18920314_ltb0271892_Schulausschussbericht_Interkalariennichteinhebung_erledigteLehrerstellen

Dateigröße 232.21 KB
Aktenzahl/Geschäftszahl
Letzte Änderung 01.07.2021, 19:27
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1892,ltb1892,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
Unterausschüsse
Kommissionen/Kuratorien
Verbände/Konkurrenzen
Verträge
Publikationen Landtag-Ausschussbericht
Aktenplan
Anhänge
Inhalt des Dokuments

XXVII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtages, II. Session, 7. Periode 1891/92. Beilage XXVII. des landtäglichen 5chulausschusses über den Antrag der Abg. Martin Thurnher und Genossen betreffend die Nichteinhebung von Jnterkalarien bei erledigten kehrerstellen. Hoher Landtag! In der sechsten Sitzung am 9. ds. Mts. wurde dem landtäglichen Schulausschusse der nach­ stehende selbstständige Antrag der Abgeordneten Thurnher und Genossen zur Borberathung und An­ tragstellung an den hohen Landtag zugewiesen: „Der Landtag erklärt sich für die Nichteinhebung von Jnterkalarien für erledigte Lehrstellen, insoweit die bezüglichen Gehalte nicht aus Stiftungen, Fonde n u. dgl. herrühren, sondern durch Umlagen der Gemeinden ihre Deckung zu finden haben und ver­ zichtet auf jedes Regreßrecht wegen Nichtvorschreibung solcher Beträge seitens des Landesschulrathes. In der diesem Antrag Vorau-geschickten Motivierung wird hingewiesen auf die seitens des hohen Landesschulrathes von einzelnen Gemeinden auf Grund des § 80 Abs. 3 des Gesetzes vom 17. Jänner 1870, — betreffend die Regelung der Lehrergehalte — abverlangte Abfuhr der Jnterkalarien erledigter oder nur aushilfsweise besetzter Lehrstellen zu Gunsten des Lehrerpensionsfondes, ohne Unterschied, ob diese Jnterkalarien aus Stiftungen, Fanden u. dgl. fließen, oder mittels Gemeindeumlagen gedeckt werden müßen. Die Ansicht, daß hier ein wesentlicher Unterschied obwaltet, beziehungsweise, daß die durch Ge­ meindesteuern erzielten Lehrerbesoldungen im Falle der Vakatur von Lehrstellen keineswegs jenen Bei­ trägen beizuzählen sind, welche als Jnterkalarien zu gelten haben, ist mindestens nicht unbegründet, — um so weniger, als kaum anzunehmen ist, daß bei der Schaffung des Gesetzes beabsichtigt wurde den Lehrerpensionsfond zu kräftigen durch Umlagen in einzelnen Gemeinden, die zufällig in der miß­ lichen Lage sind, keine ausreichenden Lehrkräfte zu haben. Indessen will in die nähere Prüfung der Berechtignng oder Nichtberechtigung dieser Ansicht weiter nicht eingegangen werden. Daß aber in Fällen erledigter oder nur aushilfsweise besetzter Lehrstellen die Abfuhr von mittelst Gemeindesteuern aufzubringender Beträge an den Lehrerpensionsfond gegenüber den damit betroffenen Gemeinden eine Unbilligkeit in sich schließt, dürfte von keiner Seite bezweifelt werden. Wenn eine Gemeinde, welche in der Lage ist, ihre Schulen ordnungsgemäß mit Lehrkräften besetzt zu sehen, im Abgänge oder bei der Unzulänglichkeit der zu diesem Zwecke verfügbaren Fonde behufs Entlohnung des Lehrpensionats Gemeindesteuern in Anspruch nimmt, so verwendet sie diese Steuern zur Entlohnung desjenigen, welcher den L ohn verdient. Ganz anders verhält es sich, wenn 167 XXVII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. die Gemeinde gezwungen wird, diese Gemeindesteuer in den Lehrerpenstonsfond zu zahlen. Da muß sie einen Dritten entlohnen, ohne daß dieser