18710000_ltb00071871_RV_Gesetz_Landsturm

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Letzte Änderung 03.07.2021, 08:42
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp03,ltb0,ltb1871,lt1871,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-28
Erscheinungsdatum 2021-06-28
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Inhalt des Dokuments

29 Regierungsvorlage. H-s-h vom wirksam für das Land Vorarlberg, betreffend den Landsturm. Mil Zustimmung des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde Ich über die Organifirung und Verwendung deS Landsturmes in Vorarlberg anzuordnen, wie folgt: § rV e r pfli ch t u n g. Zum Landsturm find alle Waffenfähigen, welche nach Vorarlberg zuständig sind und weder im stehenden Heere noch bei den Landesschützen dienen oder zur Besorgung der öffentlichen Angelegen­ heiten oder nach dem Ermeffen der Gemeindevorstehung zur Besorgung dringender Familien-Angelegenheiten unumgänglich nothwendig sind, vom vollendeten 18. bis zum vollstreckten 45. Lebensjahre verpflichtet. Die Landsturmpflicht haben die dazu Berufenen mit den Slurmmännern jener Gemeinden zu erfüllen, in welchen sie sich zur Zeit der Einberufung des Landsturmes aufhalten. Diese Verpflichtung wird in zwei Auszügen geleistet. Der erste Auszug umfaßt die Altersklaffen vom vollendetem 18. bis zum vollstreckten 39 Lebensjahre; der zweite Auszug die Altersklaffen vom begonnenen 40. bis zum vollstreckten 45. Lebensjahre. Der Landsturm als ergänzender Theil der bewaffneten Macht ist unter völkerrechtlichen Schutz gestellt. (§§. 2 und 9 W.-G.) , §• 2. EintheiIun g. Behufs der Leistung der Landsturmpflicht bildet Vorarlberg einen Vertheidigungs-Distrikt, welcher mit dem 10. Landesschützen-Bataillons-Bezirke übereinilimml. Zum Zwecke der Organifirung, Leitung und Verwendung des Landsturms werden von der Landesvertheidigungs-Oberbehörde ein Distrikts-Kommandant und ein Distrikts-Kommiffär, dann für jeden Gerichtebezirk ein Landesvertheidigungs-Bezirkskommiffär ernannt. (§. 5 d. L. V. G.) Dem Distrikts- und den Bezirkskommiffären werden DertheidigungsauSfchüffe beigegeben. 30 §■ 3. Einberufung und Verwendung des Landsturmes. Die Einberufung des Landsturmes geschieht auf Befehl des Kaisers im Wege des Landes»erthetdigungs-Minister in jenem Maße, und insoweit, als das Land durch einen feindlichen Einfall «»mittelbar bedroht ist. Die thatsächliche Verwendung des Landsturmes erfolgt durch den vom Kaiser bezeichneten Mtlitär-BesehlShaber. In Gemäßheit des erfiofsenen Befehles steht dem Distrikts-Kommandanten im Einvernehmen mit dem ihm zur Seite stehenden Distrikts-Kommissär die wirkliche Verwendung und Entlaßung der Sturmmannschaft zu. In dringenden Fällen kann der dem bedrohten Punkte zunächst befindliche Militärkommandant im Eioernebmen mit dem Landesvertheidigungs-Lezirkskommiffär oder mit dem Vorstande der nächsten politischen Behörde den Landsturm verwenden. §• 4. Umfang und Dauer der Dienstpflicht. Der erste Auszug des Landsturmes ist verpflichtet, im eigenen und in den angrenzenden Verlheidigungs-Distrikten, der zweite Auszug im heimathlichen Gerichtsbezirke Dienste zu thun. Die unterbrochene Dienstzeit des Landsturmes soll sich jedesmal nicht über 14 Tage erstrecken. 