18661217_ltb00191866_Bericht_Eingabe_Nenzing_Hard_Bettel_Vagabundenwesen

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Letzte Änderung 03.07.2021, 08:54
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp01,ltb0,ltb1866,lt1866,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-28
Erscheinungsdatum 2021-06-28
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Inhalt des Dokuments

101 Dericht des Ausschusses über die Eingaben der Gemeinden Nenzing Vagabunden - Wesen und Hard das Bettel- und betreffend. Die unterm 14. Sept. d. Js. an den Landesausschuß gelangte Eingabe der Gemeinde Nenzing sowie jene von der Gemeinde Hard am 6. Okt. d. Js. beim L. A. eingelangte Beschwerde, das Bettel­ und Vagabundenwesen betreffend, wurden durch den L A. dem h. Landtage in der 2. Sitzung vorgelegt und der b. Landtag faßte den Beschluß, dieselben einem Fünfer-Comite zur Vorberathung und Antrag­ stellung zuzuweisen. DaS hiezu gewählte Comite erstattet nun hierüber folgenden Die oben citirte Eingabe der Gemeinde Nenzing enthält, wie das h. Haus aus deren Verlesung entnommen hat, die Anfrage, ob bei Abschiebung der Bettler und Vagabunden die Gemeinde überhaupt berechtigt sei, von der betreffenden Heimathsgemeinde eine Meilengebühr für den Schubtransport zu fordern und wie viel per Meile? und hält die Abnahme einer solchen Schubgebühr von den betreffenden Gemeurden für ein wirksames Mittel zur Abhaltung des Bettels, weil dadurch den Heimathsgemeinden dieser Bettler ein indirecter Zwang aufgelegt würde, für ihre Armen besser zu sorgen. Die bezeichnete Eingabe des Gemeinde-Ausschusses von Hard setzt des Weitern auseinander, daß in Folge der von der Gemeinde Hard getroffenen Maßnahmen, daS Betteln von einheimischen Leuten, nämlich den aus den umliegenden Ortschaften abgenommen habe, dagegen der Bettel von Handwerks­ burschen, Vaganten, Tirolern und Slowaken in gleichem Maße wie ehedem fortbestehe und solche Dimen­ sionen angenommen habe, daß dies zu einer wahren Landplage erwachsen sei, daß aber eine einzelne Gemeinde diesem Unwesen abzuhelfen nicht in Kräften sei und daß hiezu die Landesvertretung ein wirk­ sames Statut verfaßte und für dessen Ausführung sorgen wolle. Im Weitern weißt diese Gemeinde-Vertretung aus die bezüglichen Maßnahmen der benachbarten Schweiz hin, welche Verordnungen in Abschrift der Eingabe beiliegen, und spricht die Ansicht aus, daß zur Erecutirung der Vorschriften die k. k. Behörden besonders die Finanzwachc und Gensdarmerie mitwirken sollen. Eine Umschau in den bestehenden Gesetzen und Verordnungen läßt erkennen, daß diese Klage schon eine alte ist und zur Abhilfe deS Uebelstandes mehrere theils spezielle, theils das Ganze umfaffende behördliche Verordnungen erlassen wurden und in denselben verschiedene Organe alS Erecutiv und mit­ wirkende Organe bestimmt wurden. So enthält die G. V. v. 13. Novbr. 1819 das Verbot., arbeitsscheuen Menschen zum Behufe deS Bettels ärztliche Zeugnisse auSzustellen; jene v. 16. Mai 1820 die Behandlung der heimath- und eltern­ losen Vagabunden; dann jene v. 3. Oktober 1823 daö Benehmen bei Abschiebung der Vaganten nach Baiern. 