18901027_ltb0181890_Schulausschussbericht_Gesetzentwurf_Religionsunterrichtsentlohnung_Volksschulen

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Letzte Änderung 01.07.2021, 19:38
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltm_,ltp07,lt1890,ltb1890,ltb0
Dokumentdatum 2021-07-01
Erscheinungsdatum 2021-07-01
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XVIII. der Bellagen zu den stcnogr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. I. Session. 7. Periode 1890. Beilage XVIII. W erdicht des Schulausschusses über den von der hohen Regierung vorgelegten Gesetzentwurf betreffend die Entlohnung des Religionsunterrichtes an den öffentlichen Volksschulen und über das damit in Verbindung stehende Ansuchen des Gemeindeausschusses und Grtsschulrathes in Dornbirn um votirung des Katechetengesetzes. Hoher Landtag! Vor zwei Jahren wurde auch dem Landtage von Vorarlberg ein Gesetzentwurf seitens der hohen k. k. Regierung vorgelegt betreffend die Entlohnung des Religionsunterrichtes an den öffentlichen Volksschulen. Der zur Vorberathung und Berichterstattung hierüber berufene Schulausschuß stellte da­ mals den Antrag: „Der Landesausschuß wurde beauftragt, den als Regierungsvorlage eingebrachten „Gesetzentwurf betreffend die Entlohnung des Religionsunterrichtes an den öffentlichen „Volksschulen mit Rücksicht auf die bisherige prinzipielle Stellung des Landtages zur „bestehenden Schulgesetzgebung zu prüfen, denselben eventuell im Einvernehmen mit der „hohen Unterrichtsverwaltung den eigenartigen Verhältnissen des Landes entsprechend ab„zuändern und in nächster Session neuerlich in Vorlage zu bringen." Dieser Antrag wurde vom Landtage in der Sitzung vom 4. Oktober 1888 zum Beschlusse erhoben. Gemäß dieses Beschluffes hat der Landesausschuß den in Rede stehenden Gesetzentwurf in Vor­ berathung gezogen, und dessen seinerzeitige Vorlage im Landtage laut Bericht des Rechenschaftsberichtsausschuffes ad C 12 vom Jahre 1889 in Aussicht gestellt. In diesem Stadiuni befand sich der in Rede stehende Gegenstand am Schluffe des vorjährigen Landtages. Seither hat der Landesausschuß den Gesetzentwurf einem Subcomitä zur Vorberathung zugewiesen. Das Resultat dieser Berathung ist der nachstehende am 6. September 1890 Punkt 11 (per majora) beschlossene Antrag des Landesausschusses, welcher mit der Motivirung lautet, wie folgt: Hoher Landtag! „In der Session des Jahres 1888 wurde der von der hohen Regierung eingebrachte „Gesetzentwurf über die Entlohnung des Religionsunterrichtes in Verhandlung gezogen, „schließlich aber, nachdem bezüglich der Fassung einzelner Bestimmungen ohne Erfolg 103 Beilage XVIII. • * XVHL der Beilagen zu den sterwgr. Protokollen des Vorarlberger Landtags. „Verhandlungen stattgefunden, dem Landesausschufse mit der Aufgabe zugewiesen, in Rück„sicht auf die prinzipielle Stellung des hohen Landtages zur bestehenden Schulgesetzgebung „den Gesetzentwurf zu prüfen, eventuell denselben im Einvernehmen mit der hohen „Unterrichrsverwaltung den eigenartigen Verhältnissen des Landes entsprechend abzuändern „und neuerlich in Vorlage zu bringen. „In Erledigung dieses Auftrages hat der Landesausschuß diesen Gesetzentwurf „einem Subcomitö zur Vorberathung zugewiesen und findet nun auf Grund des von „diesem Comits gestellten Antrages folgendes zu berichten: „In der Session des Jahres 