18651114_ltb00021865_Bericht_Landesausschuss_Landesversorgungshaus

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Letzte Änderung 03.07.2021, 06:30
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp01,ltb0,ltb1865,lt1865,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-28
Erscheinungsdatum 2021-06-28
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Inhalt des Dokuments

Bericht v des NndesnusMutzes in Hetreff dir Grricktung eines InnäP-Versorgungsknuses für Irren und der mit der WoMätiMts-AnM in Vnldnnn in dieser Iicktung gexsiogenen Vecknndlung. Die durch die Gnade Sr. Majestät des Kaisers der Jrrenversorgungs-Anstalt zu Hall, welche den Zweck hatte Irren, die Landesangehörige von Tirol oder Vorarlberg sind, behufs ihrer Heilung auf­ zunehmen und zu verpflegen, aus Staatsmitteln zugeflosiene Dotation wurde im verflossenen Jahre der Anstalt aus höheren staatlichen Rücksichten entzogen und dieselbe zu ihrer ferneren Erhaltung auf ihre eigenen und auf Landesmittel angewiesen. Die Benützung dieser Anstalt war für Vorarlberg, schon wegen ihrer großen Entfernung, immer mit Schwierigkeiten verbunden, nachdem nun auch die Kosten zur ferneren Erhaltung derselben voraus­ sichtlich für Vorarlberg nicht im Verhältniß zur Benützung stehen würde, faßte der Landtag in der 14. Sitzung am 9. April 1864 den Beschluß sich der weiteren Theilnahme an dieser Anstalt zu ent­ ziehen und in Ausführung dieses Beschlusses gab der Landesausschuß am 3. November 1864 die ver­ bindliche Erklärung ab, vom 1. Jäner 1865 an für die Landesangehörigen Irren im Lande selbst die nöthige Vorsorge zu treffen. Durch diese Erklärung hat nun das Land Vorarlberg die Verpflichtung übernommen Maßnahmen zu treffen mittelst welchen diese unglücklichen, dem Lande angehörigen, heilbaren Kranken Unterkunft Verpflegung, Obsorge und zweckmäßige Behandlung, sowie die erforderliche Hilfe erhalten. Ferner wurden in den Jahren 1855 bis 1863 auf Anregung der k. k. Statthalterei in Tirol und Vorarlberg Sammlungen von Geldbeiträgen veranlaßt, welche den Zweck hatten einen Fond zu bilden zur Errichtung eines mit der Irrenanstalt in Hall in Verbindung zu bringenden Landesversor­ gungshauses für unheilbare und gefährliche Irren. Zu diesem Zwecke floffen von Vorarlberg reichliche Spenden ein, welche der k. k. Statthalterei übergeben wurden. Dieses Vorhaben kam bisher noch nicht znr Ausführung; die eingegangenen Gelder wurden aber fruchtbringend angelegt. Der Landesausschuß hat sich sowohl von dem gegenwärtigen Stande des ganzen Fonds als auch von dem Vorarlberg gebührenden Antheil Kenntniß verschaft und — XVI — -ist der Ansicht, daß, nachdem das Land eine Anstalt für heilbare Irren zu errichten verpflichtet ist, mit dieser Anstalt die Unterbringung unheilbarer Irren in Verbindung gebracht werden kann und. soll und stellt den Antrag diese Betrüge hiezu zu verwenden. Mit einem solchen Beschluß übernimmt das Land auch zweitens die Verpstichtung für Unterbrin­ gung und Berpflegung der unheilbaren landesangehörigen Irren zu sorgen. Endlich floß zu dem beabsichtigten Zwecke der Errichtung eines Jrrenversorgungs-Hauses diesem Fond aus dem Erträgnisse der zu Wohlthätigkeits-Zwecken veranstalteten Staats-Lotterie ein bedeutender Betrag zu und es unterliegt keinem Anstande den auf Vorarlberg entfallenden Betrag an sich zu ziehen, , sobald derselbe zum Widmungszwecke verwendet werden wird. Dadurch steigert sich die Verbindlichkeit des Landes eine Anstalt zu treffen, zur Versorgung der eigenen Irren. Angesichts der Erklärung des Landtages für