102 Umfassend und von besonderer Wichtigkeit ist die Statthalterei-Verordnung vom 22. Juni 1862 Nr. 1820 betreffend die Maßregeln zur Abstellung des Herumziehens bcstimmungSloser Bettler und Vagabunden, (ist ganz zu lesen.) Eine Statthalterei-Verordnung vom 5. August 1865 Nr. 1654 enthält die Bestimmung, erwerbsunfähigen und unverläßlichen Individuen Legitimationskarten nicht auszufolgen seien. daß Das Heimathsgesetz vom 3. Dez. 1863 regelt die ArmenversorgungS - Pflichten und die Gemeinde­ Ordnung für das Land Vorarlberg vom 22. April 1864 weifet in feinen 88. 27, 48, 51, 55, 57, 58 die Handhabung der OrtSpolizei den Ortsvorstehern z». Alle diese Gesetze und Verordnungen sind zweckmäßig und würden zweifelsohne genügen, diesen Uebclstand abzuhelfen, ja schon in seinem Entstehen zu unterdrücken, wenn selbe von den betreffenden Organen vorschrifts- und pflichtgemäß ausgeübt werden würden. Leider beweisen die allgemeinen Klagen im Lande, daß gerade die Nichtbefolgung und lare Hand­ habung der bestehenden Gesetze und behördlichen Anordnungen von Seite der Gemeinde-Vorstehungen, der k. k. Behörden und Sicherheits-Organen der wesentlichste Grund des Bestandes und der Vermehrung des Uebels sei, daher die zweckmäßigsten Anordnungen und Vorschriften auch in Zukunft werthlos bleiben werden, wenn nicht deren genaue Beobachtung und pflichtgemäße Anwendung von den dazu berufenen Organen und ein Zusammenwirken derselben eintritt. Demzufolge erachtet der Ausschuß vor Allem für nothwendig, daß auf diese Organe zur strengeren Ausübung ihrer Pflichten eine Presston ausgeübt werden müsse und stellt zu diesem Ende geeignete Anträge. Wie bekannt, und in der Beilage zur Harder-Eingabe erstchtlich ist, hat die benachbarte Schweiz zum Zwecke der Abhaltung des Bettels und BagabundirenS Anordnungen getroffen und in strenge Aus­ führung gebracht, wodurch solchen Individuen der Eintritt in ihren Staat bedeutend erschwert wurde, während der Austritt denselben frei steht, und dieselben Maßnahmen übt auch Baiern aus; deßhalb erachtet sich der Ausschuß für verpflichtet, dem h. Landtage Einrichtungen in Antrag zu bringen, welche solchen Individuen den Eintritt nach Vorarlberg erschweren und unter Umständen unmöglich machen. Nach diesen 2 Richtungen stellt Ihr Ausschuß nachfolgende Anträge und zwar: 1. im Allgemeinen 2. in Bezug auf Abhaltung solcher Bettler und Vagabunden, welche Angehörige einer Vorarlberg', schen Gemeinde sind, 3. solcher, welche in andern österr. Königreichen und Ländern heimathberechtiget sind, und 4. der Ausländer. ad 1. Ihr Ausschuß ist der Ansicht, daß wie schon Eingangs erwähnt wurde, dem bestehenden Unfuge schnell und radical gesteuert wäre, wenn die bestehenden Gesetze und Verordnungen allseitig und strenge befolgt und vollzogen würden, daß aber die Vollziehung der betreffenden gesetzlichen Anordnungen bei allen hiezu berufenen Organen mangelhaft ist, ja öfter ganz vernachläßiget wird. Deßhalb entstehen die häufigen Beschwerden der Ortsbewohner gegen die Ortsvorsteher über Nichtbeachtung der ihnen nach der Gemeinde-Ordnung vom 22. April 1864 und dem Heimathsgesetz vom 3. Dezember 1863 obliegenden Pflichten, während sich die OrtSvorsteher meistens damit zu rechtfertigen glauben, daß ihnen von Seite der k. k. Behörden und Sicherheitsorgane in polizeilicher Beziehung nicht jene Unterstützung geleistet werde, welche denselben die bestebenben Verordnungen vorschreiben, wodurch die Bemühungen deö OrtSvorstandeS fruchtlos bleiben und deßhalb der Eifer in Handhabung seiner Pflichten erkalten müsse. Andererseits ist es häufig falsche Sparsamkeit für die Gemeinde, welche die Vorstehung abhaltet, jene Einrichtungen