18901028_ltb0211890_Bericht_Volkswirtschaftsausschuss_Viehseuchenverschleppung

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Letzte Änderung 01.07.2021, 19:38
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1890,ltb1890,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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Inhalt des Dokuments

XXI. der Beilogen zu den steriogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. I. Session. 7. Periode 1890. Beilage XXL des volkswirthschaftlichen Ausschusses über den selbstständigen Antrag des Abge­ ordneten Fink betreffend die Verschleppung von Viehseuchen. Höhet Landtag! 1 In bfem genannten Anträge wird hervorgehoben, daß Viehseuchen, insbesonders die Maul- und Klauenseuche in den letzten Jahren wiederholt aufgetreten seien, und daß dadurch der Handel und Verkehr gehemmt und die Viehbesitzer schwer geschädiget werden. Es wird daher beantragt, „der hohe Landtag wolle die geeigneten Schritte thun und sich bei der hohen k. k. Regierung dahin verwenden, daß diesem Uebelstande nach Thunlichkeit abgeholfen werde." Der Ausschuß glaubt nicht des Näheren auf die Gefahr der Verschleppung der Thierseuchen, die hier zu Lande, wie anderwärts besteht, und mehr oder weniger immer bestehen wird, Hinweisen zu müssen, denn es ist wohl außer allem Zweifel sichet, daß solange ein reger Viehverkehr besteht, die Gefahr zur Eint und Verschleppung der Thierseuchen nie ganz ausgeschlossen sein wird. Sicher ist auch, daß der Fortschritt in Bezug auf die Verkehrsmittel (Eisenbahnen re.) die Seuchen­ gefahr eher befördert, als vermindert. Auch ist es selbstverständlich, daß durch den Ausbruch und die Verbreitung der Thierseuchen den Viehbesitzern, sowie auch der Handel und Gewerbetreibenden Bevölkerung eines Landes oder einzelner Landestheile oft ein enormer Schaden erwächst. Dessenungeachtet ist der Ausschuß weit entfernt der Beeinträchtigung des Handels und Verkehrs das Wort zü sprechen. Dagegen tztäübt der Ausschuß es könnte die Gefahr der Verbreitung von Thierseuchen bedeutend vermindert werden, wenn die bezüglichen bestehenden Gesetze und Vorschriften von den hiezu berufenen Faktoren ickmer genau und gewissenhaft angewendet würden. Diesbezüglich ist det Ausschuß der Ansicht, daß sich trotz der wiederholten Belehrungen und Mahnungen der staatlichen Behörden bei einzelnen Organen namentlich bei einem Theile der Ge­ meindevorstehungen eitle gewisse laxe, ungleichmäßige Durchführung der zum Schutze gegen die Ein­ schleppung und Verbreitung der Thierseuchen bestehenden Gesetze und Vorschriften, eingeschlichett ha^ Das Gesetz dom 29. Februar 1880 R.-G.-Bl. No: 85 betreffend die Abwehr und TilgstNL' ansteckender ThietkränkhLiten sagt htt § 7 Hausthiere, welche mit einer ansteckenden Krankheit be° 145 Beilage XXL XXL der Beilagen zu den stenogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. haftet oder derselben, wenn auch nur in Folge gleichen Standortes oder gemeinsamer Wartung ver­ dächtig sind, dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden." Die zu diesem Gesetze erschienenen Durchführungs-Verordnung der Ministerien des Innern, der Justiz, des Ackerbaues und des Handels vom 12. April 1880 R.-G.-Bl. No. 36 führt weiter aus: „Zur Hintanhaltung von Gefahren, welche in Folge Zusammentreffens von Vieh „im gleichen Standorte entstehen können, wird Folgendes angeordnet: „Viehhirten dürfen das in einem Orte neu eingebrachte Vieh ohne Bewilligung „des Ortsvorstehers in die Gemeindeherde nicht aufnehmen, „Fleischschauer haben das Schlachtvieh von ihrem Nutzvieh abgesondert zu halten „und dürfen Ersteres nicht auf die gemeinsame Weide bringen, „Gastwirthe haben fremde bei ihnen eingestellte Thiere von dem eigenen Viehstande „fern zu halten und für die jedesmalige Reinigung der von den fremden Thieren be„nützten Stallräume und Futtergeräthe Sorge zu tragen." Gegen diese Gesetzesbestimmungen wird wohl fast durchgehends viel gesündrget. Es dürfte wohl äußerst selten vorkommen, daß in einem Orte neu angekommenes Vieh erst nach vorher von der Orrsvorstehuug eingeholter Bewilligung mit dein Viehstande der übrigen Orts­ bewohner vereiniget wird. Noch mehr dürfte gegen das zweite Alinea der citirten Durchführungs­ verordnung gefehlt werden. Wie oft kommt es nicht vor, daß Schlachtvieh in den Ställen oder an den Brunnen der Metzger mit Nutzvieh zusammen kommt und vielleicht mehrere Tage ja Wochen, im gleichen Stalle gehalten wird. Gerade hierin liegt eine sehr große S euch enge fahr. Das Schlachtvieh kommt in kurzer Zeit per Eisenbahn aus den verschiedenen Kronländern in unser Land. Die Provenienz dieser Thiere ist oft schwer zu beurtheilen. Wenn nun solches Schlachtvieh in den Stallungen der Metzger mit dem Nutzvieh gleichen Standort hat, liegt, im Falle ein