8, 5. Orgauisirung. In jeder Gemeinde werden schon in Friedenszeiten die Sturmpflichtigen in einen oder mehrere „Landsturmzüge" formirt, wobei der jeweilige Wohnort der Sturmpflichtigen für deren Eintheilung maßgebend ist. Aus diesen Zügen werden innerhalb eines oder mehrerer Gerichtsbezirke .Landsturm» Kompagnien" und aus diesen innerhalb eines oder mehrerer politischen Bezirke „Landsturm­ Bataillone" gebildet. Die Züge sollen wenigstens 50 und nicht mehr als 100 Ma'n zählen. Stellt eine Gemeinde weniger als 50 Sturmmänner, so sind diese dem Zuge einer anderen Gemeinde auzuschließen. Eine Kompagnie kann aus 2—6 Zügen, ein Bataillon aus 3—6 Kompagnien bestehen, so daß die Kompagnie nicht unter 150 und nicht über 300 Mann, das Bataillon nicht unter 500 und nicht über lOOO Mann stark wird. Die Zahl und Eintheilung der Bataillone, Kompagnien und Züge wird von der k. k. LandeSvertheidigungs-Oberbehörde bestimmt. Der Zug wird vom „Landsturm-Lieutenant" oder „Oberlieutenant", die Kompagnie vom „Landsturm-Hauptmann", das Bataillon vom „Landsturm-Major" geführt. Auf je 15 Sturmmänner entfällt ein Unteroffizier und ein Patrouillenführer; auf jeden Zug ein Spielmann. Bei jeder Kompagnie bestehen die Unteroffiziere aus 1—2 Oberjäger, aus ebensoviel Führer als Züge sind und der Rest aus Unterjägern. Jeder Kompagnie ist ein Rechnungs-Oberjäger und ein Büchsenmacher, jedem Bataillon ein Adjutant (Oberlieutenant oder Lieutenant) ein Proviantmeister, ein Zahlmeister, ein Waffenmeister ein Kaplan und eia Arzt zugetheilt. Die Wahl der Offiziere erfolgt über Anordnung der LandeSvertheidigungS-Oberbehörde bet drohender KriegSgefhr. Die Zugskommandanten werden von den Zügen aus jenen Sturmmännern gewählt, welche eine Offiziers- oder doch eine höhere Unteroffiziers-Charge im Tiroler-Jäger-Regimente oder bei den Landesschützen bekleidet haben. Die Zugscommandanten wählen den Hauptmann, die Hauptleute wählen den Landsturm­ Major, de» Proviantmeister, den Waffenmeister, den Kaplan und den Arzt des Bataillons. Die Wahl des Landsturm-Majors unterliegt der Bestättigung von Seite der Landesvertheidigungs-Oberbehörde, welche auch die Zahlmeister der Landsturmbataillone ernennt. §. 6. Anlegung und Evidenthaltung der Sturmrollen. Die Sturmrollen, in welchen die landsturmpflichtigen Männer beider Auszüge nach AlterSklasien, von der höchsten abwärts verzeichnet werden, sind von den Gemeindevorstehungen anzulegen. Dieselben haben die Sturmrollen durch Eintragung der Abgänge und Zuwächse fortwährend evident zu halten, und die erforderlichen Auszüge alljährlich an das Landesvertheidigungskommando einzusenden. §• 7. Bekleidung und Kennzeichen der Sturmmannschaft. Die Sturmmänner und ihre Offiziere behalten ihre gewöhnliche Kleidung, nur trägt ein Jeder eine weißgrüne, mit der Nummer des betreffenden Landsturmbataillons versehene Armbinde am linken Oberarm, welche auf Kosten der Gemeinde beigeschafft werden. Die Offiziere iinb die Unteroffiziere des Landsturmes sind berechtigt, während der aktiven Dienstleistung die militärischen Ehren- und Unterscheidungszeichen zu tragen. §. 8. Bewaffnung, AuSrüstung und Munition. Die Bewaffnung des ersten Auszuges soll auS vollkommen guten feldmäßigen Gewehren (so­ viel möglich Hinterladungsgewehre) bestehen. Auch dem zweiten AuSzuge werden, soferne die eigenen Gewehre der Sturmmänner nicht zu­ reichen, gute feldmäßige Gewehre verabfolgt. Die Waffen, die dazu gehörige Ausrüstung und die Munition nebst den Feldgeräthen werden vom Staate beigestellt und in den Zeughäusern des Landsturm-Distriktes verwahrt, welche unter der Aufsicht der LandeSschützen-ErgänzungS-Kompagnie-Kommandanten stehen. Die nöthigen Vorspannswägen und Tragthiere für Munition, Lebensmittel, Kranke und Blefsirte werden nach Anweisung des LandeSvertheidigungS-DistrikS-KommiffärS nach den bestehenden Vorschriften beigestelt. Von jedem Zuge ist ein Theil der Sturmmannschaft auch mit Werkzeugen für Holz- und Erdarbeiten von den Gemeinden auSzurüsten. . §. 