18920315_ltb0281892_Gemeindeausschussbericht_Gesetzentwurf_Tierquälereiverbot

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Letzte Änderung 01.07.2021, 19:21
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1892,ltb1892,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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XXVIIL der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags II. Session. 7. Periode 1841/92. Beilage XXVIII. A. 53eridH des Gemeindeausschuffes über die L'aiides-Tlusschutzvorlage betreffend den Gesetz­ Entwurf über das Verbot der Thierquälerei. Hoher Landtag! Der Landes-Ausschuß legte unter dem 18. März 1891 Z. 793 einen Gesetz-Entwurf betreffend das Verbot der Thierquälerei der k. k. Negierung mit dem Ersuchen um Bekanntgabe ihrer Stellung­ nahme zu demselben vor. In dem Motiven-Berichte zu diesem Entwürfe wird folgendes hervorgehoben: „Es kommen leider nicht )eiten Fälle roher, ärgerniserregender Thierquälereien vor und zwar betreffen dieselben in den überwiegenden Fällen zumeist die zur Schlachtung bestimmten Thiere Derartige Quälereien üben einen sanirätswidrigen Einfluß auf das zum menschlichen Genusse be­ stimmte Fleisch aus. Als solche Handlungen sind insbesondere anzusehen die Kneblung der Kälber und des Stechviehes, das Nichtverabreichen des nöthigen Futters und Trankes an Schlacht- und Stechvieh auf dem Transporte und das Hetzen desselben mit Hunden. Der Transport der Kälber und des Stechviehes geschieht noch vielfach in der Weile, daß die Thiere an den Füßen fest gebunden und derart auf Wagen geladen iverden, daß die Köpfe mitunter vom Wagen herabhängcn und nicht selten an den Rädern geschleift werden. Die fest aneinander gebundenen Füße laufen den Kälbern an, das Fleisch ist oft bis an die Knochen eingeschnitten und der Blutumlaus wird gehemmt. Die Thiere leiden im Winter, da sie sich nicht zu rühren vermögen, sehr von der Kälte, im Sommer sind sie wehrlos dem Ungeziefer preisgegeben. Es leuchtet ein und ist längst conftatiert, daß eine solche Transportweise sehr nachtheilig auf das zum Consume bestimmte Fleisch einwirkt. Dasselbe ist der Fall bei Vorenthaltung des nöthigen Futters und Trankes, insbesondere bei oft mehrtägigen Bahntransport. Ebenso schädlich wirkt auch das Hetzen des Schlacht- und Stech­ viehes mit Hunden, tndem solcher Gestalt gequälte Thiere in beständige Angst, mitunter auch in den Zustand der Wildheit versetzt werden und dadurch das Fleisch krankhaft und zum Genusse minder zuträglich wird. Es soll aber außer der derartigen, aus Sanitätsgründen zu inhibirenden auch jede andere unnütze und ungerechtfertigte Thierquälcrei verboten werden. Hieher gehört insbesondere die Ueberanftrengung der Zug- und Last-, sowie anderer zum Betriebe der Maschinen verwendeten Thiere. 169 .LLVIII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen M Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/98. Thierqualerei Verräth ein 'rohes Herz. Menschen die sich solcher schuldig machen, benehmen sich in der Regel auch roh und mitleidslos gegen die Mitmenschen. Zahlreiche Beweise liegen hiefür Vor und die Acten der Gerichte könnten unzählige Fälle nachweisen, daß Mörder und überhaupt Ver­ brecher gegen die Sicherheit des Lebens ihrer Mitmenschen Von Jugend an notorische Thierquäler waren. Es ist die Erlassung eines Gesetzes gegen Thierqualerei sonach nicht nur aus sanitären, sondern auch aus humanitären Rücksichten empsehlcnswerth und wird daher seitens des Landesausschusses der anruhende Gesetzenttvurf dem hohen Landtage in Vorlage gebracht." Die k. k. Statthalterci eröffnete unterm 30. Mai 1891 Nr. 7213, daß seitens der Regierung im allgemeinen gegen den vorgelcgten Entwurf keine Einwendung erhoben werde, empfahl aber noch die Aufnahme folgender Zusätze: Zu § 2 Punkt 1 am Schlüsse die Worte: „oder^der Transport dieser Thiere mit herabhängenden Köpfen, sowA-<-er Tra^spchrt von Borstenvieh auf weitere Entfernungen in andern als mit Tränkevorrichtungen versehenen Etage­ wagen oder in wenigstens mit Tränkevorrichtungen versehenen und ven, tilir> baren, gedeck-ien Wagen, " Ferner als neuer Punkt, ebenfalls zu § 2 . „5. das Fangen der Vogel mittelst der Deck- und Stecknetze, Schlingen und Springhölzer, dann das Blenden der Vogel." (L.-G. vom 30. April 1870 L.-G.