Seuchenausbruch vorkommen sollte, die Gefahr nahe, daß nicht blos das Nutzvieh des Metzgers auch durchseucht werde, sondern daß die Seuche noch größere Ver­ breitung annehme, weil dem Nutzvieh des Metzgers der freie Verkehr mit anderem Nutzvieh offen steht. Das III. alinea der zitirten Durchführungs-Verordnung betreffend die Vorsichtsmaßregeln, welche die Wirthe beim Einstellen fremden Viehes und nach Abtrieb desselben in Betreff Reinigung der Ställe zu beobachten hätten, wird wohl — wenige Ausnahmen abgerechnet — so zu sagen nicht beachtet. Die Metzger und Treiber sitzen oft stundenlange in Wirthsstuben, während welcher Zeit die fremden Thiere meistens mit dem Nutzvieh des Wirthes im gleichen Stalle stehen. Die gerügten Uebelstände abzustellen, wäre in erster Linie Sache der Gemeindevorsteher, diese könnten da, wenn sie ihre Aufgabe richtig erfassen und energisch durchführen würden, zur Hintan­ haltung der Verschleppung von Thierseuchen sehr viel beitragen. Sehr zweckdienlich erscheint auch die getroffene Verfügung, daß das vom Schlachtviehmarkte in Bregenz nach St. Margarethen in der Schweiz zu befördernde Vieh nicht über die Straßen oder das Feld getrieben werden darf, sondern, daß dasselbe per Bahn befördert werden muß. Wenn nun eine derartige Bestimmung auch bezüglich derjenigen Thiere getroffen würde, welche nach an der Bahn liegenden Vorarlberger Gemeinden befördert werden, würde die Seuchengefahr vermindert und eine solche Verfügung von der Bevölkerung gewiß mit Freuden begrüßt werden. Sehr wichtig ist auch, daß die bestehende Bestimmung, wonach auf Schlachtviehmärkten unter Umständen kein Nutzvieh aufgetrieben werden darf, genau beobachtet werde. Die Kontrolle, welche die Gemeindevorsteher über das in die Gemeinde eingeführte Vieh halten sollten, würde dadurch erleichtert, wenn die Marktkommissionen der Schlachtviehmärkte in allen Fällen die Vorstehungen jener Gemeinden, nach welchen das Vieh abgeführt wird, sofort verständigen würden, daß und von wem Vieh in die Gemeinde eingeführt werde. Eine derartige Verständigung würde für die betreffenden Vorsteher zugleich eine Mahnung sein, ordnungsmäßig Nachschau zu halten. 146 I. Session der 7. Periode 1890. Beilage XXI. Von Seite der politischen Behörden sind schon viele zeitgemäße Erlässe und Anordnungen in Betreff Kontumacirung von aus der Schweiz eingeführten Viehes, in Betreff der Absonderung von Schlacht- und Nutzvieh u. s. w. ergangen. Diese Erlässe, besonders die auf Kontumacirung Bezug habenden, werden von den verschiedenen Vorstehungen, insbesondere in Betreff der Dauer der Wirk­ samkeit derselben, auch verschieden ausgelegt. Ebenso erlangt, bei dem Umstande als in der Person des Gemeindevorstehers öfters ein Wechsel stattfindet, mancher neue Vorsteher nicht einmal Kenntnis von solchen speziellen Verfügungen der Behörden. In Anbetracht dieser Umstände glaubt der Ausschuß es wäre zur Erzielung eines einheitlichen möglichst wirksamen Vorganges bezüglich Vorkehrungen zur Verhütung der Einschleppung und Ver­ breitung von Thierseuchen, sehr zu empfehlen, wenn eine allgemeine Instruktion erlassen würde, in welcher die betreffenden zur Verhinderung von Thierseuchen berufenen Organe, namentlich die Ge­ meinde-Vorstehungen, eine genaue Weisung erhielten, wie sie diesbezüglich pflichtgemäß zu handeln haben. Eine derartige Instruktion wäre ohne Zweifel geeignet dazu beizutragen, daß die in veterinär­ polizeilicher Hinsicht bestehenden, den Schutz gegen die Einschleppung und Verbreitung von Thier­ seuchen betreffenden Gesetze und Verordnungen, viel gleichmäßiger und präziser durchgeführt würden. Die strenge Durchführung der bezüglichen Anordnungen seitens der hiezu Berufenen würde gewiß zur Folge haben, daß einerseits der Kredit der Vorarlberger Viehmärkte immer mehr gehoben, andererseits die den Verkehr hemmenden und insbesondere die Vieh- und Milch-Wirthschaft treibende Bevölkerung schwer schädigenden Viehseuchen weniger oft auftreten würden. Der volkswirtschaftliche Ausschuß stellt daher den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: , , a) Die hohe k. k. Regierung wird angegangen, die in dem vorstehenden Berichte an­ gedeuteten, sowie überhaupt die ihr etwa weiters nothwendig oder angemessen er­ scheinenden Maßnahmen zur Hintanhaltung der Verschleppung von Thierseuchen zu treffen und für deren geeignete Durchführung Sorge zu tragen. b) Die hohe k. k. Regierung wird ersucht zur leichteren Uebersicht und Handhabung der veterinärpolizeilichen Vorschriften die in den einzelnen Gesetzen und Verord­ nungen zerstreut liegenden Bestimmungen in eine besondere Instruktion für die betreffenden Organe insbesondere die Gemeindevorstehungen zusammen zu fassen." Bregenz, den 28. Oktober 1890. Johan« Thrrrnher, Jodok Rins, Obmann. Berichterstatter. 147