18651215_ltb00181865_Ausschussbericht_Versorgungshaus_Iandesangeh_rige_Irre

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Letzte Änderung 03.07.2021, 08:14
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp01,ltb0,ltb1865,lt1865,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-28
Erscheinungsdatum 2021-06-28
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Inhalt des Dokuments

Bericht betreffend der Errichtung eines Nersorgungshauses für landesangehörige Irren. Der vom hohen Landtage zur Berathung des Laudes-Aüsschuß-Verichtes, betreffend der Er­ richtung eines Versorgungshauses für landesangehörige Irren und die mit der Direktion der PrivatWohlthätigkeitsanstalt in Valduna in dieser Angelegenheit gepflogene Correspendenz, gewählte Ausschuß hat diese Gegenstände nach Einsichtnahme der bezüglichen Vorakten und nach spezieller Besprechung und Berathung mit dem derzeitigen Herrn Direktor und Gründer der besagten Anstalt in gründ­ liche Erwägung gezogen und beehrt sich dem hohen Landtage seine hierüber gefaßten Beschlüsse und die darauf basirten Anträge vvrzulegen. Nicht eine Abweisung der Pflicht des Landes für Unterkunft unfr Pflege der unglücklichen landesangehörigen Irren Vorsorge zu treffen war das Motiv des Landtags-Beschlusses vom 9. April 1864, welcher feststellte: die Irren-Anstalt in Hall dem Lande Tirol allein- zu überlasien; sondern die Ueberzeugung, daß das Land Vorarlberg in der Lage sei, für diese bedauernswürdigen Kranken aus andere Art zweckmäßig sorgen zu können ohne den Landesfond in dem Maße in Anspruch zu nehmen, als es voraussichtlich der Fall wäre, wenn Vorarlberg mit Tirol die Haller Irren-Anstalt als eine gemeinsame Landesanstalt übernehmen würde. In Ausführung des besagten Landtags - Beschlusses machte der Landes-Ausschuß am. 3. No­ vember 1864, betreffenden Orts die bezügliche Mittheilung mit der bindenden Erklärung, daß das Land Vorarlberg für seine landesgehörigen Irren selbst Vorsorge treffen wolle. Diese verbindliche Erklärung schließt wohl die Erkenntniß der Nothwendigkeit der Errichtung einer solchen Anstalt in sich, daher es sich nach Ansicht des Ausschusses nur noch um die Lösung zweier Fragen handeln kann, nämlich: wo eine solche Anstalt- zu errichten sei, und wie. die. Mittel hiezu ge­ schaffen werden? Bezüglich der ersten Frage gibt der Landes-Ausschuß drei verschiedene Wege an. Bei der Wahl eines dieser Wege ist das Hauptaugenmerk darauf zu richten, daß die Unterkunft und Versorgung dieser Unglücklichen dem Zwecke vollkommen entsprechen, andererseits aber der Landesfond möglichst geschont werde. Ihr Ausschuß prüfte diese drei vom Laubes - Ausschuß beantragten Vorschläge und entschied sich unbedingt für die dritte alternative, weil einerseits die Vorbedingungen ökonomischer Bauführung bei dieser Anstalt im vollen Maße vorhandensind, andrerseits in einer Vereinigung der Direktion und Administration der beabsichtigten mit der. schon bestehenden Anstalt Vortheile verschiedener Art gefunden werdens? Das Schreiben des Direktoriums dieser Anstalt zählt viele Vortheile auf, die bei der Errich­ tung der Gebäuchlichkeiten von Belang in der andern Beziehung erklärt das Direktorium sowohl in feiner Zuschrift vom 7. November d. Js., als durch den Herrn Direktor in der bezüglichen Comite­ Sitzung mündlich, die Bereitwilligkeit zur Uebernahme der Leitung und Administrirung der zu grün­ denden Anstalt, vereint mit jener der bestehenden Anstalt; während ihm eine von der Landesvertretung zu bzeichnende Oberaufsicht und Controlle, sowohl über die Bauführung und die Einrichtung der