18920328_ltb0451892_Bericht_Volkswirtschaftsausschuss_Gemeindevorsteherpetition_Erleichterung_steuerfreieBranntweinverfahren

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Letzte Änderung 01.07.2021, 19:24
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1892,ltb1892,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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LIV« der Beklauen M den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. Beilage LIV. des volkswirthfchaftlichen Ausschusses, betreffend die Petition von U Gemeinde­ vorsteher aus dem Gerichtsbezirke Feldkirch, um Erwirkung einer Erleichterung im steuerfreien Branntweinverfahren. Hoher Landtag! Die Gemeindevorsteher von Rankweil, Altach, Mäder, Koblach, Zwischenwasser, Göfis, Meiningen, Viktorsberg, Weiler, Uebersaxen und Fraxern haben an den hohen Landtag eine Petition durch den Abgeordneten Welte eingebracht mit folgender Kitte: Der hohe Landtag wolle sich beim h. k. k. Finanz-Ministerium dahin verwenden, daß in Würdigung der ganz besonders berücksichtigenswerthen Verhältnisse unseres Landes die mehrzitierte Finanz-Ministerial-Durchführungs-Verordnung (vom 10. August 1888 R.-G.-Blatt Nr. 133) unseren Verhältnissen und Bedürfnissen entsprechend modificiert werden wolle, so daß: 1. allen Landwirthen, welche eigene Erzeugnisse zum eigenen Bedarfe zur Branntwein­ erzeugung haben, die steuerfreie Branntweinerzeugung zugestanden werde, wenn gleich dieselben nicht in der Lage sein werden, ihre Stoffe selbst und im eigenen Gehöfte abzubrennen; 2. daß der Anmeldungs-Termin bis Ende Oktober eines jeden Jahres verlegt werden; 3. daß bei der Anmeldung der Stoffe zum steuerfreien Verfahren die Nominierung eines längeren Zeitabschnittes, in welchem das Verfahren stattfinden soll, gewährt werde. Diese Bitte wird mit folgendem motiviert: diese Durchführungsbestimmung trifft nun viele Landwirthe unseres Landes hart, da hiedurch denselben der Genuß dieser Steuerbefreiung infolge ihrer Verhältnisse unmöglich gemacht wird. Unser Land hat bekanntlich große und geschlossene Bauernhöfe ganz wenige, es sind zumeist kleine zerstückle Grundbesttzungen, weshalb auch viele Landwirthe nicht in der 269 Beilage LIV. LIV, der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. Lage sind, eigene komplete Bremsvorrichtungen sich zu verschaffen, ja nicht einmal einen Brennofen im eigenen Gehöfte zu erstellen. Aber alle jene Momente, welche für die Begünstigung zur steuerfreien Branntweinerzeugung im Allgemeinen sprechen, treffen wohl auch bei diesen Landwirthen zu, dieselben erzeugen nämlich eigene Stoffe, benöthigen die Erzeugnisse an gebrannten geistigen Getränken zum eigenen Hausbedarfe, nur kommt bei diesen ein dritter befürwortender Grund zur Gewährung dieser Steuerfreiheit hiezu, nämlich daß dieselben weniger bemittelt und deshalb dieser Begünstigung noch mehr bedürftig wären. Es wäre daher ganz gerechtfertiget, und konsequenter, wenn dieser Begünstigung alle Land­ wirthe theilhaftig werden könnten, welche in den gleichen Verhältnissen stehen, das ist: aus eigenen Erzeugnissen zum eigenen Hausbedarfe gebrannte geistige Getränke aus nicht mehligen Stoffen erzeugen. Es dürfte dieses die Gleichberechtigung der steuerzahlenden Staatsbürger verlangen. Weiters wäre auch in der