18920404_ltb0681892_Bericht_Volkswirtschaftsausschuss_Gewährleistung_bei_Viehhandel

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Letzte Änderung 01.07.2021, 19:21
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1892,ltb1892,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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Inhalt des Dokuments

LXVin. -er Beilagen zu den stenogr. Protokollen -es Vorarlberger Landtags. II. Session der 7^ Periode 1891/92. Beilage LXVIII. Werrrcht des volkswirthschaftlichen Ausschusses über den selbstständigen Antrag der Abgeord. ^ritz und Genossen in Angelegenheit der Gewährschaftsleistung beim Viehhandel. Hoher Landtag! Die Antragsteller weisen darauf hin es sei für den Viehhandel von großer Wichtigkeit, daß genaue gesetzliche Bestimmungen über Gewährschaftsleistung bestehen. Es fehle in dieser Hinsicht an einer präcisen gesetzlichen Regelung namentlich in Bezug auf den Handel mit Rindvieh, betreffs der Trächtigkeit, der 5}eit derselben und auch anderer Umstände. In Folge dessen stehe der Käufer vielfach den Übervortheilungen des Verkäufers schutzlos gegen­ über, was denn auch öfters zu Klagen und Beschwerden Anlaß gebe und dem Besuche der hiesigen Viehmärkte besonders seitens ausländischer Käufer hinderlich sei, und stellen schließlich den Antrag : „Der hohe Landtag wolle beschließen, es sei die hohe Regierung zu ersuchen die Regelung der Gewährschaftsleistung im Handel mit Rindvieh durch ausreichende präcise gesetzliche Bestim­ mungen im geeigneten Wege zu veranlassen." Der volkswirthschaftliche Ausschuß ist der Anschauung, daß diese Anregung durch mehrfache zu Tage getretene Klagen über unzureichende Bestimmungen bezüglich Gewährschaftsleistung beim Handel mit Rindvieh veranlaßt wurde. Wenn man dieselben näher ansieht dürften sie hauptsächlich auf zweierlei Ursachen beruhen und zwar einerseits in der Unkenntnis der dermalen bestehenden gesetzlichen Bestimmungen seitens der Viehbesitzer und Verkäufer, andererseits in den nach einigen Richtungen für die dermaligen Verhältnisse zu wenig präcisen einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. In ersterer Richtung muß nun anerkannt werden, daß das bürgerliche Gesetzbuch an verschiedenen Stellen, sowohl allgemeine als auch specielle Bestimmungen über Vertragsabschlüsse, Gewährschafts­ Leistung und Schadenersatzpflicht enthält, die auch auf den Viehhandel, die Gewährleistung bei demselben und die eventuellen Schadenvergütungen Bezug haben. 323 Beilage LXVTIL LXVIIT. der Beilagen zu den ftenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. Jnsbesonders dürsten hier die §§ 922 bis incl. 928 des a. b. G.-B. zutreffen. Nach § 922 leistet derjenige, welcher eine Sache entgeltlich einem Anderen überläßt, Gewähr, daß sie die ausdrücklich bedungenen oder gewöhnlich dabei vorausgesetzten Eigenschaften haben, und daß sie der Natur des Geschäftes oder der getroffenen Verabredung gemäß benützt und verwendet werden könne. — § 923 bestimmt, daß man einer Sache nicht Eigenschaften beilegen dürfe, die sie nicht hat und die ausdrücklich oder vermöge der Natur des Geschäftes stillschweigend bedungen worden sind, daß man ungewöhnliche Mängel oder Haften derselben nicht verschweigen dürfe, ferner daß man nicht fälschlich vorgeben dürfe, daß die Sache zu einem bestimmten Gebrauche tauglich oder daß sie auch von den gewöhnlichen Mängeln und Lasten frei sei, und endlich bestimmt dieser Paragraf, daß wenn das Wider­ spiel hervorkommt, der Übergeber dafür zu hasten hat. , § 924 enthält die Bestimmung, daß wenn ein Stück Vieh binnen 24 Stunden nach der Über­ nahme erkrankt oder umfällt, werde vermuthet, daß es schon vor der Übernahme krank gewesen sei. Im § 925 wird die gleiche Vermuthung ausgesprochen beim Zutreffen bestimmter Erkrankungs­ arten innerhalb einer genau festgesetzten, von der Übernahme an laufenden