18920329_ltb0571892_Bericht_Volkswirtschaftsausschuss_kkStatthaltereinote_Abänderung_Tierseuchenfondsgesetz

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Letzte Änderung 01.07.2021, 19:20
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1892,ltb1892,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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LV11. der Beilagen zu den stmogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. U. Session. 7. Periode 1891/92. Beilage LVII. gß erlebt des volkswirthschastlichen Ausschusses betreffend die Note der h. k. k. Statthalterei puncto Abänderung des Thierseuchenfonds-Gesetzes. Hoher Landtag! Mittelst Note der h. k. k. Statthalterei vom 20. September 1891 Vorarlberger Landes-Ausschuffe folgendes eröffnet: Zl. 21 772 wurde dem „Das Ministerium des Innern beabsichtigt in der nächsten Reichsraths-Session eiven Gesetzentwurf einzubringen, nach welchem die Lungenseuche unter Anwendung der Keulung der verseuchten und der der Ansteckung ausgesetzt gewesenen Rinder gegen Entschädigung des Schätzungswerthes aus Staatsmitteln getilgt werden soll. Da mit Grund anzunehmen ist, daß dieser Gesetzentwurf die Zustimmung der Legislative, wie auch die Allerhöchste Sanction erlangen wird, und es bei Durchführung dieses anzuhosfenden Reichsgesetzes nicht angehen könnte, daß nebenher dieselbe Seuche auch einene Gegenstand der Landesgesetzgebung bilde und gegebenen Falles die betreffenden Land­ wirth, unter deren Rindviehstand die Lungenseuche zum Ausbruche käme, für die der Keulung unterzogenen Rinder eine zweifelhafte Entschädigung erhalten und dadurch zur förmlichen geschäftsmäßigen Züchtung dieser Seuche angeregt würden, so erscheint es laut hohen Erlasses des k. k. Ministeriums des Innern vom 7. September l. Js. Zl. 18955 schon jetzt geboten, den löbl. Landes-Ausschuß auf diese Action der Regierung mit dem Ersuchen aufmerksam zu machen, für die nächste Landtagsperiode einen Gesetzentwurf vor­ zubereiten, in welchem unter Abänderung des Landes-Gesetzes vom 4. März 1888 (L.-G.-Bl. Nr. 19) ausgesprochen wird, daß die Lungenseuche von dem Tage der Wirk­ samkeit eines Reichsgesetzes, durch welches die imperative Keulung des an Lungenseuche kranken und dieser Seuche verdächtigen Viehes gegen Entschädigung aus dem Staatsschätze angeordnet würde, nicht mehr den Gegenstand der Landes-Vieh-Versicherung zu bilden habe." Nachdem der Landes-Ausschuß in dieser wichtigen Angelegenheit nicht sofort in der Lage war, seine Stellungnahme gegenüber dieser Regierungseröffnung kundzugeben, erfolgte unterm 12. Oktober 1891 Zl. 23 447 eine Urgierung derselben. Zufolge Landes-Ausschuß-Beschlusses vom 16. Dezember 281 Beilage LVII. LV.n. der Beilage» zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. 1891 ergieng vom Landes-Ausschusse unterm 17. Dezember 1891 Zl. 2939 an die h. k. k. Statt­ halterei folgende Erledigung: „Der Erlaß der h. k. k. L>tatthalterei vom 20. September d. Js. Zl. 21 772 zeigt dem Landes-Ausschüsse ganz einfach an, daß die h. Regierung beabsichtigt, in der nächsten Reichsraths-Session einen Gesetzentwurf einzubringen, nach welchem die Lungenseuche unter Anwendung der Keulung der verseuchten und der der Ansteckung ausgesetzt gewesenen Rinder gegen Entschädigung des Schätzungswerthes aus Staatsmitteln getilgt werden soll. Da die h. Regierung zugleich von der festen Ansicht ausgeht, daß sowohl die für eine solche Maßregel erforderliche