18690000_ltb0231869_Gesetzentwurf_Verrtrauensmänner_Vergleichsversuche

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Letzte Änderung 03.07.2021, 08:13
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp02,ltb0,ltb1869,lt1869,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-30
Erscheinungsdatum 2021-06-30
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Inhalt des Dokuments

175 GsfsH vom ....................... betreffend die Vergkeichsversuche zwischen streitenden Partheien durch aus der Gemeinde gewählte Vertrauensmänner; wirksam für das Land Vorarlberg. Mit Zustimmung des Landtags Meines Landes Vorarlberg finde Ich zu verordnen, wie folgt: § i. Für jede Gemeinde ist zum Vergleichsversuche zwischen streitenden Theilen ein Vermittlungs­ amt zu bestellen. Zwei oder mehrere Gemeinden können gemeinschaftlich ein solches Vermittlungs­ amt errichten. (Art. Vll des Gesetzes vom 5. März 1862) § 2. Das Vermittlungsamt besteht aus drei Vertrauensmännern, für welche für den Verhinde­ rungsfall eben so viele Ersatzmänner zu bestellen sind. Ihr Dienst dauert drei Jahre. Als Ver­ trauensmänner sind nicht wählbar: 1. Personen, welche von der Wählbarkeit in den Gemeindeausschuß ausgeschloffen sind (§ 3 u. 11 (3. 23, O.) 2. . Diejenigen, welche zur Ausübung des Nichteramtes in demjenigen Gerichtsbezirke berufen sind, in welchem sich das Vermittlungsamt befindet. 8 3. ■ Die Mitglieder des Vermittlungsamtes, sowie die Ersatzmänner werden in jenen Gemeinden, in welchen ein eigenes Vermittlungsamt besteht, vom Gemeindeausschuffe mit absoluter Stimmenmehr, heil gewählt. Wenn mehrere Gemeinden ein gemeinsames Vermittlungsamt bestellen, so sind die drei Vertrauens- und beziehungsweise Ersatzmänner von einer Versammlung der betreffenden Gemeinde- ausschüffe zu wählen. Auch hier entscheidet die absolute Majorität. Die Vertrauensmänner wählen auS ihrer Milte den Obmann. 8 4. In der Regel ist jedes Gemeindemitglieo verpflichtet, die Wahl zum Vertrauensmann anzu­ nehmen; daS Recht, die Wahl abzulehnen, steht nur denjenigen Personen zu, welche nach der Gemeinde­ ordnung berechtigt sind, die Wahl in den Gemeindeausschuß abzutehnen, sowie demjenigen, welcher — m — das Amt eines Vertrauensmannes durch drei Jahre nach einander bekleidet hat, jedoch nur für die nächst folgenden drei Jahre. Wer ohne einen solchen EntschuldigungSgrunb die Wahl anzunehmen, oder das angenommene Amt fortzuführen sich weigert, kann vom Gemeindeausschusse bis zum Betrage von 100 st. zu Gunsten des Armenfondes der betreffenden Gemeinde gestraft werden. Treten Umstände ein, welche einen Vertrauensmann an der Ausübung seines bend verhindern, voer ihn von der Wählbarkeit ausschließen, oder welche ihm daS Amtes Vertrauen blei« deS Gemeindeausschusses entziehen, so kann er enthoben und ein anderer an seine Stelle gewählt werden. § S. Vor dem Vermittlungsamte können zwischen streitenden Partheien über dem Betrage nach hestÄMnte Geldsorderungen von höchstens 300 fl. oder über bewegliche Sachen, bezüglich welcher die Partheien erklären, für dieselben einen die Summe von 300 st- nicht übersteigenden bestimmten Geldbetrag annehmeu ober leisten zu wollen, wirksame Vergleiche abgeschloffen werden. (§ 1 des Ge­ setzes vom 2!. September 1869. § 6. Ein Vertrauensmann darf an dem Vergleichsversuche bei solchen Streitigkeiten nicht theil, nehmen, bei welchen er unmittelbar oder mittelbar Vortheil oder Schaden zu erwarten hat, welche seinen Gläubiger oder Schuldner oder eine solche Person, mit welcher der oder Vertauensmann zur Zeit in einem Rechtsstreite steht, oder seine Ehefrau, seine Verwandten oder Verschwägerten bis einschließlich zum dritten Grade, oder seine Wahl- ober Pflegeelteru, feine Wahl« oder Pflegekinder, oder endlich seine Mündel oder Pffezebefohlenen betreffen. In einem solchen Verhinderungsfälle ist ein Ersatzmann einzuberufen. § 7. Wenn beide Partheien gemeinschasllich ihre Streitsache beim Vermittleramte anmelden, so ist der Vergleichsversuch, wenn es