18691012_ltb0131869_Ausschussbericht_Gesetzentwurf_Volksschulgesetz_Lehrerstandsrechtsverhältnisse

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Letzte Änderung 03.07.2021, 05:42
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp02,ltb0,ltb1869,lt1869,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-30
Erscheinungsdatum 2021-06-30
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103 Bericht des Ausschusses zur Berathung der Gesetz-Entwürfe betreffend die Regelung der Errichtung, der Erhaltung und des Besuches der öffentlichen Volksschulen, dann die Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrstandes an den öffentlichen Volksschulen des Landes Vorarlberg. Hoher Landtag! Nach dem Grundgesetze vom 21. Dezember 1867 über die Reichsvertretung, §. 11 i. gehört die Feststellung der Grundsätze des Unterrichtswesens bezüglich der Bolksschulen und zum Wirkungskreise des Reichsrathes. Gymnasien Da die nicht ausdrücklich dem Reichsrathe vorbehaltenen Ge­ genstände der Gesetzgebung nach §■ 12 des citirten Grundgesetzes der Competenz der Landtage zuge­ wiesen sind, fallen in die letztere alle jene das Volksschulwesen betreffenden gesetzlichen Bestimmungen, welche sich als Ausführungen der vom Reichsrathe in dieser Beziehung festgestelllen Grundsätze dar­ stellen. AlS demnach durch das Reichsgesetz vom 21. Mai 1868 grundsätzlich der Wirkungskreis des Staates bezüglich der Volksschulen bestimmt und die Einflußname geregelt war, welche nach den dermalen herrschenden Rechtsanschauungen? auch im Gebiete des „ Volksschulwesens demselben zustehen muß, wurde der Beschlußfaffung des h. Landtags in der vorigen Session der Gesetzentwurf, betreffend die Schulaufsicht, unterzogen, der seinem Inhalte nach als die Ausführung der grundsätzlichen Be­ stimmungen jenes Reichsgesetzes vom 21. Mai 1868 erscheint. Der hohe Landtag hat in seiner Ma­ jorität diesem Gesetzentwürfe im Allgemeinen zustimmen zu sollen geglaubt, und er hat damit, indem er zugleich der Kirche ihren berechtigten Einfluß auf die religiös wahrte, einen Act vollzogen, der in gleicher Weise der Kirche wie sittliche Erziehung der Jugend dem Staate, den beiden großen Gemeinwesen, welchen wir Alle angehören, gerecht wird. Schon während der Berathung des Gesetzes über die Schulaufsicht wurde mehrfach der Wunsch geäußert, baß das Volksschulwesen selbst, das Maß des Unterrichtes und das System dessel­ ben, daß ferner die RechtSverhältniffe des Lebrstandes einer gründlichen Reform unterzogen werden­ Wenn auch die verschiedenen Anschauungen und Verhältniffe auf das sorgfältigste geschont wurden, konnte doch die von den Mitgliedern des LehrstandeS selbst anerkannte Thatsache nicht übersehen wer ­ den, daß der Unterricht an den Bolksschulen jenen Anforderungen nicht entspreche, welche die auf to< allen Gebieten des Erwerbe», in allen Bereichen menschlicher Thätigkeit renz an jeden Einzelnen stellt. vielfach Jenem Wunsche kommt daS Volksschulgesetz vollsten Sinne des Wortes entgegen. vom Concur- gesteigerte U. Mai 1869 im Auch der prinzipielle Gegner der dermaligen Schulgesetzgebung wird nicht in Abrede stellen können, daß dieses Gesetz für die ausreichendste Heranbildung des Lehr» Personals in einem Maße Sorge trägt, wie dies nur überhaupt durch ein Gesetz geschehen kann, daß der Umfang der Schulgegenstände^und das Maß, in welchem jeder einzelne den Schülern beigebracht werden soll, die Anforderungen, welche bisher an die Volksschulen gestellt wurden, weiter hinter