Anstalt — LXV — nur erwünscht sei, wobei eS sich noch verflichtet, behufs Erleichterung der Controlle für die Jrrenabttjeilung, separate Verrechnung zu führen. Nach technischer Beurtheilung wird die Erstellung der zur Unterbringung von 60 Irren geeigneten Gebäulichkeiten einen Betrag von 36, 000 bis 40, 000 st. in Anspruch nehmen. Die Direktion beabsichtiget diesen Bau innerhalb dreier Jahre auszuführen und beansprucht hiezu pro 1866 eine Summe von 12000 ft. Im Weitern bemerkt die Direktion, daß hinsichtlich verschiedener innerer Angelegenheiten separate Detailbestimmungen getroffen werden muffen; so z. B. wäre über das Verhältniß der Beitrags­ Quote der Jrrenabtheilung an der Entlohnung des Geistlichen, des Arztes, des Dienerpersonals, dann über die Bestimmung der Verpflegskosten und dergleichen Vereinbarungen zwischen der Landesvertretung mit) dem Direktorium der Anstalt zu treffen, wozu das Direktorium sich bereit erklärt. Die Erklärung dieser Anstalt als eine öffentliche liegt im Jntereffe des Landes, da dadurch derselben alle jene Begünstigungen zukommen, die das Gesetz nur dieser zuerkennt. Der Landesausschuß bedingt ferner, daß diese Anstalt eine Landes-Anstalt betitelt werde, weil sie aus Landes-Mittel errichtet und erhalten wird und zunächst zur Aufnahme Landesangehöriger bestimmt ist. Der Ausschuß theilt diese Anschauung. Der Landes - Ausschuß beantragt zur Deckung der erlaufenden Kosten vor allem Andern jene im Lande Vorarlberg hierzu gesammelte Beträge zu verwenden, welche zur Errichtung einer Versor­ gungsanstalt für unheilbare Irren in Tirol bestimmt waren, sowie den auf Vorarlberg entfallenden Theil an dem aus der Wohlthätizkeitslotterie erhaltenen Gelde, womit diese beiden Foude ihren Stif­ tungszwecken zugesührt werden. Dieser Ansicht stimmt ihr Ausschuß zu und fügt derselben noch den Wunsch bei, der Landes-Ausschuß wolle mit besonderem Eifer dahin wirken, daß die benannten Fonde bald möglichst in die vorarlbergische Landeskasse einfließen. Außer Viesen bezeichneten zwei Fünden stehen dem Lande dermalen keine zu diesem Zwecke bestimmten Mittel zu Gebote, dahir das noch Abgängige aus der Landeskaffe beizuschaffen sein wird, nachdem die.Verpflichtung des Landes zur Errichtung einer solchen Anstalt unzweifelhaft besteht. Der Ausschuß akzeptirt ferner die Motive, welche den Landes-Ausschuß bewogen, nur den im Artikel 111. bezeichneten Irren-Aufnahme in die Anstalt zuzugestehen, weil auch ihm keine Gründe be­ kannt sind, auS denen eine Pflicht für das Land abgeleitet werden könnte, nach welcher andere als die bezeichneten Geisteskranken, z. B. Blödsinnige, Unterkunft in eine ans Landes-Mittel dotirte Ver­ sorgungsanstalt beanspruchen tönten. Betreffend die vom Landes - Ausschüße entworfenen Bestimmungen über die Verpflegskosten stimmt ihr Ausschuß nur jenen im Artikel IV. b. 2 nicht bei. Der Ländes-Ausschuß beantragt eine gleichmäßige Theilung der Rückvergütung der VerpflegsKostsn für vermögenslose zahlungsunfähige Irren, zwischen dem Lande und der Zuständigkeitsgemeinde und tuotivirt diese Bestimmung mit dem prinzipiell unbestreitbaren Grundsatz, daß in stattlichen Ver­ bindungen dort, wo die Kräfte des Einzelnen zu seiner eigenen Erhaltung nicht mehr ausreichen, der Gesammtkörper Pflicht zur Hilfeleistung habe Bei Festhaltung dieses Grundsatzes kann doch der Aus­ schuß dem vom Landes - Ausschuß beantragten Ausmaß dieser Verpflichtung für das Land nicht bei­ stimmen, glaubt in der von ihm beantragten diesbezüglichen Bestimmung ein gerechtes Maß der KostenVertheilung zwischen dem Lande und der Zuständigkeitsgemeinde