und Vorkehrungen zu treffen, wodurch den Bestimmungen deS IV. Abschnittes des HeimatbgesetzeS vom 3. Dez. 1863 Genüge geleistet würde. Aus diesen Gründen stellt der Ausschuß den Antrag, der hohe Landtag wolle beschließen: „ES sei die Statthalterei-Verordnung vom 28. November 1865 Nr. 2508, welche nur für Tirol 103 erlassen wurde, auch an die k. k. Bezirksämter und das Polizei-Commissariat in Vorarlberg zu erlassen." Sie lautet wie folgt: Um daher in Beziehung des Dörcher- und Vagabundenwesens auf das vom tirolischen Landtage angestrebte Ziel hinzuwirken, findet die k. k. Statthalterei über Ersuchen des Landesausschusses den Unter­ behörden die genaue Befolgung der zahlreichen, zur Beseitigung dieses Uebelstandes erlassenen Vorschriften neuerdings einzuschärfen, und denselben insbesondere zur Pflicht zu machen: 1. Überwachung der Gemeinde» bezüglich der Erfüllung, der ihnen Kraft deS Heimatgesetzes vom 3. Dezember 1863 hinsichtlich der Armenversorgung obliegenden Verpflichtungen, wornach dieselben unter strenger Verantwortung dafür zu sorgen haben, daß jenen mittellosen Personen und Familien, welchen vermöge der unten folgenden Beschränkungen daß Vagiren nicht gestattet werden kann, in ihrer Heimat, wo thunlich, Beschäftigung und Verdienst verschaft, sonst aber der nöthige Unterhalt auS Gemeindemitteln verabreicht werde. 2. Entfernung fremder Bettler und Landstreicher. Die Bezirksämter und SicherheitS-Bebörden haben in dieser Beziehung nicht nur selbstthätig vorzugehen, sondern auch die Gemeinden bei der Durchführung der dieSfalligen Anordnungen mittelst ihrer Organe, insbesondere der f. k. Gendarmerie kräftigst zu unterstützen, sowie auf die Bestellung von Gemeinde- oder Bezirkswächtern (ff. g. Bettelvögtcn) — welches Institut sich in mehreren anderen Kronländern bereits als sehr praktisch erwiesen, — nach Möglichkeit binzuwirken. - Das Vorgehen der Behörden zur Entfernung der Bettler und Vagabunden regelt die Statthalterei Präsidial - Verordnung vom 22. Juni 1862 Z. 1820 (L. R. Bl. 1862 S. 25) welche daher zur ge­ nauen Befolgung in Erinnerung gebracht wird. Die Instruktion für die Bettelvögte enthält daS Präsidial-Circulare vom 10. Oktober 1862 Z. 2-199. 3. Thunlichste Begünstigung und Erleichterung der Auswanderung der unansäßigen, erwerbslosen und vagirenden Individuen und Familien und ihrer Ansiedelung in anderen Ländern, wo sie leichter Be­ schäftigung, Erwerb und einen stabilen Wohnsitz finden können. 4. Erschwerung und Einschränkung deS beftimmungSlosen HerumvagirenS dadurch, daß a. Vaganten, die sich mit dem Absätze von Waaren befassen, oder zu befassen vorgeben, den Be­ stimmungen des Hausierpatentes unterworfen werden, daher ihnen das Herumwandern nur in so ferne zu gestatten ist, als sie mit Hausierpässen versehen werden können, und wirklich versehen sind. b. Durch genaue Befolgung des §. 5 der ziiirten Verordnung vom 22. Juni 1862 Z. 1820, wo­ nach ein mittelst Schubes bei der Heimatbehörde anlangendeS Individuum durch behördliches Erkenntniß mit Offenbelassung deS Rekurses unter öffentliche Aufsicht zu stellen, demselben im Sinne der Paßvor­ schriften eine Legitimationskarte zu verweigern, und nur aus rücksichtswürdigen Gründen, und wenn sich ein Erwerb an einem bestimmten Platze in Aussicht stellt, ein beschränkter Reisepaß unter gleichzeitiger Verständigung der Behöide deS künftigen Aufenthaltes zu verabfolgen ist. c. Dadurch, daß Dörchern, Karrenziehern u. dgl. verbothen wird, Kinder, welche noch der Schul­ pflicht unterliegen, sie mögen eigene oder fremde fein, mitzunehmen, wobei den betreffenden Gemeinden obliegt, für die Unterbringung, Pflege und Erziehung dieser in der Heimat zurückbleibenden Kinder Sorge zu tragen. . 