thunlich, sogleich vorzunehmen, sonst aber hat der Obmann in kürzester Frist die Mitglieder des Vermittlungsamtes einzuberufen und dafür zu sorgen, daß beide Theile zum BergleichSversnche vorgeladen werden. Den Partheien steht frei, bei diesen Verhandlungen entweder persönlich zu erscheinen oder sich durch Bevollmächtigte vertreten zu lassen. Advokaten werden nicht zugelassen. § 8. Die Androhung von Zwangsmitteln bei Vorladung der Partheien vor daS Vermittlungsamt, sowie die Anwendung von Zwangsmitteln gegen diejenigen, welche der Vorladung keine Folge leisten, ist unzulässig. (§ 2 des Gesetzes vom 2L Sept. 1869.) § 9. Die Mitglieder des Vermittlungsamtes haben sich vor Allem davon zu überzeugen: a, daß die Partheien sich selbst zu vertreten fähig sind; b. daß, wenn sie dazu wegen Minderjährigkeit, Kuratel, Konkurs oder aus einem andern Grunde nicht fähig sind, sie durch jene Person vertreten sind, welche nach dem sie vor Gericht zu handeln hat, und Gesetze fsir 177 e. daß die etwa erschienenen Bevollmächtigten insbesondere zum Abschlüße eines Vergleiches ermächtiget sind. § 10. Die Verhandlung darf nöthigenkallS auch außer der Gemeindekanzki abgehalten werden. Den Partheien steht frei, zu verlangen, daß der Vergleichsversuch in Abwesenheit anderer Partheien vorgenommen werde. § 11. DaS Vermittlungsamt hat beide Streitlheile anzuhören, ihre und den Streitfall wo möglich in Güte auszuleichen. amt als Schiedsgericht vergleichen wollen, Beweismittel zu untersuchen Falls die Parrheien sich auf das VermilliungS- kommen die Bestimmungen des allgemeinen b. G. B. und der Gerichtsordnung in Anwendung. Die Abnahme eines Eides von wem immer ist dem Vermittleramte nicht gestattet; auch kann ein Vergleich auf einen abzulegenden Eid von diesem Amte nicht geschlossen werden. (§ 3 des Ge­ setzes vom 21. Sept. 1869«.) § 12. Erscheint eine Parthei ungeachtet der erhaltenen Vorladung nicht, so ist der Vergleichsver­ such al» erfolglos anzusehe» und es ist auf Begehren Über diesen Umstand ein Zeugniß gen. auszuserti» Nur wenn sich zeigte, daß die Parthei ohne ihr Verschulden am Erscheinen gehindert war, so ist «in anderer Tag zum Vergleichsversuche zu bestimmen. 8 13. Kommt ein Vergleich nicht zu Stande, so kann von den abgegebenen Erklärungen einer Par­ thei gegen dieselbe in einem spätern Rechtsstreite kein Gebrauch gemacht werden. (§ 4 des Gesetzes vom 21. Srpt. 1869.) § U. Ist der Vergleich zu Stande gekommen, so ist derselbe in das führende Ämtsbuch einzutragen. Diese Eintragung hat zu enthalten: ». beim Vermitrlungsamte zu die Zahl, unter welcher der Vergleich im Amtsbuche eingetragen wird; d. die Bezeichnung des Tages, Monats und Jahres des Vergleichsabschlusies; c. die genaue Bezeichnung der Partheien und wenn für dieselben Bevollmächtigte erschienen sind, die genaue Bezeichnung dieser letzteren, sowie ihre Vollmachten mit der Bemerkung, daß da­ rin die Ermächtigung zum Vergleichsabschlnffee enthalten sei; d. e. die Bezeichnung des Streitgegenstandes, über den der Vergleich abgeschloffen wurde; den Vergleich selbst nach seinem wörtlichen Inhalte. Ist wegen gung einer der Parlheien eine gerichtliche Genehmigung deS mangelnder Eigenberechti­ Vergleiches nothwendig, so ist in dem Amtsbuche zu bemerken, ob diese Genehmigung vorgewiesen, oder ob deren nachträg­ liche Erwirkung vorbehalten worden sei. DaS in das Amtsbuch Eingetragene ist den Partheien vorzulesen und daß dieß geschehen sei, in dem Amtsbuche zu bemerken. 