18700000_ltb00061870_Gesetz_Vergleichsversuche_Vertrauensmänner

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Letzte Änderung 03.07.2021, 06:56
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp03,ltb0,ltb1887,lt1887,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-28
Erscheinungsdatum 2021-06-28
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Inhalt des Dokuments

vom , betreffend die Vergleichs-Versuche zwischen streitenden Partheien durch aus der Gemeinde gewählte Vertrauensmänner; wirksam für das 3 a n d Vorarlberg. Mit Zustimmung des Landtage» Meine» Lande» Borarlberg finde Ich zu verordnen wie folgt: §. 1. Für jede Gemeinde ist zum Vergleichsversuche zwischen streitenden Theilen ein Vermittlungsamt zu bestellen. Zwei oder mehrere Gemeinden können gemeinschaftlich ein solches Vermittlungsamt errichtm. (Art. Vll des Gesetzes vom 5. März 1862) §. S. DaS Vermittlungsamt besteht aus drei Vertrauensmännern, für welche für den Verhinderungs­ fall eben so viele Ersatzmänner zu bestellen find. Ihr Dienst dauert drei Jahre. Als Vertrauens­ männer sind nicht wählbar: 1. Personen, welche von der Wählbarkeit in den Gemeinde-Ausschuß ausgeschloffen sind; 2. diejenigen, welche zur Ausübung des Richteramtes in demjenigen Gerichtsbezirke berufen sind, in welchem sich das Vermittlungsamt befindet. §. 3. Die Mitglieder des Vermittlungsamtes, sowie die Ersatzmänner, werden in jenen Gemeinden, in welchen ein eigenes Vermitlungsamt besteht, vom Gemeinde-Ausschuffe mit absoluter Stimmen­ Mehrheit gewählt. Wenn mehrere Gemeinden ein gemeinsames Vermittlungsamt bestellen, so sind die drei Ver­ trauens' und beziehungsweise Ersatzmänner von einer Versammlung der betreffenden Gemeindeausschüffe zu wählen. Anch hier entscheidet die absolute Majorität. Die Vertrauensmänner wählen aus ihrer Mitte den Obmann. 24 — §• 4. Die angenommene Wahl verbindet auf die in §. 2. festgesetzte Zeitveriode. Treten Umstände ein, welche einen Verirauensmann in Ausübung seines Amtes bleibend ver­ hindern oder von der Wählbarkeit ausichließeu, oder welche ihm das Vertrauen des Gemeinde-Äusfchusses entziehen, so ist derselbe von dem Gemeinde-Ausschüsse zu entheben und ein anderer an feine Stelle zu setzen. §. 5. Vor dem Vermittlungsamte können zwischen streitenden Partheien über dem Betrage nach be­ stimmte Geldfordrrungen von höchstens 300 fl. oder über bewegliche Sachen, bezüglich welcher die Partheien erklären, für dieselben einen die Summe von 300 fl. nicht übersteigenden bestimmten Geld­ betrag annehmen oder leisten zu wollen, wirksame Vergleiche abgeschlossen werden, (§. 1 des Gesetzes vom 21. September 1869.) Der Vergleich hat sich über Vereinigung in Hauptsache und Kosten zu erstrecken. Zum Abschlüsse eines Vergleiches ist die trauensmännern erforderlich. gleichzeitige Anwesenheit von wenigstens zwei Ver­ §. 6. Wenn beide Partheien gemeinschaftlich ihre Streitsache beim Vermittleramte anmelden, so ist der Vergleichsversuch, wenn es thunlich ist, sogleich vorzuehmen, sonst aber hat der Obmann in kürzester Frist die Mitglieder des Vermittlungsamtes emzuberufen und dafür zu sorgen, daß beide Theile zum Vergleichsversuche vorgeladen werden. Den Partheien steht frei, bei diesen Verhandlungen entweder persönlich zu erscheinen oder sich durch Bevollmächtigte vertreten zu lasten Advokaten werden nicht zugelaffen. §. 