18901104_ltb0331890_Bericht_Rheinangelegenheitenausschuss_Vorkehrungen_Rheinausbruch

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Letzte Änderung 01.07.2021, 19:39
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1890,ltb1890,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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XXXIII. -er Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. I. Session. 7. Periode 1890. Beilage XXXIII. des für die Rheinangelegenheiten eingesetzten landtäglichen Ausschusses über die Vorlage des Landes-Ausschusses, betreffend die bisher getroffenen Vorkehrungen aus Anlaß des heurigen Rheinausbruches. Hoher Landtag! Kaum waren die Wunden, welche die Rheinüberschwemmung vom 11. September 1888 den Rheinthalbewohnern Vorarlbergs geschlagen hatte, zum Theil geheilt, als am 30. August d. I. die Gemeinden Altach, Hoheuems, Lustenau, Höchst und Fussach durch die Rheineinbrüche Hohenems­ Bauern und Höchst in noch größere Nothlage kamen, als dieses im Jahre 1888 der Fall gewesen ist. Es ist zu allgemein bekannt, welch fürchterlichen Schaden und welches Elend auf allen Gebieten die neuerliche Katastrophe den Rheinbewohnern gebracht hat, als daß eine neuerliche Schilderung der Zustände nothwendig wäre und dürfte es daher genügen, iu diesem Berichte anzuführen, was seitens des Landes-Ausschusses zur Linderung der Nothlage geschehen ist. Schon am 5. September hat sich der Landesausschuß auf telegraphischem Wege au das k. k. 14. Armeecorps in Innsbruck mit der Bitte gewendet, sämmtliche ans den überschwemmten Gemeinden bei den Waffenübungen sich befindenden Landesschützen zu entlassen und zur Hilfeleistung in die Heimarh zurückkehren zu lassen. Dieser Bitte Hut das k. k. Armeekorps-Commaudo in anerkennenswerther Weise entsprochen und die bezüglichen Landesschützen beurlaubt. Gleich nach dem Eintritte dieser Katastrophe hat sich unter dem Vorsitze des nunmehr abgettetenen Herrn Landeshauptmann Carl Graf Belrupt ein Landes-Hilfsausschuß gebildet, welchem der Landesausschuß laut Sitzungsbeschluß vom G. September das damalige Mitglied, Herrn Johann Kohler als seinen Delegirten beistellte. Desgleichen beschloß der Landesausschuß in derselben Sitzung, unter Vorbehalt nachträglicher Einholung der Zustimmung der hohen Landesvertretuug, zur Linderung der Nothlage der Ueberschwemmten einen Betrag von 5000 fl. aus Landesmitteln zu bewilligen und an den Hilfsausschuß auszufolgeu. Bei diesem Anlasse glaubt der für Rheinangelegenheilen eingesetzte Ausschuß nicht unerwähnt lassen zu dürfen, daß Se. k. k. Apostolische Majestät unser Allergnädigster Kaiser iu seiner hoch­ herzigen Güte laut Telegramm de dato Innsbruck am 5. September den durch Ueberschwemmung hart betroffenen Rheinbewohnern die hochanerkeunenswerthe Gabe von fünftausend Gulden gespendet hat, und ist somit von Seiner Majestät dem Kaiser die erste Gabe zur Linderung der Noth den Ueberschwemmten zugewendet worden. 201 Beilage XXXIII. XXXIII. der Bellagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. Weiters haben Seine k. k. Apostolische Majestät unter dem 6. September 1890, (R.-G.-Bl. Nr. 172) betreffend die Bestreitung der aus Anlaß der Ueberschwemmungen in Böhmen, Nieder­ österreich, Oberösterreich, Schlesien und Vorarlberg erforderlichen Ausgaben eine Verordnung erlassen, des Inhaltes: Auf Grund des § 14 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867, R.--G.