18901031_ltb0271890_Gemeindeausschussbericht_Gastwirtepetition_Getränkekonzessionserteilung

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Letzte Änderung 01.07.2021, 19:29
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1890,ltb1890,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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Inhalt des Dokuments

XXVII. der Beilagen AU den stenogr« Protokollen des Vorarlberger Landtags I. Session. 7. Periode 1890. Beilage XXVII. des landtäglichen Gemeinde-Ausschusses über die Petition mehrerer Gastwirthe des Bezirkes Feldkirch in Angelegenheit der Lonceffions-Ertheilung zum Ausschanke ge­ brannter geistiger Getränke. Hoher Landtag! In einer an den hohen Landtag gerichteten Eingabe mehrerer Gastwirthe des politischen Be­ zirkes Feldkirch wird sich über das Vorgehen der dortigen politischen Behörde hinsichtlich Verleihung von Wirthschafts-Concessionen beschwert. Es werde nämlich in vielen Fällen die Befugnis des Ausschankes und Kleinverschleißes ge­ brannter geistiger Flüssigkeiten vielfach auch dann verweigert, wenn es sich nicht um eine neue Wirth­ schaft handle, sondern wenn längst bestehenden Wirtschaften auf andere Personen übergegangen seien. Dadurch werden die Besitzer dieser Wirthschaften hinsichtlich der übrigen Befugnisse geschädiget, da in der Regel solche Gasthäuser weniger besucht werden, indem man es für ein Bedürfnis halte zu Most oder Bier, besonders wenn dieselben nicht völlig ausgegoren seien, auch noch etwas Brannt­ wein zu trinken. Auf der anderen Seite sei nach § 1 des Gesetzes vom 23. Juni 1881 R.-G.-Bl. No. 62 der Handel mit gebrannten geistigen Getränken in geschlossenen Gefäßen in was immer für Mengen als freies Gewerbe erklärt, der Verkauf erfolge ohne Kontrolle und werde in verschiedenen Läden und Geschäften thatsächlich betrieben. In diesen Verkaufslokalen werde hauptsächlich den Frauen Gelegen­ heit zum Ankäufe von Branntwein geboten und dadurch der Friede und das Glück der Familien gestört. Es muß nun vor allem betont werden, daß das Bestreben der politischen Behörde, den Aus­ schank gebrannter geistiger Getränke im Allgemeinen möglichst einzuschränken, vom Standpunkte der Volkswirthschaft und Volkswohlfahrt sehr begrüßt werden muß, auch muß im Gegensatz zu den Aus­ führungen der Petenten betont werden, daß der Vorgang der politschen Behörden gesetzlich unanfechtbar ist. Sie haben ja nach dem Gesetze zu urtheilen, ob und wie weit ein Bedarf nicht nur hinsichtlich Errichtung der Wirthschaft überhaupt, sondern auch hinsichtlich der einzelnen in § 16 des Gewerbe­ Gesetzes aufgeführten Befugnisse vorhanden sei oder nicht. Diesen Standpunkt festhaltend verdienen aber die in der Eingabe der Wirthe enthaltenen Auseinandersetzungen doch manche berücksichtigungs­ werthe Momente. 171 Beilage XXVII. XXVII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags Es ist nicht abzuleugnen, daß hier zu Lande der weitaus überwiegende Theil der Wirthschaften der Hauptsache nach nicht eigentliche Branntweinausschänke bilden, sondern daß der Ausschank der gebrannten geistigen Getränke zumeist nur nebenbei erfolgt. Ebenso ist die Behauptung der Wirthe wohl richtig, daß insbesondere die arbeitende Bevölkerung zu Bier und Most mitunter auch Brannt­ wein trinken wolle. Und endlich muß denselben in dem Punkte recht gegeben werden, daß der Verkauf von ge­ brannten geistigen Getränken in Gefäßen in Läden und Geschäften ganz außerordentlich verderbenbringend wirkt und zudem ganz und gar unnothwendig ist. Die Gefahr liegt auch sehr nahe, daß in solchen Verkaufslokalen sich der Verkauf nicht nur lediglich auf Getränke in geschlossene Gefäße beschränke, sondern sich oft auch auf den Ausschank aus­ dehne und auch die strengste Ueberwachung diesbezüglich nicht vollständige Abhilfe