18920323_ltb0521892_Bericht_Volkswirtschaftsausschuss_Petition_katholischerBauernverein_SanitätsbezirkserrichtungVorarlberg_Seuchenkonventionskündigung_Österreich_Schweiz

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Letzte Änderung 01.07.2021, 19:19
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1892,ltb1892,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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LIL der Beilagen zu den ftcrogr- Protokollen des Vorarlberger Landtags. IL Session, 7. Periode 18S1/92. Beilage LH. des volkswirthschaftlichen Ausschusses über die Petitionen des katholischen Bauern­ vereines in Montafon, der Gemeindevorsteher des großen walserthales und mehrerer Gemeindevorsteher des Bezirkes Feldkirch, betreffend Erwirkung der Errichtung eines eigenen Sanitätsbezirkes für Vorarlberg und der Ründung der Seuchen-Eonvention zwischen (Oesterreich und der Schweiz (Vertrag vom 5. Dezember (890 R.-G.-Bl. Nr. 30 ex (89(. Hoher Landtag! Die Petition des katholischen Bauernvereines von Montafon ist dem stenographischell Protokolle der 5. Sitzung vollinhaltlich einverleibt worden, es wird sich daher der Kürze halber nur hierauf bezogen. Die Vorsteher des großen Walserthales führen in ihrer Petition unter anderem an, es werde sowohl in den Gemeinden des Walserthales, als auch in den anderen Landestheilen von Vorarlberg von den öffentlichen Organen, wie von Seite der einzelnen Privaten gewissenhaft und opferwillig alles aufgeboten, um einer ansteckenden Krankheit unter dem Nutzvieh nach menschlicher Möglichkeit vorzu­ beugen, eine bereits ausgebrochene Seuche aber nach besten und vereinten Kräften zu localisieren. Wie aber die traurige Erfahrung der letzten Jahre lehre, haben sich alle getroffenen Vorsichtsmaß­ regeln und alle diesbezügliche Sorgfalt als unzureichend erwiesen und zwar aus dem Grunde, weil die Thierkrankheiten von Auswärts importiert, durch Schlacht- und Nutzvieh, das man theils aus Tirol, theils über Tirol von Seuchen infiziert Hierlands einführte, so oft die Seuche in verschiedene Orte Vorarlbergs eingeschleppt worden sei. Es wird ferner darauf hingewiesen, daß die Schweiz für Vorarlberger Nutz- Stell- und Schlacht­ vieh das bedeutendste Absatzgebiet sei. Nun sei es aber im letzten Jahre vorgekommen, daß die Schweiz gegen Oesterreich die Grenz­ sperre verfügt habe, weil in Tirol die Seuche ausgebrochen war, wodurch auch die Thiere Borarlbergischer Provenienz getroffen wurden, obwohl Vorarlberg zur Zeit seuchenfrei gewesen sei. In ähnlicher Weise beklagen sich auch die Gemeindevorsteher des Bezirkes Feldkirch über die Nachtheile die den Viehbesitzern von Vorarlberg dadurch erwachsen, daß Vorarlberg mit Tirol einen 263 Beilage LIL LIL der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages. gemeinsamen Sanitätsbezirk bilde. Dieselben weisen noch insbesondere darauf hin, daß in Folge dieser gemeinsamen Behandlung von Tirol und Vorarlberg ein allgemeines Verbot der Abhaltung von Viehmärkten Vorarlberg in der Regel viel öfter nachtheilig treffen wird, als wenn in dieser Hinsicht Vorarlberg getrennt von Tirol behandelt würde. Sie weisen darauf hin, daß nach ihrer Anschauung im letzten Jahre das allgemeine Verbot zur Abhaltung von Viehmarkten das Land Vorarlberg wohl nur in Folge dieses mit Tirol gemeinsamen Sanitätsbezirkes getroffen habe, indem damals die Seuche in Vorarlberg nur vereinzelt ausgetreten sei. Mit dem Verbote der Abhaltung von Viehmärkten seien auch noch andere Mißstände vorgekommen. Es seien während dieser Zeit wiederholt Viehtrans­ porte aus Tirol in Vorarlberg