Durchführung dieses steuerfreien Brennverfahrens eine wesentliche Erleichterung möglich und dringend geboten. Nach dem mehrzitierten Gesetze resp, der Durchführungs-Verordnung sollte die Anmeldung zum steuerfreien Verfahren der Branntweinerzeugung alljährlich schon bis 15. Oktober erfolgen und unter einem auch der Zeitraum angegeben werden, während dem das Verfahren stattfinden soll. Dieser Anmeldungs-Termin (15. Oktober) ist verfrüht, denn nach der Vegetation unseres Landes wird die Obst und Wein-Ernte durchschnittlich erst mit Ende Oktober beendet werden können. Es erschwert daher eine so frühe Anmeldung eine richtige Angabe sehr, oder macht diese fast unmöglich Die Bestimmung, daß zugleich mit der Anmeldung der Stoffe auch der Zeitraum (wie es vielfach gehandhabt wird, der Monat) Nominativ gemacht werden muß, erschwert wiederum das Verfahren sehr, die Partei kann so einen Zeitpunkt bestimmen, der beim Eintritte desselben ihr absolut gar nicht paßt, ja nicht selten zu dieser Zeit unmöglich ist, die Branntweinerzeugung vorzunehmen, wegen Krankheiten Frost oder sonstige unvorhergesene Umstände und so wird es sowohl der Partei als den k. k. Finanz-Organen zur großen Last, wenn um eine Bewillung zur Aenderung der Brennzeit nachgesucht werden muß. Von diesen Erwägungen geleitet und in Anbetracht, daß es noth thut den am Rande des Ruines stehenden Bauernstandes aufzuhelfen, was nicht mit einem Schlage geschehen kann, sondern in verschiedenen Gebieten und Richtungen, wo immer nur möglich geschehen soll und muß, sehen sich die Gefertigten Gemeindevorsteher des Bezirkes Feldkirch pflichtgemäß bewogen, in gegenständlicher Angelegenheit zu richten die Bitte (wie sie eingangs lautet). In der X. Sitzung des Landtages wurde dieser Gegenstand dem volkswirthschaftlichen Ausschüsse zur Vorberathung und Berichterstattung zugewiesen. Die Landesvertretung ist sich der Härten dieses Gesetzes für unsere besonderen Verhältnisse und Bedürfnisse wohl bewußt, sie hat es auch nicht ermangeln lassen, ihre Stimme dagegen bei der hohen Regierung zu erheben. Schon in der Session pro 1881 beschloß der Landtag eine energische Vorstellung für Erleichterung bei der Branntweiuerzeugung, wiederholte dieselbe in der Session pro 1889, hatte aber leider kein geneigtes Gehör gefunden. Ueber letztere Verwendung erfolgte mittelst Note der hohen k. k. Statthalterei vom 23. Jänner 1890 Zl. 1893 folgende Erledigung: „Das hohe k. k. Finanz-Ministerium hat mit Erlaß vom 18. l. M. Zl. 44.714 über die mit wohlartiger Zuschrift vom 25. November 1889 Zl. 2764 vorgelegte Petition der Gemeinden Altach, Götzis und Mäder um Erleichterung bei.der von den Kleingrundbefitzern betriebenen abgabefreien Branntweinerzeugung bemerkt, daß das Finanz-Ministe­ rium nicht in der Lage ist, von der bereits unter der Wirksamkeit des früheren Branntwein­ steuergesetzes vom 19. Mai 1884 bestandenen Bestimmung abzusehen, kraft welcher Niemand 270 Beilage LIV. II. Session, 7. Periode 1891/92. die abgabefreie Branntweinerzeugung außerhalb der Gebäude und Grundfläche, die er selbst inne hat, bezw. bewirthschaftet, vornehmen darf. Ebenso kann auf die alternativ gestellte Bitte, Brennereien die keine eigenen Brenn-­ Vorrichtungen besitzen, eine Herabsetzung der Steuer für den außerhalb ihrer Gebäude