-M. Nr. 141 finde Ich anzuordnen wie folgt: § 1. Meine Regierung wird ermächtiget, zur Bestreitung der aus Anlaß der jüngsten Ueber­ schwemmungen in Meinem Königreiche Böhmen, Meinem Erzherzogthume Oesterreich unter der Enns, Meinem Erzherzogthume Oesterreich ob der Enns, Meinem Herzogthume Ober- und Niederschlesien und Meinem Lande Vorarlberg erforderlichen Ausgaben, den Betrag von 2, 000.000 Gulden aus Staatsmitteln nach Maßgabe des dringendsten Bedarfes gegen Rechnungslegung zu verwenden. § 2. Dieser Betrag ist insbesondere bestimmt zur Gewährung von nicht zurückzuzahlenden Unter­ stützungen, zur Beschaffung von Lebensmitteln, dann unter besonders rücksichtswürdigen Verhältnissen zur Wiederherstellung zerstörter oder beschädigter Objecte. § 3. Die Vertheilung der Unterstützungen hat durch die Staatsbehörde zu erfolgen. § 4. Rechtsurkunden, gebührenfrei. Eingaben und Protokolle bezüglich dieser Unterstützungen sind stempel- und § 5. Mit dem Vollzüge dieser Verordnung, welche mit dem Tage der Kundmachung in Wirksamkeit tritt, sind Meine Minister des Innern, des Ackerbaues und der-Finanzen beauftragt. Wieder zur Thätigkeit des Landesausschusses zurückkehrend, muß erwähnt werden, daß derselbe der neuzusammengetretenen Landesvertretung eine Denkschrift vorbereitet hatte, worin die h. Regierung unter detaillirter Darstellung der traurigen und gefahrvollen Sachlage dringend und angelegentlichst um baldige Inangriffnahme von dauerhaften Schutzbauten zur Verhinderung der Wiederholung ähnlicher Rheinkatastrophen ersucht wird. Die erwähnte Denkschrift wurde alsdann in der 2. Sitzung am 14. October dem Landtage in Form eines Seiner Majestät zu unterbreitenden Memorandums vorgelegt. In der Landtags­ sitzung am 15. Oktober erfolgte der einstimmige Beschluß, dieses Memorandum Seiner Majestät durch eine Dreier-Deputation überreichen zu lassen und wurde sogleich die Wahl, welche per Acclamation vor sich ging, vorgenommen, aus welcher hervorgingen die Herren: Carl Graf Belrupt, ge­ wesener Landeshauptmann', Johann Kohler, Delegirter des Landesausschusses in Rheinangelegenheiten, und Engelbert Bösch, Landtagsabgeordneter. Die erwähnte Deputation begab sich nach Wien und wurde am 20. Oktober von Seiner Ma­ jestät dem Kaiser huldvollst empfangen und hiebei das Memorandum allerhöchstenorts überreicht. Der Inhalt des Memorandums bestand hauptsächlich in der Bitte, von den durch die oben ange­ führte kaiserliche Verordnung aus Staatsmitteln bewilligten 2, 000.000 fl. eine möglichst ansehnliche Quote für Vorarlberg zu erlangen und das Geld zu Schutzbaulen für Sicherstellung gegen künftige Einbrüche verwenden zu dürfen. Die Deputation hatte gelegentlich der Reise nach Wien zur Audienz bei Seiner Majestät dem Kaiser auch Audienzen bei Ihren Excellenzen dem Herrn Ministerpräsidenten und dem Herrn Statt­ halter für Tirol und Vorarlberg. 202 I. Session der 7. Periode 1890. Beilage XXXIII. Die von Wien zurückgekehrte Deputation hat dem Landesausschuß über den Erfolg ihrer Sendung Bericht erstattet und geht aus demselben hervor, daß sie auch sowohl bei dem Herrn Ministerpräsidenten wie auch beim Herrn Statthalter eine sehr freundliche Ausnahme gefunden habe und heben wir aus dem Berichte Folgendes hervor: „Sowohl Se. kaiserliche Majestät, als auch der Herr Ministerpräsident und der Herr Statt­ halter haben dieses Begehren als ganz richtig erkannt und die Zusage ertheilt, daß unter Berück­ sichtigung der Wünsche des Landes das Möglichste