eingeführt und sodann in Altenstadt, gleich wie auf einem Markte losgeschlagen worden. Die Bekanntmachung sei durch Inserate im Gemeindeblatte von Rankweil er­ folgt und so sei das Tiroler Vieh in die verschiedenen Landestheile von Vorarlberg gebracht worden. Die Petition sagt weiter: „Abgesehen davon, daß dieses eine Hintansetzung der hiesigen Viehzüchter involvierte „ist ein solcher Vorgang nichts weniger als geeignet, zum Erlöschen solcher Seuchen beizu„tragen und in der That wäre die Abhaltung von Viehmärkten für internes Vieh noch „weniger gefährlich." Endlich heben die Petenten hervor, daß die neue Seuchen-Convention zwischen Oesterreich und der Schweiz für Vorarlberg sehr ungünstig sei und daß dieselbe deshalb gekündet werden solle. Der volkswirthschaftliche Ausschuß findet die in den citierten drei Petitionen vorgebrachten Klagen vollkommen begründet. Wie allgemein bekannt, bildet die Schweiz seit langen Jahren her für Vorarlberger Nutz- Stellund Schlachtvieh das bedeutendste Absatzgebiet. Im letzten Jahre nun verhängte die Schweiz, weil in Tirol die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen war, gegen Oesterreich die Grenzsperre auch für Thiere Vorarlbergischer Provenienz, obwohl eine Zeit lang im ganzen Lande eine ansteckende Krankheit nachweisbar nicht vorhanden war. Durch diese von Schweizer Seite auch gegen Vorarlberg, weil mit Tirol in sanitärer Beziehung verbunden, getroffenen Maßregeln erfuhren nicht blos einzelne Pri­ vate, sondern ganze Gemeinden empfindliche Verluste, da während der Schweizer Grenzsperre vielen Viehbesitzern Vorarlbergs nur die Wahl blieb, ihre Thiere zu bedeutend niedrigern Preisen loszu­ schlagen, oder aber mit großem Schaden weiter einzustellen. Es ist aber auch allgemein bekannt, daß die dermalige Lage des Bauernstandes eine sehr miß­ liche ist, es ist daher gewiß am Platze auf Mittel und Wege zu denken, die einer weiteren Schädigung desselben soweit immer thunlich vorbeugen. Ein solches Mittel wäre unstreitig die Errichtung eines eigenen Sanitätsbezirkes für Vorarlberg. Alle, welche die Lage und Verhältnisse von Vorarlberg nur einigermaßen kennen, werden zugeben müssen, daß diese Forderung eine vollkommen gerechtfertigte und naturgemäße ist. Vorarlberg ist von Tirol durch einen hohen Gebirgszug natürlich abgegrenzt. Der größere Theil der Bevölkerung Vorarlbergs befaßt sich fast ausschließlich mit Viehzucht, besonders mit Züchtung von Nutzvieh. Das Hauptabsatzgebiet hiefür ist seit jeher die Schweiz. Wenn nun in Tirol die Seuche herrscht, oder wenn in der Schweiz auch nur an einem von Tirol eingeführten Viehstück dieselbe constatiert wird, so verfügt die Schweiz sofort die Grenzsperre, und zwar nicht nur gegen Tirol, sondern auch gegen Vorarlberg, selbst wenn das letztere vollkommen seuchenfrei wäre. Wenn Vorarlberg aber einen eigenen Seuchenbezirk bilden würde, so könnte im gegebenen Falle die Schweiz die Sperre auf Vorarlberg nicht ausdehnen. Es muß nun allerdings zugegeben werden, daß auch der umgekehrte Fall eintreffen könnte, nämlich, daß in Vorarlberg eine Seuche austritt, oder daß aus diesem Lande ein seuchenkrankes Thier in die Schweiz eingeführt wird und deßhalb die Schweiz die Grenzsperre gegen Vorarlberg und Tirol verhängt. In diesem Falle hätte auch Tirol ein Interesse daran einen eigenen von Vorarlberg getrennten Sanitätsbezirk zu besitzen. Vorarlberg wird aber viel öfter und empfindlicher durch das Vorkommen des ersteren Falles geschädiget, als dies bei Tirol beim Zutreffen des letzteren geschieht. 