Zustimmung der Legislative, als auch die Erlangung der Allerhöchsten kaiserl. Sanetion mit Grund angenommen werden könne, so wird vom Landes-Ausschusse die Vorbereitung eines Gesetzentwurfes, beziehungsweise dessen Vorlage, verlangt, mittelst welchem ausgesprochen werden soll, daß die Lungenseuche von dem Tage der Wirksamkeit eines Reichsgesetzes, durch welches die imperative Keulung des an Lungen­ seuche kranken und dieser Seuche verdächtigen Viehes gegen Entschädigung aus dem Staatsschätze angeordnet würde, nicht mehr Gegenstand der Landes-Vieh-Versicherung zu bilden habe. Das Vorarlbergische Landesgesetz vom 27. Dezember 1881, betreffend die Gründung und Erhaltung von Thierseuchenfonden behufs rascherer Tilgung der Lungenseuche und der Rotz- (Wurm-) Krankheit, wurde damals votiert, weil sich bei der eigenthümlichen Lage von Vorarlberg die Nothwendigkeit herausgestellt hatte, gegen das Auftreten und gegen die Verbreitung dieser beiden Seuchen entschiedene Vorkehrungen zu treffen. Unsere landwirthschaftliche Bevölkerung hat als Hauptzweig ihrer Berufsbeschäftigung die Viehzucht, die Viehhaltung und den Viehhandel. Schon in den, gelegentlich der Votierung dieses Gesetzes, verfaßten Berichten sind diese Umstände sämmtlich hervorgehoben und es bedarf für den Kenner der Wirthschaft in den österr. Atpenländer keiner besonderen Erklärung, um zu erkennen, daß der Schwerpunkt der Landeseultur in dem Gedeihen dieses Hauptzweiges gelegen ist. Vorarlberg ist aber noch dazu ein bedeutendes Durch­ zugsgebiet, indem der Viehhandel aus Tirol und Baiern nach der Schweiz, wie auch theil­ weise umgekehrt, seinen Weg hier durch nimmt. Die Gefahren der Einschleppung von Seuchen sind daher hier viel größer und die Folgen für uns viel schwerer und nachhaltiger. Es war somit dringend geboten, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln vor­ zusorgen, damit den Calamitäten, wie sie durch das Erscheinen dieser beiden Seuchen ent­ stehen können, vorgebaut werde. Der Erfolg hat auch entsprochen, indem die anfänglich noch mehrmals vorgekommenen Fälle durch rasches Eingreifen loealistert und deren öftere Wiederholung verhindert wurde; ja das Land ist in die Lage gekommen, überdies den betreffenden Fond auf die gesetzlich normierte Maximalhöhe zu bringen und die weitern Umlagen für denselben einzustellen. Wenn nun durch das beabsichtigte Reichsgesetz die Vorbauungsmaßregeln von staats­ wegen übernommen werden, so geht für Vorarlberg unter Umständen ein nicht ohne Mühen erklommener und durch die Gebahrung befestigter Standpunkt verloren. Dies würde vorzugsweise dann geschehen, wenn vom Reiche zur Bestreitung der durch den Schadenersatz an jene Viehbesitzer, deren Stücke anläßlich aufgetretener Lungenseuche gekeult werden, verursachten Kosten eine besondere Umlage eingeführt würde. Das Land Vor­ arlberg, das jetzt nach lOjähriger Handhabung seines Gesetzes vom 27. Dezember 1881 für derlei Eventualitäten ganz gerüstet dasteht, und wahrscheinlich gar keiner diesfälligen Umlage mehr bedarf, müßte dann aufs Neue zu zahlen beginnen, ohne daß voraussichtlich ein eigener Bedarf eintreten würde, sondern nur darum, weil sich ein solcher in den andern Ländern ergiebt. Es giebt ja gewiß mehrfach gemeinsame Angelegenheiten, für welche beizutragen alle Theile der Monarchie berufen und verpflichtet sind; aber gerade 282 II. Session 7. Periode 1891/92. Beilage LVII. diese erscheint uns nicht als eine solche und das