7. Die Androhung von Zwangsmitteln bei Vorladung der Partheien vor das Vermittlungsamt, sowie die Anwendung von Zwangsmitteln gegen diejenigen, welche der Vorladung keine Folge leisten, ist unzuläßig. (§, 2. des Gesetzes vom 21. September 1869.) §.8. Die Mitglieder des Vermittlungsamtes haben sich vor Allem davon zu überzeugen: a) daß die Partheien sich selbst zu vertreten fähig sind, b) daß, wenn sie dazu wegen Minderjährigkeit, Kuratel, Konkurs oder aus einem andern Gründe nicht fähig sind, sie durch jene Person vertreten sind, welche nach dem Gesetze für sie vor Gericht zu handeln hat und c) daß die etwa erschienenen Bevollmächtigten insbesondere zum Abschlüsse eines Vergleiches ermächtigt sind. §• 9. Die Verhandlung darf nöthigenfalls auch außer der Gemeindekanzlei abgehallen werden. Den Partheien steht frei, zu verlangen, daß der Vergleichsversuch in Abwesenheit anderer Partheien vor­ genommen werde. < §. 10. Das Vermittlungsamt hat beide Streitlheile anzuhören, ihre Beweismittel zu untersuchen und den Streitfall womöglich in Güte auszugleichen. Falls die Partheien sich auf das Vermittlungsamt als Schiedsgericht vergleichen wollen, kommen die Bestimmungen des allgemeinen B G. B. und der Gerichtsordnung in Anwendung. — 25 Die Abnahme eines Eides von wem immer ist dem Vermittleramte md?t gestattet; auch kann ein Nergleich auf einen abzulegendeu Eid vor die'em Amte nicht geschtosten werden. (§. 3 des Gesetzes vom 21. September 1869.) §. H. Kommt ein Bergleich nicht zu Stande, io kann von den abgegebenen Erklärungen einer Panhei gegen dieselbe in einem späteren Rechtsstreite kein Gebrauch gemacht werden. (§. 4 des Geietzes vom 21. September 1869.) §. 12. Ist der Vergleich zu Stande gekommen, so ist derselbe in das beim V.rmittlungsamte zu führende Ärntsbuch einzutragen. Diese Eintragung hat zu enthalten: a) Die Zahl, unter welcher der Vergleich im Amtsbuche eingetragen wird. b) Die Bezeichnung des Tages, Monats und Jahres des Vergleichsabschlusies. c) Die genaue Bezeichnung der Partheien und wenn für dieselbe Bevollmächtigte erichienen sind, die genaue Bezeichnung dieser letzteren, sowie ihrer Vollmachten, mit der Bemerkung, daß darin die Ermächtigung zum Vergleichsabschluste enthalten sei. d) Die Bezeichnung des Streitgegenstandes, über den der Vergleich abgeschiosten wurde. e) Der Vergleich selbst nach seinem wörtlichen Inhalte. Ist wegen mangelnder Eigenberechtiguug einer der Partheien eine gerichtliche Genehmigung deS Vergleiches nothwendig, so ist in dem Amtsbuche zu bemerken, ob diese Genehmigung vorgewiesen, oder ob deren nachträgliche Erwirkung Vorbehalten worden fei. Das in das Amlsbuch Eingetragene ist den Partheien vorzulesen und daß dies geichehen sei, in dem Amlsbuche zu bemerken. Die Parlheien sowohl, als auch die Vertrauensmänner, vor welchen der Vergleich abgeschloffen wird, haben das Eingetragene im Amtsbuche zu unterzeichnen. (§. 5 des Geietzes v. 21. Sept. 1869.) §13. , Das zur Eintragung der Vergleiche bestimmte Amtsbuch ist vor der Benutzung zu binden, alerster, zweiter, dritter Band u. s. w , sowie Seite für Seite mit fortlaufenden Zahlen zu bezeichnen. Sämmtliche Blätter des Amtsbuches sind mit einer Schnur zu durchziehen, deren beide Enden auf der letzten Seile mit dem Gemeindesiegel anzuheflen sind. Ebenda hat der Gemeindevorsteher unter Bei­ setzung seiner Unterschrift die Zahl der Blätter anzumerken. In das Amtsbuch stnd die einzelnen abgeschlostenen Vergleiche nach der Ordnung, in welcher sie abgeschlossen wurden, unter fortlaufenden Nummern einzulragen. Bei neueröffneten Aintsbüchern hat die Nummerirung wieder vom Anfänge zu beginnen. Das Amtsbuch ist genau und deutlich zu führen. — Es darf in demselben nichts radirt, über­ schrieben oder zwischen den Zeilen eingeschaltet werden. Sind Worte durchzustreichen, io mutz es so geschehen, daß das Durchgestrichene leserlich bleibt. — Einschaltungen stnd am Rande anzubringen und von den Partheien besonders zu unterzeichnen. Das Amlsbuch ist durch sorgfältige Aufbewahrung gegen jeden Mißbrauch zu schützen. Dasselbe gilt von den vollgeschriebenen Amtsbüchern. Die von bevollmächtigten Partheien beigebrachten Vollmachten sind im Originale oder in be­ glaubigter Abschrift bei dem Amte aufzubewahren. (§. 