5. Bestrafung mit Arrest, körperlicher Züchtigung und nach Umstanden Ablieferung in daS ZwangS.arbeitshauS der Vagabunden, Bettler und Müssiggänger, welche wiederholt in ihre Heimat abgeschoben wurden, namentlich wenn sie den im Punkte 4 litta a und c. enthaltenen Bestimmungen zuwider gehandelt haben. 6. Strenge Anwendung der gabunden Unterkunft geben. Meldungsvorschriften vom 15. Februar 1857 auf jene, welche Va­ Die k. k. Statthalterei wird über die genaue Einhaltung der vorstehenden Vorschriften strenge wachen .und auf deren Durchführung durch Zuerkennung von Geldstrafen, Kostenersätzen oder sonstiger Entschä- 104 digung gegen jene Behörden dringen, welche ohne Beachtung obiger Beschränkungen, Müssiggängern, Bettlern unk bestimmungSlosen Baganlen durch Ausstellung oder Erwirkung von Reiseurkunden, Legitima­ tionskarten und dgl. das Reisen ermöglichen, oder sonst an dem ordnungswidrigen Herumwanbern solcher Personen Schuld tragen. Dasselbe haben die Bezirksämter gegenüber den Gemeinden zu beobachten. " Wenn auch diese Verordnung auf Veranlassung des tirol. Landtages nur auf Abschaffung deS Dörcher- und Karrenzieherwesens direcl hinzuwirken bestimmt war, und dieß in Vorarlberg nicht besteht, so sind die darin enthaltenen Anordnungen so allgemeiner Natur, daß sie überhaupt die geeigneten Maß­ regeln gegen alles Bettel- und Vagabundenwesen enthalten, wodurch der angestrebte Zweck erreicht würde ad 2. Die Statthalterei-Verordnung vom 22. Juni 1862 Nr. 1820 bestimmt im Punkt 3, daß die dem Bettel oder sonst einem unehrlichen Erwerbe nachgehenden, oder bestimmungsloS herumziehenden Leute von der k. k. Lokalbehörde nach Dem Schubnormale in ihre Heimath zu befördern und insoserne sie nicht diesem Verwaltungsgebiete angehören, außer Land zu schaffen sind." Nach obiger Bestimmung muß jedes derartige Individuum von der betreffenden Ortsvorstehung zum k. k. Bezirksamte geschafft, und erst von diesem an den Bestimmungsort transportirt werden. Die Praxis zeigt, daß dieser Vorgang mehrfache Unzukömmlichkeiten auch die Ortövorstehnngen die obhabende Pflicht vernachläßigcn. nach sich zieht und deßhalb Weiter vom Sitze des Bezirksamies entfernten Gemeinden fällt der Transport, weil derselbe aus Kosten der Gemeinde zu geschehen hat, zu schwer und dann kann sogar der Fall eintreten, daß der Schüb­ ling durch seine Heimakhsgemeinde zum Amte geführt und sodann von letzterem wieder in selbe zurückgesübrt werden müßte, wodurch sowohl der Gemeinde als dem Lande nutzlose Kosten verursacht werden, um daher Zeit und Kosten zu ersparen, der k. k. Behörde ihre Geschäfte zu vereinfachen, zugleich aber auch die Gemeinde-Vorstehungen zur bessern Aufsicht über ihre Gemeindeangehörigen anzuspornen und zur zweck­ mäßigen und genügenden Versorgung ihrer Armen anzuhalten, wird nach Ansicht des Ausschusses die Ausführung der im nachstebenden Anträge enthaltenen Bestimmungen gegenüber solchen bettelnden oder vagirenden Individuen, welche in.einer Gemeinde Vorarlbergs heimathberechtiget sind, vollkommen ent­ sprechen, daher empfiehlt der Ausschuß dem h. Hause