18920322_ltb0501892_Bericht_Volkswirtschaftsausschuss_Petition_kaufmännischeGenossenschaften_Hausierhandelsbeschränkung_Hausierhandelsüberwachung

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Letzte Änderung 01.07.2021, 19:19
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1892,ltb1892,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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Inhalt des Dokuments

L, der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. 11 Session, 7. Periode 1891/92. Beilage L. des volkswirthschastlichen Ausschusses über eine Petition der kaufmännischen Genossenschaften in Bregenz, Feldkirch, Bludenz, Dornbirn, Götzis, Hohenems und der Delegierten von Jagdberg, um Beschränkung und Ueberwachung des Hausierhandels. Hoher Landtag! Die genannten kaufmännischen Genossenschaften haben an den hohen Landtag eine Petition eingegeben, welche eine strengere Beschränkung und Ueberwachung des Hausierhandels anstrebt. In derselben erscheint folgendes Begehren: „Die aus den meisten Bezirken unseres Landes eingeholten Wünsche gehen dahin, es möchte Sache der Länder werden, Hausierpatente auszustellen und unbedingt soll ein Patent nur für das ausstellende Kronland Gültigkeit haben, ebenso daß es einzelnen Ge­ meinden gestattet werde, für ihr Gebiet den Hausierhandel zu verbieten. „Als ganz selbstverständliche Bedingung wird angestrebt, eine Besteuerung der Hausirer, die in jedem Kronlande mindestens stattzufinden hätte und welche im Verhältnisse zu den Abgaben stehen soll, welche stabile Geschäfte zu tragen haben. Nicht weniger dringend wird der Wunsch auf Abschaffung sämmtlicher Ausnahmestellungen laut." Zur Begründung dieser Bitte wird angeführt: Wenn die Bewohner mancher Gegenden ihren Verdienst wirklich auswärts suchen müssen, so mögen selbe sich irgend einem Handwerke widmen, wie dies unsere Montafoner thun, daß aber ganze Landstriche ein Privilegium zum Bettel haben sollen, daß selbe über alle möglichen Vorschriften des Inlandes wie der Grenzbezirke wegschreiten, ist ein Unding. Nun wir dürfen die Ueberzeugung hegen, daß der hohe Landtag nicht verfehlen wird, das Interesse unserer engeren Heimat nach allen Richtungen zu wahren, sobald eine Aende­ rung der jetzigen Gesetze hiezu die Möglichkeit voraussetzt. Wir glauben aber, daß auch .jetzt das Hausierwesen wenigstens einigermaßen eingeschränkt werden könnte, wenn seitens der Ortsbehörden, Ortspolizei, wie auch der Gendarmerie und Finanzwache eine etwas strengere Aufsicht stattfinden würde. Verschiedene Bestimmungen, — wir nennen nur das ausschließliche 257 Beilage L, L. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger LaudtagS. Führen inländischer Waaren, das Verbot der Lotterie, die regelmäßigeAnmeldung in jedem Bezirke, seitens der nicht bevorzugten Hausierer — würden, wenn strenge gehandhabt, immerhin manchem Auswüchse entgegentreten, resp, denselben unmöglich machen. Eine geeignete Weisung an die staatlichen Organe um gewissenhaftere Aufsicht unter Hinweis auf die bestehenden Uebelstände und Gesetzes-Mißbräuche, denen selbstverständlich auch exemplarische Strafen zu folgen hätten, müßte jedenfalls gute Früchte tragen." Der volkswirthschaftliche Ausschuß, welchem dieser Gegenstand zur Berathung und Bericht­ erstattung in der IX. Sitzung dieser Session überwiesen wurde, ist vollkommen überzeugt, daß der Hausierhandel dermalen eine wahre Landplage sei. Es ist auch nicht zum Erstenmal, daß sich der Landtag mit dieser Frage befaßt; denn schon in der Session pro 1880 bei der XIV. Sitzung wurde folgender Beschluß gefaßt: B. Punkt IV.: „Die Einschränkung des Hausierhandels, entsprechende Besteuerung desselben und bis dahin energische Handhabung des Hausierpatentes vom 4. September 1852." Ueber diesen der hohen k. k. Regierung in Vorlage gebrachten Antrag ist eine Erledigung nicht erfolgt, mithin deren Stellungnahme unbekannt. Indessen herrscht nicht blos in unserem Lande eine Gegenströmung wider das Hausieren, son­ dern es macht sich dieselbe allenthalben bemerkbar. Dieses Uebel kann aber nur durch die Modification des bezüglichen Gesetzes (Gesetz vom 4. September 1852 R.