die Unterkunft dieser Unglücklichen im Lande Vorsorge zu treffen und bei dem Vorhandensein bedeutender, grade zu diesem Zwecke gewidmeter Fonde, anderer­ seits aber da das Bedürfniß einer derartigen Versorgungs-Anstalt allgemein bekannt ist und anerkannt wird, unterliegt die Dringlichkeit der Jnangrifnahme einer solchen Anstalt keinem Zweifel. Es wird daher Sache der Landes-Vertretung sein zu untersuchen auf welche Art und Weise diese Versorgungs­ Anstalt am zweckentsprechendsten in's Werk gesetzt werden soll. Nach Ansicht des Landes - Ausschusses kann dies auf 3 verschiedene Arten ausgeführt werden, nämlich: 1. Durch Errichtung einer eigenen Landes-Anstalt für Irren unter einer vom Landtage bestellten Verwaltung. 2. Durch Adapttrung zu diesem Zwecke von Lokalitäten, in den in mehreren Gemeinden beste­ henden Spitälern, mit Uebergabe der diesbezüglichen Direktion und Verwaltung an die beste­ henden Spitalverwaltungen. 3. Durch Uebereinkommen mit Privat-Anstalten, im In- oder Auslande, welche für diese Zwecke eingerichtet sind. Der Landes-Ausschuß hat die Ueberzeugung, daß die Errichtung einer Anstalt nach Punkt 1 be­ deutende Summen zur Errichtung und zur Erhaltung erfordert, daß die vorhandenen Fonde bei Weitem nicht ausreichen, daher der Landes-Fond über seine dermaligen Kräfte in Anspruch genommen werden müßte. Zu diesem Mittel wäre daher nur in dem Falle zurückzugreifen, wenn kein anderes zweckent­ sprechenderes und weniger kostbilliges zu Gebote stände. Letzteres dürfte sich zwar schon bei Punkt 2 her­ ausstellen, doch scheint dem Landes - Ausschüsse die Zersplitterung dieses Instituts in mehrere Lokali­ täten und Ortschaften nicht in dem Maße zweckmäßig, als vielleicht die Kosten-Ersparung Vortheil brächte. Der Landes-Ausschuß fand die 3. Alternative den Verhältnissen und Interessen des Landes am meisten zusagend und wendete sich deshalb an die Direktion der Privat - Wohlthätigkeits - Anstalt in Vakduna bei Nanckweil mit der Anfrage: ob dieselbe gewillt wäre für 60 theils heil- theils unheil­ bare Irren die Unterkunft, Verpflegung und Versorgung zu übernehmen und unter welchen Bedin­ gungen. Die Rückäußerug dieser Anstalts-Direktion willfährt dem Ansinnen des Landes-Ausschusses, indem selbe sich zur Aufnahme der benannten Zahl von Irren herbeiläßt. Die Bedingungen jedoch unter welchen die Errichtung der Anstalt und Uebernahme der Pfleglinge stattzufinden hätte, sind so allgemein gehalten, daß der Landes-Ausschuß, obgleich er prinzipiell mit denselben einverstanden ist, eine nähere und detailirtere Fixirung derseselben für nothwendig und zweckmäßig erachtet. Hat sich der Landtag über den Modus der Ausführung entschieden, so sind auch sofort die Bestim­ mungen über die Herbeischaffung der erforderlichen Mittel, betreffen selbe dre Erstellung und Erhaltung einer neu zu errichtenden Anstalt, oder seien selbe zur Deckung derjenigen Kosten erforderlich, welche bei den allfällig bestehenden Anstalten erwachsen, zu berathen und zu beschließen. — XVII — Festzusetzen ist ferner die Norm, welche die Aufnahme in diese Anstalt bestimmt. Aufnahme in dieselbe haben nach Ansicht des Landes-Ausschusses zu finden:. Landesangehörige heilbare Irren wegen den von der Landes-Vertretung übernommenen, oben nachgewiesenen Verpflichtungen; dann solche un­ heilbare Irren, welche gefährlich oder der Gesellschaft besonders lästig sind weil die durch Sammlungen eingegangenen Beträge gerade zu diesem Zwecke gewidmet waren und weil für diese Unglücklichen, welche ihrer in Sinnen-Verwirrung zu Handlungen getrieben