er­ zeugten Branntwein zu gewähren, nicht eingegangen werden." Nachdem es sich bei diesem Gegenstände nicht nur um eine Einbildung einiger Vorsteher handelt, sondern um ein schon lange allgemein gefühltes Bedürfnis, so findet der landtägliche Ausschuß nicht blos diese Petition einfach zu befürworten und in dieser Weise der hohen Regierung abzutreten, er -fühlt es als seine Pflicht, die Wirkungen dieser Reichsgesetzes-Bestimmung auf unser Land noch auZ -eigener Initiative eingehend zu behandeln. Die Besteuerung von gebrannten geistigen Getränken war in anderen Kronländern unserer Monarchie schon lange bestehend, nur für das venetianische Königreich nebst dem Lande Tirol und Vorarlberg war aus besonderen Gründen die Branntweinerzeugung ganz abgabefrei. Erst mit dem Erlasse des hohen k. k. Finanz-Ministeriums vom 14. Juli 1856, R.-G.-Bl. Nr. 130 wurde eine theilweise Besteuerung auf die Branntweinerzeugung auch in diesen Ländern eingeführt. Nach § 5 dieser Verordnung blieb aber dennoch die Erzeugung von Branntwein aus eigenen Erzeugnissen zum eigenen Bedarfs frei, er lautet: , , § 5. Unter den Vorsichten, welche besonders werden kund gemacht werden, sind von der Entrichtung der Verzehrungssteuer diejenigen, welche ohne Handel mit geistigen Flüssig­ keiten, Kleinverschleiß oder Ausschank derselben zu betreiben aus den von ihnen selbst erzeug­ ten Stoffen zum eigenen Verbrauche oder zu jenem der bei ihnen in Kost und Wohnung befindlichen Angehörigen und Dienstboten gebrannte geistige Flüssigkeiten erzeugen, insoferne befreit, als dieses ihr Erzeugnis im Laufe eines Verwaltungsjahres im lombardisch-vene­ zianischen Königreiche nicht mehr als 1.14 Somma metrica, in Tirol mit Vorarlberg nicht mebr als 2 niederösterreichische Eimer ausmacht, und nicht an jemanden Andern veräußert wird. Ueberschreitet ihr Erzeugnis im lombardisch-venetianischen Königreiche 1.14 Somma metrica und in Tirol mit Vorarlberg zwei niederösterreichische Eimer im Laufe eines Ver­ waltungsjahres, so werden ihnen zu ihrem und ihrer Angehörigen und Dienstboten-Ver­ brauch 1.14 Somma metrica und rücksichtlich zwei Eimer steuerfrei gelassen." Zur künftigen Durchführung dieses steuerfreien Branntweinverfahrens erfolgte dann eine Spezial­ Verordnung unterm 23. Juli 1856, R.-G.-Bl. Nr. 142, womit unter Beilage B die „besonderen Bestimmungen für die steuerfreie Branntwein-Erzeugung zum eigenen Gebrauche" erlassen wurden. .Hieraus ist insbesondere hervorzuheben der § 2: , , b) Anzeige der beabsichtigten steuerfreien Erzeugung. Wer von der erwähnten Steuerbefreiung Gebrauch zu machen wünscht, hat dieses längstens bis 15. Okto­ ber eines jeden Jahres, dem nächsten für die Geschäfte der Verzehrungssteuer bestellten Beamten, oder wenn sich in dem Orte oder in einer Entfernung von zwei Meilen (acht Miglien) ein solcher Beamter nicht befindet, bei dem Gemeindevorstande schriftlich oder mündlich anzuzeigen. In dieser Anzeige hat er anzugeben: 1. seinen Aufenthaltsort und das Gebäude, in welchem er Branntwein zu erzeugen beabsichtigt; 2. die Gattung der Früchte oder anderen Stoffe, aus denen er Branntwein zu erzeugen die Absicht hat; 3. in welchem Theile des Zeitraumes vom 1. November des Jahres, in dem die Anzeige geschieht, bis zum 31. Oktober des nächsten Jahres und durch wie