18901016_ltb0091890_SelbständigerAntrag_Jagd_auf_landeskulturschädliche_Tiere

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Letzte Änderung 01.07.2021, 19:32
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1890,ltb1890,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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IX. der Beilagen AU den ftenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. Beilage IX. §e!bMänälger Antrag der Herren Abgeordneten Welte, L^einzle, Nägele und Büchels. Hoher Landtag! Bekanntlich ist in unserem Lande Vorarlberg die Landwirthschaft doch als ein hervorragender Erwerbs­ zweig der Bevölkerung zu betrachten. Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung hat hierzulande der Korn- und Obstbau. Nun aber sind gerade in diesem Zweige des Landwirthschaftsbetriebes Feinde ausgetreten, die nur durch eigene Abwendungsmittel der Landwirthe bei den momentanen Verhältnissen nicht mehr mit Erfolg bekämpft werden können. Der Oekonom sät im Herbste oder Frühjahr das Korn, bepflauzt die Maisfelder, doch kaum ist diese Saat der Erpe übergeben, kommen Schaaren gefräßiger Vögel, namentlich Raben, Nebel­ krähen u. s. w. und scharren sie heraus, um dieselbe mit Gier zu verzehren, so daß oft nur ein schwacher Theil davon kommt und sprießen kann. Ist nun die Saat theilweise dennoch durchgekommen und hat die Witterung ihre Schuldigkeit gethan, so daß zu Beginn der Herbstzeit eine gute Ernte zu erwarten stünde, dann kommen abermals dieselben Feinde, um ihren Ueberbleibsel mit noch größerer Gier vollends zu ernten, wenn nicht die Frucht vorher halbreif eingeheimst wird. Zu diesen Unholden gesellen sich auch uoch die Dachse, die den Mais aber schon vor dessen Reifwerden brauchen können, sowie diese Thiere sich die reifen Trauben auch schmecken lassen. Ueberdieß wollen die Schädlinge auch Abwechslung ihres Tisches, indem sie theils der Kerne wegen, theils wegen der Frucht selbst auch Stein- und Kern-Obst heimsuchen, wobei ihnen das bekannte Nagethier Eich­ hörnchen hilfreich zur Seite steht. Der Landwirth hat Wohl das Recht, diese Thiere abzuhalten, aber nur ohne Schießgewehre. Auf diese Weise ist es ihm jedoch absolut unmöglich, den Schaden abzuwenden. Man unterschätze ja nicht diese anfangs kleinlich scheinenden Schäden, sie summiren sich enorm und resultiren unvermeidlich in kurzer Zeit das Aufgeben der Maispfianzung und die Erschwerung anderer Kornkultur, sowie des Obst- und Weinbaues durch unabwendbare, unaufhaltsam mehr sich steigende Schädigung derselben. Allerdings sagt das L.-G. vom 1. Oktober 1887, insbesondere § 1 letzter Absatz: „Der Ab­ schuß der behaarten sowohl als auch der befiederten Raubthiere kann und soll zu jeder Jahreszeit erfolgen", doch diese Gesetzesbestimmung bleibt ein frommer Wunsch, da ja außer dem mit einer Jagd­ 83 IX. der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger LandagcS. I. Session. 7. Periode 1890. karte versehenen Jäger niemand, selbst auf seinem eigenen Grundstücke, mit einem Gewehre auch nur straflos herumgehen, geschweige auf solche Thiere schießen darf. Der hiezu berechtigte Jäger aber erlegt höchstens nach Willkür etwa einen Dachs, die anderen Schädlinge haben für ihn keinen Werth, er hat auch nicht für deren angerichtete Schäden aufzukommen und auf diese Weise müssen in nicht zu langer Zeit diese Thiere sich derart vermehren, daß verschiedene Kulturarten nahezu unmöglich mehr gepflanzt werden können. Sonach steht der Landwirth nach dermaligen Verhältnissen bei dem Stande der Gesetzgebung in dieser Bedrängniß hilf- und wehrlos da, indem ihm einstheils die Selbsthilfe genommen ist und anderntheils er auch auf einen Schadenersatz keinen Anspruch erheben kann. Wohl mit Recht schreit daher derselbe um Hilfe, nicht etwa des Vergnügens willen, sondern um Schutz seines Nothwendigsten, ja des täglichen Brotes für die Seinen (die hungernden Kinder) und wohin müßte es führen, wenn diesem Nothschrei kompetenterseits kein Gehör gegeben, aber mit Strenge die großen Lasten verlangt werden, ohne die Produktionsfähigkeit des bedrängten Landwirthes zu schützen? Diesem gerechten Nothrufe zufolge stellen die gefertigten Landtags-Abgeordneten an den hohen Landtag folgenden selbständigen Antrag: Der hohe Landtag wolle in einer ihm angemessenen Weise dahin wirken, daß solche der Landeskultur schädlichen Thiere mit Schießgewehren vom Grundeigenthümer oder dessen Bediensteten zu jeder Zeit erlegt werden dürfen und sollen. Bregenz, 16. Oktober 1890. Welte, Landtagsabgeordneter der Landgemeinden. Jos. Heinzle, Landtagsabgeordneter der Landgemeinden I. Nägele, Abgeordneter. Josef Büchele, Abgeordneter. 84