zu finden. Der Ausschuß unterscheidet nämlich zwischen der Pflicht der Armenversorgung und jener der Unterbringung von Geisteskranken und ist der Ueberzeugung, daß erstere ausschließlich der Gemeinde zustehe nach den Bestimmungen des Gemeiudegesetzes; letztere dagegen dem Lande obliege, zufolge übernommener Verpflichtung und aus Pützlichkeitsgründen, da die Unterbringung derartiger Kranken außergewöhnliche Einrichtungen erheischt und dieselben einer besondern Pflege vorzüglich in ärztlicher Beziehung bedürfen, zu bereit Jnstandesetzung die Kräfte der einzelnen Gemeinde fehlt, daß die Gemeinde die Kosten für Allimentalion und Kleidung, das Land aber jene zu übernehmen hat, welche für Besoldung des Priester und des ärzt­ lichen Personals, dann für die Löhne der Bediensteten, sowie für Medikamente, dann die Herstellung und Erhaltung der erforderlichen Lokalitäten und Einrichtungen zu entrichten sind. Im Artikel IV. b. 2 des Ausschuß-Antrags wird dieser'Ansicht Ausdruck gegeben. Artikel V. regelt jene, im Reichsgesetze vom 17. Fe­ bruar 1864, noch offen gelassene Bestimmung, welche für jene Fälle einzutreten hat, wenn Landesange- -41 LXV1 hörige, die außer Landes sich befinde», plötzlich derart von der Jrrenkrankheit befallen werden, daß «ine Transportirung in ihre Zuständigkeitsgemeinde nicht möglich wird und deshalb in eine öffentliche Irrens Anstalt außer Landes bis zu dem Zeitpunkte untergebracht und verpflegt werden müssen, bis die Möglichkeit der Transportirung des Kranken eintritt. Ihr Ausschuß tritt für diese Fälle dem Anträge des Landes-Ausschusses aus dem Grunde bei, weil einerseits die Verrechnung der diesbezüglichen Aus­ lagen in andern auswärtigen öffentlichen Anstalten nicht nach der in diesem Berichte beantragten Weise eingesührt wird, daher die Berechnung der Vergütungskosten für das Land und die Zuständigkeits­ Gemeinde nach dem vorbezeichneten Systeme kaum möglich wäre, andererseits solche Fälle selten vor­ kommen. . Damit der Landes-Ausschuß in die Lage gesetzt wird, die erforderlichen Beträge aus den be­ zeichneten Fonden und den über dieselben sich ergebenden Bedarf aus dem Landesfonde beheben zu können, bedarf er, da im Landespräliminar hiefür keine Vorsorge getroffen ist, hinzu einer besondern Ermächtigung, deshalb wird der Antrag B. erhoben. Uebergehend auf die Zuschrift der Direktion von Valduna ddto. 7. November 1865 ist das Wesentliche desselben schon oben bezeichnet und behandelt, sie weiset aber noch darauf hin, daß außer den sprochenen Hauptbestimmungen noch Verschiedenes auf Leitung und Administrirung der Anstalt bezüg­ liches im Detail zu vereinbaren sei, damit daher die Anstalt in ihrem innern Gebühren nicht gehemmt und gestört werde, hat der Landtag die geeignete Vorsorge zu treffen. Ihr Ausschuß ist der Ansicht, daß alle derartigen Einzelbestimmungen am zweckmäßigsten durch den Landesausschuß getroffen und mit der Anstalts-Direktion vereinbart werden kann, wozu er uach dem Anträge ermächtigt wird. Endlich liegt es im Wirkungskreise des Landtages zu bestimmen, daß eine Oberaufsicht über die Jrrenabtheilung der Anstalt von Seite des Landes bestellt werde und dieselbe aus vom Landtage hiezu gewählten Bevollmächtigten zu bestehen habe, welchen die Obliegenheiten gegenüber der Landes­ vertretung und in Bezug auf die Anstalt in einer besondern vom Landesausschuß zu verfassenden In­ struktion festgestcllt werden. Im Anträge D sind alle sich darauf beziehenden Bestimmungen festgestellt. Gestützt auf diese Ausführungen stellt der Ausschuß nachstehende 4 Anträge die er zur Annahme