6 des Gesetzes vom 21. September 1869.) -................§■ 14. Den beteiligten Pariheien ist auf mündliches oder schriftliches Ansuchen auf ihre Kosten über den abgeschlostenen Vergleich eine Amts-Urkunde auszuferligen. Diese Amts-Urkunde hat unter Br« — 26 zeichnung der Zahl des Bandes des Amtsbuches eine wortgetreue Abschrift des in dasselbe Einge« tragenen zu enthalten; sie ist vom Gemeindevorsteher und einem Mitgliede des Vermittlungsamtes zu unterschreiben und mit dem Gemeindestegel zu versebsn. (§. 7 des Gesetzes vom 21. September 1869.) §. 15Die von dem Vermiltlungsamte in Gemäßheit der vorstehenden Bestimmungen abgeschlossenen Vergleiche haben die Kran gerichtlicher Vergleiche und es sind die den Bestimmungen des § 14 ent» sorechenden Amtsurkunde, ! über solche Vergleiche den amtlichen Aussertigungen gerichtlicher Vergleiche gleich zu achten. (§. 8 des Gesetzes vom 21. September 1869.) §• 16. Wenn sich die Partheien auf die Zahlbung einer Geldsumme von oder unter 50 st., oder statt der Leistung beweglicher Sachen am die Zahlung eines 50 fl. nicht übersteigenden Geldbetrages an den Berechtigten verglichen haben, so ist bei der Eintragung des Vergleiches in das Amtsbuch jener Stempel durch Ueberschreibuug zu verwenden, welcher nach der Scala 11 auf den verglichenen Be­ trag entfällt. Die Aussertigungen der Amtsurkunde unterliegen dem gleichen Stempel, wie der Vergleich selbst. Wird um Ausfertigung einer Amtsurkunde schriftlich oder protokollarisch angesuchl, so ist dieses Ansuchen in den vorbezeichneten Fällen von Eingaben oder Protokollstempel befreit. Für die Eintragungen von Vergleichen über höhere Beträge in das Amtsbuch ist dieselbe Ge­ bühr st! entrichten, tote von gerichtlichen Vergleichen und es unterliegen die Amtsurkunden demselben Stempel, wie Ausfertigungen gerichtlicher Vergleiche. (§. 9 des Gesetzes vom 21. September 1869.) §. 17. Das für das Vermittlungsamt erforderliche Lokal ist von der Gemeinde, beziehungsweise den Gemeinden, beizustelleit. Die Auslagen für das Vermittleramt werden durch den Gemeindeausschuß und wenn mehrere Gemeinden ein gemeinsames Vermtftlungsamt bestellt haben, durch die betreffenden Gemeindeausschüffe in einer Versammlung festgesetzt ut'b im letztern Falle auf die einzelnen Gemeinden nach Verhältniß der direkten Besteuerung repartirt. Der Gemeindeausschuß, beziehungsweise bte Gemeiudeausschüsse bestimmen, ob und welches Entgeld dte Mitglieder des Vermittleramtes für die Aus­ übung ihres Amtes zu beziehen haben. In keinem Falle darf den Partheien eine Gebühr für die Vertrauensmänner abgefordert werden. Die für das Vermittleramt nöthigen Zustellungen und Vor­ ladungen besorgt der Gemeindediener. Die Partheien haben lediglich bei Abschluß eines Vergleiches und nach Inhalt desselben (§. 5) die Aufgänge an Stempel, und allfällige Kosten für Information und Vertretung zu tragen. §. 18. Dieses Gesetz tritt unmittelbar nach seiner Kundmachung in Wirksamkeit. § 19. Der Minister des Innern, der Justiz und der Finanzen sind mit dem Vollzüge dieses Gesetzes beauftragt- Schnellpreffendruck von A. Flatz in Bregenz.