-Bl. Nr. 34). Der landes-Ausschuß stimmte diesen von der Regierung in Vorschlag gebrachten erweiternden Bestimmungen bei und legte den in dieser Weise ergänzten Gesetz-Entwurf dem Landtage vor. Der landtägliche Genteindeausschuß, dem der Gegenstand zur Vorberathnng und Äntragstellung überwiesen wnrde, ist einstimmig mit sämmtlichen Bestnnmuitgen des vorgelegten Gesetz-Entivurfes einverstanden, begrüßt die bezügliche Initiative des Landes-Ausschusses und schlägt nur eine kleine Aenderung des § 2 vor. In Punkt 1 dieses Paragrafen soll nämlich nach Antrag des Gemeinde­ Ausschusses nach dem Worte „Ziekchen" cingeschalten werden „und Schweine." Es kommt mitunter vor, daß auch Schweine beim Transport geknebelt werden, und cs sprechen für das Verbot der Kneblung derselben die gleichen Gründe, wie bezüglich jenes über die Kneblung der übrigen in Punkt 1 des § 2 aufgeführten Thiere. Der Einbezng der Schweine unter das Verbot der Kneblung erscheint daher gerechtfertigt. Im klebrigen cmpsiehlt der landtägliche Gemeinde-Atlsschuß die unveränderte Annahme des Entwurfes und erhebt den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: „Dem heiligenden Gesetz-Entwürfe betreffend das Verbot der Thierquälerei wird die Zustimmung ertheilt." Bregenz, den 15. März 1892. : m M. Reisch, Mart. Thurnher, Obmann. Berichterstatter. l .nrtchl n --------- r— ?ni r.öihr' ■J'vlhicZ ■■ h‘j«. t'SKI'TK? : J Druck von Z. N. Teutsch, Bregenz. 170 XXVHI. B. der Bctlagea ju den stenogr. Protokollen de» Vorarlberger Landtag-. II. Session, 7. Periode 1891/92. Beilage XXVIII. B. Gesetz vorn wirksam für das kand Vorarlberg, betreffend das verbot der Thierquälerei. Ueber Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde Ich anzuordnen, wie folgt: 8 L Jede Art von Thierquälerei ist untersagt. § 2. Als Thierquälerei ist insbesondere anzusehen: Die Kneblung der Kälber, Schafe, Zickchen und Schweine an den Füßen beim Trans­ porte, oder der Transport dieser Thiere mit herabhängenden Köpfen, sowie der Transport von Borstenvieh auf weitere Entfernungen in andern als mit Tränke­ vorrichtungen versehenen Etagewagen oder in wenigstens mit Getränkevorrichtungen versehenen und ventilierbaren gedeckten Wagen. 2. Das Hetzen von Schlacht- und Stechvieh mit Hunden. 3. Das Nichtverabreichen des nöthigen Futters und Trankes an die Haus- sowie an andere in der Obsorge des Menschen befindlichen Thiere. 4. Die Ueberanstrengung der Zug- und Last-, dann der zum Betriebe der Maschinen ver­ wendeten Thiere. 1. " 171 . XXVIII. B. der Beisagm zu dm strnogr. Protokollen des Vorarlberger L.andtagS ü., Session. 7. Periode -1891/82. 5, Das Fangen der Vögel mittelst der Deck- 6. und Stecknetze, Schlingen und Springhölzer, dann das Blenden der Vögel; (L.-G. vom 30. April 1870 L.-G.-Bl. Nr. 34) Andere den Thieren Qual bereitende Hand­ lungen, die nicht durch rationellen Betrieb der Landwirthschaft, des Gewerbes, der Jagd oder aus öffentlichen und gemein­ nützigen Rücksichten gerechtfertigt erscheinen. 8 3. Zum Transport der Kälber und des Stech­ viehes sind offene Wagen zu benützen, die derart eingerichtet sind, daß die Thiere in denselben bequem stehen oder liegen können, und das Herab­ fallen der Thiere, dann das Herabhängen der Köpfe derselben auf die Wagenräder unmöglich ist. § 4. Übertretungen dieses Gesetzes werden mit Geldstrafen von 2—100 fl. oder mit Arrest von 10 Stunden bis zu 20 Tagen geahndet. Die ^Gendarmerie sowie die Wachorgane der Gemeinden sind verpflichtet, zu ihrer Kenntnis kommende, nach §§ 1 und 2 strafbare Handlun­ gen der competenten Behörde (§ 5) zur Anhängigmachung der Strafamtshandlung anzuzeigen. § 5. Zur Untersuchung und Bestrafung der Uebertretungen dieses Gesetzes sind die Gemeinden im übertragenen Wirkungskreise (§§ 28 und 57 G.-O.) berufen und verpflichtet. § 6Geldstrafen fallen dem Armenfonde jenes Ortes zu, in welchem die strafbare Handlung begangen wurde. 8 7. Rekurse gegen Straferkenntnisse sind im ordentlichen Jnstanzenzuge an die politische Be­ hörde zu richten. Gegen Erkenntnisse der Statt­ halterei ist eine weitere Berufung unzulässig. § 8. Dieses Gesetz tritt mit dem Kundmachung in Wirksamkeit. Tage seiner 8 9. Mein Minister des Innern ist Vollzüge dieses Gesetzes beauftragt. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 172 mit dem