche der durch die neu hergestellten Theile gewährten Sicherheit entsprechen, ausgefolgt. § 33. Die Bank ist nicht berechtiget, das dargeliehene Kapital dem Schuldner zu kündigen; dagegen hat sie das Recht, das ganze Darlehen oder einen Theil desselben sofort zurückzufordern: 1. Wenn der Schuldner bereits mit zwei nach­ einanderfolgenden Pauschalraten im Rückstände geblieben ist; 38 IV. Session der T^Penode 1894. Beilage II A. 2. Wenn der Schuldner in Concurs verfällt; 3. Wenn der Werth der Hypothek sich nach Ansicht der Direktion in einer die Sicherheit des Darlehens bedrohende Weise gemindert hat; 4. Wenn ohne Zustimmung der Bankleitung eine Theilung der Hypothek vorgenommen wurde, welche die Eintreibung des Bankdarlehens zu erschweren geeignet ist; 5. Falls die Hypothek vorzugsweise in Gebäuden besteht, wenn eine einmalige Mahnung wegen Nachweises der Feuerassekuranz erfolglos ge­ blieben ist. § 34. Der Hypothekarschuldner hat das Recht, das erhaltene Darlehen ganz oder zum Theile halb­ jährig behufs Rückzahlung zu kündigen. Rückständige Annuitäten sind stets bar, und zwar in derselben Valuta, auf welche die Pfand­ briefe, in welchen das Darlehen ertheilt wurde, lauten, und im Falle nicht pünktlicher Zahlung auch mit den Verzugs-, resp. Zinseszinsen vom Verfalls- bis zum Zahlungstage einzuzahlen. Gekündigte Hypothekarkapitalien können in Pfandbriefen derselben Kategorie, in welcher das Darlehen gegeben wurde, zum Nominalwerthe oder in barem Gelde nach Wahl des Schuldners zurück­ gezahlt werden. Hat ein Schuldner das Kapital gekündigt, das­ selbe jedoch binnen drei Monaten nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht zurückgezahlt, so ist die Bank berechtigt, die erfolgte Kündigung als nichtig zu erklären. VII. DarlehensbeWMigung § 35. Die Bank gewährt Darlehen bis zu dem Minimalbetrage von 200 Kronen auf Grund und Boden, sowie Gebäude, insoferne dieselben innerhalb des Landes Vorarlberg liegen und der Darlehens­ werber verfachbücherlicher Eigenthümer der zu be­ lehnenden Realität ist. Gebäude, welche ausschließlich oder zum größten Theile Jndustriezwecken dienen wie z. B. Fabriken, Mühlen, sind als solche allein zur Belehnung nicht geeignet. Desgleichen sind unbewegliche Güter, welche nach den Gesetzen von der Exekution gänzlich aus- 39 Beilage II A. II. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. genommen sind, dann Schauspielhäuser, Bergwerke und Steinbrüche von der Belehnung mit Hypotheken-Darlehen ausgeschlossen. Realitäten, rück­ sichtlich deren die Exekution auf die Substanz nach den bestehenden Gesetzen nicht zulässig ist, wie Fideicommisse, dürfen nur bis zu einem Drittel des ermittelten Werthes belehnt werden. § 36. Auf Häuser können Darlehen bis zu ein Drittel, auf Grund und Boden bis zur Hälfte des er­ mittelten Werthes bewilliget werden. Insofern jedoch Waldungen allein belehnt werden sollen, können Darlehen auf dieselben nur bis zu einem Viertel des Werthes gegeben werden. § 37. Die Erhebung des Werthes von Grund und Boden und Gebäuden geschieht in der Regel mittelst Schätzung, bei welcher ein Mitglied der Bank­ direktion oder ein Delegirter derselben als Ver­ trauensmann der Bank intervenirt. Ausnahmsweise kann die Bankdirektion auf Grund und Boden auch nach anderweitiger Werth­ ermittlung z. B. einem Vielfachen des Katastralreinertrages Darlehen bewilligen. In allen Fällen hat der Darlehenswerber die Kosten der Werthermittlung zu tragen. § 38. Die Hypothekenbank gewährt in der Regel Darlehen auf solche Realitäten, auf denen keine Forderungen anderer Gläubiger haften. Soll daher eine Realität belehnt werden, auf welcher bereits Forderungen anderer Gläubiger pfandrechtlich sichergestellt sind, müssen dieselben vor der Belehnung gelöscht, oder von der Bank im Cessionswege erworben werden. Ausnahmsweise kann die Bankdirektion auf Realitäten, welche mit jährlichen Leistungen (Servi­ tuten) belastet sind, Darlehen bewilligen. In diesem Falle sind jährliche Leistungen unter den Lasten mit dem fünf- und zwanzigfachen Werthe als Kapital anzunehmen. Bei Personal-Servituten ist aber die Bankdirektion berechtiget, je nach dem Alter des Berechtigten auch einen niedrigeren Werth einzustellen. Lasten, für welche ein Geldwerth nicht zu er­ mitteln ist, dürfen in der Regel einer Forderung 40