stch zurückläßt. — Die vorliegenden zwei Gesetzentwürfe sollen dazu dienen, das Volksfchulgesetz für unser Land in jenen Theilen zur Ausführung zu bringen, die verfassnngsgemäß zur tags gehören. Compelenz des Land­ Sachlich bilden sie demnach Ein Gesetz und werden dem entsprechend dem hohen Land­ tage im Zusammenhänge zur Behandlung vorgelegt. Der Ausschuß beantragt in würfen nicht unbedeutende Abänderungen der Regierungsvorlage. beiden Gesetz-Ent­ Da es über den Zweck und Aufgabe dieses Berichtes hinausgehen würde, dieselben einzeln zu besprechen, welche Ausgabe die natur­ gemäß der Verhandlung in dem hohen Hause vorbehalten bleibt, sollen hier nur einige die wichtigeren Abänderungen betreffende Erörterungen folgen. Durch die uns beschäftigenden Gesetze werden eine Reih< von Bestimmungen der politischen Schul- verfaffung, sowie nachträglicher Verordnungen zu derselben außer Kraft gesetzt werden. Manche der­ selben sind bereits durch die geänderten rechtlichen und politischen Verhältnisse und namentlich durch das Schulaussichtsgesetz gegenstandslos geworden. aber hängt davon Die Durchführung des Volksschulgesetzes überhaupt ab, daß über die Errichtung und Erhaltung der Volksschulen, den Schul­ besuch, die Bestreitung des Kostenaufwandes für das Volksschulwesen, die Verhältniffe des Lehrstandes gesetzliche Bestimmungen getroffen werden, die sich in den Rahmen jenes Gesetzes einstigen lassen und als Ausführung der Grundsätze desselben erscheinen. Sollen die Volksschulen qualitativ möglichst gut sein, darf nicht durch eine zu große Anzahl derselben die Aufbringung der gesteigerten Kosten guter werden. Schulen erschwert oder unmöglich gemacht Das Volksschulgesetz hat daher in dieser Richtung bereits eine Grenze gezogen, über welche hinaus nothwendige Volksschulen nicht errichtet werden sollen. Der vorliegende Gesetzentwurf über die Errichtung der Volksschulen nimmt auf besondere örtliche Verhältniffe, die den Besuch einer nothwen­ digen Volksschule erheblich erschweren könnten, infoferne angemessene Rücksicht, als es für diesen Fall die Errichtung von Expofituren oder Excurrendo-Stationen normirt. Was den Besuch der Schulen betrifft, glaubte der Ausschuß in der Richtung örtlichen Ver­ hältnissen Rechnung tragen zu sollen, daß in den Sommermonaten die Schulkinder unbeschadet ihrer nothwendigen Ausbildung von dem Besuche der Schule dispensirt werden können. In Anbetracht der Bestreitung des Aufwandes für das Volksschulwesen war ein Weg möglich dreifacher Es konnte dieselbe im Allgemeinen als Sache der betreffenden Gemeinden, oder wie die Regierungsvorlage es beabsichtiget, der Bezirke oder endlich des Landes erklärt werden. Die Frage ist um so wichtiger, als nicht übersehen werden kann, daß die Lasten, die der Ein­ zelne fortan für das Volksschulwesen zu tragen haben wird, in vielen, wenn auch nicht in allen Ge- 105 meinbett die erheblichste Steigerung erfahren werden. Wenn aber die Hebung des Volksschulwesens alt eine Aufgabe angesehen werden muß, der mau sich nicht entziehen kann und wenn diese Aufgabe sich nur unter der Voraussetzung erfüllen läßt, daß die materiellen Mittel für das Schulwesen ver« mehrt oder erhöht werden, in welchen beiden Richtungen kaum eine Einsprache sich erheben läßt, dann wird die Opferwilligkeit des Volkes um so weniger hinter den ihr gestellten Anforderungen zurück« bleiben, als der erhöhte Aufwand im Intereffe und zum Besten der Jugend des Landes zu geschehen hat. Die Majorität des Ausschusies hat