264 Beilage LII. II. Session, 7. Periode 1891/92. Abgesehen von anderen Umständen ist Tirol mehr als siebenmal größer als Vorarlberg, es werder daher dort Seuchen häufiger vorkommen sich leicht weiter ausdehnen und, wie das thatsächlich im letzten Jahre geschehen ist, auch viel länger nicht erlöschen. Wenn aber Vorarlberg diesbezüglich wegen Tirol in Mitleidenschaft gezogen, wird leidet das erstere eminent mehr, weil es mit dem Ver­ kaufen und Verstellen von Nutzvieh weit mehr auf das Absatzgebiet der Schweiz angewiesen ist, als das Land Tirol. Vorarlberg muß daher mit allem Nachdrucke auf die Bildung eines eigenen Sanitätsbezirke dringen, weil das dermalige Verhältnis in vielen Fällen für einen Großtheil der Vorarlberger Be­ völkerung zur Existenzfrage werden kann. Ebenso gerechtfertiget erscheint dem volkswirthschaftlichen Ausschüsse das Begehren der Gemeinde­ vorsteher des Bezirkes Feldkirch auf Kündung und Abänderung der mit der Schweiz eingegangenen Viehseuchen-Convention vom 5. Dezember 1890 R.-G.-Bl. Nr. 30 ex 1891. Das Fürstenthum Lichtenstein hat den bezüglichen Vertrag mit der Schweiz bereits gekündet. In richtiger Würdigung der im Lande wiederholt zum Ausdrucke gelangten Klagen über die für Vorarlberg so ungünstigen Bestimmungen der zitierten Viehseuchen-Conventton hat der Landes­ ausschuß sich unterm 26. Jänner d. I. Zl. 392 an die hohe k. k. Regierung mit der dringenden Bitte gewendet, es wolle Hochdieselbe zur Wahrung der Interessen der Viehzucht treibenden Bevölkerung von Vorarlberg auf Abänderung der gedachten Seuchen-Conventton dringen. In dieser Eingabe hat der Landesausschuß daraus hingewiesen, daß das Fürstenthum Lichten­ stein die mehrerwähnte Convention im Wege des hohen k. k. Ministerium des Aeußern gekündet habe, wonach also die Grenzsperre der Schweiz gegen Lichtenstein mit der Zeit aufgehoben werde. Gerade dieser letztere Umstand würde für Vorarlberg wieder eine neue Kalamität bringen, denn im Falle des Fortbestehens der schweizerischen Grenzsperre gegen Vorarlberg würde auch das Fürstenthum Lichten­ stein gegen Vorarlberg absperren müssen, sonach die Ausfuhr von Vieh aus Vorarlberg über die Bahnlinie Feldkirch-Buchs ebenfalls unmöglich werden. In Anbetracht dieses Umstandes wäre es daher gewiß, wie schon der Landesausschuß in der zitierten Eingabe hervorgehoben hat, wünschenswerth, wenn die Bestimmungen der Viehseuchen-Convention für Vorarlberg und das Fürstenthnm Lichtenstein gegen die Schweiz möglichst übereinstimmen würden. Mittlerweile hat die hohe k. k. Regierung die zwischen Oesterreich und der Schweiz vereinbarte Vieseuchen-Convention vom 5. Dezember 1890 R.-G.-Bl. Nr. 30 ex 1891 gekündet. Dadurch ist nun der erste Schritt zur Besserung der trostlosen Lage der Vorarlberger Vieh­ besitzer geschehen, und es ist, von dem redlichen Bestreben der hohen k. k. Regierung in dieser Be­ ziehung dem berechtigten Verlangen der Viehzüchter gerecht zu werden, zu erwarten, es werde die neue Vereinbarung mit der Schweiz in einer den Interessen der- österreichischen Viehzüchter, insbeson­ dere der zunächst interessierten Vorarlberger würdigen und entsprechenden Weise geregelt werden. In Anbetracht dieser Umstände erhebt daher der volkswirthschaftliche Ausschuß folgende Anträge: Der hohe Landtag wolle beschließen: 1. „Die Petitionen des kath. Bauernvereines von Montafon, der Vorsteher des großen Walserthales und mehrerer Vorsteher des Bezirkes Feldkirch werden der hohen k. k. Regierung zur eingehendsten Würdigung abgetreten. 2. Die hohe k. k. Regierung wird dringend angegangen zu veranlasien, daß Vorarlberg einen eigenen von Tirol gesonderten Sanitätsbezirk bilde. 265