18940120_ltb0161894_Bericht_Volkswirtschaftsausschuss_Unterstützung_ÖsterreichischerAgrartag_Grundsteuerreform_Grundsteuerkatasterregulierung_Steuerreformvorlagen

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Letzte Änderung 01.07.2021, 18:52
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,lt1894,ltb1894,ltb0,ltp07
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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XVI. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. IV. Session, 7. Periode 1894. Beilage XVI. Weicht des volkswirthfchaftlichen Ausschusses über die Eingabe des ständigen Ausschusses des österreichischen Agrartages betreffend die Unterstützung der Bestrebungen des Agrartages in Lachen der Reform der Grundsteuer, der Regulirung des Grund­ steuerkatasters, sowie hinsichtlich der Lteuerreformvorlagen. Hoher Landtag! Der ständige Ausschuß des Agrartages in Wien theilt die von dem 4. österreichischen Agrartag abgehallen am 16. und 17. November 1893 bezüglich der Grundsteuerrevision und der verschiedenen Steuerreform-Vorlagen ausgestellten Forderungen mit dem Ersuchen mit, es wolle der Landtag ähnliche Forderungen an das h. Haus der Abgeordneten und an das h. Herrenhaus richten. Der Agrartag stellt I. bezüglich der Grundsteuer folgende Forderungen: „Der Agrartag spricht sich dahin aus, daß die Revision des Grundsteuer-Katasters derart vorzunehmen sei, daß dem Grundsätze der Steuergerechtigkeit, das ist der gleichmäßigen Steuerbelastung, nach Thunlichkeit entsprochen werde. Besonders sollen jene Ungleichmäßigkeiten, welche bei Durchführung der Grundsteuer-Regulirung entgegen dem Geiste und der Absicht des Gesetzes vom 24. Mai 1869 herbeigeführt wurden, behoben werden." Die Revision der Grundsteuer kann sich nur auf die variablen Elemente des Grundsteuer­ Katasters beziehen. a) Es ist ein Gebot der Billigkeit, daß die Hebung der Bonität durch Aufwand besonderer Mittel und Opfer, z. B. Entsumpfung, Bewässerung, dermalen nicht in Rechnung gezogen werde. b) Da die Revision in Anwendung des Grundsteuergesetzes erfolgt, so wäre es zweckmäßig, zur Durchführung der Revisionsarbeiten auch die Bestimmungen des erwähnten Gesetzes zur Bil­ dung von Bezirks-Landes-Commissionen und einer Central-Commission wieder aufzunehmen. Jedoch sollen die gewählten Mitglieder gegenüber den von der Regierung berufenen Mitgliedern der Bezirks- und Landes-Commission der Zahl nach nicht in der Minorität sein. c) Mit Rücksicht auf die vielseitige und actuelle Besteuerung von Grund und Boden muß eine Grundsteuer von 22.7 Procent des Reinertrages als eine zu hohe bezeichnet werden. d) Die Herabsetzung der Grundhauptsteuersumme ist anzustreben. 109 Beilage XVI. XVI der Beilagen zu den stenogr. Protokollen deS Vorarlberger Landtags. II. Bezüglich der Erwerbsteuer-Vorlage: 1. Der Agrartag spricht den Wunsch aus, daß in dem neuen in Verhandlung stehenden Steuerentwurfe die landwirthschaftlichen Nebengewerbe als steuerfrei behandelt und ausdrücklich als steuerfrei erklärt werden. 2. Landwirthschaftliche Pachtungen sind nicht der Erwerbsteuer zu unterziehen, sondern deren Ertrag nur mit der Einkommensteuer zu belegen. Kleinere Pächter sind wie bisher von der Personal­ einkommensteuer freizuhalten. 3. Der Agrartag betrachtet Verschleißstätten für eigene Products nicht als landwirthschaftliche Nebengewerbe, sondern als integrirenden Bestandtheil der landwirthschaftlichen Thätigkeit, und erklärt, daß sie schon deshalb der Erwerbsteuer nicht unterzogen werden können. 