folgenden Antrag zur Annahme: „Werden Personen, welche in einer Vorarlbergischcn Gemeinde Heimathberechtiget sind, beim Bettel oder sonstigem Vagiren uufgegriffen, so sind selbe, falls sie nicht eine strafbare Handlung verübt haben, von dem Gemeindevorsteher jener Gemeinde, in welcher sie angehalten wurden, ihrer Zustän­ digkeitSgemeinde pr. Schub zu überstellen; diese hat sodann die Verpflichtung, die Kosten des Trans­ portes sogleich zu bezahlen. Hat ein solches Individuum seine Zuständigkeit in einem anderen Vor­ arlbergischen Gerichtsbezirke als jenem, in welchem eS angehalten wurde, so hat die Gcmeinde-Vorstehung, welche die Abschiebung veranlaßte, den Schübling der Vorstehung der ersten angrenzenden Gemeinde des anderen Bezirkes zur Weilertransporlirung zu übergeben, welche gehalten ist, selbe zu übernehmen und die bis dahin erlaufenen Kosten auS dec Gemeindekasse zu bezahlen, wogegen dieser das Recht zusteht, sowohl diese Auslagen als die ferneren Kosten von der Zuständigkeilsgemeinde sofort einzukassieren. Die Schubgebühr wird pr. Meile für Fuhre auf 70 fr. für den Begleiter 40 kr. für FußtranSport auf 40 kr. festgestellt. Sind solche Individuen nicht in einer Gemeinde Vorarlbergs, sondern in einem anderen Kronlande Oesterreichs heimathberechtiget oder kann ihre Zuständigkeit nicht sogleich eruirt werden, so sinv sie von der Vorstehung jener Gemeinde, in welcher die Anhaltung geschehen ist, dem k. k. Bezirksamte zur weitern Amtshandlung der statthalterischen Verordnung vom 22. Juni 1862 Nr. 1820 gemäß, zu über­ stellen ; die deßhalb erlaufenen und nach obigem Maßstabe zu berechnenden Kosten aber hat das k. k. Bezirksamt dem Schubführer sofort aus der sogenannten Gerichtökaffe zu bezahlen." Hinsichtlich jener Auswärtigen, welche als Bettler oder Vagabunden in Vorarlberg angehalten werden, sind die polizeilichen Vorschriften im Wesentlichen in dem alligirten Statthalterei-Erlasse vom 22. Juni 1862 enthalten; solche Individuen sind nämlich dem f. k. Bezirksamte einzuliefern und von letz­ terem über die Gränze zu schaffen. Angesichts der von den Nachbarstaaten eingeführten aber diese bestehenden Polizeivorschriften nicht. Maßregeln gegen derlei Individuen genügen Die Nachbarstaaten machen solchen Individuen beim Austritt aus ihren Staaten aus begreiflichen Gründen keinerlei Hindernisse und von Seite der österreichischen Gränzbehörden wird jedem Ankommenden der Eintritt nach Vorarlberg gestattet, wenn nur seine Reiseurkundeii in Ordnung gefunden werden, ohne Rücksicht daraus zu nehmen, ob es demselben möglich sein wird, seinen Unterhalt bis zur Erhaltung eines bestimmten Verdienstes oder seiner Rückkehr, selbst zu bestreiten, oder ob er denselben durch Betteln suchen muß. Die Nachbarstaaten slichen sich zu diesem Behufe eine Art Deckung damit zu verschaffen, daß sie keinen Arbeit- oder Verdienstsuchenden über ihre Gränzen reisen lassen, wenn er nicht in der Lage ist, den Polizeiwachmännern au der Gränzstakion ein Reisegeld von 10 Franken an der Schweizer- und von 4 fl. an der baierischen Gränze, vorzuzeigen. Diese Maßnahme bewährt sich in beiden benannten Staaten als zweckentsprechend. Ihr Ausschuß ist daher einhellig der Ansicht, daß gerade diese Maßnahme der Nachbarstaaten für uns um so nachtheiliger wirke, als solche arbeitsscheue herumvagirende Leute sich ungenirt nach Vorarlberg begeben und dort ihr müßigeö meist liederliches Leben