werden, die das Eigenthun und oft das Leben der Andern gefährden, weder in der Familie noch in der Gemeinde jene Obsorge und Pflege gefunden werden kann, welche ihrem kranken Zustande entsprechend, heilend und vorsorglich ist, und nur in einer speziell zu diesem Zwecke errichteten Anstalt getroffen werden kann. Wenn die Verpflichtung des Landes zur Errichtung einer derartigen Landes-Anstalt in soweit als die speziellen Fonds nicht hinreichen, auch Landes-Mittel zu verwenden vollkommen anerkannt wird, wenn ferner in diese Anstalt alle jene Angehörige des Landes, welche mit dieser Krankheit behaftet sind, Aufnahme finden sollen; so besteht, bezüglich der Rückvergütung der Verpflegs-Kosten, aus Gründen der Billigkeit und nach den bestehenden Gesetzen keine Verpflichtung, dieselbe ausschließlich und für alle Pfleglinge aus dem Landes-Fonde zu leisten. Mit Rücksicht auf die verschiedenen Verhältnisse werden im Artikel IV. des Gesetzentwurfes die Normen zur Rückvergütung dieser Auslagen festgesetzt. Zu Verpflegkosten sind nicht blos Alimentations - Kosten der Pfleglinge gehörig, sondern auch alle andern Auslagen, welche zum Zwecke der Anstalt gemacht werden müssen, zuzurechnen. Die Art und Weise der Repartierung dieser Auslagen auf die allgemeinen Verpflegskosten ist Administrations-Sache und werden durch besondere Regeln normirt. Bezüglich der Rükvergütung liegt dieselbe, wie überhaupt in staatlichen Verbindungen für alle Armen und Hülfebedürftigen, in erster Reihe den Familien und Gemeinden ob. Diese Verbältnisse entspringen schon aus der Natur des Familien- oder Gemeinde - Verbandes, wo aber die Kräfte der Familie und der Gemeinde nicht mehr ausreichen, da ist es Pflicht des Landes aus gemeinsamen Mitteln die zu große Bürde der Einzelnen zu erleichtern. Deshalb überläßt auch das Reichs - Gesetz vom 17. Februar 1864 im §. 4 der Landes - Gesetz - Gebung zu bestimmen, ob dem Landes-Fonde die für zahlungsunfähige und in öffentlichen Irren - Anstalten aufgenommenen Geistes - Kranke bezahlten Verpflegs-Kosten von den betreffenden Heimaths-Gemeinden ganz oder theilweise zu ersetzen seien. Dieses Gesetz trägt daher der allgemeinen Verpflichtung der Gemeinden zur Uebernahme von derlei Auslagen die gehörige Rechnung. Damit nicht durch Ausübung des strengen Rechtes die Gemeinden überbürdet werden, findet der Landes - Ausschuß eine billige Theilung der Lasten zwischen Landes - Fond und Gemeinden am zweck­ mäßigsten. . Endlich hat die Landes-Vertretung noch für jene Verpflegs-Kosten Rückvergütungs-Bestimmungen zu treffen, welche an öffentliche Irren - Anstalten anderer Länder für Verpflegung landesangehöriger armer Irren zu entrichten find. Die gleichen Gründe, welche für die Bestimmung der Kosten-Vergü­ tung an die Landes-Anstalten sprechen, machen sich auch für jene Fälle geltend, in welchen die Ver­ pflegs-Kosten an anderweitige öffentliche Anstalten zu vergüten sind, daher auch der gleiche Maßstab beibehalten ist. Schlißlich wird noch bemerkt, daß die Anstalt in Valduna, eine durch freiwillige Beiträge errichtete Wohlthätigkeits-Anstalt, in mehrfacher Beziehung am besten zum vorhabenden Zwecke sich eignet. Der Zweck dieser Anstalt ist moralisch oder physisch verkommene Personen zu bessern und zu heilen, sowie den mit unheilbaren Uebeln behafteten Menschen Unterkunft und Pflege zu geben. Nachdem die vom Lande zu errichtende Anstalt den gleichen Zweck bezüglich der Geistes-Kranken zu erreichen beabsichtiget so könnte diese Anstalt schon aus diesem Grunde mit der schon bestehenden verbunden werden. Es sind