Frist der verschiedenen Thicrarten z. B.: Wenn innerhalb 8 Tagen bei Schweinen die Finne, bei Schafen die Pocken oder wenn innerhalb 30 Tagen bei Pferden der Dumkoller, Wurm rc. entdeckt wird. w § 926 besagt, daß von dieser rechtlichen Vermuthung (§§ 924 und 925) der Übernehmer eines solchen Stückes Vieh nur dann Gebrauch machen könne, wenn er dem Übergeber oder Gewährsmann sogleich von dem bemerkten Fehler Nachricht gibt oder in dessen Abwesenheit dem Ortsgerichte oder Sachverständigen die Anzeige macht und den Augenschein vornehmen läßt. Nach § 927 liegt dem Übernehmer im Falle, daß er diese Vorschrift vernachlässiget, der Beweis ob, daß das Vieh schon vor Schließung, des Vertrages mangelhaft war. Zur Wahrung der Rechte des Übergebers bestimmt dieser Paragraf auch, daß dem Übergeber 'der Beweis offen stehe, daß der gerügte Mangel erst nach der Übergabe eingetreten sei. Endlich wird int § 928 noch festgesetzt, daß wenn die Mängel einer Sache in die Augen fallen, so finde außer dem Falle einer ausdrücklichen Zusage, daß die Sache von allen Fehlern frei sei, keine Gewährleistung statt. Diese Bestimmungen dürften nun auch beim Diehhandel in vielen Fällen vollkommen ausreichen und ist daher nach der einen Seite die Annahme gewiß gerechtfertiget, daß die erwähnten Klagen häufig nur auf Gesetzesunkenntnis der beim Viehhandel Betheiligten zurückgeführt werden müsse. Auf der anderen Seite muß aber auch darauf hingewiesen werden, daß es doch wünschenswerth wäre, daß namentlich der § 925, welcher einige specielle Mängel und Krankheiten aufführt und bestimmt, daß wenn dieselben in einem gewissen Zeitraume nach der Übernahme durch den Käufer entdeckt werden, angenommen werde, die Thiere seien schon vor der Übernahme damit behaftet gewesen, insbesondere bezüglich Bestimmungen der Mängel und Krankheiten beim Rindvieh erweitert werden sollten. In dieser Hinsicht enthält der § 925 nur die Bestimmung, daß wenn beim Rindvieh innerhalb 30 Tagen nach der Übernahme bie Drüsenkrankheit gefunden werde, die Vermuthung berechtigt sei, es sei das Thier schon vor der Übernahme krank gewesen. Die gleiche Vermuthung sollte nothwendig auch für andere Krankheiten, wenn sie innerhalb einer bestimmten Frist nach der Übernahme beim Rindvieh entdeckt würden, ausgesprochen werden, so z. B. für Lungensucht, Tragsack- und Scheidevorfälle, Perssucht, fallende Sucht, Lungenseuche rc. Nach dieser Richtung wäre eine Erweiterung der Bestimmungen bezüglich Gewährschaftsleistlmg sehr erwünscht. Auch die angrenzenden Staaten haben diesbezüglich schon lange viel genauere Bestim­ mungen, so z. B. Bayern in dem Gesetze vom 26. März 1859 betreffend die Gewährleistung bei Viehveräußerung. Ähnlich verhält es sich mit der Schadenersatzpflicht. Dieselbe ist im Gesetze wohl im Allgemeinen ausgesprochen, so bestimmt insbesondere § 1295 des a. b. G.-Bl. die Berechtigung von dem Beschädiger den Ersatz des aus Verschulden zugefügten 324 II. Session der 7. Periode 1891/92. Beilage LXYIIL Schadens zu fordern, mag der Schaden durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein. Dennoch muß zugegeben werden, daß in vielen Fällen, abgesehen von mancherlei Umständlichkeiten, es für den Richter schwierig ist, bei den dermaligen Bestimmungen über die Feststellung der Schaden­ summe, die Höhe des Schadens zu bestimmen, weßhalb auch diesbezüglich präcisere Normen, an die sich der Richter halten kann, sehr wünschenswert wäre. Auf Grund all dieser Erwägungen stellt der volkswirtschaftliche Ausschuß den Antrag: „Der hohe Landtag wolle beschließen, die hohe k. k. Regierung wird ersucht, in Bezug auf Gewährschaftsleistung und Schadenersatzpflicht beim Viehhandel im Wege der Gesetz­ gebung erweiterte und genaue Normen festzusetzen." Bregenz, den 4. April 1892. Marti« Thrrrrcher> Jodok Fink, Obmannstellvertreter. Berichterstatter. Druck von I. N. Teutsch in Bregenz. 325