durch Mißbrauch der Mildthätigkeit ver Vorarlberger leicht fristen können und deßhalb auch in größerer Zabl in unserem Lande sich ansammeln und aufhalten. Wenn aber die gleiche Maßnahme, welche Schweiz und Baiern befolgt, auch an der österreichischen Gränze befolgt wird, so werden auch in Vorarlberg die gleichen Erfolge wie bei unseren Nachbarstaaten erzielt werden, daher Ihr Ausschuß den weiteren Antrag erhebt und zur Annahme empfiehlt, darin bestehend. „Die h. Regierung sei dahin zu vermögen, daß jeveS in Vorarlberg 2hbeit oder Verdienst suchendes Individuum bei seinem Eintritte in den österr. Staat bei dem k. k. Gränzzollamte 4 fl. öst. W. als Reisegeld vorzuweisen habe, dieß in seinem Wanderbuche einzutragen und jeder, der dieses Reisegeld vorzuweisen nicht vermag, wieder zmückzuweisen sei." Indessen verkennt der Ausschuß nicht, daß ost der Fall eintritt, daß Handwerker welche Arbeit suchend nach Vorarlberg auch mit Erfüllung obiger Bedingung kommen, längere Zeit ohne Verdienst bleiben und dadurch unverschuldet in eine Lage versetzt werden, daß sie ihren Lebensunterhalt, ohne die Mild­ thätigkeit Anderer in Anspruch zu nehmen, nicht mehr bestreiten können; nachdem sie aber durch andere polizeiliche Vorschriften hievon abgehalten werden, so würden solche Leute in die traurigste Lage versetzt werden. Da es nicht der Zweck oder die Absicht der beantragten Maßnahme ist, Arme unv Nothleidende zu drücken, im Gegentheile darauf gedrungen wird, daß für sie besser als bisher gesorgt werde und nur der verderbliche Gafsenbettel und das Treiben der Vagabunden bintangehaltcn werden will, so ist es nur conscqnent, daß den vorbezeichneten Handwerkern die Möglichkeit geboten werde, ohne Noth zu leiden, Arbeit und Verdienst suchen zu können und zu diesem Behufe wird folgender Antrag gestellt: „In jeder Gemeinde Vorarlbergs soll zur Unterstützung bedürftiger reisender Handwerksbursche eine Casse gebildet werden, bei welcher dem Reisenden ein zur Möglichkeit der Weiterreise angemessenes Geschenk verabfolgt wird. Diese Casse kann in jeder Gemeinde durch Sammlung freiwilliger Beiträge oder von der Armenkasse oder auö der Gemeindekasse bohrt werden." Endlich ist eS bekannt, daß von Seite der Behörden bei Ertheilung von ProductionSlizenzen, Pässen und anderen Reiseurkunden nicht jene Vorsicht gebrallcht wird, welche die dießbezüglichen Verordnungen vorschreiben. Die Menge der in Oesterreich unv namentlich in Vorarlberg herumziehenden Tiroler, Karrenzieher, dann Orgeldreher, Seiltänzer, Drahtbinder, croatische GlaShändler, Zigeuner u. dgl., welche alle leicht 106 voraussichtlich mit ihren angeblichen Geschäften ihre Subsistenz auf ihren Reisen nicht finden können und deßwegen zum Bettel ihre Zuflucht nehmen, geben täglich hievon Zeugniß. Dies veranlaßte den Ausschuß dem hohen Hause den Ankrag zu stellen, eS möge aussprechen, daß auch bezüglich Ertheilung von Lizenzen und Reise-Dokumenten an solche Leute den k. f. Behörden mehr Vorsicht anempfohlen werde. Schließlich erhebt daS Comits den Antrag, daS hohe HauS wolle beschließen: „Der LandeSailSschuß werde angewiesen, jene vom Landtage beschlossenen Maßnahmen, welche in den Wirkungskreis deS Landtages gehören, zu vollziehen, jene aber, welche außerhalb desselben liegen, der hohen Regierung zur Ausführung anzuempsehlen." Bregenz, am 17. Dezember 1866. Gebh. Schwiirzler, Wohlwend, Obmann. Berichterstatter