viele Wochen oder Monate in diesem Zeitraume er die Branntweinerzeugung zu treiben beabsichtigt; 4. welche Menge Getränke beiläufig er in diesem Zeitraume zu erzeugen vor hat; 5. der Grundbesitz, von welchem er die zur Branntweinerzeugung zu verarbeitenden Stoffe gewonnen hat oder zu gewinnen hofft; 271 geilQflC LIV. LIV, der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtag». die Beschaffenheit und den Rauminhalt des Brenn geräthes, dessen er sich zur Branntwein­ erzeugung bedient; 7. insoferne er Gährungsgefäße ausschließend für die Branntweinbereitung verwendet, die Beschaffenheit und den Rauminhalt dieser Gefäße; wobei er an das im § 3 Zl. 1 ber besondern Bestimmungen für die Erzeugung, Bereitung und Umgestaltung gebrannter geistiger Flüssigkeiten (Beilage A) festgesetzte Maß des Raumgehaltes nicht gebunden ist; 8. Die Stärke seines Hausstandes, d. i. die Zahl seiner Angehörigen und Dienstboten, die bei ihm in Kost und Wohnung stehen, mit Einschluß seiner selbst." Die später erflossenen Gesetze bestimmen rücksichtlich der Behandlung der steuerfreien Brannt­ wein-Erzeugung nichts anderes, sondern nur die Analogie dieser Verordnungen. Insbesondere das neueste Branntweinsteuer-Gesetz vom 20. Juni 1888 R.-G.-Bl. Nr. 95 bestimmt: „Die durch die bisherigen Vorschriften zugestandene Steuerbefreiung für Branntwein aus selbst erzeugten Stoffen zum eigenen Hausbedarfe bleibt innerhalb der festgesetzten Grenzen und Bedingungen aufrecht. Das Finanzministerium wird jedoch ermächtigt, zur Erleichterung der steuerämtlichen Ueberwachung der Erzeugung von abgabefreien Brannt­ wein die ausnahmsweise gemachten Zugeständnisse aufzuheben." Es erhellt mithin deutlich, daß die ehemaligen Bedingungen zur steuerfreien Branntwein­ erzeugung im Reichs-Gesetze bis heute erhalten geblieben sind. Allerdings bestimmt das obzitierte Ge­ setz, daß das Finanz-Ministerium ermächtiget werde, zur Erleichterung der steuerämtlichen Ueber­ wachung die ausnahmsweisen Zugeständnisse aufzuheben. In der vom k. k. Finanzministerium im Einvernehmen mit dem königl. ungarischen Finanz­ ministerium erlassenen Vollziehungsverordnung vom 10. August 1888 R.-G.-Bl. Nr 133 zum oben genannten Gesetze werden zu § 5 folgende Bestimmungen getroffen: „Die abgabefreie Branntweinerzeugung bleibt im Geltungsgebiete des Branntweinsteuer­ gesetzes auf jene Länder beschränkt, für welche dieselbe dermalen bewilligt ist und es werden zu derselben in diesen Ländern auch fernerhin nur diejenigen zugelassen, welche aus den von ihnen selbst erzeugten Stoffen zum eigenen Verbrauche oder zu jenem der bei ihnen in Kost und Wohnung befindlichen Angehörigen und Dienstboten Branntwein erzeugen, aber weder Handel mit geistigen Flüssigkeiten noch Kleinverschleiß oder Ausschank derselben, noch für Rechnung anderer die Rectification von Branntwein oder die Bereitung von Rosoglio, Liqueur und anderen mir verschiedenen Stoffen versetzten geistigen Flüssigkeiten betreiben. Die Maximalmenge von Branntwein, bis zu welcher die abgabefreie Erzeugung innerhalb eines Jahres zugestanden werden darf, bleibt ebenfalls unverändert, nämlich .... für Tirol und Vorarlberg .... 