sich dafür entschieden, daß der Aufwand für die nothwen­ digen Vollsschulen in der Regel von den betreffenden Ortsgemeinden zu bestreiten sei. Der Grund hiefür liegt nicht blos in der Erwägung, daß die Gemeinden in erster Linie ein naturgemäßes Intereffe an dem gute» Zustande ihrer Schulen haben, sondern namentlich auch in der Rücksichtnahme auf die Gemeinde-Autonomie, da die Loslösung der Gemeinden vom Schulbezirke allein es ermöglicht, ihnen einen maßgebenden Einfluß auf die Ernennung der Lehrer einzuräumen. Die Bestreitung des Kostenaufwandes durch die Gemeinden ermöglicht es ferner, die etwa vorhandenen Schulstiftungen so wie bestehende Verpflichtungen dritter Personen ihrem speziellen Zwecke und der bestimmten Schule zu wahren. Endlich trägt der Ausschuß für dürftige Gemeinden durch die Bestimmung Sorge, daß die Landesvertretunz im Falle der Nothwendigkeit einen Theil des Kostenaufwandes auf das Land über­ tragen kann. Von dem Schulgelde an den Volksschulen glaubte der Ausschuß absehen zu sollen, weil das­ selbe mit dem Schulzwange im Widerspruche zu sein scheint. Eine Ausnahme wird bezüglich der Bürgerschulen bei Kindern von Nichtangehörigen der betreffenden Gemeinden beantragt, weil es billig ist, daß Eltern, die ihre Kinder in die Bürgerschule einer fremden Gemeinde schicken, an den Kosten derselben in diesem geringen Grade partizipiren. Der hohe Landtag hat in der letzten Session bei Gelegenheit der Berathung über das Schul« aufsichtSgesetz sich zu der Resolution geeinigt, daß den Gemeinden bezüglich der Anstellung der Lehrer an den Volksschulen ein maßgebender Einfluß eingeräumt werden möge. Der Ausschuß glaubt dieser Resolution zu entsprechen, indem er beantragt, daß die die Lehrer nominirende Bezirksschulbehörde an den Lerna-Vorschlag der Ortsschulgemeinden gebunden sein soll. . WaS die Bezahlung der Lehrer betrifft, so ist nicht zu verkennen, daß dieselbe in der Zukunft eine große Belastung für die Gemeinden bilden wird, wenn anders die^AntrSge der Regierungs-Vor­ lage im Allgemeinen angenommen werden. Da aber einerseits die Vorschriften des Volksschulgesetzes große Anforderungen an den Lehrer stellen, deren Erfüllung die Verwendung einer Reihe von Jahren zur Heranbildung erfordert, andererseits demselben Nebenbeschäftigungen, die ihn in seinem Berufe irgendwie behindern könnten, untersagt werden, da sonach der Gehalt deS Lehrers zu seinem, wenn auch eben nur nothdürftigen, seinem Berufe entsprechenden Unterhalte auSreichen muß, wird unter die Ziffer der Ansätze der Regierungs-Vorlage nicht herabgegangen werden können. Eine Erleichterung für einzelne Gemeinden, die mehrerer Lehrkräfte bedürfen, bietet die Mög« llchkeit der Anstellung von Unterlehrern. 106 Der Ausschuß war der Ansicht, daß die in dieser Gesetzesvorlage normirten Gehalte und Pen« sionen nur jenen Lehrern zugewiesen werden sollen, die ihre Befähigung zum Lehrfache nach dem Volks» schulgesetze nachweisen. Auch darin wird, wenigstens für die Uebergangsperiode eine durch die Natur der Sache gerechtfertigte Erleichterung für die Gemeinden liegen. Die weitere Begründung der beantragten Gesetz-Entwürfe wird nöthigenfalls im Laufe der Berathung derselben vor dem hohen Landtage erfolgen. Die Majorität des Ausschusses stellt den Antrag: Der hohe Landtag wolle den beiliegenden Gesetzes-Entwürfen seine Zustimmung ertheilen. Bregenz, den 12. Oktober 1669. Dr. Marttgnoni: Obmann. Dr. A. Fetz: Berichterstatter. Maschinen»««» und Strlag von A. Fl« tz iw vrtgewz.