18901016_ltb0051890_Prüfungsausschussbericht_Landtagswahlen

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Letzte Änderung 01.07.2021, 19:37
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1890,ltb1890,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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V, der Beilagen zu den sterwgr. Protokollen der Vorarlberger Landtags. I. Session. 7. Periode 1890. Beilage V. des zur Prüfung der Landtags-Wahlen eingesetzten Ausschusses. Hoher Landtag! Der zur Prüfung der Landtagswahlen eingesetzte Ausschuß hat die ihm zugewiesenen Landtags­ Wahlakten der Durchsicht unterzogen und hiebei die Wahlen sämmtlicher Abgeordneten für richtig befunden. Der gefertigte Ausschuß kann jedoch nicht umhin, auf einen ganz wichtigen, dem Geiste des Gesetzes nicht entsprechenden Vorgang bei den diesjährigen Landtagswahlen aufmerksam zu machen. In den Bezirken Feldkirch und Bludenz wurde nämlich, abweichend vom bisherigen Usus die Vermögenssteuer den Wählern des III. Wahlkörpers zur Feststellung ihrer Wahlbefähigung zum Landtage nicht mehr in Anrechnung gebracht, während dieses im Bezirke Bregenz zumeist geschah und auch von der k. k. Bezirkshauptmannschaft Bregenz durch eigenen Erlaß die Gemeinde-Vor­ stehungen auf die Vorschrift der Einbeziehung dieser Steuer aufmerksam gemacht wurden. Die Eliminirung der Vermögenssteuer aus den zur Erlangung des Wahlrechtes anrechenbaren Steuern entspricht nicht dem Gesetze, nicht der Logik und auch nicht der bisherigen Gepflogenheit. §. 6 L.-W.-O. setzt fest, daß die Wähler des I. und n. Wahlkörpers, dann vom III. jene, die mindestens 5 fl. an direkten Steuern zahlen, das Wahlrecht für den Landtag besitzen. Hin­ sichtlich der direkten Steuern ist im Gesetze keine Beschränkung gemacht und keineswegs ausgesprochen, daß nur die direkten ärarischen Steuern zu gelten haben, sondern es wird sich einfach diesbezüglich auf die G.-W.-O. und die Gemeindewählerliste bezogen, welche letztere ja die Grundlage der Land­ tagswählerliste zu bilden hat. Nach der G.-W.-O. ist bei Anfertigung der Wählerliste die Steuer­ schuldigkeit neben dem Namen jeden Wählers einzusetzen und nachdem § 6 Abs. 2 L.-W.-O. aus­ drücklich festsetzt, daß alle Wähler des I. und II. Wahlkörpers ohne Rücksicht auf ihre Steuer­ schuldigkeit, dann jene des HI. soweit sie 5 fl. direkte Steuer zahlen auch das Wahlrecht zum Landtage besitzen, so kann diese Bestimmung naturgemäß und logisch nur so aufgefaßt werden, daß alle jene, denen in der Gemeindewählerliste im III. Wahlkörper ein Steuerbetrag von mindestens 5 fl. vorgeschrieben erscheint, auch in die Wählerliste für den Landtag ausgenommen werden müssen. Jede andere Auffassung und Auslegung ist unlogisch und verkehrt. 55 Beilage V. V. der Beilagen zu den stcnogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. Nach der in bett Bezirken Feldkirch und Bludenz beliebten Auslegung und Handhabung des § 6 L.-W.-O. wurde die Vermögenssteuer wohl den Wählern des I. und II. Wahlkörpers ang erechnet, nicht aber jenen des III. Aus ersteren konnten eine Reihe Personen das Wahlrecht ausüben, die keinen Kreuzer an direkten ärarischen Steuern entrichten, aus dem III. aber eine sehr große Anzahl solcher nicht, die direkte und Vermögenssteuer entrichten. Ein solcher Vorgang widerspricht aber nicht nur jeder Logik, sondern involvirt auch eine Ungerechtigkeit gegen die Wähler des III. Wahl­ körpers in hohem Grade. Es lag aber zu diesem Schritte zudem nicht die geringste Veranlassung vor. Seit dem Beginne der verfassungsmäßigen Wirksamkeit des Landtages wurde mit vielleicht verschwindenden Ausnahmen allerorts und jederzeit die Vermögenssteuer in die anrechenbare Steuer­ schuldigkeit einbezogen und zwar nicht nur bei den Landtagswahlen, sondern seit Einführung der direkten Reichsrathswahlen auch bei diesen. Es stiegen niemals darüber Zweifel auf, daß § 6 L.-W.-O. anders als in diesem Sinne gedeutet werden könnte und würde, sonst hätte bei der im Jahre 1885 vollzogenen Revision der L.-W.