zu verschaffen vermöge. Der landtägliche Gemeindeausschuß beurtheilt nun die Sachlage in folgender Weise: Bei Ertheilung der Wirthschafts-Coneessionen solle mit der größten Rigorosität Vorgängen werden. Die Zahl der Wirthshäuser im Lande ist schon längst eine weit über den Bedarf hinaus­ gehende. Die Begutachtung der Gemeinden über Bedarfsfragen betreffend die Errichtung von Wirth­ schaften überhaupt ist nicht immer zutreffend, da mitunter persönliche oder örtliche Verhältnisse auf das Votum der Gemeindevertretung einwirken können. Also größte Strenge bei Ertheilung der Concessionen, Entziehung derselben, wenn die Wirthe den gesetzlichen Vorschriften nicht nachkommen und auch Strenge, wenn es sich um solche Concessionen handelt, bei welchen nur ein Besitzerwechsel stattsindet. Die Ansicht der Wirthe, es sollte, wenn in einem Hause die Wirthschaft bereits früher ausgeübt worden sei, der. Nachfolger die Concession auch wieder unter allen Umständen erhalten, ist ganz und gar unrichtig und dem Gesetze widersprechend. Wenn nun aber bei Verleihung von Wirthschaftsconcessionen mit großer Strenge vorgegangen wird, so dürfte dann solchen Wirthschaften, für die der Bedarf allseitig fonfiatirt ist, auch der Aus­ schank gebrannter geistiger Getränke bewilliget werden und zwar vorzüglich dann, wenn nach Lage der Dinge angenommen werden kann, daß dieselben diesen Ausschank nicht als Haupt- sondern nur als Nebengeschäft betreiben. Es könnte eine solche Verleihung zum Ausschanke gebrannter geistiger Getränke unter Umständen falls es gesetzlich zulässig ist, nur für eine bestimmte Zeit erfolgen, damit dann bei Eintreten von Unregelmäßigkeiten oder wenn sich Herausstellen sollte, daß die betreffende Wirthschaft sich mehr als Branntweinausschank darstellt, statt als eigentliche Wirthschaft, oder in derselben Branntwein an bereits Betrunkene, oder an junge Leute verabfolgt werden sollte, beim Ablaufe der Concession die Erneuerung derselben versagt werden könnte. Der Handel mit gebrannten geistigen Getränken in geschlossenen Gefäßen in den verschiedenen Läden muß als wahrer Krebsschaden angesehen werden. Jede noch so unverläßliche Person kann einen solchen Handel anfangen und in gewissenlosester Weise ausüben. Die heimliche Trunksucht wird dadurch sehr gefördert, das Familienleben durch Verabreichung des Brandweins an grauen und Kinder gestört, die sociale Noth und das Elend vergrößert. Dieser Handel sollte daher äußerst eingeschränkt werden. Dieses kann aber nur geschehen, wenn er nicht mehr als freies, sondern als concesstonirtes Gewerbe zu gelten hat, und wäre daher eine dahingehende Remedur der Gewerbe-Gesetz-Novelle vom 15. März 1883 R.-G.-Bl. Nr. 39 äußerst erwünscht und geboten. Geleitet von diesen Erwägungen erhebt der landtägliche Gemeindeausschuß folgende Anträge: Der hohe Landtag wolle beschließen: „1. Der Landtag erklärt sich für thunlichste Einschränkung der Wirthschaften überhaupt und daher für ein strenges Vorgehen bei Ertheilung von Wirthschafts-Concessionen. 172 . Beilage I. Session der 7. Periode 1890. XXVII. 2. Die Petition der Wirthe des Bezirkes Feldkirch wird der hohen k. k. Regierung nach der Richtung zur Würdigung abgetreten, bereits bestehenden oder in Fällen dringenden Bedarfes künftig zu errichtenden Wirthschaften in berücksichtigungs­ werten Fällen und bei Befürwortung der betreffenden Gemeindevertretung auch die Concession für den Ausschank gebrannter geistiger Getränke zu ertheilen. 3. Die hohe k. k. Regierung wird angegangen, im legislatorischen Wege Vorsorge zu treffen, daß der Handel mit gebrannten geistigen Getränken in geschlossenen Gefäßen aus den freien Gewerben ausgeschieden und als eoncesflonirtes Gewerbe erklärt werde. Nregerrz, den 31. Oktober 1890. Josef Büchele, Martin Thurrrher, Obmann. Berichterstatter. 173