Dritte durch einen der Gemeinde geleisteten Dienst den Lohn verdient hat. Die mit diesem Vorgänge verbundene Unbilligkeit erscheint noch in viel grellerem Lichte, wenn man sieht, daß in erster Linie die armen Berggemeinden damit betroffen werden, indem gerade diese zumeist in die Lage kamen, ihre Schulden entweder gar nicht oder nur aushilfsweise mit Lehrkräften besehen zu können und in Folge dessen genöthigt sind sehr empfindliche, mittelst Gemeindeumlagen zu beschaffende Beträge in den Lehrerpensionsfond abzuführen. In nicht wenigen Fällen dürfte ihnen solches überhaupt gar nicht möglich sein. Ferner kommt in Erwägung, wie auch in der eingangs erwähnten Motivierung des dem Schulausschusse zugewiesenen Antrages hervorgehoben wird — daß eine Vorschiebung der Lehrer in höhere Gehaltsklassen und eine Umwandlung einer Anzahl Unterlehrer- in Lehrer-Stellen in Aussicht steht, wornach die Zahlung der durch Gemeindeumlagen zu deckenden sog. Jnterkalarien an den Lehrerpensions­ fond für die betreffenden Gemeinden um so schwerer möglich erscheint. Es stände nun allerdings, wie im Schulausschusse bemerkt wurde, ein Weg offen, um hier Ab­ hilfe zu schaffen, nämlich die Abänderung des Absatzes 3 in § 80 des Gesetzes vom 17. Jänner 1870. Allein, nachdem der Landtag von Vorarlberg seit Jahrzehnten, so lange in eine prinzipielle Aenderung der Volksschulgesetzgebung nicht eingegangen wird, gegenüber der Abänderung einzelner Paragraphe sich ablehnend verhalten hat, findet sich der Schulausschuß in seiner überwiegenden Ma­ jorität zur Antragstellung auf die Abänderung des j einschlägigen Paragrafen um so weniger veran­ laßt, als die Möglichkeit besteht, auf dem im Anträge Martin Thurnher und Genossen angedeuteten Wege die mehrbejprochene Unbilligkeit zu heben. Daß dieser Weg unbedenklich betreten werden kann, ergibt sich aus der Erwägung, daß es vorerst sehr fraglich ist, ob die Auslegung des § 80 im Sinne der präzeptiven Abfuhr von durch Gemeindeumlagen zu beschaffender Beträge als sog. Jnterkalarien an den Lehrerpensionsfond die rich­ tige sei — und daß selbst dann, wenn diese Auslegung wirklich die richtige wäre, das Land in Rück­ sicht auf § 81 desselben Gesetzes, ebenso gut berechtigt ist auf einen ihm indirect gebührenden Betrag zu verzichten, wie umgekehrt es dem Lande zusteht, einzelne Gemeinden in ihrem Aufwande für die Schulbedürfnisse aus Landesmitteln zu unterstützen. Ueber die Zulässigkeit der Nichteinhebung solcher Gemeindeumlagen als sog. Jnterkalarien dürfte übrigens auch die hohe Regierung, bezw. der k. k. Landesschulrath nicht im Zweifel sein, nachdem durch eine lange Reihe von Jahren von der Einhebung derselben Umgang genommen und erst in neuester Zeit — vielleicht anläßlich der gesteigerten Ansprüche an den Lehrerpensionsfond — eine diesbezügliche Förderung an mehrere Gemeinden gestellt wurde. Demnach stellt der Schulausschuß den Antrag: Der Landtag beschließt, daß von der Einhebung jener Jnterkalarbeträge, welche für erledigte oder nur aushilfsweise besetzte Lehrstellen durch Gemeindeumlagen ihre Deckung zu finden haben, Umgang genommen werde und verzichtet auf jedes Regreßrecht wegen Nichtvorschreibung solcher Beträge seitens des hohen k. k. Landesschulrathes. Bregenz, den 14. März 1892. . Berchtold, Pfarrer, Jodok Fink, Berichterstatter. Obmannstellv ertreter. Druck von I. N. Teutsch, Bregenz. 168