-O. dieser damals unverändert gelassene Passus sicher eine andere Fassung erhalten. Der Wahlprüfungs-Ausschuß ist aus den vorangeführten Gründen der Ansicht, es seien die Wählerlisten in den Bezirken Feldkirch und Bludenz nicht nach gesetzlicher Vorschrift verfaßt, er findet aber dennoch aus mannigfachen Gründen sich nicht veranlaßt, sich gegen die Giltigkeit der dortselbst vollzogenen Wahlen auszusprechen. Es darf als sicher angenommen werden, daß die Nichteinbeziehung der Vermögenssteuer auf die schließlichen Wahlresultate mit vielleicht alleiniger Ausnahme jenes von Bludenz einflußlos blieb und auch bei dieser Stadt kann wohl nicht nachgewiesen werden, daß durch den Einbezug der Ver­ mögenssteuer ein anderes Resultat erzielt worden wäre, und dürfte letzteres um so weniger der Fall sein, da keinerlei Proteste gegen die Giltigkeit der dortigen Wahl eingebracht wurden. Uebrigens hat die k. k. Statthalterei ergriffene Berufungen gegen die Nichteinbeziehung der Ver­ mögenssteuer abgewiesen und es würde durch Anullirung von Wahlen ein Conflikt zwischen Regierung und Landesvertretung hervorgerufen. Für die Zukunft soll aber derartigen Verhältnissen und Vorgängen vorgebeugt werden. Es stehen in dieser Hinsicht drei Wege offen und zwar entweder: a) Ergänzung des § 6 Punkt a. L.-W.-O. dahingehend, daß ausdrücklich hervorgehoben wird, die Vermögenssteuer habe gleich den direkten ärarischen Steuern eingerechnet zu werden, oder b) Aenderung des § 6 L.-W.-O., dahingehend, die Vermögenssteuer dürfe überhaupt, also auch nicht den Wählern des I. und II. Wahlkörpers angerechnet werden, oder endlich c) Abänderung der G.-W.-O. nach der Richtung, daß die Vermögenssteuer überhaupt gleich andern Gemeinde- und Landes-Zuschlägen fortan nicht mehr in die für die Wahlbefahigung anrechenbare Steuerschuldigkeit einbezogen werde. Es soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden, welcher dieser Wege der zeitentsprechendste sei, da zur Regelung dieser Frage auch noch andere Faktoren ihr Votum abzugeben haben. Es empfiehlt sich daher gerade aus diesem Grunde, nicht sofort auf Abänderung der bezüglichen Gesetzes­ bestimmungen einzugehen, sondern sich vorerst mit der hohen k. k. Regierung darüber ins Benehmen zu setzen. Der angemessenste Weg dürfte demnach wohl der sein, den Landesausschuß mit den nöthigen dahingehenden Vorarbeiten zu betrauen. Im Uebrigen war der Verlauf der Wahlen ein dem Gesetze entsprechender, es liegen keine Wahlrekurse vor, und ergibt sich auch aus den Akten kein weiterer Anstand. Der Wahlprüfungs-Ausschuß erhebt daher folgende Anträge: I. Der hohe Landtag wolle die vollzogenen Wahlen genehm halten und die Gewählten zur Ausübung ihrer Mandate zulassen und zwar: 56 Beilage V. L Session der 7. Periode 1890. 1. Die Herren: Jodok Ant. Fritz, Altlehrer in Mittelberg, Jodok Fink, Gemeindevorsteher in Andelsbuch, Josef Büchele, Gemeindevorsteher in Lauterach, Bartholomä Berchtold, Dekan in Hittisau und Joh. Georg Greißing, Gemeindevorsteher in Hohenweiler als Abgeordnete für die Landgemeinden der Gerichtsbezirke Bregenz-Bregenzerwald; 2. die Herren: Peter Paul Welte, Vorsteher in Zwischenwasser, Jakob Nägele, Vorsteher in Gaißau, Engelbert Bösch, Altvorsteher in Lustenau und Johann Thurnher, Reichsraths­ abgeordneter in Dornbirn als Abgeordnete für die Landgemeinden der Gerichtsbezirke Feldkirch-Dornbirn. 3. die Herren: Martin Reisch, Gemeindevorsteher in Frastanz, Ignaz Dietrich, Gemeinderath in Braz, Gottfried Schapler, Gemeindevorsteher in Vandans und Ferdinand Rüf, Alt­ vorsteher in Raggal; 4. den Herrn Andreas Fetz Dr. jur., Bürgermeister, als Abgeordneter der Stadt Bregenz; 5. die Herren: Adolf Rhomberg, Fabriksbesitzer und Martin Thurnher, Lehrer als Abge­ ordnete des Marktes Dornbirn; 6. den Herrn Gebhard Beck Dr. med. als Abgeordneter der Stadt Feldkirch; 7. den Herrn Josef Wolf, Bürgermeister, als Abgeordneter der Stadt Bludenz; 8. den Herrn Joh. Georg Waibel Dr. med., Bürgermeister in Dornbirn, als Abgeordneter der Handels- und Gewerbekammer in Feldkirch. . n. Der Landausschuß wird beauftragt, im Einvernehmen mit der hohen k. k. Regierung Ge­ setzesvorlagen vorzubereiten, die volle Klarheit über Einbezug oder Nichteinbezug der Ver­ mögenssteuer zur Bemessung der Ausübung des Wahlrechtes für die Landtagswahlen herbei­ führen und dieselben dem Landtage in nächster Session in Vorlage zu bringen. Bregenz, I am 16. Oktober 1890. Jodok Fink, Mart. Thurnher, Obmann. Berichterstatter. — 57