-G.-B. Nr. 252) beseitiget wer­ den. Zur Zeit der Schaffung dieses Gesetzes konnte der Hausierhandel mangels sonstiger genügender Verkehrsmittel für die Bevölkerung als nothwendig und für den Unternehmer als guter reeller Er­ werb angesehen werden. Infolge des mittlerweile eingetretenen großen Umschwunges im Handel und Verkehr ist der Hausierhandel zur Jetztzeit für die Bevölkerung eine wahre Plage, für den stabilen Handel und Verkehr eine ungerechtfertigte höchst schädliche Concurrenz und für den Unternehmer selbst ein sehr bedenklicher Erwerbszweig. Jetzt ist bereits j der Bedarfs-Artikel nicht nur etwa in den Städten, sondern auch auf dem Lande und in den abgelegensten Thälern in loco erhältlich und sichert der Ankauf solcher Artikel aus stabilen Verkaufs-Geschäften reellere Waare zu, wogegen von Hausierern nicht selten schlechte Artikel feilgeboten und der Käufer betrogen wird. Ueberdies wird durch das ungestüme zahlreiche Auftreten der Hausierer eine große Summe Gelder hinausgeworfen auf nicht bedürftige Waaren. Dem stabilen Handel und Gewerbe bringt der Hausierhandel eine gefährliche Concurrenz, denn der Hausierer bietet billige aber schlechte Waare, er tritt zahlreich auf und kommt mit der Besteuerung viel leichter weg, als das stabile Gewerbe. Dem Handels- und Gewerbsmanne bildet dessen Gewerbe sein eigentlicher Erwerb, dem Hausierer aber gilt nicht selten seine Befugnis als ein Privilegium zum Bettel. Wenn daher der Hausierer dem stabilen Handel und Gewerbe auch eine gefährliche Concurrenz bietet, so ist der Hausierhandel dermalen für sich allein keineswegs ein genügender, ehrlicher Erwerb für den Unternehmer, er greift nicht selten zu solchen Mitteln, welche zwar nicht gesetzlich und privi­ legiert, aber unter der Maske dieses Befugnisses leichter ermöglichet sind, nämlich zum Bettel, das Ausspielen von Waaren, die Führung schlechter Waaren im Handel und es kann daher derselbe mit Recht als unzeitgemäß genannt werden. Angesichts dessen dürfte es dringend geboten sein, dieses veraltete, den dermaligen Verhältnissen ganz unpassende Gesetz einer Revision bezw. Modification zu unterziehen. Weil dieses aber nicht in der Competenz des Landtages liegt, so wird die Landesvertretung nichts weiteres thun können, als einen dahingehenden Antrag im Sinne des § 19 d. L.-O. bei der h. k. k. Regierung einzubringen. Bei diesem Anlasse erkennt es der volkswirthschaftliche Ausschuß als nothwendig an, zu erklären, daß eine solche Reform nur dann von einem günstigen Erfolge begleitet sein kann, wenn der Landes­ Autonomie die weitgehendsten Befugnisse zugestanden werden, die Ausnahme-Begünstigungen einzelner Länder beschränkt, der Hausierhandel überhaupt beengt und die Versteuerung desselben dem stabilen Gewerbe gleichkommend bestimmt wird. 258 ll. Session 7. Periode 1891/92. Beilage L. Insoweit es bisher an der strengen Beschränkung und Ueberwachung gefehlt haben soll, wäre es dringend geboten, daß seitens der berufenen politischen Administrations-Behörden, sowie der Auf­ sichts-Organe mit möglichster Rigorosität künftighin vorgegangen werde, um so schon vor dem Zu­ standekommen eines modificierten Hausier-Gesetzes die thunlichste Abhilfe dieses Uebelstandes zu erzielen. Es stellt daher der volkswirthschaftliche Ausschuß folgende Anträge: Der hohe Landtag wolle beschließen: 1. Die Petition der kaufmännischen Genossenschaften Vorarlbergs um Beschränkung und strengere Ueberwachung des Hausierhandels wird der h. k. k. Regierung zur ein­ gehenden Würdigung und thunlichsten Berücksichtigung abgetreten. 2. Die h. k. k. Regierung wird angegangen, in eine den jetzigen Verhältnisten und Bedürfnissen entsprechende Reform des Haufierpatentes einzugehen. Bregenz, am 22. März 1892. Johannes Thurnher, Peter Paul Welte, Obmann. Berichterstatter. Druck?von Z. Heutsch 259