um so weniger, als wir beinahe die Ersten waren, welche die jetzt allgemein als nützlich erkannte Maßregel eingeführt und dadurch für unser Land die erwünschte Ordnung erzielt haben. Diesen Standpunkt zu verlassen und in Gemeinschaft mit allen andern Ländern, welche bisher in der Sache wenig oder nichts gethan haben, neuerlich wieder zahlen zu sollen, erscheint uns nicht billig, was hiemit geltend zu machen wir uns verpflichtet fühlen. Unser Landesgesetz vom 27. Dezember 1881 enthält außer den Bestimmungen beim Auftreten von Lungenseuche auch die ähnlich entsprechenden für die Erscheinungen der Rotz­ krankheit bei Einhufern, und wenn auch die betreffenden Fonde getrennt verwaltet werden, so sind doch die Normen dafür in einem Gesetze vereinigt. Woferne demnach die Noth­ wendigkeit eintritt, die Bestimmungen über die Lungenseuche, in Folge der vom Staate verfügten imperativen Keulung aufhören zu machen, müßte auf eine sehr sorgfältige Aus­ scheidung der dennoch in Wirksamkeit verbleibenden Vorschriften beim Vorkommen von Rotzkrankheitsfällen Bedacht genommen werden. Nachdem dieses Gesetz mit allen seinen Einzelnbestimmungen factisch in der Zeit vom Jahre 1881 bis incl. 1891 durch 10 Jahre gehandhabt worden ist, wobei 21 Fälle von Lungenseuche und 8 Fälle von Rotzkrankheit vorgekommen sind, während die letzten 3 Jahre von jeder derartigen Erscheinung frei waren, da ferner keinerlei Anhaltspunkte für die künftige Behandlung dieser Thierkrankheitsfälle gegeben ist, indem außer der ausgesprochenen Absicht, jede Kenntnis über die mit dem genannten Reichsgesetze zu gewärtigenden Vor­ theile oder Lasten abgeht; — so können wir möglicherweise im Gegensatze zu den andern Ländern, welche die gleiche Erfahrung in Durchführung dieser Maßnahmen nicht gesammelt, die Anschauung nicht unterdrücken, daß der verlangte Entwurf zur Abänderung des mehr­ besprochenen Landesgesetzes unmöglich ausgearbeitet werden kann, bevor das eingangs citierte Reichsgesetz nicht vorliegt." Ueber vorstehende Erklärung des Landes-Ausschusses eröffnete mit Note vom 15. März 1892 Zl. 6429 die h. k. k. Statthalterei folgendes: „Auf Grund der h. ä. Einladung vom 20. September 1891 Zl. 21.772 betreffend die eventuelle Vorlage eines Gesetzentwurfes, wornach die dermalen noch zu Recht bestehen­ den Landesgesetze vom 13. Dezember 1881 L.-G.-Bl. Nr. 39 für Tirol und vom 27. Dezember 1881 für Vorarlberg, betreffend die Bildung eines Thierseuchenfond es mit dem Tage, als die Lungenseuche durch Anwendung der Keulung mit Entschädigung aus dem Staatsschätze getilgt werden soll, eine Abänderung zu erfahren hätten, hat der Tiroler Landesausschuß den in Abschrift mitfolgenden Gesetz-Entwurf, gegen welchen ein Beden­ ken nicht obwaltet, anher geleitet, während der löbliche Vorarlberger Landesausschuß mit der geschätzten Note vom 17. Dezember 1891 Zl. 2938 die Gründe auseinandersetzte, welche denselben veranlassen, gegen das Zustandekommen des geplanten Reichsgesetzes Stellung zu nehmen. Die Statthalterei ist der Ansicht, daß der löbliche Landesausschuß bei seinen Conclusionen in dieser Angelegenheit von einer ganz unzutreffenden Voraussetzung ausgegangen ist, indem er annimmt, daß die Beschaffung der zur Durchführung der mit den vorbezo­ genen h. ä. Erlasse angekündigten staatlichen Maßnahme zum Zwecke der Tilgung der Lun­ genseuche erforderlichen Geldmittel von einer Umlage auf den Rindviehstand der einzelnen Länder abhängig gemacht werden