4. Bei Berechnung des reinen Einkommens aus dem Landwirthschaftsbetriebe soll ein mindestens dreijähriger Durchschnitt gemacht werden, in welchem auch die eventuellen Verlustjahre in Rechnung mit einzubeziehen sind. III. Bezüglich der Einkommensteuer-Vorlage: 1. Der Agrartag begrüßt das Project der Umgestaltung der directen Personalsteuern und der Einführung einer Personaleinkommensteuer als eine die gerechte Verkeilung der Steuerlast anstrebende Reform, welche geeignet ist, durch Heranziehung zahlreicher bisher nicht ausreichend getroffener steuer­ pflichtiger Elemente die bisher überbürdeten Kategorien von Steuerträgern zu entlasten. 2. Bei der Berechnung der Personaleinkommensteuer für das Einkommen aus dem nicht ver­ pachteten Grundbesitze ist der Katastral-Reinertrag als Ausgangspunkt der Einschätzung anzusehen und hiebei zu berücksichtigen, daß der kleinere Grundbesitzer durch die nach dem Katastral-Reinertrage berechneten Steuern verhältnißmäßig ärger betroffen wird als der größere Grundbesitzer. Eine Fatirung oder anders erhobene Einschätzung des Einkommens aus nicht verpachteten Grundstücken ist möglichst zu vermeiden. 3. Es wird als gerechtfertigt angesehen, daß der Personaleinkommensteuer ein progressiver Steuerfuß zugrunde gelegt wird; der Agrartag spricht sich für weitere Ausdehnung der mit circa vier Procent beantragten Grenze der Progression aus. 4. Das durch die Personaleinkommensteuer erzielte Mehrerträgniß ist abzüglich der im Gesetz­ entwürfe vorgesehenen Abzüge thatsächlich und dauernd zu Nachlässen an den directen Ertragsteuern zu verwenden, und ist durch Schaffung einer, volle Bürgschaft gewährenden Gesetzesbestimmung dafür Sorge zu tragen, daß eine anderweitige Verwenduug dieser Mehrerträgnisse für immerwährende Zeiten ausgeschlossen ist. 5. Die an den Ermäßigungen teilnehmenden Steuergattungen haben im gleichen percentualen Ausmaße an diesen Ermäßigungen zu participiren. IV. Endlich stellt der österreichische Agrartag noch folgende Forderungen: 1. Der Oesterreichische Agrartag spricht die Erwartung aus, daß in Berücksichtigung der Gemeinnützigkeit der Raiffeisen-Cassen diese von der Erwerbsteuer freigehalten werden. 2. Der Oesterreichische Agrartag spricht sich dahin aus, daß eine Rentensteuer von Pfand­ briefen und Hypothekarzinsen nur dann eingehoben werden kann, wenn dieselbe von der betreffenden Grundsteuer in Abzug gebracht und der Schuldner vor jeder Ueberwälzung der Steuer von Seite des Gläubigers geschützt werde. Eventuell wären mindestens die Pfandbriefe der Landes-Hypotheken­ anstalten von der Rentensteuer freizuhalten. 3. Für die Bedürfnisse der autonomen Körperschaften wären besondere Steuerquellen zu erschließen; rücksichtlich der Bestimmungen über die Art und den Ort der Steuervorschreibung bei zur öffentlichen Rechnungslegung verpflichteten Unternehmungen und sonstigen Gewerben sollten die Gemeinden weitergehende, der Gerechtigkeit entsprechende Berücksichtigung finden. 110 IV. Session der 7. Periode 1894. Beilage XVI. 4. § 138, Absatz 2, des Entwurfes bezüglich der Besoldungssteuer soll dahin abgeändert werden, daß Steuervorschreibungen für Bezüge, welche bei landesfürstlichen Sassen ausgezahlt werden, dort stattzufinden haben, wo der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat. Der volkswirthschaftliche Ausschuß macht diese Forderungen des 4. österreichischen Agrartages zu den Seinigen und glaubt es entsprechen dieselben vielfach den von Seite des h. Landtages schon wiederholt an die hohe Regierung gestellten bezüglichen Anforderungen. Bezüglich der Form des dermaligen Einschreitens hält der Ausschuß dafür, daß der hohe Landtag von dem bisherigen Usus nicht abgehen und daß er sich daher im Wege des Landesausschusses an die Regierung wenden soll. Es wird daher gestellt der Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: Der Landesansschuß wird beauftragt die vom 4. österreichischen Agrartag gefaßten Resolutionen der hohen k. k. Regierung zur eingehenden Würdigung zu empfehlen. Bregenz, den 20. Jänner 1894. Mart. Thurnher, Jodok Fink, Obmannstellvertreter. Berichterstatter. Muck von JU Teut sch, Bregens 111