1872 (XV. Sitzung am 7. Dezember) hat die „Landesvertretung anläßlich der von 42 Gemeinden gegen die neuen auf das Prinzip „der konfessionslosen Staatsschule gegründeten Schulgesetze erhobenen Beschwerden zu „diesen Gesetzen in der Weise Stellung genommen, daß sie weder in eine Abänderung, „noch überhaupt in eine Verhandlung derselben einzugchen erklärt hat, insolange die „prinzipielle Grundlage dieser Schulgesetzgebung fortbestehe. Diesen Standpunkt hat die „Vertretung des Landes Vorarlberg durch 18 Jahre konsequent festgehalten und jede „Weiterentwicklung der nach ihrer Auffassung grundsätzlich verfehlten Schulgesetzgebung „mit Entschiedenheit abgelehnt. „Wird nun der vorliegende Gesetzentwurf nach der Gesammtheit seiner Bestimmungen „ins Auge gefaßt, so unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß derselbe nur in seiner Eingliederung „in den Organismus des heutigen Schulwesens als durchführbar gedacht werden kann. „Die Annahme eines solchen Gesetzes müßte somit als ein Aufgeben des bisherigen sowohl „religiösen als politischen Standpunktes in der Schulfrage betrachtet werden. „Bei solcher Lage der Dinge mußte sich der Landesausschuß die Frage vorlegen, „ob eine hohe Landesvertretung sich bestimmt finden könnte, diese ihre bisherige Stellung „zum Volksschulwesen zu ändern. Nun sind ihm aber Gründe von entscheidendem Ge„ wichte für eine solche Aenderung nicht bekannt und er findet sich daher nicht in der Lage „einen Gesetzentwurf, dex diese Aenderung der prinzipiellen Haltung des Landtages zur „Voraussetzung hätte, zur Annahme zu empfehlen. Insbesondere schiene ihm auch der „Moment, wo die Frage der Regulirung der Lehrergehalte auf der Tagesordnung steht, „eine Frage von ungleich größerer Tragweite, zur Verhandlung des vorliegenden Gesetzent„Wurfes nicht geeignet. Der Landesausschuß stellt daher den Antrag: „Es sei vom hohen Landtage in eine Verhandlung des vorliegenden Gesetzentlvurfes „über die Entlohnung des Religionsunterrichtes an den öffentlichen Volksschulen dermalen „nicht einzugehen." i Bregenz, den 30. Juli 1890. Der Landes-Ausschuß. Der Schulausschuß kann nicht vermuthen, daß der hohe Landtag seinen prinzipiellen Standpunkt gegenüber der Volksschulgesetzgebung verändert habe und soweit gehen werde, auch für die gesetzliche Eingliederung des katholischen Religionsunterrichtes in den Organismus einer auf kon­ fessionsloser Grundlage stehenden Schule zu wirken. Der katholische Regionsunterricht ist nicht ein lediglich neben den anderen Lehrgegenständen parallel laufendes Lehrfach, sondern ein Zweig der durch die katholische Kirche und ihre Organe zu übenden Seelsorge behufs Erziehung des Menschen zum übernatürlichen Gnadenleben. Deshalb muß auch der katholische Religionsunterricht oder die Kate­ chese denjenigen Organen unterstehen, welche die Seelsorge überhaupt und auf den übrigen Gebieten 104 I. Session der 7. Periode 1890. Beilage XVIII. zu besorgen haben. Die Stellung des Katecheten zur Schule ergiebt sich hieraus von selbst, wie dies auch in der Note des hochwürdigsten f.