soll. Infolge der zu gewärtigenden staatlichen Maßregel sollen im Gegentheile in jenen Ländern der diesseitigen Reichshälfte, in welchen bisher zum Zwecke der Tilgung der Lungenseuche durch Anwendung der Keulung der erkrankten und der der Ansteckung aus­ gesetzt gewesenen Rinder gegen Entschädigung aus dem Seuchenfonde besondere Umlagen auf den Rindviehkopf eingehoben wurden, die betreffenden Umlagen entfallen und die 283 Beilage LVII. LVIL der Beklagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. bereits angesammelten Geldüberschüsse zu Gunsten des betreffenden Landes entbehrlich und für andere Zwecke zu Gunsten der Viehhaltung verfügbar werden. Hiedurch wird sich die Gelegenheit bieten, diesen Fond am zweckmäßigsten zur weiteren Ausgestaltung dieser Landes-Viehversicherungs-Jnstitute verwenden zu können. In dieser Beziehung ist der niederösterreichische Landtag bereits in beispielswürdiger Weise vorgegan­ gen, indem er in seiner Sitzung am 17. Dezember 1890 ein Gesetz betreffend die Grün­ dung von Thierseuchenfonds behufs rascherer Tilgung der Rotz- und Wurmkrankheit und des Milzbrandes der Einhufer (Pferde, Maulthiere, Esel) dann der Lungenseuche, des Milzbrandes und insbesondere auch der Perlsucht (Tuberculose) der Rinder beschlossen hat. Dieses Gesetz hat bereits die Allerhöchste Sanction erlangt und wird sammt der zugehöri­ gen Durchführungs-Verordnung schon demnächst zur Publication gelangen. Mit Rücksicht auf das jedenfalls noch viel häufigere Vorkommen der Perlsucht (Tuberculose) unter den Rindern der Viehschläge Vorarlbergs als der Lungenseuche und des Rotzes dürfte nach erfolgter Uebernahme der Kosten der Tilgung der Lungenseuche auf den Staatsschatz die Ausgestaltung des Thierseuchenfonds-Gesetzes in Vorarlberg nach dem Muster, welches in Niederösterreich geschaffen worden ist, vielleicht mit Substituierung des Rauschbrandes für schuhgeimpftes Vieh an Stelle des im Lande weniger vorkommenden Milzbrandes, um so zweckdienlicher sich erweisen, als gerade die dortigen Rinder-Racen und Schläge durchwegs als Zucht- und Nutzvieh einen verbreiteten und wohlberechtigten Ruf genießen und den­ selben insbesondere mit der fortschreitenden Bekämpfung der Perlsucht aus volks-hygienischen und züchterischen Gründen der erste Rang auf dem Weltmärkte schon deshalb unschwer gesichert werden könnte, weil eine solche radicale Sanierung der Rindviehbestände von den gefährlichsten Jnfections- beziehungsweise auch vererblichen Krankheiten noch in keinem andern Staate zur Durchführung gelangt ist. Vorarlberg ist bereits in der ausnahmsweise glücklichen Lage, für die weitere Aus­ bildung des einzig rationellen obligatorischen Viehversicherungswesens im Hinblicke des bisher eingehaltenen und allgemein als ebenso einfach wie zweckmäßigen Prinzipes seines bereits gesicherten Fondes, resp, die daraus fließenden Zinsen, heranzuziehen und daher auch un­ gleich leichter in der Lage, wie andere Länder der diesseitigen Reichshälfte, die gewonnenen Vortheile nun auch in züchterischer und mercantiler Richtung sich zu Nutzen zu machen, daher aus dem durch die geschlossenen Handelsverträge und Viehseuchen-Uebereinkommen mit dem Nachbarstaaten gesicherten Viehexporte die größten Vortheile zu ziehen." Infolge dieser Regierungs-Eröffnung hat der Landesausschuß in der Sitzung am 21. März 1892 beschlossen, diese Angelegenheit dem hohen Landtage in dieser Session in Vorlage zu bringen und dieser hat in