empfieht. Antrag A. Der Landtag wolle beschließen : Art. 1. Das Land Vorarlberg errichtet eine öffentliche Landes-Irrenanstalt in Valduna derart, daß selbe sowohl nach ihrer Räumlichkeit, als allen zu diesem Zwecke erforderlichen Einrich­ tungen den gerechten Anforderungen entspreche. Art. 11. Zur Deckung der hiefür erlaufenden Kosten, sowohl zur Errichtung und Erhaltung der Gebäulichkeiten und Einrichtungen, als zur Führung der Anstalt, sind vorerst jene Beträge zu ver­ wenden, welche in den Jahren 1855—1863 zum Zwecke der Errichtung einer für die Länder Tirol und Vorarlberg bestimmten Versorgungs-Anstalt in Hall für unheilbare Irren, durch Sammlung im Lande Vorarlberg theils subscribirt sind, ferner jener Betrag, welcher aus dem Ergebnisse der Wohlthätigkeits-Lotterie auf Vorarlberg entfällt, Das über obige Beträge noch Abgängige ist aus dem Landesfonde zu bestreiten. Art. 111. Aufnahme in diese Anstalt finden landesangehörige heilbare Irren, dann landes­ angehörige unheilbare Irren, wenn selbe entweder gefährlich oder der Gesellschaft besonders lästig sind. Art. IV. Bezüglich der Verpflegskosten und deren Rückvergütung haben folgende Bestimmungen als Norm zu dienen: A. Zu den Verpflegskosten werden gerechnet: 1. Die Besoldungen des Anstaltspriesters und des ärztlichen Personals, sowie die Löhne der Bediensteten, die Auslagen für Medikamente, dann alle Auslagen zur Erhaltung derHauseinrichtung jeder Art; 2. die Ausgaben für die Kost der Pfleglinge, sowie jene für deren Bekleidung. b. Diese Vepflegskosten sind der Anstalt zu vergüten: LXV11 — L Für zahlungsfähige Pfleglinge aus ihrem Vermögen oder von den hiezu gesetzliche Verpflichteten; 2. für vermögenslose, zahlungunfähige Pfleglinge, die ad a. i, bezeichneten Auslagen von dem Landesfonde, di« ad. a. 2, aufgezähltm dagegen von der Zuständigkeits­ Gemeinde. Art. V. In Ausfüllung des §. 4 des Reichsgesetzes vom 17. Februar 1864, sind die VerpflegSkosten für landesangehörige, vermögenslose Irren, welche in öffentlichen Irren-Anstalten anderer Länder erwachsen, , zur Hälfte von der Zuständigkeitsgemeinde und zur andern Hälfte aus dem Landes­ Fonds zu bestreiten. Antrag B. Zur Beischaffung der hiezu erforderlichen Mittel wird der Landes-Ausschuß ermächtigt aus den in Artikel U. bezeichneten Fanden pro 1866 die Summa von 12, 000 fl. fr. W. zu beheben, über deren Verwendung hat er aber dem nächsten Landtage Rechenschaft zu geben. Sollten jedoch diese Beträge bis zur Zeit des Beginnes der Bauten noch nicht flüssiig sein, so wird der Landes-Ausschuß ermächtigt den bezifferten Betrag aus der Landes-Kaffe zu beheben. Behufs Deckung des noch weiteren Erforderniffes bis zur Vollendung des Baues und der inneren Einrichtung der Anstalt, wird der Landes­ Ausschuß weiters ermächtiget die erforderlichen Beträge, in soweit die bezeichneten Fonds nicht hin­ reichen, aus dem Landesfonde bis zum Betrage von 28, 000 fl. zu bestreiten, worüber derselbe jedes Jahr dem Landtage Bericht zu erstaten und Rechnung zu stellen hat. Antrag C. Die Landesvertretung erwählt 3 Bevollmächtigte, welche Oberaufsicht sowohl über den Bau als über die Leitung und Administration der Irren-Anstalt zu führen haben. Der Landes-Ausschuß wird beauftragt für diese Bevollmächtigten eine Instruktion zu verfaßen, in welcher die Pflichten und Rechte derselben gegenüber der Leitung und Administration der zu errichtenden Anstalt, , als gegenüber der Landesvertretung genau zu bestimmen sindBregenz, am 15. Dezember 1865. Wilhelm Rhomberg Wohlwend, m. p. Ob mann. m. p. Berichterstatter. Druck und Verlag von Anton Flatz in Vregenj.