-b. Generalvikariates in Feldkirch vom 6. August 1888 an Len hohen k. k. Landesschulrath ausdrücklich betont wird, deren Schlußsatz lautet: „Schließlich kann das Generalvikariat nicht umhin zu bemerken, daß es sicher weder im „Interesse der Schule noch der Religionslehrer selbst liegen würde, wenn diese dem „Schulleiter ebenso wie andere Lehrer untergeordnet werden sollten. Der Religions„lehrer wird sich einer wohlgeordneten Schulordnung unterwerfen, aber als Priester „und Neligionslehrer doch unter der Jurisdiction des Bischofes „stehen müssen." Gegenüber den bisher erörterten prinzipiellen Bedenken gegen ein sofortiges Eingehen in eine Verhandlung des in Rede stehenden Gesetzentwurfes vermögen nach der Ansicht des Schulausschusses etwaige der thatsächlichen materiellen Stellung der Katecheten entnommenen Gründe nicht aufzukommen. Bekanntlich enthält § 3 alinea 1 des Reichsgesetzes vom 17. Juni 1888, R.-G.-B. Nr. 99, die einschränkende Bestimmung, daß ein Katechet für die Besorgung des Religionsunterrichtes nur an den höheren Klassen einer mehr als dreiklassigen Volksschule oder an einer Bürgerschule auf eine Ent­ lohnung Anspruch hätte, welche Bestimmung sich auch in dem Gesetz-Entwürfe nach den Beschlüssen des k. k. Landesschulrathes für Vorarlberg vom 30. August 1888 im § 1 wieder findet. Dort lautet § 1: „An jeder öffentlichen Volksschule mit mehr als drei Klassen sind die Religionslehrer „entweder mit festen Bezügen oder mit Remunerationen zu bestellen." Nun ist aber thatsächlich mit Ausnahme der drei Städte und des Marktes Dornbirn die Anzahl solcher Schulen in Vorarlberg eine verschwindend kleine, so daß dem allergrößten Theile der Katecheten, welche in den Landgemeinden mitunter bei bedeutenden Wegschwierigkeiten den Religionsunterricht zu ertheilen haben, mit dem Gesetze keinerlei Vortheil erwachsen würde. Zudem dürfte es fraglich sein, vb und in wie weit auch die Katecheten in den Städten und in den wenigen größeren Ortschaften, in welchen sich vier- oder noch mehrklassige Schulen befinden, gegenüber ihren bisherigen Bezügen günstiger gestellt würden. Immerhin dürfte aber für den hohen Landtag die Hauptschwierigkeit in seiner prinzipiellen Stellung gegenüber der dermal bestehenden Schulgesetzgebung liegen. Diese Haupt­ schwierigkeit würde nicht allein in der uns vorliegenden Frage, sondern and) in anderen die Schule betreffenden Fragen entfallen, wenn es der hohen Regierung gefallen würde, eine Reform der Schul­ -gesetzgebung im Sinne der vom hochwürdigsten Episkopate veröffentlichten Erklärung vorzunehmen. Auf Grund der vorstehenden Ausführungen hat das landtägliche Schulcomitö einstimmig beschlossen, dem vom Landesausschusse an den hohen Landtag gestellten Anträge beizupflichten. Ueberdieß hat dasselbe Comitä den Beschluß gefaßt, anschließend an den obigen — dem hohen Landtag einen zweiten Antrag zu unterbreiten, betreffend die auf seiner grundsätzlichen Stellung zu den Schulgesetzen beruhenden Schwierigkeiten bei Verhandlung der Schulfragen. Der Schulausschuß stellt demnach folgende Anträge: I. Es sei vom hohen Landtage in eine Verhandlung des vorliegenden Gesetzentwurfes über die Entlohnung des Religionsunterrichtes an den öffentlichen Volksschulen dermalen nicht einzugehen. II. Indem der Landtag der Erklärung des hochwürdigsten Episkopates Oesterreichs, dto. Pfingstsonntag 1890, seine volle Zustimmung gibt, wird die hohe k. k. Regierung auf Grund des 19 L.-O. angegangen, ehethunlichst eine Reform der Schulgesetzgebung im Sinne der genannten Erklärung einzuleiten. Bregenz, 27. Oktober 1890. Johannes Zobl, Bartholomäus Berchtold, Berichterstatter. Obmann. 105