aber auch ökonomische Vortheile mit einer solchen Vereinigung verbunden. Diese ent­ springen aus der Gemeinsamkeit der Direction, der Seelsorge, der ärztlichen Hülfe, ferner kosten die Bauanlagen in diesem Thäte ungleich weniger als irgendwo im Lande. Die Lage ist für eine solche Anstalt ganz geeignet, gesund, freundlich, abgeschieden von Ortschaften und doch in der Nähe des großen — XVIII — Marktes Nanckweil und so ziemlich im Centrum des Landes. , Damit die zu errichtende Anstalt die durch gesetzliche Anordnungen den öffentlichen WohlthätigkeitsAustälten zugesicherten Vortheile genießen könne, muß selbe als eine öffentliche eingeführt werden und nachdem sie aus Landesmitteln errichtet und zunächst zur Aufnahme von Landes-Angehörigen bestimmt ist, so verdient sie auch als eine Landes-Anstalt erklärt zu werden. Gestützt auf das Angeführte übergiebt der Landes - Ausschuß zur Berathung und Beschlußfassung nachstehenden Gesetzes-Entwurf: Art. I. Das Land Vorarlberg wird eine öffentliche Landes-Anstalt zur Unterbringung jener heilbaren, sowie auch der unheilbaren gefährlichen oder der Gesellschaft besonders lästigen Irren, welche Angehörige einer Vorarlberg'schen Gemeinde sind, derart errichten, daß selbe sowohl nach Räum­ lichkeit, als allen zu diesem Zwecke erforderlichen Einrichtungen, den gerechten Anforderungen entspreche. Art. II. Zur Deckung der hiefür erlaufenden Kosten, sowohl zur Errichtung und Erhaltung der Gebäulichkeiten, als zur Führung der Anstalt sind vorerst jene Beträge zu verwenden, welche im Jahre 1855 bis 1863 zum Zwecke der Errichtung einer für die Länder Tirol und Vorarlberg be­ stimmten Versorgungsanstalt in Hall für unheilbare Irren durch Sammlung im Lande Vorarlberg theils eingegangen, theils subscribirt sind; ferner jener Betrag, welcher aus dem Ergebnisse der Wohlthätigkeits-Lotrerie aus Vorarlberg entfällt. Das über obige Beträge noch Abgängige ist aus dem Landesfonde zu bestreiten. Art. III. Aufnahme in diese Anstalt finden landesangehörige heilbare Irren, dann landes­ angehörige unheilbare Irren, wenn selbe entweder gefährlich oder der Gesellschaft besonders lästig sind. Art. IV. Bezüglich der Berpflegskosten und deren Rückvergütung haben folgende Bestimmungen als Norm zu dienen: ' a. Zu den Verpflegskosten werden gerechnet» Die Besoldung des ärztlichen Personals, die Allimentations Kosten für die Pfleglinge und für die in der Anstalt Angestellten, dann die Medikamenten, wwie alle Auslagen zur Erhaltung der Hauseinrichtung jeder Art, endlich die Löhne der Bediensteten. b. Diese Lerpflegskosten sind der Anstalt zu vergüten: 1. Für zahlungsfähige Pfleglinge aus ihrem Vermögen oder von den hiezu gesetzlich Verflichteten; 9. Für vermögenslose, zahlungsunfähige Pfleglinge zur Hälfte vom Landesfonde und zur andern Hälfte von jenen Gemeinden, in welchen dieselben ihre Zuständigkeit besitzen. Art. V- In Ausfüllung des §, 4 des Reichsgesetzes vom 17. Februar 1864 sind die Ver­ pflegskosten für landesangehörige Vermögenslose Irren, welche in öffentlichen Irrenanstalten anderer Länder erwachsen, zur Hälfte von der Zuständigkeitsgemeinde und zur andern Hälfte aus dem Landes­ fonde zu bestreiten. B. Antrag: Es wolle der hohe Landtag über die Erklärung der Wohlthätigkeitsanstalt Valduna vom 7. November II. betreffend das mit derselben in Verbindung zu bringende Landes-Jrren-Versorgungshaus die weiteres Wohlselbem geeignet scheinenden. Maßnahmen und Beschlüße fassen. Bregenz, am 14. November 1865. Der Landes-Ausschuß in Vorarlberg. Druck und Verlag von Anton Flatz in Bregenz.