seiner XII. Sitzung am 24. März 1892 diesen Gegenstand zur Berathung und Berichterstattung dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zugewiesen. Genannter Ausschuß erblickt in der letztcitierten Regierungs-Eröffnung eine geänderte Situation, als der Landesausschuß bei seiner Beschlußfassung vor Augen hatte, denn damals war es noch im Dunkel, wie ein Reichsgesetz diese Angelegenheit ordnen will, und bei jener Lage der Dinge konnte es wohl kaum mit unseren Landesinteressen vereinbarlich sein, ohne jede Vergewisserung an der Auf­ hebung eines so wohlthätigen schon längst bewährten Landes-Gesetzes vorzuarbeiten. Da indessen die Mittheilungen der Regierung insbesondere in den wichtigsten Punkten Klarheit über das angekündigte und voraussichtliche Reichsgesetz bietet, so wird kaum etwas anderes erübrigen, als in die theilweise von der hohen Regierung beantragte Aufhebung der Landes Gesetze vom 27. Dezember 1881 L.-G.-Bl. Nr. 1 ex 1882 und vom 4. März 1888 L.-G.-Bl. Nr. 19 einzugehen. Der landtägliche Ausschuß huldiget nichtsdestoweniger der Ansicht, daß für unser Land der Status quo in dieser Sache besser wäre, denn dieses Viehseuchen-Gesetz hat während seines lOjährigen Bestandes einen Erfolg errungen, wie nicht leicht ein anderes Gesetz. Durch rigoroses Vor­ gehen konnte diese Seuche derart zurückgedrängt werden, daß, obwohl in der ersten Zeit noch mehrere 284 II. Session, 7. Periode 1391/92. Beilage LVII. Entschädigungsfälle vorkamen, die letztere Zeit keine mehr zu Tage traten, daher bei mäßigen Um­ lagen doch ein Fond von über 20.000 fl. schon vor drei Jahren zusammen gebracht werden konnte, und deshalb im Sinne des § 6 eine weitere Umlagen-Einhebung bis auf heute nicht mehr nöthig wurde, und mit ziemlicher Sicherheit gehofft werden könnte, auch küuftighin keine Verumlagung mehr beanspruchen zu müssen, da der Fond mit Zinsen-Zuwachs dermalen schon auf 26.000 fl. gestiegen ist. Mithin hätte unser Land in dieser Hinsicht schon für sich gesorgt. Weil aber durch das voraus­ sichtliche Reichsgesetz solche Entschädigungen für das wegen der rascheren Tilgung der Lungenseuche gekeulte Vieh aus dem Staatsschätze geleistet werden, so wird unser Land kaum auf diesen Genuß aus Staatsmitteln verzichten können, umsoweniger, weil es auch zur Beschaffung derselben mit­ participieren muß. Das frühere Bedenken, daß die Vorarlbergischen Viehbesitzer sodann wieder für ihr Vieh Beiträge leisten müssen, wogegen dieselben bei unserer gegenwärtigen Landes-Versicherung keinerlei Opfer mehr zu befürchten hätten, kann nun auch behoben sein, weil nach obangeführter Regierungs­ Erklärung diese Entschädigungen aus dem Staatsschätze geleistet werden, ohne daß deshalb eine be­ sondere Gebühr eingehoben wird. Noch weniger kann zur Geltung kommen, daß unsere Landesver­ tretung durch eventuelles passives Verhalten gegenüber diesem geplanten Reichsgesetze, oder mittelst ihrer Vorstellungen wider dasselbe, das Zustandekommen eines solchen zu hindern vermögend sein würde. Allerdings könnte mit der Abänderung des gegenständlichen Landes-Gesetzes zugewartet werden, bis das angekündigte Reichsgesetz verfassungsmäßig erlediget und die Allerhöchste Sanction erhalten haben wird, wenn dabei aber erwogen wird, welches Risieo sodann für den Seuchenfond unseres Landes erwächst von der Zeit an, als fragliches Reichsgesetz in Wirksamkeit tritt, bis zur verfas­ sungsmäßigen Erledigung und Allerhöchsten Sanction dieses