aufgeboten werden wird." „Eine bestimmte Zusage über die Höhe der zu bemessenden Quote konnte im Augenblicke aller­ dings nicht gegeben werden, weil die Schadenerhebungen aus sämmtlichen durch die Ueberschwemmungen heimgesuchten Kronländern noch nicht vorliegen, und erst auf Grund derselben die Be­ messung für die Einzelnen stattfinden könne." „Die Deputation konnte jedoch die Ueberzeugung gewinnen, daß die von ihr vorgebrachten Momente richtig gewürdiget wurden und man daher auch auf eine günstige Erledigung einigermaßen hoffen darf." Wie aus vorstehendem Deputationsberichte hervorgeht, kann mit Sicherheit angenommen werden, daß das Land Vorarlberg eine ansehnliche Quote von den vorgenannten 2 Millionen erhalten werde; leider aber steht nicht in Aussicht, daß von dieser Quote recht bald eine Zahlung erfolgen wird, weil vorerst die Schadenerhebungen in allen überschwemmten Ländern durchgefühct und erst dann die Repartition auf die verschiedenen Länder erfolgen soll, und sohin nicht anzunehmen ist, daß schon in diesem Winter die Schutzbauten gegen fernere Einbrüche in Angriff genommen werden können, was sehr zu bedauern wäre. Es erscheint daher nicht nur wünschenswerth, sondern sogar dringend geboten, daß die hohe k. k. Regierung unverzüglich eine Vorschußzahlung gewähren möchte, damit schon in diesem Winter ein gutes Stück Arbeit ausgeführt werden kann, wodurch sich ein mehrfacher Vortheil ergeben würde; denn, wenn nur eine angemessene Summe auf einmal zu verbauen kommt, so würde die Arbeit billiger ausgeführt, als wenn ein größerer Betrag auf einmal verbaut werden müßte. Zudem würde wenigstens theilweise der Wiederholung von Rheineinbrüchen vorgebeugt. Hiebei kommt noch ganz beson­ ders in Betracht zu ziehen, daß die schwerbetroffene Bevölkerung des vorarl­ bergischen Rheinthales hiedurch einen Winterverdienst bekäme, wodurch auch die Noth bedeutend gelindert würde. Es ist daher gewiß angezeigt, bei der h. k. k. Regierung vorstellig zu werden und dürfte es derselben nicht schwer sein, aus die für das Land Vorarlberg voraussichtlich entfallende Quote eine Vorschußzahlung zu leisten. Es darf wohl auch nicht unerwähnt bleiben, daß das h. k. k. Minist erium des Innern mit Erlaß vom 10. September d. I., Zl. 18536, mittelst Note der h. k. k. Statthalterei in Innsbruck vom 14. gl. Ms., Nr. 5333, dem Vorarlberger Landes-Ausschusse nahe gelegt hat, es sei vorzüglich Pflicht der Landesvertretung, zur Linderung der Noth rasch und ergiebig einzuschreiten. Der bezüg­ liche Passus lautet: „Ebenso beehre ich mich, die Aufmerksamkeit des löbl. Landesausschusses auf die besondere Dringlichkeit der Sache und die Nothwendigkeit einer raschen Flüssigmachung der erforderlichen Be­ träge zu lenken und beizufügen, daß angesichts des Ernstes der Situation und der traurigen Lage so vieler von Noth und Elend ergriffenen oder bedrohten Menschen es um so mehr als nothwendig und selbstverständlich angesehen werden müßte, daß die erforderlichen Summen aus dem Landesfonde vom löbl. Landesausschusse gegen nachträgliche Genehmigung des Landtages bewilliget und flüssig gemacht werden, als die Regierung im Hinblicke auf die erwähnte Lage den gleichen Vorgang eingehalten hat." In Erwiderung der oben citirten Note hat der Landes-Ausschuß nicht unterlassen, der h. k. k. Statthalterei in Folge Beschlusses vom 29. September mitzutheilen, daß auf Grund des Sitzungs­ Beschlusses vom 6. gl. Mts. bereits 5000 fl. aus Landesmitteln an den Hilfsausschuß abgegeben worden seien und daß sich die Landesvertretung diesbezüglich ihrer Pflicht bewußt sei und das Möglichste leisten werde. Unter Einem wurde der h. k. k. Statthalterei auch die Vorstellung gemacht, 203 XXXIII. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. I. Session. 7. Periode 1890. daß das Land Vorarlberg arm sei, indem es keine Fonde besitze und sonach die gesummten Auslagen aus den jährlichen Umlagen zu den direkten Steuern bestreiten müsse und daß insbesondere schon im Jahre 1888 17.882 fl. 50 kr. au verschiedenen Hilfeleistungen verausgabt wurden. Zudem habe das Land Vorarlberg zu den Herstellungen der Binnendämme auf Grund des Gesetzes vom 29. Juni 1886 von der Summe per 220.000 fl. 30 % in 5 Jahresraten, nämlich einschließlich 1887 bis 1891, also eine Quote von 66.OOO fl. zu leisten, wobei 4 Jahresraten bereits schon bezahlt wurden. Im weiteren wurde der h. Statthalterei vorgestellt, daß der Rhein Grenzfluß sei und nicht allein das Land Vorarlberg, sondern das ganze Reich vom Nachbarland trenne, daher das Land Vorarlberg in erster Linie auf Unterstützung aus Staatsmitteln rechnen dürfe. Wenn nnn die h. Regierung mit vollem Rechte ein rasches Vorgehen bei der Hilfeleistung empfiehlt und das Lund Vorarlberg in Folge eines durch einen Reichsgrenzfluß erlittenen Schadens in erster Linie die Staatshilfe beanspruchen kann, so ist es gewiß gerechtfertigt, wenn die h. Regierung um schleunigste Flüssigmachung eines Vorschusses von der aus den 2 Millionen auf das Land Vor­ arlberg treffenden, nachträglich zu bemessenden Quote, zur Erstellung von Schutzbauten zur Verhinde­ rung fernerer Rheinüberschwemmungen angegangen werde. Auf Grund des Voraufgeführten stellt der Ausschuß folgende Anträge: Der h. Landtag wolle beschließen: 1. Dem h. k. k. Commando des 14. Armeecorps wird für die sofortige Beur­ laubung der dem Ueberschwemmungsgebiete angehörigen Mannschaft der Landesschützen von der Waffenübung der Dank ausgesprochen. 2. Dem Landesausschußbeschlusse vom 6. September, durch welchen zur Linderung der Noth den vom Rhein lieberschwemmten aus Landesmitteln ein Betrag von 5000 fl. zu Handen des Landeshilfsausschusses zugewendet wurde, wird die Genehmigung ertheilt. 3. Der Landesausschuß wird ermächtiget, analog dem Landtagsbeschlusse vom 15. September 1888, im Nothfalle noch weitere Geldmittel zu dem gleichen Zwecke nach eigenem Ermessen zu verwenden. 4. Der Bericht der in der Landtagssitzung vom 15. Oktober d. I. gewählten Deputation zur Unterbreitung des vom Landtage beschlossenen Memorandums am aller­ höchsten Throne und über den Vollzug seiner Aufgabe an dieser Allerhöchsten Stelle, sowie ihre Vorstellungen bei Sr. Excellenz dem Herrn Ministerpräsidenten und bei Sr. Excellenz dem Herrn Statthalter von Tirol und Vorarlberg wird zur befriedigenden Kenntniß genommen. 5. Der Landesausschuß wird beauftragt, bei der h. k. k. Regierung unter dringlicher Vorstellung der Nothwendigkeit sofortiger Inangriffnahme und Ausführung der noth­ wendigsten Schutzbauten am Rhein und die sofortige Gewährung und Flüssigmachung eines entsprechenden Vorschusses auf Rechnung der auf Vorarlberg fallenden Quote aus den von Sr. Majestät dem Kaiser auf Grund der kaiserlichen Verordnung vom 6. Sept. 1890, R.-G.-Bl.Nr. 172, der Regierung aus Staatsmitteln bewilligten 2, 000.000 fl. zu bitten. Wregenz- am 4. November 1890. Johannes Thurnher, Jakob Nägele, Obmann. Berichterstatter. 204