112 Liter. Unter Branntwein wird hier das­ jenige Erzeugnis verstanden, welches nach der hunderttheiligen Alkoholometerscala höchstens 50 Grad ausweist." „Niemand darf die abgabefreie Branntweinerzeugung außerhalb der Gebäude und Grundflächen, welche er selbst inne hat, beziehungsweise bewirthschaftet, vornehmen." Dem Sinne der soeben citierten Ministerial-Verordnung ist nun zu entnehmen, daß erst im Verordnungswege die steuerfreie Branntweinerzeugung an die stricte Bedingung gebunden worden ist, daß dieselbe nicht außerhalb der Gebäude, welche der Erzeuger selbst inne hat, beziehungsweise be­ wirthschaftet, geschehen dürfe. In gleicher Weise sprechen sich auch die frühern Durchführungs-Ver­ ordnungen aus, nämlich die Finanz-Ministerial-Verordnung vom 3. Juli 1878, R.-G.-Bl. Nr. 95 zum R.-G. vom 27. Juni 1878, R.-G.-Bl. Nr. 72, sowie die Finanz-Ministerial-Verordnung vom 14. Juli 1884, R.-G.-Bl. Nr. 114 zum Reichsgesetze vom 19. Mai 1884, R.-G.-Bl. Nr. 63. Gemäß dieser Darstellung, sowie der wörtlich gegebenen Citate der bezüglichn Gesetzesstellen hat nicht das Gesetz selbst diese beschränkende Bestimmung, sondern die hiezu erflossenen Ministerial-Verordnungen. Nach dem Gesetze vom 20. Juni 1888, R.-G.-Bl. Nr. 95 wurde dem hohen k. k. Finanz- 6. 272 IL Session, 7. Periode 1891/9?. Beilage 1, 1V. Ministerium die Ermächtigung gegeben, zur Erleichterung der steuerämttichen Neberwachung die aus­ nahmsweise gemachten Zugeständnisse aufzuheben. Auf Grund dieser Gesetzesbestimmung wird nun im Verordnungswege die Beschränkung, daß die steuerfreie Branntweinerzeugung im eigenen Gehöfte stattfinden müsse, verfügt. Wenn vielleicht diese Verordnung in den andern Ländern factisch nur eine Beschränkung be­ hufs leichtere Neberwachung bilden soll, so involviert sie für unser Land Vorarlberg geradezu für die Großzahl der Landwirthe die volle Aufhebung dieser Begünstigung, welche doch kraft dem Gesetze aus wichtigen lokalen und volkswirtschaftlichen Gründen eingeräumt und auch dermalen noch, wirksam be­ lassen worden ist. Unsere Landesverhältnisse können da nicht paralisiert werden mit den Verhältnissen anderer Länder. In Vorarlberg gibt es ja gar keinen Großgrundbesitz, größere Bauernschaften aber verschwindend wenige, sondern zumeist kleinere und zerstückle Grundbesitzungen. Es ist dabei doch klar, daß nur für solche Bauern, welche vielleicht 1—4 hl. Stoffe jährlich zur Branntweinerzeugung bekommen und gewöhnlich sonst noch wenig bemittelt sind, nicht möglich und auch nicht lohnend ist, eine eigene Brennerei-Einrichtung zu halten. Gewiß kann auch nicht in der Tendenz dieser noch zu Recht bestehenden Gesetze für die abgabefreie Branntweinerzeugung aus eigenen Erzeugnissen zum eigenem Bedarfe liegen, den weniger bemittelten und ungünstiger situierten Bauern diese Steuerfreiheit zu entziehen. Der Zweck dieser Gesetze dürfte vielmehr sein, das eigene Erzeugnis zum Selbstbedarfe frei von der Verzehrungssteuer zu lassen, wie dieses beispielsweise auch bei den andern Getränken (Wein, Most) der Fall ist. Daher handelt es sich im gegebenen Falle nicht um einen eventuellen Steuer­ abgang, denn nach dem Gesetze ist eine Steuerbefreiung für diese Branntweinerzeugung zugestanden, sondern nur eine leichtere Neberwachung. Nun hiebei wird es nicht vielmehr Schwierigkeiten geben, wenn die abgabefreie Branntweinerzeugung auch außerhalb der Gehöften der anmeldenden Partei ge­ schehen kann, denn es