Landesgesetzes, weil alle Lungenseuchen­ fälle, welche an den Viehstand unseres Landesgebietes in obiger Periode vorkommen, noch auf diesen Fond fallen müßten, da nicht anzunehmen ist, daß diese Entschädigung im gegebenen Falle der Staatsschatz leisten werde, so gebietet diese Lage, nicht zu zögern, mit der von der hohen Regierung angeregten Aenderung der mehrgenannten Landesgesetze. Hiedurch wird der Landesvertretung aber eine weitere Aufgabe zufallen, nämlich die Bestimmung über die Verwendung des Tierseuchen-Fondes für den Fall, als ein derartiges Reichsgesetz zu Stande kommt. Wenn der landtägliche Ausschuß das Prinzip über die eventuelle Verwendung dieses Fondes resp, dessen Interessen mit leichter Mühe richtig gefunden zu haben glaubt, indem er dieselbe im all­ gemeinen zur Hebung der Viehzucht zu verwenden beantragen wird, um so schwerer berührt ihn die Aufgabe, die Art und Weise dieser Verwendung näher zu präcisieren, denn auf diesem Gebiete kann in so manigfacher Weise Gutes und Nützliches geschehen, daß in einer dem Ausschüsse zur Ver­ fügung stehenden so kurzen Zeit eine richtige Lösung dieser Frage sehr schwierig werden könnte. Es dürfte sich deshalb empfehlen, dermalen nur die Grundlage mit Vorbehalt späterer Detail-Verfügungen zu bestimmen. Als solche wird, wie schon bereits angedeutet erscheint, die Verwendung dieses Fondes resp. Interessen auf Hebung der Viehzucht sei es nun in züchterischer, veterinärer oder sanitärer Hin­ sicht, beantragt, und dieses mit dem Hinweis motiviert, daß auf die Weise diese Gelder möglichst dem bestimmten Zwecke gewidmet bleiben, weil sie von Viehbesitzern gesammelt, auch wieder zu deren directem Interesse verwendet werden. Wenn auch nicht alles Erwünschte auf dem angedeuteten Gebiete mit den Interessen dieses Fondes geschehen kann, denn dieser Fond erreicht ja laut dem diesjährigen Rechenschaftsberichte des Landes-Ausschusses nur die bescheidene Summe von rund 26 000 fl., so wird dennoch vieles Gute geleistet werden können, und in dieser Weise, wenn nicht gerade dem gesetzten, so doch einem nützlichen, bleibenden Zweck dienlich bleiben. Die hohe k, k. Regierung hat im Anschlüsse an ihre letztere Eröffnung einen Gesetzentwurf des Tiroler Landes-Ausschusses in gegenständlicher Angelegenheit vorgelegt mit der Erklärung, daß da­ gegen ihrerseits nichts einzuwenden sei. Es hat deshalb der landtägliche Ausschuß diesen Entwurf geprüft und fand denselben für unser Land theilweise acceptabel, nämlich in Artikel I. wurde die analoge Textierung unserer Landesgesetze ausgenommen. Artikel II. des Entwurfes lautet: 285 LVII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen deZ Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. „Der aus den Umlagen auf das Rindvieh gesammelte Fond (§ 7 a) ist fortan se­ parat zu verwalten und bleibt für veterinär polizeiliche Zwecke Vorbehalten." Wie bereits schon angedeutet- wurde, findet der landtägliche Ausschuß sich nicht in der Lage, momentan in so stricter Weise den künftigen Zweck dieses unseres Viehseuchen-Fondes zu präcisieren und die Normen hierfür zu bestimmen. Der Hauptzweck liegt indessen auch ihm klar, nämlich die Verwendung dieser Fondsinteressen auf die Hebung der Viehzucht, weil diese Gelder von Viehbesitzern gesammelt und in dieser Weise wieder denselben zu Nutzen kommen sollen. Nachdem es aber in verschiedenen Richtungen Wege gibt, diesen Fond zu diesem Zwecke in nützlicher Weise zu verwenden, so