178 Die Partheien sowohl, alS auch di« Vertrauensmänner, vor welchen der Vergleich abgeschlos­ sen wird, haben das Eingetragene im Ainlsbuche zu unterzeichnen. (§ 5 des Gesetzes vom 21. Sep­ tember 1869.) § 15. Das zur^Eintragung der Vergleiche vor der Benützung zu binden, bestimmte Amtsbuch ist als erster, zweiter, dritter Band u. s. w., sowie Seite für Seile mit fortlaufenden Zahlen zu bezeich­ nen. Sämmtliche Blätter des AmtSbuches sind mit einer Schnur zu durchziehen, deren beide Enden auf der letzten Seite mit dem Gemein besiegel anzuheften sind. Ebenda hat der Gemeindevolsteher un­ ter Beisetzung seiner Unterschrift die Zahl der Blätter anzumerken. In das Amtsbuch sind die einzelnen abgeschlossenen Vergleiche nach der Ordnung, in welcher sie abgeschlossen wurden, unter fortlaufenden Nummern einzutragen. Bei neu eröffneten Amtsbüchern hat die Nummerirung wieder vom Anfänge zu beginnen. Das Amtsbuch ist genau und deutlich zu führen. Es darf in demselben nichts radirt, über­ schrieben oder zwischen den Zeilen eingeschaltet werden. Sind Worte durchzustreichen, so muß es so geschehen, daß das Durchstrichene leserlich bleibt. Einschaltungen sind am Rande anzubringen, und von den Partheie» besonders zu unterzeichnen. Das Amtsbuch ist durch sorgfältige Aufbewahrung gegen jeden Mißbrauch zu schützen. Das­ selbe gilt von den vollgeschriebenen Amtsbüchern. Die von bevollmächtigten Partheien beigebrachten Vollmachten sind im Originale oder in beglaubigter Abschrift bei dem Amte aufzubewahren. (§ 6 deS Gesetzes vom 11. September 1869.) 8 16. Den betheiligten Partheien ist auf mündliches oder schriftliches Ansuchen auf ihre Kosten über den abgeschlossenen Vergleich eine Amtsurkunde auszuserligen. Diese Amtsurkunde hat unter Bezie­ hung der Zahl des Bandes des AmtSbuches eine wortgetreue Abschrift des in dasselbe Eingetragenen zu enthalten; sie ist von dem Gemeindevorsteher und einem Mitglieds des Vermittlungsamtes zu un­ terschreiben und mit den Gemeindesiegel zu versehen. (§ 7 des Gesetzes vom 21. Sept. 1869 ) § 17. Die vor dem Vermittlungsamte in Gemäßheit der vorstehenden Bestimmungen abgeschlossenen Vergleiche haben die Kraft gerichtlicher Vergleiche und es sind die den Bestimmungen des § 16 ent­ sprechenden Amtsurkunden über solche Vergleiche den amtlichen Ausfertigungen gerichtlicher Vergleiche gleich zu achten. (§ 8 des Gesetzes vom 21. Sept. 1869.) § 18. Wenn sich die Partheien auf die Zahlung einer Geldsumme von oder unter 50 fl., oder statt der Leistung beweglicher Sachen aus die Zahlung eines 50 fl. nicht übersteigenden Geldbetrages an den Berechtigten verglichen haben, so ist bei der Eintragung des Vergleiches in das Amtsbuch jener Stempel durch Ueberfchreibung zu verwenden, welcher nach der Skala U auf den verglichenen Betrag entfällt. Die Ausfertigungen der Amtsurkunde unterliegen selbst. dem gleichen Stempel, wie der Vergleich * 179 Wird um Ausfertigung einer Amtsurkunde schriftlich oder protokollarisch angesucht, so ist die­ ses Ansuchen in den vorbezeichneten Fallen vom Eingaben- oder Protokollstempel befreit. Für die Eintragungen von Vergleichen über höhere Beträge in daS Amtsbuch ist dieselbe Gebühr zu entrichten, wie von gerichtlichen Vergleichen, und es unterliegen die Amtsurkunden demsel­ ben Stempel, wie Ausfertigungen gerichtlicher Vergleiche. (§ 9 des Gesetzes vom 21. Sept. 1869.) § 19. ' DaS für das Vermittlungsamt erforderliche Lokale ist von der Gemeinde, beziehungsweise den Gemeinden beizustellen. Die Auslagen für das Vermittleramt werden durch den GemeindeanSschuß, und wenn mehrere Gemeinden ein gemeinsames Vermittlungsamt bestellt haben, durch die betreffenden Gemeindeausschüfle in einer Versammlung festgesetzt und im letzteren Falle auf die einzelnen Gemein­ den nach Verhältniß der direkten Besteuerung repartirt. Der Gemeindeausschuß, beziehungsweise die GemeindeauSschüffe bestimmen, ob und welches Entgeld die Mitglieder des Vermittlungsamtes für die Ausübung ihres Amtes zu beziehen haben. In keinem Falle darf den Partheien eine Gebühr für f die Vertrauensmänner abgefordert werden. Die für das Vermittleramt nöthigen Zustellungen und Vor­ ladungen besorgt der Gemeiudediener. § 20. Die Kosten des Vergleichsverfahrens haben die Partheien nach dem AuSspruche der Vertrauens­ männer zu tragen. 8 21. Dieses Gesetz tritt unmittelbar nach seiner Kundmachung in Wirk, arnkeit. 8 22. Die Minister des Innern, der Justiz und der Finanzen sind mit dem Vollzüge dieses Geset­ zes beauftragt. SUWMRtarf aab BtrUg m Bat Fl«, la vr-gkU».