9. Bezüge. Die Kosten, welche durch Mobilisirung und Verwendung des Landsturmes zur LandeSver­ theidigung entstehen, werden aus der gemeinschaftlichen Dotation des Reichskriegsministeriums bestritten; die Taggelder und Löhnungen der Landsturmoffiziere und der Sturmmannschaft werden im Verord­ nungswege festgesetzt. Die Löhnungen Md Taggelder werden vom Tage des Ausmarsches an von 5 zu 5 Tagen i« Vorhinein erfolgt und endet deren Bezug für die Mannschaft am Tage nach der Heimkehr, für — 32 — die Offiziere und Beamten mit dem dritten Tage nach der Heimkehr, wobei als Grundsatz zu gelten hat, daß schon empfangene Gebühren nicht mehr zurückzuersetzen sind. §. 10. Neb enbezüge. Die Sturmmänner haben während der aktiven Dienstleistung Anspruch auf Unterkunft und Verpflegung nach den für das stehende Heer gütigen EinquartirungS-Vorschriflen, nur hat der Äcm« pagniekommandant den darnach^entfallenden Betrag von der Löhnung abzuziehen und dem Gemeinde­ vorsteher oder dem Marschkommiffär für den Quartierträger zu erfolgen. Auch die Offiziere und Beamten haben für die Unterkunft das Transenal-Quartiergeld durch den Hauptmann dahin zu erlegen. Die Mannschaft bezieht ferner nebst der Löhnung täglich eine Brodportion oder das hiesür festgesetzte Relutum und den Limits-Rauchtabak. Wird den Landsturmkörpern im Kriege die Etappenverpflegung verabreicht, so darf der Abzug hiefür, selbst für eine ganze Armee-Etappen-Ration bei der Mannschaft, sowie bei den Offizieren die Hälfte der täglichen Löhnung eines Sturmmannes nicht übersteigen. Für die Instandhaltung der Gewehre und für Kanzlei-Erforderniffe wird im Kriege wie im Frieden ein angemessenes Pauschale erfolgt. Ueber empfangene Gelder, Waffen und Munition ist nach den dießfalls bestehenden Vorschriften der LandesvertheidigungsOberbehörde Rechnung zu legen. §■ 11. Auszeichnung und Versorgungsgenüsse. Hinsichtlich der Behlohnungen und Auszeichnungen, der Pensionen, Provisionen und Gnaden­ gaben gelten für den Landsturm dieselben Bestimmungen, wie für die Landesschützen. Sturmmänner, welche im Dienste erkrankten oder verwundet und zu ihrer Heilung nach Hause beurlaubt werden, beziehen ihre Gebühren bis zu ihrer Herstellung selbst dann, wenn inzwischen ihr« Kompagnie aus ihrer ärarischen Verpflegung getreten ist. 8 'S. Die Sturmmannschaft untersteht im Kriege wie im Frieden den bürgerlichen Gesetzen und Behörden. Dm Kompagnie-Kommandanten steht jedoch das Recht zu, im Einvernehmen mit den Kompagnie.Offizieren die Ausstoßung eines von der öffentlichen Stimme als unwürdig bezeichneten Indivi­ duums aus der Kompagnie zu verfügen. § 13. GeIöbniß. Vor dem Ausmarsche hat die Sturmmanschaft in die Hand des Hauptmannes Treue gegen Kaiser und Vaterland, Gehorsam gegen die Vorgesetzten und Tapferkeit vor dem Feinde feierlich an zugeloben. §. 14. Uebergangsbestimmungen. In den der Wirksamkeit dieses Gesetzes nachfolgenden 10 Jahren kann die LandeSvertheidi- — 33 gungs-Oberbehörde für Sturmpflichtige, welche in der Handhabung der Waffe ganz ungeübt sind, Schießübungen auf ärarifche Kosten^anordnen. S- 15. Dieses Gesetz tritt unmittelbar nach seiner Kundmachung in Wirksamkeit und wird der Landesvertheidigungs-Minister mit der Durchführung deffelben betraut. Anmerkung: Gesetz mit welchen §§. 3, 12, 37 der L.O. abgeändert ist pag. 27 und Gesetz, mit welchem der Anhang zur L.O. abgeändert wird, ist pag. 28 der Beilagen.