erheischt diese Frage eine eingehende Erwägung und Erhebung und da dieses demselben nicht mög­ lich ist, wird dermalen nur die Bestimmung des Hauptzweckes zur Verwendung dieses Fondes practisch möglich sein und die präcise Durchführung der künftigen Behandlung des Landtages vorbehalten bleiben sollen. Dabei dürfte es sich empfehlen, wenn der Landes-Ausschuß beauftragt würde, in dieser Richtung Erhebungen zu pflegen und Vorlagen dem hohen Landtage ehethunlichst vorzubereiten, weshalb in dieser Richtung ein Antrag gestellt wird. Artikel III. wurde wörtlich Titel und Eingang des Gesetzes in Analogie acceptiert. In Erwägung dieser Sachlage stellt der volkswirthschaftliche Ausschuß folgende Anträge: Der hohe Landtag wolle beschließen: 1. Dem Gesetz-Entwürfe, womit die Landesgesetze vom 27. Dezember 1881 L.-G.-Bl. Nr. 1 ex 1882 und vom 4. März 1888 L.-G.-Bl. Nr. 19 betreffend die Gründung eines Thierseuchenfondes behufs rascherer Tilgung der Lungenseuche und der Rotz-(Wurm)Krankheit abgeändert wird, wird die Zustimmung ertheilt. 2. Im Sinne des Artikels II. dieses Gesetzes wird der Landes-Ausschuß beauftragt, in Erwägung zu ziehen und Erhebungen zu pflegen, in welcher Art und Weise dieser Seuchenfond für Rindvieh, bei eventuellem Jnwirksamkeittreten obigen Gesetzes, zur Hebung der Viehzucht, die nützlichste und rationellste Verwendung finden könne und dahingehende Vorlagen dem hohen Landtage in der nächsten Session einzubringen. Bregenz, am 29. März 1892. Johannes Thurnher, Peter Paul Welte, Obmann. Berichterstatter. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 286 LVII. der Beilagen zu deu ftenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. II, Session der 7. Periode 1891/9 2* Beilage LVII. A> vom wirksam siir das Land Vorarlberg womit die Landes-Gesetze vom 27. Dezember 1881 t.-G.-Bl. Nr. 1 ex 1882 und vom 4. März 1888 L.-G.-Bl. Nr. 19, betreffend die Gründung eines Thierseuchenfondes behufs rascherer Tilgung der Lungenseuche und der Rotz- (Wurm-) Rrankheit, abgeändert werden. Ueber Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg verordne Ich wie folgt: Artikel I. Die Landes-Gesetze vom 27. Dezember 1881 L.-G.-Bl. Nr. 1 ex 1882 und vom 4. März 1888 L.-G.-Bl. Nr. 19, betreffend die Grün­ dung eines Thierseuchenfondes behufs rascherer Tilgung der Lungenseuche und der Rotz- (Wurm) Krankheit, werden mit dem Tage, an welchem das Reichsgesetz, betreffend die raschere Tilgung der Lungenseuche durch imperative Keulung der kranken und dieser Seuche verdächtigen Thiere gegen Entschädigung der Eigenthümer aus dem Staatsschätze in Wirksamkeit tritt, insoweit außer Kraft gesetzt, als sie die Bildung eines Thier­ seuchenfondes für Rinder betrifft. Alle die Til­ gung der Rotz- (Wurm-) Krankheit betreffenden Bestimmungen der Landesgesetze vom 27. Dezem­ ber 1881 L.-G.-Bl. Nr. 1 ex 1882 und vom 4. März 1888 L.-G.-Blatt Nr. 19 bleiben auf­ recht. Artikel II. Der aus den Umlagen auf das Rindvieh gesammelte Fond (§ 6 des Landesgesetzes vom 27. Dezember 1881 L.-G.-Bl. Nr. 1 ex 1882) 287 LVII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. H Session, 7. Perkode 18S1/S2. ist fortan zum Zwecke der Hebung der Viehzucht zu verwalten und zu verwenden. Die Art und Weise der Verwendung der Erträgnisse dieses Fondes zu bestimmen, steht dem Landtage zu. Artikel HI. Mein Minister des Innern und des Acker­ baues werden mit der Durchführung dieses Ge­ setzes betraut. ---------- ^0— 288