muß ja schon die Anmeldung im Oktober erfolgen und 24 Stunden vor dem wirklichen Beginnen des Brennverfahrens muß neuerlich die Anmeldung geschehen, worauf genau die Zeit des Verfahrens vorgeschrieben wird. Es erschwert demnach die Zugestehung des abgabefreien Brennverfahrens die Neberwachung keineswegs. Jnsoferne es aber um das Bedürfnis von Erzeugung abgabefreien Branntweines gründet sich dieses in sanitärer, localer und volkswirtschaftlicher Hinsicht. handelt, be­ In dem Maaße, wie in dieser Weise das abgabefreie Branntweinbrennen erschwert wird, steigert sich der Genuß des so schädlichen Spiritus-Getränkes. Und wie verderbend dieses auf die Gesundheit des Einzelnen wie ganzer Nationen zu wirken vermag, bedarf wohl kaum des Beweises, schon der Hinweis auf die Irren- Kranken- und Armenhäuser find Belege hierfür genug. Mit Recht kann daher die in frühern Maaße erweiterte abgabefreie Branntweinerzeugung aus sanitären Rücksichten verlangt werden. Unser Land hat, wie schon mehrerwähnt, zumeist kleine Bauern, diese sind daher nicht in der Lage bessere Getränke selbst zu erzeugen oder zu kaufen, nämlich Wein oder Bier, der Branntwein ist für dieselben das billigste und der selbsterzeugte auch ein gesundes Getränke. Ja der Branntwein ist ein Bedürfnis und dieses wurde schon ehedem von der hohen Regierung anerkannt, weil unser Land in früherer Zeit ganz abgabefrei hinsichtlich dieses Erzeugnisses war und ist im Jahre 1856 doch hinsichtlich des eigenen Erzeugnisses zum Selbstbedarfe abgabefrei geblieben. Und eben gerade die obgeschilderte Lage war das Motiv dieser Ausnahmsbegünstigung. Was endlich die volkswirthschaftliche Rücksicht anbetrifft, darf blos auf die schiefe Ebene hinge­ wiesen werden, auf welcher dieser so wichtige Stand noch wankend steht, um jeden Augenblick in den Abgrund zu stürzen. Man sehe nur auf die riesige Zunahme der Verschuldung von Grund und Boden laut statistischen autoritativen Daten der Verfachbuch-Organe, auf die Realexecutionen, auf die immer mehr zunehmende Zahlungsunfähigkeit, kurz auf die allgemein fortschreitende Verarmung vorab dieses Standes, so kann man sich des Gedankens nicht mehr entschlagen, daß da Hilfe noth 273 LIV, der Beilage» zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. II. Session. 7 Periode 1891/92. thut. Da aber dieses nicht auf einmal geschehen kann, soll von berufener Seite dort und allüberall geholfen werden, wo nur möglich. Was endlich die von den Petenten anzustrebenden Erleichterungen in Bezug der Erstreckung des Anmelde-Termins auf Ende Oktober und eine längere Zeit, in welcher dann das Verfahren über vorherige vorschriftsmäßige Anmeldung geschehen kann, anbelangt, ist dieses Ansinnen sachlich und local begründet, daher zur Würdigung zu empfehlen. Von diesen Erwägungen geleitet, stellt der volkswirthschaftliche Ausschuß folgenden Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: Die Petition der 11 Gemeindevorsteher aus dem Bezirke Feldkirch, um Erwirkung der Erleichterung zur steuerfreien Branntweinerzeugung wird der hohen k. k. Regierung zur eingehensten Würdigung und Berücksichtigung mit warmer Befürwortung abgetreten. Bregenz, den 28. März 1892. Johannes Thurnher, Peter Paul Welte, Obmann. Berichterstatter. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 274